Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

besuchte und an ihm eine Kerze für einen Dukaten opferte. Dann kam er
nach Nantes, der Hauptstadt der Bretagne, am 24. März 1485.

"Da fand ich den Herzog. Am Palmtcig schickte der Fürst zweue Edel¬
leute zu mir in die Herberge, die begleiteten mich ans das Schloß, Da
empfing der Fürst und umbfinge mich für Freuden mit den Armen. Da gab
ich ihme das Geleite in die Kirchen und wiederumb heraus. Desselbigen
Tages gaben mir Seine Fürstlichen Gnaden kein Verhör, bis Dienstag nach
Ostern höreten mich Ihre Fürstlichen Gnaden ganz gnädiglich mit Vermeidung,
wann er meine Sachen nach Nothdurft berathschlaget haben würde, wollte er
mich gnädig darauf bescheiden lassen, hätte aber dessen zwar gar nichts bedorst
und mich, weil mein Vordringen nicht wichtig, wohl bald verabschieden mögen.
Denn weil ich nicht Schreiben, weder vom Kaiser oder vom Herzog von Bur-
gundien an ihn hatte, hatten die Seinigen ihm gerathen, daß er mich desto
länger mit dem Abschied aufhalten sollte, damit sie mittlerweile erfahren möchten,
ob ich auch der wäre, für den ich mich anmeldete, daran sie denn nicht uu-
weißlich handelten. Etliche aus ihnen hatten an mir einen Argwohn, als wäre
ich nicht ein Ritter, denn ob ich wohl der Könige Gesellschaft an mir trüge,
hatte ich doch nicht mehr denn zween Knechte, die mir aufwarteten, welches
ihnen einen Zweifel machte. Gedachten aber als Unerfahrene nicht, was mir
als einem Wcmdersmcmne, der nun über zwei Jahr allbereit nichts anders voll¬
bracht, denn von einem Königreiche zum andern gereiset, vorgestanden und
unterHanden kommen war, darumb fragten sie an allen Enden fleißig, wär
ich wär."

"Sonnabends vor dem grünen Donnerstage (?) gesegnete ich den Fürsten
und nahm von ihm Urlaub, welcher mir Gelcitsbriefe zu geben verschnf durch
alle sein Land sicher zu reisen nebenst gnädigem Abschied lind Befehl Kaiser¬
licher Majestät und dem Herzog vou Burgundien seine geflissene Dienst anzu¬
melden, ihnen auch seiner Majestät Gnaden zu empfehlen. Desgleichen be¬
gehret auch von mir des Herzogen Bastard zu thun, da ich ihn gesegnete.
Der Fürst daselbst ist fvrtmehr ein schwacher Herr von Leibe und Vernunft
darumb wird er vou seinem Schatzmeister, der fast ein Lewe ist seines Ge¬
schlechtes, regieret, ohne dessen Verwilligung der Fürst uicht befiehlet. Es war
zwar der Fürst Willens gewesen, mich aus der Herberg lösen zu lassen, der
Schatzmeister aber hatte ihn berichtet, solches vor unnöthig zu sein, daß er
mich mit einigem Geschenk versehen dörfte, wie wohl ich zuvor Alles in der
Herberg bezahlet und richtig machte, damit ich uicht für den, der umb Geschenk
und Gaben dahin kommen wär, angesehen würde."

"Der obgedachte Fürst mit Namen Franciscus ist sast in 6V Jahr
alt, sein ehelich Gemahl und Herzogin Margaretha, eine Schwester des Herrn


besuchte und an ihm eine Kerze für einen Dukaten opferte. Dann kam er
nach Nantes, der Hauptstadt der Bretagne, am 24. März 1485.

„Da fand ich den Herzog. Am Palmtcig schickte der Fürst zweue Edel¬
leute zu mir in die Herberge, die begleiteten mich ans das Schloß, Da
empfing der Fürst und umbfinge mich für Freuden mit den Armen. Da gab
ich ihme das Geleite in die Kirchen und wiederumb heraus. Desselbigen
Tages gaben mir Seine Fürstlichen Gnaden kein Verhör, bis Dienstag nach
Ostern höreten mich Ihre Fürstlichen Gnaden ganz gnädiglich mit Vermeidung,
wann er meine Sachen nach Nothdurft berathschlaget haben würde, wollte er
mich gnädig darauf bescheiden lassen, hätte aber dessen zwar gar nichts bedorst
und mich, weil mein Vordringen nicht wichtig, wohl bald verabschieden mögen.
Denn weil ich nicht Schreiben, weder vom Kaiser oder vom Herzog von Bur-
gundien an ihn hatte, hatten die Seinigen ihm gerathen, daß er mich desto
länger mit dem Abschied aufhalten sollte, damit sie mittlerweile erfahren möchten,
ob ich auch der wäre, für den ich mich anmeldete, daran sie denn nicht uu-
weißlich handelten. Etliche aus ihnen hatten an mir einen Argwohn, als wäre
ich nicht ein Ritter, denn ob ich wohl der Könige Gesellschaft an mir trüge,
hatte ich doch nicht mehr denn zween Knechte, die mir aufwarteten, welches
ihnen einen Zweifel machte. Gedachten aber als Unerfahrene nicht, was mir
als einem Wcmdersmcmne, der nun über zwei Jahr allbereit nichts anders voll¬
bracht, denn von einem Königreiche zum andern gereiset, vorgestanden und
unterHanden kommen war, darumb fragten sie an allen Enden fleißig, wär
ich wär."

