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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Chizci und vermeinete nun glaubhaftig, es sollte mir all das Mein vvllkommlich
überantwortet werden, vernahm die weil nicht, daß die Sach gar anders stund,
denn ich verhoffet hätte. Denn da ich wieder zum Unterhauptmann kam, zeigte
er mir die Schreiben, darinne ihme der Oberhauptmann in Ernst schasfete, daß
er mich bis zu ferner der Königlichen Majestät gnädigste" Erklärung gefünglich
verhalten sollte. Oho, wie war das so gewaltig Unrecht mit mir gehandelt
und eine so große Grobheit und Uebelanständigkeit von einem wohlgeborner,
großen, tapferen Herren, der für anderen angesehen und geehrt werden will.
Der schändliche Geiz bewegt ihn dahin, weil er gänzlichen mich zu pflücken
und meiner Gesellschaften, damit mich Könige, Fürsten und Herren mildiglich
begäbet, habhaft zu werden vermeinete und setzte also Gut für Ehre. Zu dem
erfunden sie Ursachen, wie sie könnten. Denn als sie die Gesellschaft des
Königes von Engelland sahen, gedachten sie, ich wär sein Hofdiener und
wollten mit mir englisch reden, mehr nahmen sie zum Behelf ihrer Zieht und
Verdachts, daß ich mit Fürsatz und Willen den Herzog von Brittanien*), ehe
denn ihren König in Frankreich zu besuchen Fürhabens, mehr daß ich in
Frankreich sonder Geleite kommen wäre. Zu dem rühmeten sie Zeugen für¬
zustellen, welche mich vor dreien Jahren in Frankreich gesehen, eins theils auch
vor mehr Jahren, auch andere falsche Zeugen, die mich sollten vor etlichen
Jahren mit ihnen fertig französisch reden gehöret und gesehen haben, ob ich
mich nur wohl stellete vor ihnen, fand verstände oder könnte ihrer Sprache
ich nit, wär es doch nur Betrug mit mir. Sie vermochten aber mit diesen
unwahren Zeugnissen in Grund wider mich nichts für noch aufzubringen und
mußten letzlich mit Schanden von mir gehen."

"Zöge also in Gottes Namen von Chiza aus und kam davon 11, Meilen
in ein Dorf Lizinian^'), dabei ein schön lustiges Schloß liegt, dahin der
König, wem, er geängstiget wird, seine Zuflucht hat und sich dahin verfüget.
Derselbe Herr auf gemelten Schlosse zeigte mir einen Brunnen, daraus sich die
Königin Melosinci, wie man sagt, gewaschen hat, welche nach dem Bade zu
einem gräulichen Schlangen-Wurm unter dem Nabel worden, darauf hat des
itzt regirenden Königes Vater eine Kirche gebauet. Fünf Meilen in eine große
Stadt gen Pilaris, die man sonst Putives***) nennet, ist wohl so groß als
Paris und ist auch eine hohe Schule oder Universität. Allda auf dem Thum
ist ein Bisthum und in derselben Kirche eine gewaltige große Orgel."

Popplau ging hierauf nach Tours, wo er das Grab des heiligen Martin





*) Den oben in der Anmerkung erwähnten Franz II. von der Bretagne.
**
) Lusignan.
Poitiers.
Grenzten 1877. IV. ^

Chizci und vermeinete nun glaubhaftig, es sollte mir all das Mein vvllkommlich
überantwortet werden, vernahm die weil nicht, daß die Sach gar anders stund,
denn ich verhoffet hätte. Denn da ich wieder zum Unterhauptmann kam, zeigte
er mir die Schreiben, darinne ihme der Oberhauptmann in Ernst schasfete, daß
er mich bis zu ferner der Königlichen Majestät gnädigste» Erklärung gefünglich
verhalten sollte. Oho, wie war das so gewaltig Unrecht mit mir gehandelt
und eine so große Grobheit und Uebelanständigkeit von einem wohlgeborner,
großen, tapferen Herren, der für anderen angesehen und geehrt werden will.
Der schändliche Geiz bewegt ihn dahin, weil er gänzlichen mich zu pflücken
und meiner Gesellschaften, damit mich Könige, Fürsten und Herren mildiglich
begäbet, habhaft zu werden vermeinete und setzte also Gut für Ehre. Zu dem
erfunden sie Ursachen, wie sie könnten. Denn als sie die Gesellschaft des
Königes von Engelland sahen, gedachten sie, ich wär sein Hofdiener und
wollten mit mir englisch reden, mehr nahmen sie zum Behelf ihrer Zieht und
Verdachts, daß ich mit Fürsatz und Willen den Herzog von Brittanien*), ehe
denn ihren König in Frankreich zu besuchen Fürhabens, mehr daß ich in
Frankreich sonder Geleite kommen wäre. Zu dem rühmeten sie Zeugen für¬
zustellen, welche mich vor dreien Jahren in Frankreich gesehen, eins theils auch
vor mehr Jahren, auch andere falsche Zeugen, die mich sollten vor etlichen
Jahren mit ihnen fertig französisch reden gehöret und gesehen haben, ob ich
mich nur wohl stellete vor ihnen, fand verstände oder könnte ihrer Sprache
ich nit, wär es doch nur Betrug mit mir. Sie vermochten aber mit diesen
unwahren Zeugnissen in Grund wider mich nichts für noch aufzubringen und
mußten letzlich mit Schanden von mir gehen."

