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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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man von ihnen erwarte" durste, zu spiele" wußten. (Hierzu als Anmerkung
unter dem Text der Vers aus Shakspeare's Heinrich VIII.: -I blühn w hoc
g, nodlemtm parts ing-nners.) Der frankfurter Senat und das Kontingent
der Stadt ward aufgelöst, der Stadt eine Kriegskontribution von 6 Millionen
Gulden auferlegt, ein Schrei der Entrüstung aber ging dnrch Deutschland ja
durch die ganze europäische Welt, als man erfuhr, daß am 2l). der geängsteten
Stadt eine weitere Kontribution von 25 Millionen, binnen 24 Stunden, an
die Kriegskasse der Maiucmnee einzuzahlen, auferlegt worden sei. Das unsinnige
Dekret, welches verlangte, was, binnen 24 Stunden zum wenigsten, unmöglich
war, trug nicht mehr die Unterschrift des Generals Vogel von Falkenstein,
dieser war als Gouverneur von Böhmen, also in Ungnaden, abberufen, und
der Oberbefehl dem General Manteuffel übertragen worden. Jene Kontribution
wurde jedoch nicht wirklich erhoben, und nachdem man die Bevölkerung hin¬
länglich den Zorn des Siegers hatte empfinden lassen, stellte sich sogar ein
befriedigendes Verhältniß zwischen den Wirthen und ihren nichtgeladenen
Gästen her."

Mit diesem Passus, soweit er den preußischen Theil betrifft, ist ein
Recensent des Buches in dem preußischen Militärwochenblatt sehr unzufrieden
gewesen, er hält ihn für ungerecht gegen das preußische Militär, und er gibt
dieser Unzufriedenheit einen starken Ausdruck, der aber nichts mit dem Styl ge¬
mein hat, in welchem Herr O. Kanngießer, Herr Fr. Kreyszig und einige schätzbare,
leider anonyme Zuschriften, deren ich mich von Frankfurt her zu erfreuen
hatte, sich meinem Buch und meiner Person gegenüber gütlich thun. Meine
bescheidene Meinung ist nun die, daß wenn beide entgegenstehende Parteien
sich so bitter über eine Darstellung beklagen, dieselbe wenigstens nicht tendenziös
d. h. einseitig zu Gwlsten der Einen, gefärbt sein kann.

In der That habe ich von dieser Darstellung nichts zurückzunehmen, und
den Beweis der Richtigkeit derselben liefert in aller Vollständigkeit das Buch
des Herrn Kanngießer selbst.

Derselbe spricht von dem "bodenlosen Leichtsinn", den hier ein "Geschicht¬
schreiber" sich habe zu Schulden kommen lassen, und fügt hinzu: "Die Ent¬
deckung, daß der frankfurter Senat, als die Gefahr näher rückte, dem Rest des
Bundestags selbst den Stuhl vor die Thür gesetzt", müsse ich "aus ganz be¬
sonderer Inspiration geschöpft haben; denn gedruckte, geschweige denn dokumen¬
tarische Quellen lassen sich für diese mit den Thatsachen aufs schroffste in
Widerspruch stehende Behauptung gewiß nirgends auffinden". -- Herr Kann¬
gießer kann das gewünschte Dokument in aller Vollständigkeit auf Seite 165 f.
seines eigene" Buches finden. Der frankfurter Bundestagsgesandte bringt am
11. Jilli 1866 im Auftrage des Senats die um Frankfurt her aufgeworfenne


man von ihnen erwarte» durste, zu spiele» wußten. (Hierzu als Anmerkung
unter dem Text der Vers aus Shakspeare's Heinrich VIII.: -I blühn w hoc
g, nodlemtm parts ing-nners.) Der frankfurter Senat und das Kontingent
der Stadt ward aufgelöst, der Stadt eine Kriegskontribution von 6 Millionen
Gulden auferlegt, ein Schrei der Entrüstung aber ging dnrch Deutschland ja
durch die ganze europäische Welt, als man erfuhr, daß am 2l). der geängsteten
Stadt eine weitere Kontribution von 25 Millionen, binnen 24 Stunden, an
die Kriegskasse der Maiucmnee einzuzahlen, auferlegt worden sei. Das unsinnige
Dekret, welches verlangte, was, binnen 24 Stunden zum wenigsten, unmöglich
war, trug nicht mehr die Unterschrift des Generals Vogel von Falkenstein,
dieser war als Gouverneur von Böhmen, also in Ungnaden, abberufen, und
der Oberbefehl dem General Manteuffel übertragen worden. Jene Kontribution
wurde jedoch nicht wirklich erhoben, und nachdem man die Bevölkerung hin¬
länglich den Zorn des Siegers hatte empfinden lassen, stellte sich sogar ein
befriedigendes Verhältniß zwischen den Wirthen und ihren nichtgeladenen
Gästen her."

Mit diesem Passus, soweit er den preußischen Theil betrifft, ist ein
Recensent des Buches in dem preußischen Militärwochenblatt sehr unzufrieden
gewesen, er hält ihn für ungerecht gegen das preußische Militär, und er gibt
dieser Unzufriedenheit einen starken Ausdruck, der aber nichts mit dem Styl ge¬
mein hat, in welchem Herr O. Kanngießer, Herr Fr. Kreyszig und einige schätzbare,
leider anonyme Zuschriften, deren ich mich von Frankfurt her zu erfreuen
hatte, sich meinem Buch und meiner Person gegenüber gütlich thun. Meine
bescheidene Meinung ist nun die, daß wenn beide entgegenstehende Parteien
sich so bitter über eine Darstellung beklagen, dieselbe wenigstens nicht tendenziös
d. h. einseitig zu Gwlsten der Einen, gefärbt sein kann.

In der That habe ich von dieser Darstellung nichts zurückzunehmen, und
den Beweis der Richtigkeit derselben liefert in aller Vollständigkeit das Buch
des Herrn Kanngießer selbst.

Derselbe spricht von dem „bodenlosen Leichtsinn", den hier ein „Geschicht¬
schreiber" sich habe zu Schulden kommen lassen, und fügt hinzu: „Die Ent¬
deckung, daß der frankfurter Senat, als die Gefahr näher rückte, dem Rest des
Bundestags selbst den Stuhl vor die Thür gesetzt", müsse ich „aus ganz be¬
sonderer Inspiration geschöpft haben; denn gedruckte, geschweige denn dokumen¬
tarische Quellen lassen sich für diese mit den Thatsachen aufs schroffste in
Widerspruch stehende Behauptung gewiß nirgends auffinden". — Herr Kann¬
gießer kann das gewünschte Dokument in aller Vollständigkeit auf Seite 165 f.
seines eigene» Buches finden. Der frankfurter Bundestagsgesandte bringt am
11. Jilli 1866 im Auftrage des Senats die um Frankfurt her aufgeworfenne


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/120>, abgerufen am 28.09.2024.