„Sonnabends vor dem grünen Donnerstage (?) gesegnete ich den Fürsten
und nahm von ihm Urlaub, welcher mir Gelcitsbriefe zu geben verschnf durch
alle sein Land sicher zu reisen nebenst gnädigem Abschied lind Befehl Kaiser¬
licher Majestät und dem Herzog vou Burgundien seine geflissene Dienst anzu¬
melden, ihnen auch seiner Majestät Gnaden zu empfehlen. Desgleichen be¬
gehret auch von mir des Herzogen Bastard zu thun, da ich ihn gesegnete.
Der Fürst daselbst ist fvrtmehr ein schwacher Herr von Leibe und Vernunft
darumb wird er vou seinem Schatzmeister, der fast ein Lewe ist seines Ge¬
schlechtes, regieret, ohne dessen Verwilligung der Fürst uicht befiehlet. Es war
zwar der Fürst Willens gewesen, mich aus der Herberg lösen zu lassen, der
Schatzmeister aber hatte ihn berichtet, solches vor unnöthig zu sein, daß er
mich mit einigem Geschenk versehen dörfte, wie wohl ich zuvor Alles in der
Herberg bezahlet und richtig machte, damit ich uicht für den, der umb Geschenk
und Gaben dahin kommen wär, angesehen würde."

„Der obgedachte Fürst mit Namen Franciscus ist sast in 6V Jahr
alt, sein ehelich Gemahl und Herzogin Margaretha, eine Schwester des Herrn