„Zöge also in Gottes Namen von Chiza aus und kam davon 11, Meilen
in ein Dorf Lizinian^'), dabei ein schön lustiges Schloß liegt, dahin der
König, wem, er geängstiget wird, seine Zuflucht hat und sich dahin verfüget.
Derselbe Herr auf gemelten Schlosse zeigte mir einen Brunnen, daraus sich die
Königin Melosinci, wie man sagt, gewaschen hat, welche nach dem Bade zu
einem gräulichen Schlangen-Wurm unter dem Nabel worden, darauf hat des
itzt regirenden Königes Vater eine Kirche gebauet. Fünf Meilen in eine große
Stadt gen Pilaris, die man sonst Putives***) nennet, ist wohl so groß als
Paris und ist auch eine hohe Schule oder Universität. Allda auf dem Thum
ist ein Bisthum und in derselben Kirche eine gewaltige große Orgel."

Popplau ging hierauf nach Tours, wo er das Grab des heiligen Martin





*) Den oben in der Anmerkung erwähnten Franz II. von der Bretagne.
**
) Lusignan.
Poitiers.
Grenzten 1877. IV. ^
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[0509] Chizci und vermeinete nun glaubhaftig, es sollte mir all das Mein vvllkommlich überantwortet werden, vernahm die weil nicht, daß die Sach gar anders stund, denn ich verhoffet hätte. Denn da ich wieder zum Unterhauptmann kam, zeigte er mir die Schreiben, darinne ihme der Oberhauptmann in Ernst schasfete, daß er mich bis zu ferner der Königlichen Majestät gnädigste» Erklärung gefünglich verhalten sollte. Oho, wie war das so gewaltig Unrecht mit mir gehandelt und eine so große Grobheit und Uebelanständigkeit von einem wohlgeborner, großen, tapferen Herren, der für anderen angesehen und geehrt werden will. Der schändliche Geiz bewegt ihn dahin, weil er gänzlichen mich zu pflücken und meiner Gesellschaften, damit mich Könige, Fürsten und Herren mildiglich begäbet, habhaft zu werden vermeinete und setzte also Gut für Ehre. Zu dem erfunden sie Ursachen, wie sie könnten. Denn als sie die Gesellschaft des Königes von Engelland sahen, gedachten sie, ich wär sein Hofdiener und wollten mit mir englisch reden, mehr nahmen sie zum Behelf ihrer Zieht und Verdachts, daß ich mit Fürsatz und Willen den Herzog von Brittanien*), ehe denn ihren König in Frankreich zu besuchen Fürhabens, mehr daß ich in Frankreich sonder Geleite kommen wäre. Zu dem rühmeten sie Zeugen für¬ zustellen, welche mich vor dreien Jahren in Frankreich gesehen, eins theils auch vor mehr Jahren, auch andere falsche Zeugen, die mich sollten vor etlichen Jahren mit ihnen fertig französisch reden gehöret und gesehen haben, ob ich mich nur wohl stellete vor ihnen, fand verstände oder könnte ihrer Sprache ich nit, wär es doch nur Betrug mit mir. Sie vermochten aber mit diesen unwahren Zeugnissen in Grund wider mich nichts für noch aufzubringen und mußten letzlich mit Schanden von mir gehen." „Zöge also in Gottes Namen von Chiza aus und kam davon 11, Meilen in ein Dorf Lizinian^'), dabei ein schön lustiges Schloß liegt, dahin der König, wem, er geängstiget wird, seine Zuflucht hat und sich dahin verfüget. Derselbe Herr auf gemelten Schlosse zeigte mir einen Brunnen, daraus sich die Königin Melosinci, wie man sagt, gewaschen hat, welche nach dem Bade zu einem gräulichen Schlangen-Wurm unter dem Nabel worden, darauf hat des itzt regirenden Königes Vater eine Kirche gebauet. Fünf Meilen in eine große Stadt gen Pilaris, die man sonst Putives***) nennet, ist wohl so groß als Paris und ist auch eine hohe Schule oder Universität. Allda auf dem Thum ist ein Bisthum und in derselben Kirche eine gewaltige große Orgel." Popplau ging hierauf nach Tours, wo er das Grab des heiligen Martin *) Den oben in der Anmerkung erwähnten Franz II. von der Bretagne. ** ) Lusignan. Poitiers. Grenzten 1877. IV. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/509>, abgerufen am 24.08.2024.