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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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Haus. Dach's treuer Freund Robertin bezeugte ihm bei der Gründung eines
eignen Hausstandes die aufopferndste Liebe. Ein Jahr lang gewährte er dem
jungen Paare in seinem Hause Wohnung und Lebensunterhalt. Zwei Jahre
später sehen wir den Kneiphöf'schen Magistrat eine werthvolle Unterstützung
Dach verleihen, indem er ihm auf Lebenszeit die Benutzung einer Wohnung
in der Magister-Straße (wahrscheinlich jetzt Ur. M*) in der Nähe der Honig¬
brücke anwies. Dach bezeugte seine Dankbarkeit in einem längeren Gedicht
an deu Magistrat. Er freut sich, nun der trüben Wohmmgssorgen ledig
zu sein:


Die Schneck und Schildfrosch bringen
Ihr Hütten mit zur Welt,
Der Mensch muß mühsam ringen,
Eh' er ein Haus erhält.

Geld, Heirathsgut habe er nicht ererbt, und was er sich erwerbe, reiche
nicht aus, den Besitz eines eignen Hauses zu erlangen.


Doch darum auf den Gassen
Den Himmel sich allein
Erbärmlich decken lassen
Scheint menschlich nicht zu sein.
Wo in ein Faß auch kriechen
Geht dieses Orts nicht an,
Vor hat es bei den Griechen
Diogenes gethan.
Und könnt' ich so gleich leben,
Die Welt, die hoch gesinnt,
Großmüthig überstreben,
Wo laß' ich Weib und Kind?
Ans hohen Zins wo bleiben
Tragt mein Verdienst nicht aus,
Wer läßt sich auch gern treiben
Oft in ein ander Haus?

Auch der große Churfürst lenkte in die letzten Tage seines Lebens
einen freundlichen Sonnenschein. In schwerer Krankheit, die Dach im Jahr
1654 traf, richtete er an thu die Bitte, für den Fall seines Todes seiner Wittwe
auf Lebenszeit ein Gnadengehalt von 100 Thalern nebst einem Deputat von
Korn und Holz zu gewähren. stellten sich auch der Gewährung dieser Bitte
nicht zu beseitigende Hindernisse entgegen, so wurde doch in anderer Weise sein



Die Absicht, dies Haus durch eine Gedenktafel auszuzeichnen, mußte, da sich schlie߬
lich zeigte, wie unsicher die Bestimmung sei, unterbleiben. Die Magistcrstraßc ist in der
Nähe des Doms im Knciphof.

Haus. Dach's treuer Freund Robertin bezeugte ihm bei der Gründung eines
eignen Hausstandes die aufopferndste Liebe. Ein Jahr lang gewährte er dem
jungen Paare in seinem Hause Wohnung und Lebensunterhalt. Zwei Jahre
später sehen wir den Kneiphöf'schen Magistrat eine werthvolle Unterstützung
Dach verleihen, indem er ihm auf Lebenszeit die Benutzung einer Wohnung
in der Magister-Straße (wahrscheinlich jetzt Ur. M*) in der Nähe der Honig¬
brücke anwies. Dach bezeugte seine Dankbarkeit in einem längeren Gedicht
an deu Magistrat. Er freut sich, nun der trüben Wohmmgssorgen ledig
zu sein:


Die Schneck und Schildfrosch bringen
Ihr Hütten mit zur Welt,
Der Mensch muß mühsam ringen,
Eh' er ein Haus erhält.

Geld, Heirathsgut habe er nicht ererbt, und was er sich erwerbe, reiche
nicht aus, den Besitz eines eignen Hauses zu erlangen.


Doch darum auf den Gassen
Den Himmel sich allein
Erbärmlich decken lassen
Scheint menschlich nicht zu sein.
Wo in ein Faß auch kriechen
Geht dieses Orts nicht an,
Vor hat es bei den Griechen
Diogenes gethan.
Und könnt' ich so gleich leben,
Die Welt, die hoch gesinnt,
Großmüthig überstreben,
Wo laß' ich Weib und Kind?
Ans hohen Zins wo bleiben
Tragt mein Verdienst nicht aus,
Wer läßt sich auch gern treiben
Oft in ein ander Haus?

Auch der große Churfürst lenkte in die letzten Tage seines Lebens
einen freundlichen Sonnenschein. In schwerer Krankheit, die Dach im Jahr
1654 traf, richtete er an thu die Bitte, für den Fall seines Todes seiner Wittwe
auf Lebenszeit ein Gnadengehalt von 100 Thalern nebst einem Deputat von
Korn und Holz zu gewähren. stellten sich auch der Gewährung dieser Bitte
nicht zu beseitigende Hindernisse entgegen, so wurde doch in anderer Weise sein



Die Absicht, dies Haus durch eine Gedenktafel auszuzeichnen, mußte, da sich schlie߬
lich zeigte, wie unsicher die Bestimmung sei, unterbleiben. Die Magistcrstraßc ist in der
Nähe des Doms im Knciphof.
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[0142] Haus. Dach's treuer Freund Robertin bezeugte ihm bei der Gründung eines eignen Hausstandes die aufopferndste Liebe. Ein Jahr lang gewährte er dem jungen Paare in seinem Hause Wohnung und Lebensunterhalt. Zwei Jahre später sehen wir den Kneiphöf'schen Magistrat eine werthvolle Unterstützung Dach verleihen, indem er ihm auf Lebenszeit die Benutzung einer Wohnung in der Magister-Straße (wahrscheinlich jetzt Ur. M*) in der Nähe der Honig¬ brücke anwies. Dach bezeugte seine Dankbarkeit in einem längeren Gedicht an deu Magistrat. Er freut sich, nun der trüben Wohmmgssorgen ledig zu sein: Die Schneck und Schildfrosch bringen Ihr Hütten mit zur Welt, Der Mensch muß mühsam ringen, Eh' er ein Haus erhält. Geld, Heirathsgut habe er nicht ererbt, und was er sich erwerbe, reiche nicht aus, den Besitz eines eignen Hauses zu erlangen. Doch darum auf den Gassen Den Himmel sich allein Erbärmlich decken lassen Scheint menschlich nicht zu sein. Wo in ein Faß auch kriechen Geht dieses Orts nicht an, Vor hat es bei den Griechen Diogenes gethan. Und könnt' ich so gleich leben, Die Welt, die hoch gesinnt, Großmüthig überstreben, Wo laß' ich Weib und Kind? Ans hohen Zins wo bleiben Tragt mein Verdienst nicht aus, Wer läßt sich auch gern treiben Oft in ein ander Haus? Auch der große Churfürst lenkte in die letzten Tage seines Lebens einen freundlichen Sonnenschein. In schwerer Krankheit, die Dach im Jahr 1654 traf, richtete er an thu die Bitte, für den Fall seines Todes seiner Wittwe auf Lebenszeit ein Gnadengehalt von 100 Thalern nebst einem Deputat von Korn und Holz zu gewähren. stellten sich auch der Gewährung dieser Bitte nicht zu beseitigende Hindernisse entgegen, so wurde doch in anderer Weise sein Die Absicht, dies Haus durch eine Gedenktafel auszuzeichnen, mußte, da sich schlie߬ lich zeigte, wie unsicher die Bestimmung sei, unterbleiben. Die Magistcrstraßc ist in der Nähe des Doms im Knciphof.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/142>, abgerufen am 28.09.2024.