Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.Ziehungen zu den deutschen Generalen zu treten, welche die ihnen zunächst lie¬ Der Einmarsch der Deutschen mußte auch noch dazu dienen, die Fort¬ Als am 10. März die gesetzgebende Versammlung vernünftiger Weise Ziehungen zu den deutschen Generalen zu treten, welche die ihnen zunächst lie¬ Der Einmarsch der Deutschen mußte auch noch dazu dienen, die Fort¬ Als am 10. März die gesetzgebende Versammlung vernünftiger Weise <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0096" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138855"/> <p xml:id="ID_249" prev="#ID_248"> Ziehungen zu den deutschen Generalen zu treten, welche die ihnen zunächst lie¬<lb/> genden Positionen besetzt hielten — ohne jeden Erfolg. Da diese vaterlandslose<lb/> Gesellschaft jedes Patriotismus baar und ledig war, so fühlte sie wohl uicht<lb/> einmal das Entehrende ihrer Handlungen, wenn sie den Deutschen die Ver¬<lb/> sicherung gab, nur gegen „die Versailler" kämpfen zu wollen. So sendete<lb/> Paschal Gronsset, Delegirter des Aeußeren, an Bergeret eine Ordre des Inhalts:<lb/> „Mein lieber Bergeret, sorgen Sie doch dafür, daß der Schritt, den wir bei<lb/> dem deutschen Generalkommando thun wollen, mit Effekt geschieht. Sie müssen<lb/> mindestens einen Stabsoffizier mit einem Trompeter an den Kommandirenden<lb/> des 3. preußischen Korps senden, wenn Sie anfragen lassen, wann die Preußen<lb/> die Forts auf dem rechten Seineufer räumen werden, damit wir den Versaillern<lb/> zuvorkommen mit der Besatzung!" Wenn diese Ordre wirklich abgesendet ist,<lb/> so war der Delegirte des Aeußeren der Kommune jedenfalls nicht besonders<lb/> gut über die deutschen Korps unterrichtet, denn das 3. preußische Armeekorps<lb/> hatte mit den Forts auf dem rechten Seineufer gar nichts zu thun. Der<lb/> Kommandant dieses 3. preußischen Korps soll der General v. d. Tann gewesen<lb/> sein und auf diese Anfrage trocken geantwortet haben: „Auskunft hierüber<lb/> würde er nur der Armee von Versailles geben." Danach müßte also das 1.<lb/> bairische Korps mit dieser Kommunendiplomatie erfreut worden sein. — Später<lb/> versuchte auch Rössel, als Kriegsminister der Kommune, von der deutschen<lb/> Heeresverwaltung Wagen und Pferde zu kaufen; derselbe Rössel, der dann<lb/> wieder vor dem Kriegsgericht in Versailles erklärte: „Patriotischer Schmerz<lb/> und leidenschaftlicher Haß gegen die Deutschen haben mich in die Reihen der<lb/> Kommune geführt!"</p><lb/> <p xml:id="ID_250"> Der Einmarsch der Deutschen mußte auch noch dazu dienen, die Fort¬<lb/> führung der Geschütze ans den Montmartre zu bemänteln, und in den Augen<lb/> der bethörten Masse den wahren Zweck zu verberge», den man dabei verfolgte.<lb/> Als aber nun am 1. März wirklich die deutsche Armee ein Detachement ihrer<lb/> Truppen uach Paris einziehen ließ, da hielten sich die 144 Bataillone, die 8<lb/> Tage früher einstimmig den Kampf bis aufs Messer votirt hatten, vollkommen<lb/> ruhig, einschließlich der 214 Kanonen des Montmartre. Das Stück war eben<lb/> gespielt. Man begnügte sich, die Spuren, welche die deutschen Pferde auf den<lb/> Bivouaksplätzen vou ihrer Anwesenheit zurückließen, zu verbrennen.</p><lb/> <p xml:id="ID_251" next="#ID_252"> Als am 10. März die gesetzgebende Versammlung vernünftiger Weise<lb/> erklärte, daß sie Angesichts der pariser Verhältnisse nicht dort, sondern in Versailles<lb/> tagen würde, erreichte die Aufregung in Paris den höchsten Grad. Man<lb/> schrie abermals über Verrath und erklärte die Republik in Gefahr. Noch stand<lb/> keine genügende Armee der Regierung zu Gebote, sie mußte also warten. Durch<lb/> ein unkluges Finanzgesetz, das die Prorogation der Wechsel zu kleinem Betrage,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0096]
