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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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scheusten und ältesten Familien des Dvngebietes: die Bullaks, Jewsjejows,
Masans, Hohols, TschyschM, Soltans") u. s. w. zugleich auch polnische Adels¬
familien, die unter der Führung Karabojews an den Don gekommen waren.
Diese Kosakenaristokratie hält unerschütterlich fest an den Glaubenssatzungen
der Sekte der Starowjercen. Nachdem die Männer sich durch die Armeen der
Kaiserin einen Weg nach Araya gebahnt hatten, zogen ihnen nicht nur ihre
Frauen und Kinder, sondern auch ganze Familien nach; Araya wurde eine
nur von Kosaken bewohnte Stadt, welche in Stannizen (Standquartiere) getheilt
wurde, wie ja die Kosaken überall in Stannizen getheilt sind. Den einzelnen
Stannizen legte man die Namen der heimischen, am Don gebräuchlichen, bei.

Jhuat Nekrassow verpflichtete sich gegenüber dem Chan, stets 12,500 Kosaken
sür seinen Dienst bereit zu haben. Diese Armee wurde in 25 Regimenter
getheilt, welche sowohl zu Fuß, als auch in leichten Kähnen ("?sek^1:i",
Kiebitzen) die Stadt gegen jeden feindlichen Angriff vertheidigen sollten. Nekrassow
gab den mit ihn: ausgewanderten Kosaken eine militärische, bürgerliche und
religiöse Organisation. Sie nahmen die Bezeichnung "Soldaten der Kosaken
Jhnat Nekrassows" an. Die Organisation, die Gesetze und Einrichtungen
Nekrassows find, trotz der vielfachen Wandlungen, denen seine Kosaken seit jener
Zeit unterworfen waren, noch bis heutigen Tages in voller Geltung. Jhnat
Nekrassow fiel in sehr vorgerücktem Alter, im sieben und neunzigsten Lebensjahre
während der Vertheidigung von Araya, welches die Russen unter dem Kommando
des Feldmarschalls Gudowiez stürmten. So lange er lebte dachte kein Kosak
an die Wahl eines neuen Hetmann oder Aterman, er war lebenslänglicher,
unbeschränkter Gebieter. Die Liebe zur Ordnung, das Vertrauen zu Nekrassow
"ut die Ehrfurcht vor ihm überwogen die Liebe zur ungebundenen Freiheit
der Kosaken.

Nach dem Tode Nekrassows wurde Araya von den Russen eingenommen;
die Kosaken verließen es nun, und zwar die Frauen, Kinder und Greise in
Boten, die kampffähigen Männer zu Pferde. Die Flottille segelte die Küsten
entlang, während die berittenen Kosaken längst des Strandes, b:s an den
Bosporus zogen, wo sie von Anadol-Kawcck nach Rumeli-Kawak-(Festung)
übersetzten, von wo aus sie wiederum wie bisher der Donau zu wanderten,
um am Rasyn-See sich anzusiedeln, welcher sehr fischreich ist und mit dem
Schwarzen Meere, wie mit der Donau in Verbindung steht.

Wie bei den Chans der Krim, übernahmen die Nekrassower Kosaken auch
beim Sultan die Verpflichtung zum Kriegsdienste. In einer Konvention, die



>?. ^ Bullaks (Bulhccks), Sultans, u, s. w. gchürm noch heut zu den angesehensten
"""ttlwu Lithauens. Die SvttnnS führen den Gr-ifentitel.
'
Gunzbotou IV. 1877. 9

scheusten und ältesten Familien des Dvngebietes: die Bullaks, Jewsjejows,
Masans, Hohols, TschyschM, Soltans") u. s. w. zugleich auch polnische Adels¬
familien, die unter der Führung Karabojews an den Don gekommen waren.
Diese Kosakenaristokratie hält unerschütterlich fest an den Glaubenssatzungen
der Sekte der Starowjercen. Nachdem die Männer sich durch die Armeen der
Kaiserin einen Weg nach Araya gebahnt hatten, zogen ihnen nicht nur ihre
Frauen und Kinder, sondern auch ganze Familien nach; Araya wurde eine
nur von Kosaken bewohnte Stadt, welche in Stannizen (Standquartiere) getheilt
wurde, wie ja die Kosaken überall in Stannizen getheilt sind. Den einzelnen
Stannizen legte man die Namen der heimischen, am Don gebräuchlichen, bei.

Jhuat Nekrassow verpflichtete sich gegenüber dem Chan, stets 12,500 Kosaken
sür seinen Dienst bereit zu haben. Diese Armee wurde in 25 Regimenter
getheilt, welche sowohl zu Fuß, als auch in leichten Kähnen („?sek^1:i",
Kiebitzen) die Stadt gegen jeden feindlichen Angriff vertheidigen sollten. Nekrassow
gab den mit ihn: ausgewanderten Kosaken eine militärische, bürgerliche und
religiöse Organisation. Sie nahmen die Bezeichnung „Soldaten der Kosaken
Jhnat Nekrassows" an. Die Organisation, die Gesetze und Einrichtungen
Nekrassows find, trotz der vielfachen Wandlungen, denen seine Kosaken seit jener
Zeit unterworfen waren, noch bis heutigen Tages in voller Geltung. Jhnat
Nekrassow fiel in sehr vorgerücktem Alter, im sieben und neunzigsten Lebensjahre
während der Vertheidigung von Araya, welches die Russen unter dem Kommando
des Feldmarschalls Gudowiez stürmten. So lange er lebte dachte kein Kosak
an die Wahl eines neuen Hetmann oder Aterman, er war lebenslänglicher,
unbeschränkter Gebieter. Die Liebe zur Ordnung, das Vertrauen zu Nekrassow
"ut die Ehrfurcht vor ihm überwogen die Liebe zur ungebundenen Freiheit
der Kosaken.