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139269"/>
            <p xml:id="ID_1457" prev="#ID_1456"> besuchte und an ihm eine Kerze für einen Dukaten opferte. Dann kam er<lb/>
nach Nantes, der Hauptstadt der Bretagne, am 24. März 1485.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1458"> &#x201E;Da fand ich den Herzog. Am Palmtcig schickte der Fürst zweue Edel¬<lb/>
leute zu mir in die Herberge, die begleiteten mich ans das Schloß, Da<lb/>
empfing der Fürst und umbfinge mich für Freuden mit den Armen. Da gab<lb/>
ich ihme das Geleite in die Kirchen und wiederumb heraus. Desselbigen<lb/>
Tages gaben mir Seine Fürstlichen Gnaden kein Verhör, bis Dienstag nach<lb/>
Ostern höreten mich Ihre Fürstlichen Gnaden ganz gnädiglich mit Vermeidung,<lb/>
wann er meine Sachen nach Nothdurft berathschlaget haben würde, wollte er<lb/>
mich gnädig darauf bescheiden lassen, hätte aber dessen zwar gar nichts bedorst<lb/>
und mich, weil mein Vordringen nicht wichtig, wohl bald verabschieden mögen.<lb/>
Denn weil ich nicht Schreiben, weder vom Kaiser oder vom Herzog von Bur-<lb/>
gundien an ihn hatte, hatten die Seinigen ihm gerathen, daß er mich desto<lb/>
länger mit dem Abschied aufhalten sollte, damit sie mittlerweile erfahren möchten,<lb/>
ob ich auch der wäre, für den ich mich anmeldete, daran sie denn nicht uu-<lb/>
weißlich handelten. Etliche aus ihnen hatten an mir einen Argwohn, als wäre<lb/>
ich nicht ein Ritter, denn ob ich wohl der Könige Gesellschaft an mir trüge,<lb/>
hatte ich doch nicht mehr denn zween Knechte, die mir aufwarteten, welches<lb/>
ihnen einen Zweifel machte. Gedachten aber als Unerfahrene nicht, was mir<lb/>
als einem Wcmdersmcmne, der nun über zwei Jahr allbereit nichts anders voll¬<lb/>
bracht, denn von einem Königreiche zum andern gereiset, vorgestanden und<lb/>
unterHanden kommen war, darumb fragten sie an allen Enden fleißig, wär<lb/>
ich wär."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1459"> &#x201E;Sonnabends vor dem grünen Donnerstage (?) gesegnete ich den Fürsten<lb/>
und nahm von ihm Urlaub, welcher mir Gelcitsbriefe zu geben verschnf durch<lb/>
alle sein Land sicher zu reisen nebenst gnädigem Abschied lind Befehl Kaiser¬<lb/>
licher Majestät und dem Herzog vou Burgundien seine geflissene Dienst anzu¬<lb/>
melden, ihnen auch seiner Majestät Gnaden zu empfehlen. Desgleichen be¬<lb/>
gehret auch von mir des Herzogen Bastard zu thun, da ich ihn gesegnete.<lb/>
Der Fürst daselbst ist fvrtmehr ein schwacher Herr von Leibe und Vernunft<lb/>
darumb wird er vou seinem Schatzmeister, der fast ein Lewe ist seines Ge¬<lb/>
schlechtes, regieret, ohne dessen Verwilligung der Fürst uicht befiehlet. Es war<lb/>
zwar der Fürst Willens gewesen, mich aus der Herberg lösen zu lassen, der<lb/>
Schatzmeister aber hatte ihn berichtet, solches vor unnöthig zu sein, daß er<lb/>
mich mit einigem Geschenk versehen dörfte, wie wohl ich zuvor Alles in der<lb/>
Herberg bezahlet und richtig machte, damit ich uicht für den, der umb Geschenk<lb/>
und Gaben dahin kommen wär, angesehen würde."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1460" next="#ID_1461"> &#x201E;Der obgedachte Fürst mit Namen Franciscus ist sast in 6V Jahr<lb/>
alt, sein ehelich Gemahl und Herzogin Margaretha, eine Schwester des Herrn</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0510] besuchte und an ihm eine Kerze für einen Dukaten opferte. Dann kam er nach Nantes, der Hauptstadt der Bretagne, am 24. März 1485. „Da fand ich den Herzog. Am Palmtcig schickte der Fürst zweue Edel¬ leute zu mir in die Herberge, die begleiteten mich ans das Schloß, Da empfing der Fürst und umbfinge mich für Freuden mit den Armen. Da gab ich ihme das Geleite in die Kirchen und wiederumb heraus. Desselbigen Tages gaben mir Seine Fürstlichen Gnaden kein Verhör, bis Dienstag nach Ostern höreten mich Ihre Fürstlichen Gnaden ganz gnädiglich mit Vermeidung, wann er meine Sachen nach Nothdurft berathschlaget haben würde, wollte er mich gnädig darauf bescheiden lassen, hätte aber dessen zwar gar nichts bedorst und mich, weil mein Vordringen nicht wichtig, wohl bald verabschieden mögen. Denn weil ich nicht Schreiben, weder vom Kaiser oder vom Herzog von Bur- gundien an ihn hatte, hatten die Seinigen ihm gerathen, daß er mich desto länger mit dem Abschied aufhalten sollte, damit sie mittlerweile erfahren möchten, ob ich auch der wäre, für den ich mich anmeldete, daran sie denn nicht uu- weißlich handelten. Etliche aus ihnen hatten an mir einen Argwohn, als wäre ich nicht ein Ritter, denn ob ich wohl der Könige Gesellschaft an mir trüge, hatte ich doch nicht mehr denn zween Knechte, die mir aufwarteten, welches ihnen einen Zweifel machte. Gedachten aber als Unerfahrene nicht, was mir als einem Wcmdersmcmne, der nun über zwei Jahr allbereit nichts anders voll¬ bracht, denn von einem Königreiche zum andern gereiset, vorgestanden und unterHanden kommen war, darumb fragten sie an allen Enden fleißig, wär ich wär." „Sonnabends vor dem grünen Donnerstage (?) gesegnete ich den Fürsten und nahm von ihm Urlaub, welcher mir Gelcitsbriefe zu geben verschnf durch alle sein Land sicher zu reisen nebenst gnädigem Abschied lind Befehl Kaiser¬ licher Majestät und dem Herzog vou Burgundien seine geflissene Dienst anzu¬ melden, ihnen auch seiner Majestät Gnaden zu empfehlen. Desgleichen be¬ gehret auch von mir des Herzogen Bastard zu thun, da ich ihn gesegnete. Der Fürst daselbst ist fvrtmehr ein schwacher Herr von Leibe und Vernunft darumb wird er vou seinem Schatzmeister, der fast ein Lewe ist seines Ge¬ schlechtes, regieret, ohne dessen Verwilligung der Fürst uicht befiehlet. Es war zwar der Fürst Willens gewesen, mich aus der Herberg lösen zu lassen, der Schatzmeister aber hatte ihn berichtet, solches vor unnöthig zu sein, daß er mich mit einigem Geschenk versehen dörfte, wie wohl ich zuvor Alles in der Herberg bezahlet und richtig machte, damit ich uicht für den, der umb Geschenk und Gaben dahin kommen wär, angesehen würde." „Der obgedachte Fürst mit Namen Franciscus ist sast in 6V Jahr alt, sein ehelich Gemahl und Herzogin Margaretha, eine Schwester des Herrn

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/510
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/510>, abgerufen am 24.08.2024.