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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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gangen, wie unverschämt es mit ihnen fürgenommen wird, ja es wäre Schand
"ut Sünde, daß man es vor einem Christlichen reden und jemandem zu
Ohren bringen sollte. Ja es mag ein jeder ihm von diesem unverschämten
Handel und gottlosen Wesen wohl ein Beispiel nehmen, wie gefährlich es sei,
zu Hofe in Züchten und Ehren in Buhlschaft stehen und nicht jämmerlich be¬
trogen und zu Schand und Spott gesetzet werden. Es ist ein großes vor-
hebliches Laster an einem so hohen Haupt und Regenten, König und Poten¬
taten, so losschündliches Wesen zu Hof und in seinem Hansregiment zu leiden
und zu dulden."

"Von Civilien in das Königreich Granada sind 16 Meilen gen Sitivil,
welche Stadt der König von Hispanien im selbigen 1484 Jahre mit 8000 zu
Fuß und 4000 Reisigen Volke belagert hatte. Die Stadt ist auf einem Berge
gelegen und hat ein sehr starkes, festes Schloß. Daselbst fand ich zum ersten
den König. Eine andere Stadt Alvra von Sitivil 12 Meilen hat ein festes
Schloß auf dem Berge, wiewohl die Stadt unter dem Berge gelegen, welche
auch der König von Hispanien zween Tage vor heiligen Leichnamsfest be¬
lagert hatte. Von Sitivil zwei Meilen liegt eine große Stadt Rondo*) ge¬
nannt, allda ist ein Bisthum, denn sie sind zuvor Christen gewesen, sind aber
von den Heiden, so man die weißen Mohren heißet, in lateinischer Sprache
aber Mauri genannt werden, erobert worden. Es hatte auch derselbe König
von Hispania vorgangen drei Jahr eine große Stadt allda, Allheim**) ge¬
nannt, eingenommen und erobert, davon liegt 6 Meilen die Hauptstadt, da¬
rinnen der König von Granada sitzet oder Hof zu halten pfleget, anch Granada
genannt. Dieselbige Stadt ist so wohl besetzet, daß von einer Gassen allein
tausend Armbrustschützen mögen gegeben werden, und die ganze Stadt vermag
60,000 Mann zu geben, darumb kann sie mit keiner andern Gewalt, denn
dnrch Hunger und Theuerung gewonnen werden."

Ich übergehe hier einige weitschichtige Ortsaufzählnngen des Ritters, um
ihn erst in Valenzia wieder selbst erzählen zu lassen.

"Gen Vallenz kam ich Donnerstag nach der Unschuldigen Kindlein Tag.***)
Des andern Tages kam zu mir der Gubernator, der Stadt Obrister, welchem
ich zuvor Schreiben übersendet, die mir vom Herrn Lnpian in Civilien zu
großer Beförderung, damit ich in Zöllen daselbst nicht geschützet werden sollte,
mitgegeben waren, denn allda ein sonderlich Gebiet und Regiment, darumb sie
auf des Königes Befehl wenig geben, denn der König selbst muß von jedem
Floren 6 Denar geben. Derselbe Gubernator befreiete mich aller Schätzung,





*) Ronda.
*") Albana.
30. Dezember 1484.

gangen, wie unverschämt es mit ihnen fürgenommen wird, ja es wäre Schand
»ut Sünde, daß man es vor einem Christlichen reden und jemandem zu
Ohren bringen sollte. Ja es mag ein jeder ihm von diesem unverschämten
Handel und gottlosen Wesen wohl ein Beispiel nehmen, wie gefährlich es sei,
zu Hofe in Züchten und Ehren in Buhlschaft stehen und nicht jämmerlich be¬
trogen und zu Schand und Spott gesetzet werden. Es ist ein großes vor-
hebliches Laster an einem so hohen Haupt und Regenten, König und Poten¬
taten, so losschündliches Wesen zu Hof und in seinem Hansregiment zu leiden
und zu dulden."

„Von Civilien in das Königreich Granada sind 16 Meilen gen Sitivil,
welche Stadt der König von Hispanien im selbigen 1484 Jahre mit 8000 zu
Fuß und 4000 Reisigen Volke belagert hatte. Die Stadt ist auf einem Berge
gelegen und hat ein sehr starkes, festes Schloß. Daselbst fand ich zum ersten
den König. Eine andere Stadt Alvra von Sitivil 12 Meilen hat ein festes
Schloß auf dem Berge, wiewohl die Stadt unter dem Berge gelegen, welche
auch der König von Hispanien zween Tage vor heiligen Leichnamsfest be¬
lagert hatte. Von Sitivil zwei Meilen liegt eine große Stadt Rondo*) ge¬
nannt, allda ist ein Bisthum, denn sie sind zuvor Christen gewesen, sind aber
von den Heiden, so man die weißen Mohren heißet, in lateinischer Sprache
aber Mauri genannt werden, erobert worden. Es hatte auch derselbe König
von Hispania vorgangen drei Jahr eine große Stadt allda, Allheim**) ge¬
nannt, eingenommen und erobert, davon liegt 6 Meilen die Hauptstadt, da¬
rinnen der König von Granada sitzet oder Hof zu halten pfleget, anch Granada
genannt. Dieselbige Stadt ist so wohl besetzet, daß von einer Gassen allein
tausend Armbrustschützen mögen gegeben werden, und die ganze Stadt vermag
60,000 Mann zu geben, darumb kann sie mit keiner andern Gewalt, denn
dnrch Hunger und Theuerung gewonnen werden."

