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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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meinen Abschied hatte und von Hofe abgezogen war, oder vielmehr um meinet¬
willen dasjenige verfügten und mir die Schreiben vorhielten, weiß ich nicht
gründlich zu sagen. Die nachfolgenden Personen waren es, die da verhinderten,
daß mir meine Schreiben nicht wiedergekehret wurden, nämlich die Schwester
des Königes mit dem Fürsten von Bellejvco oder von Beaujen, der des Fürsten
von Bourbon Bruder, der Bischof von Perigord, der mir des Königes wegen
Antwort gäbe, der Fürst vou Lotharingen zu sambt dem Herrn Plessibor,
Königlichen Secretario, denn sie den König und das ganze Königreich durch
sondere Rathschläge anderen unbekannt, regireten. Seine Königliche Majestät
ließen mir auch gleich, als ich vor seiner Tafel stunde, vermelden und an¬
zeigen, ich wollte dies, so mir anitzo widerführe, Seiner Majestät nicht zu
rechnen, in keinem Unwillen das vernehmen, noch einig Mißfallen darob tragen,
daß mir Seiner Majestät das nicht bezeigen ließe, so sich wohl gegen mir ge-
bührete, denn er in seiner Herren Zwang noch zur Zeit wäre, wann ich aber
dermaleins wiederumb ihn besuchen würde, wollte er sich alldann gegen mir,
als ein König aus Frankreich bezeigen, und wäre ihme in Wahrheit leid, daß
es auf dies mal uicht beschehen konnte."

"Die Franzosen sind sehr hoffcirtige Leute und dem Geschlecht und Geburt
halben mögen sie wohl Fürstengenossen verglichen werden, aber belangende die
Art in Verhaltnng und Fleiß zu guten Tugenden, anch in Bestand ihrer
Reden und Thaten mögen sie wohl an geborner Hoffahrt halben unter die
Engelländer, doch ausgenommen, daß sie sich im Zorn mehr, denn die Engel¬
länder thun, lenken lassen, gerechnet werden. Viel auch aus den Franzosen
versuchten mich, ob ich bei ihrem Könige mich zu Dienste begeben wollt, da
ich mich aber desselben äußerte, gefiel es ihnen nicht, waren derowegen übel
mit mir zufrieden, denn ich ihnen vermeldet, daß alle mein Gut und Hab in
Brabant wäre, denn sie trachteten dem Herzoge zu Oesterreich sehr nahe."

Von Rouen reiste der Ritter über Pontoise nach Paris, wo er kurze Zeit
verweilte. Er erzählt von der Stadt: "daß ich sie vergleiche, ist sie fast in
der Größe als die Stadt Prag und auch was größer, Prag aber ist an Häusern
etwas zierlicher gebaut, Paris aber ist dicker an Häusern, denn nicht so viel
wüster Stellen, als wohl zu Prag zu befinden."

Von Paris reiste er über Se. Quintin nach Brabant, besuchte Bergen,
Brüssel und Mecheln, ohne uns Nachricht von einem Zusammentreffen mit
Erzherzog Maximilian zu geben; vielleicht mochten Geschäfte seines väterlichen
Hanfes seine Anwesenheit dort wünschenswert!) machen. In Mecheln ist er
am 14. Mai 1485. Von hier wendet er sich nun nach Deutschland zurück
um ohne sich zu übereilen seiner östlichen Heimathstadt zuzustreben.


6. Rückreise durch Deutschland.

Von Mecheln aus kam der


meinen Abschied hatte und von Hofe abgezogen war, oder vielmehr um meinet¬
willen dasjenige verfügten und mir die Schreiben vorhielten, weiß ich nicht
gründlich zu sagen. Die nachfolgenden Personen waren es, die da verhinderten,
daß mir meine Schreiben nicht wiedergekehret wurden, nämlich die Schwester
des Königes mit dem Fürsten von Bellejvco oder von Beaujen, der des Fürsten
von Bourbon Bruder, der Bischof von Perigord, der mir des Königes wegen
Antwort gäbe, der Fürst vou Lotharingen zu sambt dem Herrn Plessibor,
Königlichen Secretario, denn sie den König und das ganze Königreich durch
sondere Rathschläge anderen unbekannt, regireten. Seine Königliche Majestät
ließen mir auch gleich, als ich vor seiner Tafel stunde, vermelden und an¬
zeigen, ich wollte dies, so mir anitzo widerführe, Seiner Majestät nicht zu
rechnen, in keinem Unwillen das vernehmen, noch einig Mißfallen darob tragen,
daß mir Seiner Majestät das nicht bezeigen ließe, so sich wohl gegen mir ge-
bührete, denn er in seiner Herren Zwang noch zur Zeit wäre, wann ich aber
dermaleins wiederumb ihn besuchen würde, wollte er sich alldann gegen mir,
als ein König aus Frankreich bezeigen, und wäre ihme in Wahrheit leid, daß
es auf dies mal uicht beschehen konnte."