Nach dem Tode Nekrassows wurde Araya von den Russen eingenommen;
die Kosaken verließen es nun, und zwar die Frauen, Kinder und Greise in
Boten, die kampffähigen Männer zu Pferde. Die Flottille segelte die Küsten
entlang, während die berittenen Kosaken längst des Strandes, b:s an den
Bosporus zogen, wo sie von Anadol-Kawcck nach Rumeli-Kawak-(Festung)
übersetzten, von wo aus sie wiederum wie bisher der Donau zu wanderten,
um am Rasyn-See sich anzusiedeln, welcher sehr fischreich ist und mit dem
Schwarzen Meere, wie mit der Donau in Verbindung steht.

Wie bei den Chans der Krim, übernahmen die Nekrassower Kosaken auch
beim Sultan die Verpflichtung zum Kriegsdienste. In einer Konvention, die



>?. ^ Bullaks (Bulhccks), Sultans, u, s. w. gchürm noch heut zu den angesehensten
"""ttlwu Lithauens. Die SvttnnS führen den Gr-ifentitel.
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Gunzbotou IV. 1877. 9
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[0069] scheusten und ältesten Familien des Dvngebietes: die Bullaks, Jewsjejows, Masans, Hohols, TschyschM, Soltans") u. s. w. zugleich auch polnische Adels¬ familien, die unter der Führung Karabojews an den Don gekommen waren. Diese Kosakenaristokratie hält unerschütterlich fest an den Glaubenssatzungen der Sekte der Starowjercen. Nachdem die Männer sich durch die Armeen der Kaiserin einen Weg nach Araya gebahnt hatten, zogen ihnen nicht nur ihre Frauen und Kinder, sondern auch ganze Familien nach; Araya wurde eine nur von Kosaken bewohnte Stadt, welche in Stannizen (Standquartiere) getheilt wurde, wie ja die Kosaken überall in Stannizen getheilt sind. Den einzelnen Stannizen legte man die Namen der heimischen, am Don gebräuchlichen, bei. Jhuat Nekrassow verpflichtete sich gegenüber dem Chan, stets 12,500 Kosaken sür seinen Dienst bereit zu haben. Diese Armee wurde in 25 Regimenter getheilt, welche sowohl zu Fuß, als auch in leichten Kähnen („?sek^1:i", Kiebitzen) die Stadt gegen jeden feindlichen Angriff vertheidigen sollten. Nekrassow gab den mit ihn: ausgewanderten Kosaken eine militärische, bürgerliche und religiöse Organisation. Sie nahmen die Bezeichnung „Soldaten der Kosaken Jhnat Nekrassows" an. Die Organisation, die Gesetze und Einrichtungen Nekrassows find, trotz der vielfachen Wandlungen, denen seine Kosaken seit jener Zeit unterworfen waren, noch bis heutigen Tages in voller Geltung. Jhnat Nekrassow fiel in sehr vorgerücktem Alter, im sieben und neunzigsten Lebensjahre während der Vertheidigung von Araya, welches die Russen unter dem Kommando des Feldmarschalls Gudowiez stürmten. So lange er lebte dachte kein Kosak an die Wahl eines neuen Hetmann oder Aterman, er war lebenslänglicher, unbeschränkter Gebieter. Die Liebe zur Ordnung, das Vertrauen zu Nekrassow "ut die Ehrfurcht vor ihm überwogen die Liebe zur ungebundenen Freiheit der Kosaken. Nach dem Tode Nekrassows wurde Araya von den Russen eingenommen; die Kosaken verließen es nun, und zwar die Frauen, Kinder und Greise in Boten, die kampffähigen Männer zu Pferde. Die Flottille segelte die Küsten entlang, während die berittenen Kosaken längst des Strandes, b:s an den Bosporus zogen, wo sie von Anadol-Kawcck nach Rumeli-Kawak-(Festung) übersetzten, von wo aus sie wiederum wie bisher der Donau zu wanderten, um am Rasyn-See sich anzusiedeln, welcher sehr fischreich ist und mit dem Schwarzen Meere, wie mit der Donau in Verbindung steht. Wie bei den Chans der Krim, übernahmen die Nekrassower Kosaken auch beim Sultan die Verpflichtung zum Kriegsdienste. In einer Konvention, die >?. ^ Bullaks (Bulhccks), Sultans, u, s. w. gchürm noch heut zu den angesehensten """ttlwu Lithauens. Die SvttnnS führen den Gr-ifentitel. ' Gunzbotou IV. 1877. 9

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/69>, abgerufen am 02.07.2024.