Ich übergehe hier einige weitschichtige Ortsaufzählnngen des Ritters, um
ihn erst in Valenzia wieder selbst erzählen zu lassen.

„Gen Vallenz kam ich Donnerstag nach der Unschuldigen Kindlein Tag.***)
Des andern Tages kam zu mir der Gubernator, der Stadt Obrister, welchem
ich zuvor Schreiben übersendet, die mir vom Herrn Lnpian in Civilien zu
großer Beförderung, damit ich in Zöllen daselbst nicht geschützet werden sollte,
mitgegeben waren, denn allda ein sonderlich Gebiet und Regiment, darumb sie
auf des Königes Befehl wenig geben, denn der König selbst muß von jedem
Floren 6 Denar geben. Derselbe Gubernator befreiete mich aller Schätzung,





*) Ronda.
*») Albana.
30. Dezember 1484.
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[0504] gangen, wie unverschämt es mit ihnen fürgenommen wird, ja es wäre Schand »ut Sünde, daß man es vor einem Christlichen reden und jemandem zu Ohren bringen sollte. Ja es mag ein jeder ihm von diesem unverschämten Handel und gottlosen Wesen wohl ein Beispiel nehmen, wie gefährlich es sei, zu Hofe in Züchten und Ehren in Buhlschaft stehen und nicht jämmerlich be¬ trogen und zu Schand und Spott gesetzet werden. Es ist ein großes vor- hebliches Laster an einem so hohen Haupt und Regenten, König und Poten¬ taten, so losschündliches Wesen zu Hof und in seinem Hansregiment zu leiden und zu dulden." „Von Civilien in das Königreich Granada sind 16 Meilen gen Sitivil, welche Stadt der König von Hispanien im selbigen 1484 Jahre mit 8000 zu Fuß und 4000 Reisigen Volke belagert hatte. Die Stadt ist auf einem Berge gelegen und hat ein sehr starkes, festes Schloß. Daselbst fand ich zum ersten den König. Eine andere Stadt Alvra von Sitivil 12 Meilen hat ein festes Schloß auf dem Berge, wiewohl die Stadt unter dem Berge gelegen, welche auch der König von Hispanien zween Tage vor heiligen Leichnamsfest be¬ lagert hatte. Von Sitivil zwei Meilen liegt eine große Stadt Rondo*) ge¬ nannt, allda ist ein Bisthum, denn sie sind zuvor Christen gewesen, sind aber von den Heiden, so man die weißen Mohren heißet, in lateinischer Sprache aber Mauri genannt werden, erobert worden. Es hatte auch derselbe König von Hispania vorgangen drei Jahr eine große Stadt allda, Allheim**) ge¬ nannt, eingenommen und erobert, davon liegt 6 Meilen die Hauptstadt, da¬ rinnen der König von Granada sitzet oder Hof zu halten pfleget, anch Granada genannt. Dieselbige Stadt ist so wohl besetzet, daß von einer Gassen allein tausend Armbrustschützen mögen gegeben werden, und die ganze Stadt vermag 60,000 Mann zu geben, darumb kann sie mit keiner andern Gewalt, denn dnrch Hunger und Theuerung gewonnen werden." Ich übergehe hier einige weitschichtige Ortsaufzählnngen des Ritters, um ihn erst in Valenzia wieder selbst erzählen zu lassen. „Gen Vallenz kam ich Donnerstag nach der Unschuldigen Kindlein Tag.***) Des andern Tages kam zu mir der Gubernator, der Stadt Obrister, welchem ich zuvor Schreiben übersendet, die mir vom Herrn Lnpian in Civilien zu großer Beförderung, damit ich in Zöllen daselbst nicht geschützet werden sollte, mitgegeben waren, denn allda ein sonderlich Gebiet und Regiment, darumb sie auf des Königes Befehl wenig geben, denn der König selbst muß von jedem Floren 6 Denar geben. Derselbe Gubernator befreiete mich aller Schätzung, *) Ronda. *») Albana. 30. Dezember 1484.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/504>, abgerufen am 22.07.2024.