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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Ritter zum Bischof von Mainz, der ihn gnädig annahm und zum Abend¬
mahl einlud.

"Darnach kam ich", erzählt er weiter, "geu Heidelberg zum Pfalzgrafen,
denn ich Seiner Fürstlichen Gnaden zugesagt und versprochen hatte, wann ich
wieder zurückkäme, mich bei seiner Fürstlichen Geraden anzumelden nud dieselbe
zu besuchen. Derselbe empfing mich mit allen Geraden und hielt mich bei
zwei Wochen ans. Bor meinem Abschied aber verehret er mir hundert
Rheinische Gulden, die übersendete ich ihm wiederumb dnrch einen Ritter und
fürstlichen Rath, Herrn Götz vou Alensheim, darauf ließ mich Seine Gnade
bald zu ihme fordern, ob ich ihn wohl allbereit gesegnet hatte. Da ich uun
zu ihm kam, ward er fast beweget und gebot mir bei Verlust seiner Gnaden
sein Geschenk nicht zu verschmähen, sondern umb seines Gedächtnis willen
dasselbe anzunehmen und zu behalten, anch also damit vorlieb nehmen. Wo
anch solches von mir beschehen würde, sollte ich Seiner Fürstlichen Gnade
ewiglich beraubet und verlustig sein, ob mir wohl dieselbe bei meinem Abscheidt
von Ihr Fürstliche" Gnaden verheißen und zugesaget worden. Nahme also
erwähnte Verehrung, Nach einem halben Jahre aber überschickt ich Seiner
Fürstlichen Gerade meine Gegenschenkung hinwiederumb, nämlich eine Mardene
Scharben und hundert Harinbälge zu einer anderen Schanden, welche Seine
Fürstliche Geuade von mir zu gnädigem Danke angenommen. Ich verehrete
zwar dasselbige Ihrer Fürstlichen Gerade gar billich, denn mich kein Kurfürst
im ganzen Römischen Reich herrlicher angenommen, verhalten und begäbet, denu
der Pfalzgraf beim Rhein, dazu ließ er mich in allen Herbergen seines Gebietes
aus sonderlicher fürstlicher Mildigkeit auslösen im Hin- und Wiederzuge.
Er ist ein großmüthiger Herr und von gutem Gewissen, einer kurzen Länge,
aber eines schönen jungfräulichen Angesichts und ganz guten Sitten gegen
Gott und den Menschen, ließ mich auch bis gen Ulm vergleiteu."

"Allda fand ich Kaiserliche Majestät, welche mich mit sonderlichen großen
Freuden annahm, fragte mich viel von fremden Landen und vielerlei Sachen.
Da zeigte ich desselben Tages Seiner Majestät an, was maßen sich Könige
und Fürsten Ihrer Majestät empfohlen hätten, welches Seine Majestät zu
gnädigsten Willen annahm, und nach wenig Tagen Seine Majestät den Kanzler
fragten, ob mir auch mein Jahrsold entrichtet wär, welcher berichtete, daß mir
derselbe noch aufstünde. Darauf schufen Ihre Majestät mir ein Schreiben
nach Frankfurt zu verfertige", daß man mir dreihundert und achtzig Reichs-
Gulden auszahlen sollte, welche mir denn auch bald Angesichts des Briefes
zugestellet worden. Ob ich auch wohl vor diesem Ihrer Majestät Schreiben
angemelde Stadt gehabt, sind sie mir doch niemalen, als wohl itzund, nutzbar
gewesen, denn es Ihre Majestät mit sonderem Ernste ihnen befohlen und


Ritter zum Bischof von Mainz, der ihn gnädig annahm und zum Abend¬
mahl einlud.

„Darnach kam ich", erzählt er weiter, „geu Heidelberg zum Pfalzgrafen,
denn ich Seiner Fürstlichen Gnaden zugesagt und versprochen hatte, wann ich
wieder zurückkäme, mich bei seiner Fürstlichen Geraden anzumelden nud dieselbe
zu besuchen. Derselbe empfing mich mit allen Geraden und hielt mich bei
zwei Wochen ans. Bor meinem Abschied aber verehret er mir hundert
Rheinische Gulden, die übersendete ich ihm wiederumb dnrch einen Ritter und
fürstlichen Rath, Herrn Götz vou Alensheim, darauf ließ mich Seine Gnade
bald zu ihme fordern, ob ich ihn wohl allbereit gesegnet hatte. Da ich uun
zu ihm kam, ward er fast beweget und gebot mir bei Verlust seiner Gnaden
sein Geschenk nicht zu verschmähen, sondern umb seines Gedächtnis willen
dasselbe anzunehmen und zu behalten, anch also damit vorlieb nehmen. Wo
anch solches von mir beschehen würde, sollte ich Seiner Fürstlichen Gnade
ewiglich beraubet und verlustig sein, ob mir wohl dieselbe bei meinem Abscheidt
von Ihr Fürstliche» Gnaden verheißen und zugesaget worden. Nahme also
erwähnte Verehrung, Nach einem halben Jahre aber überschickt ich Seiner
Fürstlichen Gerade meine Gegenschenkung hinwiederumb, nämlich eine Mardene
Scharben und hundert Harinbälge zu einer anderen Schanden, welche Seine
Fürstliche Geuade von mir zu gnädigem Danke angenommen. Ich verehrete
zwar dasselbige Ihrer Fürstlichen Gerade gar billich, denn mich kein Kurfürst
im ganzen Römischen Reich herrlicher angenommen, verhalten und begäbet, denu
der Pfalzgraf beim Rhein, dazu ließ er mich in allen Herbergen seines Gebietes
aus sonderlicher fürstlicher Mildigkeit auslösen im Hin- und Wiederzuge.
Er ist ein großmüthiger Herr und von gutem Gewissen, einer kurzen Länge,
aber eines schönen jungfräulichen Angesichts und ganz guten Sitten gegen
Gott und den Menschen, ließ mich auch bis gen Ulm vergleiteu."