„Die Franzosen sind sehr hoffcirtige Leute und dem Geschlecht und Geburt
halben mögen sie wohl Fürstengenossen verglichen werden, aber belangende die
Art in Verhaltnng und Fleiß zu guten Tugenden, anch in Bestand ihrer
Reden und Thaten mögen sie wohl an geborner Hoffahrt halben unter die
Engelländer, doch ausgenommen, daß sie sich im Zorn mehr, denn die Engel¬
länder thun, lenken lassen, gerechnet werden. Viel auch aus den Franzosen
versuchten mich, ob ich bei ihrem Könige mich zu Dienste begeben wollt, da
ich mich aber desselben äußerte, gefiel es ihnen nicht, waren derowegen übel
mit mir zufrieden, denn ich ihnen vermeldet, daß alle mein Gut und Hab in
Brabant wäre, denn sie trachteten dem Herzoge zu Oesterreich sehr nahe."

Von Rouen reiste der Ritter über Pontoise nach Paris, wo er kurze Zeit
verweilte. Er erzählt von der Stadt: „daß ich sie vergleiche, ist sie fast in
der Größe als die Stadt Prag und auch was größer, Prag aber ist an Häusern
etwas zierlicher gebaut, Paris aber ist dicker an Häusern, denn nicht so viel
wüster Stellen, als wohl zu Prag zu befinden."

Von Paris reiste er über Se. Quintin nach Brabant, besuchte Bergen,
Brüssel und Mecheln, ohne uns Nachricht von einem Zusammentreffen mit
Erzherzog Maximilian zu geben; vielleicht mochten Geschäfte seines väterlichen
Hanfes seine Anwesenheit dort wünschenswert!) machen. In Mecheln ist er
am 14. Mai 1485. Von hier wendet er sich nun nach Deutschland zurück
um ohne sich zu übereilen seiner östlichen Heimathstadt zuzustreben.


6. Rückreise durch Deutschland.

Von Mecheln aus kam der


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[0513] meinen Abschied hatte und von Hofe abgezogen war, oder vielmehr um meinet¬ willen dasjenige verfügten und mir die Schreiben vorhielten, weiß ich nicht gründlich zu sagen. Die nachfolgenden Personen waren es, die da verhinderten, daß mir meine Schreiben nicht wiedergekehret wurden, nämlich die Schwester des Königes mit dem Fürsten von Bellejvco oder von Beaujen, der des Fürsten von Bourbon Bruder, der Bischof von Perigord, der mir des Königes wegen Antwort gäbe, der Fürst vou Lotharingen zu sambt dem Herrn Plessibor, Königlichen Secretario, denn sie den König und das ganze Königreich durch sondere Rathschläge anderen unbekannt, regireten. Seine Königliche Majestät ließen mir auch gleich, als ich vor seiner Tafel stunde, vermelden und an¬ zeigen, ich wollte dies, so mir anitzo widerführe, Seiner Majestät nicht zu rechnen, in keinem Unwillen das vernehmen, noch einig Mißfallen darob tragen, daß mir Seiner Majestät das nicht bezeigen ließe, so sich wohl gegen mir ge- bührete, denn er in seiner Herren Zwang noch zur Zeit wäre, wann ich aber dermaleins wiederumb ihn besuchen würde, wollte er sich alldann gegen mir, als ein König aus Frankreich bezeigen, und wäre ihme in Wahrheit leid, daß es auf dies mal uicht beschehen konnte." „Die Franzosen sind sehr hoffcirtige Leute und dem Geschlecht und Geburt halben mögen sie wohl Fürstengenossen verglichen werden, aber belangende die Art in Verhaltnng und Fleiß zu guten Tugenden, anch in Bestand ihrer Reden und Thaten mögen sie wohl an geborner Hoffahrt halben unter die Engelländer, doch ausgenommen, daß sie sich im Zorn mehr, denn die Engel¬ länder thun, lenken lassen, gerechnet werden. Viel auch aus den Franzosen versuchten mich, ob ich bei ihrem Könige mich zu Dienste begeben wollt, da ich mich aber desselben äußerte, gefiel es ihnen nicht, waren derowegen übel mit mir zufrieden, denn ich ihnen vermeldet, daß alle mein Gut und Hab in Brabant wäre, denn sie trachteten dem Herzoge zu Oesterreich sehr nahe." Von Rouen reiste der Ritter über Pontoise nach Paris, wo er kurze Zeit verweilte. Er erzählt von der Stadt: „daß ich sie vergleiche, ist sie fast in der Größe als die Stadt Prag und auch was größer, Prag aber ist an Häusern etwas zierlicher gebaut, Paris aber ist dicker an Häusern, denn nicht so viel wüster Stellen, als wohl zu Prag zu befinden." Von Paris reiste er über Se. Quintin nach Brabant, besuchte Bergen, Brüssel und Mecheln, ohne uns Nachricht von einem Zusammentreffen mit Erzherzog Maximilian zu geben; vielleicht mochten Geschäfte seines väterlichen Hanfes seine Anwesenheit dort wünschenswert!) machen. In Mecheln ist er am 14. Mai 1485. Von hier wendet er sich nun nach Deutschland zurück um ohne sich zu übereilen seiner östlichen Heimathstadt zuzustreben. 6. Rückreise durch Deutschland. Von Mecheln aus kam der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/513>, abgerufen am 25.08.2024.