Ziehungen zu den deutschen Generalen zu treten, welche die ihnen zunächst lie¬
genden Positionen besetzt hielten — ohne jeden Erfolg. Da diese vaterlandslose
Gesellschaft jedes Patriotismus baar und ledig war, so fühlte sie wohl uicht
einmal das Entehrende ihrer Handlungen, wenn sie den Deutschen die Ver¬
sicherung gab, nur gegen „die Versailler" kämpfen zu wollen. So sendete
Paschal Gronsset, Delegirter des Aeußeren, an Bergeret eine Ordre des Inhalts:
„Mein lieber Bergeret, sorgen Sie doch dafür, daß der Schritt, den wir bei
dem deutschen Generalkommando thun wollen, mit Effekt geschieht. Sie müssen
mindestens einen Stabsoffizier mit einem Trompeter an den Kommandirenden
des 3. preußischen Korps senden, wenn Sie anfragen lassen, wann die Preußen
die Forts auf dem rechten Seineufer räumen werden, damit wir den Versaillern
zuvorkommen mit der Besatzung!" Wenn diese Ordre wirklich abgesendet ist,
so war der Delegirte des Aeußeren der Kommune jedenfalls nicht besonders
gut über die deutschen Korps unterrichtet, denn das 3. preußische Armeekorps
hatte mit den Forts auf dem rechten Seineufer gar nichts zu thun. Der
Kommandant dieses 3. preußischen Korps soll der General v. d. Tann gewesen
sein und auf diese Anfrage trocken geantwortet haben: „Auskunft hierüber
würde er nur der Armee von Versailles geben." Danach müßte also das 1.
bairische Korps mit dieser Kommunendiplomatie erfreut worden sein. — Später
versuchte auch Rössel, als Kriegsminister der Kommune, von der deutschen
Heeresverwaltung Wagen und Pferde zu kaufen; derselbe Rössel, der dann
wieder vor dem Kriegsgericht in Versailles erklärte: „Patriotischer Schmerz
und leidenschaftlicher Haß gegen die Deutschen haben mich in die Reihen der
Kommune geführt!"
Der Einmarsch der Deutschen mußte auch noch dazu dienen, die Fort¬
führung der Geschütze ans den Montmartre zu bemänteln, und in den Augen
der bethörten Masse den wahren Zweck zu verberge», den man dabei verfolgte.
Als aber nun am 1. März wirklich die deutsche Armee ein Detachement ihrer
Truppen uach Paris einziehen ließ, da hielten sich die 144 Bataillone, die 8
Tage früher einstimmig den Kampf bis aufs Messer votirt hatten, vollkommen
ruhig, einschließlich der 214 Kanonen des Montmartre. Das Stück war eben
gespielt. Man begnügte sich, die Spuren, welche die deutschen Pferde auf den
Bivouaksplätzen vou ihrer Anwesenheit zurückließen, zu verbrennen.
Als am 10. März die gesetzgebende Versammlung vernünftiger Weise
erklärte, daß sie Angesichts der pariser Verhältnisse nicht dort, sondern in Versailles
tagen würde, erreichte die Aufregung in Paris den höchsten Grad. Man
schrie abermals über Verrath und erklärte die Republik in Gefahr. Noch stand
keine genügende Armee der Regierung zu Gebote, sie mußte also warten. Durch
ein unkluges Finanzgesetz, das die Prorogation der Wechsel zu kleinem Betrage,
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