„Allda fand ich Kaiserliche Majestät, welche mich mit sonderlichen großen
Freuden annahm, fragte mich viel von fremden Landen und vielerlei Sachen.
Da zeigte ich desselben Tages Seiner Majestät an, was maßen sich Könige
und Fürsten Ihrer Majestät empfohlen hätten, welches Seine Majestät zu
gnädigsten Willen annahm, und nach wenig Tagen Seine Majestät den Kanzler
fragten, ob mir auch mein Jahrsold entrichtet wär, welcher berichtete, daß mir
derselbe noch aufstünde. Darauf schufen Ihre Majestät mir ein Schreiben
nach Frankfurt zu verfertige», daß man mir dreihundert und achtzig Reichs-
Gulden auszahlen sollte, welche mir denn auch bald Angesichts des Briefes
zugestellet worden. Ob ich auch wohl vor diesem Ihrer Majestät Schreiben
angemelde Stadt gehabt, sind sie mir doch niemalen, als wohl itzund, nutzbar
gewesen, denn es Ihre Majestät mit sonderem Ernste ihnen befohlen und


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[0514] Ritter zum Bischof von Mainz, der ihn gnädig annahm und zum Abend¬ mahl einlud. „Darnach kam ich", erzählt er weiter, „geu Heidelberg zum Pfalzgrafen, denn ich Seiner Fürstlichen Gnaden zugesagt und versprochen hatte, wann ich wieder zurückkäme, mich bei seiner Fürstlichen Geraden anzumelden nud dieselbe zu besuchen. Derselbe empfing mich mit allen Geraden und hielt mich bei zwei Wochen ans. Bor meinem Abschied aber verehret er mir hundert Rheinische Gulden, die übersendete ich ihm wiederumb dnrch einen Ritter und fürstlichen Rath, Herrn Götz vou Alensheim, darauf ließ mich Seine Gnade bald zu ihme fordern, ob ich ihn wohl allbereit gesegnet hatte. Da ich uun zu ihm kam, ward er fast beweget und gebot mir bei Verlust seiner Gnaden sein Geschenk nicht zu verschmähen, sondern umb seines Gedächtnis willen dasselbe anzunehmen und zu behalten, anch also damit vorlieb nehmen. Wo anch solches von mir beschehen würde, sollte ich Seiner Fürstlichen Gnade ewiglich beraubet und verlustig sein, ob mir wohl dieselbe bei meinem Abscheidt von Ihr Fürstliche» Gnaden verheißen und zugesaget worden. Nahme also erwähnte Verehrung, Nach einem halben Jahre aber überschickt ich Seiner Fürstlichen Gerade meine Gegenschenkung hinwiederumb, nämlich eine Mardene Scharben und hundert Harinbälge zu einer anderen Schanden, welche Seine Fürstliche Geuade von mir zu gnädigem Danke angenommen. Ich verehrete zwar dasselbige Ihrer Fürstlichen Gerade gar billich, denn mich kein Kurfürst im ganzen Römischen Reich herrlicher angenommen, verhalten und begäbet, denu der Pfalzgraf beim Rhein, dazu ließ er mich in allen Herbergen seines Gebietes aus sonderlicher fürstlicher Mildigkeit auslösen im Hin- und Wiederzuge. Er ist ein großmüthiger Herr und von gutem Gewissen, einer kurzen Länge, aber eines schönen jungfräulichen Angesichts und ganz guten Sitten gegen Gott und den Menschen, ließ mich auch bis gen Ulm vergleiteu." „Allda fand ich Kaiserliche Majestät, welche mich mit sonderlichen großen Freuden annahm, fragte mich viel von fremden Landen und vielerlei Sachen. Da zeigte ich desselben Tages Seiner Majestät an, was maßen sich Könige und Fürsten Ihrer Majestät empfohlen hätten, welches Seine Majestät zu gnädigsten Willen annahm, und nach wenig Tagen Seine Majestät den Kanzler fragten, ob mir auch mein Jahrsold entrichtet wär, welcher berichtete, daß mir derselbe noch aufstünde. Darauf schufen Ihre Majestät mir ein Schreiben nach Frankfurt zu verfertige», daß man mir dreihundert und achtzig Reichs- Gulden auszahlen sollte, welche mir denn auch bald Angesichts des Briefes zugestellet worden. Ob ich auch wohl vor diesem Ihrer Majestät Schreiben angemelde Stadt gehabt, sind sie mir doch niemalen, als wohl itzund, nutzbar gewesen, denn es Ihre Majestät mit sonderem Ernste ihnen befohlen und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/514>, abgerufen am 25.08.2024.