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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Wunsch erfüllt, den Seinen eine sorgenlose Existenz zu bereiten, indem er ein
halbes Jahr vor seinem Tode, am 3. September 1658 das Gut Kuyken in
der Nähe von Königsberg -- zehn und eine halbe Hufe Landes -- zum Ge¬
schenk erhielt. Ueberhaupt stand Dach dem Herrscherhause sehr nahe, bei allen
Gelegenheiten brachte er ihm dichterische Huldigungen dar, die nach seinem
Tode in der Schrift: "Churbrandenbnrgische Rose, Adler, Löw' und Scepter"
gesammelt wurden. Und wieder bezeugten ihm auch die Churfürsten Georg
Wilhelm und Friedrich Wilhelm viele Gunst, besonders der letztere. War er
in Königsberg, so lud er Dach, auch seine Frau und Kinder ein, und ließ von
der auch musikalisch begabten Familie ein kleines Konzert veranstalten.

Unter allen Freunden, die Dach nahe standen, hat niemand einen so
großen Einfluß auf ihn ausgeübt, als Robert Robertin. Nach ausgedehnten,
langjährigen Reisen war derselbe im September 1633 nach Königsberg zurück¬
gekehrt und bekleidete hier im Laufe der Jahre angesehene Aemter, bald am
Gericht, bald in der Verwaltung. Er starb am 7. April 1648. Robertin war
ein selten vielseitig gebildeter Mann, Philolog und Historiker, Jurist und
Staatsmann, ein begabter Dichter, vertraut mit ausländischer Literatur und
Sprache. Robertin hat Dach geschult. Er hat ihn mit der neueren Literatur
bekannt gemacht, mit ihm dichterisch hervorragende Werke, ältere und neuere,
gelesen, mit ihm französische, holländische, italienische Gedichte deutsch oder
lateinisch bearbeitet, hat ihn zu poetischer Thätigkeit immer von neuem an¬
geregt und seine Leistungen kritisch besprochen. Was ihm Robertin war, hat
Dach bei den verschiedensten Gelegenheiten ausgesprochen.

Und in den mannichfachsten Liedern, lateinischen und deutschen, hat er
dem tiefen Schmerz über seinen Tod Ausdruck gegeben. Durch alle zieht sich
die Klage hindurch, die er in dem Worte ausgesprochen:


O der Mann nach meinem Sinn,
Nobertin, mein Trost ist hin,
Der, in dessen Leben
Meines sich befand! Mein N.its,
Meine Ruh' und Zuflucht hat
Gute Nacht gegeben.

Um Robertin und Dach sammelte sich nun ein Kreis poetisch begabter
Männer, die regelmäßig zusammen kamen, ihre Gedichte vorlasen und besprachen,
auch sich besondere dichterische Aufgaben stellten; der Kreis war nicht fest ge¬
schlossen, auch Gästen war die Theilnahme gestattet. Den verschiedensten
Stellungen gehörten die Mitglieder an. Der Musiker Heinrich Albert, der
Prorektor der altstädtischen Schule Christoph Caldenbach, der sich besonders
auf dem Gebiete der lateinischen Poesie auszeichnete, der Professor der Medizin


Wunsch erfüllt, den Seinen eine sorgenlose Existenz zu bereiten, indem er ein
halbes Jahr vor seinem Tode, am 3. September 1658 das Gut Kuyken in
der Nähe von Königsberg — zehn und eine halbe Hufe Landes — zum Ge¬
schenk erhielt. Ueberhaupt stand Dach dem Herrscherhause sehr nahe, bei allen
Gelegenheiten brachte er ihm dichterische Huldigungen dar, die nach seinem
Tode in der Schrift: „Churbrandenbnrgische Rose, Adler, Löw' und Scepter"
gesammelt wurden. Und wieder bezeugten ihm auch die Churfürsten Georg
Wilhelm und Friedrich Wilhelm viele Gunst, besonders der letztere. War er
in Königsberg, so lud er Dach, auch seine Frau und Kinder ein, und ließ von
der auch musikalisch begabten Familie ein kleines Konzert veranstalten.

Unter allen Freunden, die Dach nahe standen, hat niemand einen so
großen Einfluß auf ihn ausgeübt, als Robert Robertin. Nach ausgedehnten,
langjährigen Reisen war derselbe im September 1633 nach Königsberg zurück¬
gekehrt und bekleidete hier im Laufe der Jahre angesehene Aemter, bald am
Gericht, bald in der Verwaltung. Er starb am 7. April 1648. Robertin war
ein selten vielseitig gebildeter Mann, Philolog und Historiker, Jurist und
Staatsmann, ein begabter Dichter, vertraut mit ausländischer Literatur und
Sprache. Robertin hat Dach geschult. Er hat ihn mit der neueren Literatur
bekannt gemacht, mit ihm dichterisch hervorragende Werke, ältere und neuere,
gelesen, mit ihm französische, holländische, italienische Gedichte deutsch oder
lateinisch bearbeitet, hat ihn zu poetischer Thätigkeit immer von neuem an¬
geregt und seine Leistungen kritisch besprochen. Was ihm Robertin war, hat
Dach bei den verschiedensten Gelegenheiten ausgesprochen.

Und in den mannichfachsten Liedern, lateinischen und deutschen, hat er
dem tiefen Schmerz über seinen Tod Ausdruck gegeben. Durch alle zieht sich
die Klage hindurch, die er in dem Worte ausgesprochen:


O der Mann nach meinem Sinn,
Nobertin, mein Trost ist hin,
Der, in dessen Leben
Meines sich befand! Mein N.its,
Meine Ruh' und Zuflucht hat
Gute Nacht gegeben.

Um Robertin und Dach sammelte sich nun ein Kreis poetisch begabter
Männer, die regelmäßig zusammen kamen, ihre Gedichte vorlasen und besprachen,
auch sich besondere dichterische Aufgaben stellten; der Kreis war nicht fest ge¬
schlossen, auch Gästen war die Theilnahme gestattet. Den verschiedensten
Stellungen gehörten die Mitglieder an. Der Musiker Heinrich Albert, der
Prorektor der altstädtischen Schule Christoph Caldenbach, der sich besonders
auf dem Gebiete der lateinischen Poesie auszeichnete, der Professor der Medizin


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/143>, abgerufen am 28.09.2024.