Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Hispalis nennet, von Hispalo, der sie erbauet. -- Die obgenannten Thum-
herren des hohen Stifts, ob sie wohl Juden waren, verborgener Weise auch
der Juden Glauben, sowohl als die im Gefängniß lagen, hielten, bezeigten sich
doch mit Messehalten und anderem eben den Christen gleich. Es waren auch
ihrer viel deren Sekten, so aus Furcht halben entwichen, wieder zu Land kommen
und Gnade erlanget, denn sie sehr reich und dieselben der König darum schützet,
dieweil sie ihme von ihrem Gut und Reichthumb, wie man saget, mittheilen;
daran er gewißlich, dieweil er so geizig ist nach gemeiner Red, sehr übel thut."

"Es hat der König von Hispanien nicht viel unter seinem Adel, die ehr¬
liebend und recht ehrkundig wären. Wann sie auch etwan fremde rittermäßige
Leute am Hofe sehen, hassen sie die vielmehr, denn daß sie dieselben verehren
sollten."

"Sie fragten mich, was der Kaiser wär; ich antwortet ihnen: er wär das
Haupt der ganzen Christenheit; darauf antworteten sie: noch ist unser König
ihme nicht unterwvrffen, gleichsam ihr König gewaltiger wär, denn der Kaiser.
Ich aber gab ihnen darauf Bescheid, daß sie mit Schanden davon gingen.
Wann ich auch zu Hof oder Kirchen war, folgten sie mir mit großem Haufen,
umtrciten mich und sahen mich an, wie ein Meergespenst, brachten mir so selt¬
same Fragen für als Leute, die ihr Lebelang nie gewandert. Es fragete mich
"und einer, ob ich ein Ritter wär, darauf berichtet ich ihn, die weil ihr ritter¬
liche Zeichen an meinem Halse hangen sehet, was dürft ihr fragen; denn es
bei uns nicht bräuchlich, daß Heiden, Juden oder Bauern, wie bei Euch, son¬
dern allein die Ritter Gold tragen, also schwieg er still und ging davon."

"Es ist daselbst zu Civilien ein Bischof, ein hebräischer Mönch, das ist
ein getaufter Jude und Mönch. Der hat groß Gut und Reichthum und einen
Bankardt, den wollte er, auch wieder des Königs Willen, in einer andern
Kirche zum Bischof machen und die Königin selbst stund ihm bei. O ewiger,
barmherziger Gott, wie große mächtige Ungerechtigkeit ist das und unsäglicher
Geiz, daß der heilige Vater der Papst dies Alles zugiebt umb des heiligen
Hellers, proptsr sWvwni Dei^rinn, willen. Es wäre wahrhaftig kein Wun¬
der, daß durch solch böses Regiment das ganze Reich zu Trümmern ginge und,
die vorhin Heiden gewesen, in größeren Irrthum, denn darin sie zuvor je ge¬
steckt, geführet werden, denn ist das nit ein Schand, daß ein reicher Herr, der
hernachmalen ganz verarmet, durch Geld erlangt und zu Rom erworben hat,
daß er seines Gemals Schwester, die auch sehr reich und derentwegen zum
Ehegemal nehmen möchte; ich meine ja, das heißt römische Gerechtigkeit, daß
'"an solches umb der verfluchten Dukaten willen vergönn und zuläßt. Ja,
was soll ich wohl sagen, wie schändlich durch den Kardinal und andere
Herren mit den Jungfrauen im Königlichen Hofe und Frauenzimmer umbge-


Hispalis nennet, von Hispalo, der sie erbauet. — Die obgenannten Thum-
herren des hohen Stifts, ob sie wohl Juden waren, verborgener Weise auch
der Juden Glauben, sowohl als die im Gefängniß lagen, hielten, bezeigten sich
doch mit Messehalten und anderem eben den Christen gleich. Es waren auch
ihrer viel deren Sekten, so aus Furcht halben entwichen, wieder zu Land kommen
und Gnade erlanget, denn sie sehr reich und dieselben der König darum schützet,
dieweil sie ihme von ihrem Gut und Reichthumb, wie man saget, mittheilen;
daran er gewißlich, dieweil er so geizig ist nach gemeiner Red, sehr übel thut."

„Es hat der König von Hispanien nicht viel unter seinem Adel, die ehr¬
liebend und recht ehrkundig wären. Wann sie auch etwan fremde rittermäßige
Leute am Hofe sehen, hassen sie die vielmehr, denn daß sie dieselben verehren
sollten."

„Sie fragten mich, was der Kaiser wär; ich antwortet ihnen: er wär das
Haupt der ganzen Christenheit; darauf antworteten sie: noch ist unser König
ihme nicht unterwvrffen, gleichsam ihr König gewaltiger wär, denn der Kaiser.
Ich aber gab ihnen darauf Bescheid, daß sie mit Schanden davon gingen.
Wann ich auch zu Hof oder Kirchen war, folgten sie mir mit großem Haufen,
umtrciten mich und sahen mich an, wie ein Meergespenst, brachten mir so selt¬
same Fragen für als Leute, die ihr Lebelang nie gewandert. Es fragete mich
"und einer, ob ich ein Ritter wär, darauf berichtet ich ihn, die weil ihr ritter¬
liche Zeichen an meinem Halse hangen sehet, was dürft ihr fragen; denn es
bei uns nicht bräuchlich, daß Heiden, Juden oder Bauern, wie bei Euch, son¬
dern allein die Ritter Gold tragen, also schwieg er still und ging davon."

„Es ist daselbst zu Civilien ein Bischof, ein hebräischer Mönch, das ist
ein getaufter Jude und Mönch. Der hat groß Gut und Reichthum und einen
Bankardt, den wollte er, auch wieder des Königs Willen, in einer andern
Kirche zum Bischof machen und die Königin selbst stund ihm bei. O ewiger,
barmherziger Gott, wie große mächtige Ungerechtigkeit ist das und unsäglicher
Geiz, daß der heilige Vater der Papst dies Alles zugiebt umb des heiligen
Hellers, proptsr sWvwni Dei^rinn, willen. Es wäre wahrhaftig kein Wun¬
der, daß durch solch böses Regiment das ganze Reich zu Trümmern ginge und,
die vorhin Heiden gewesen, in größeren Irrthum, denn darin sie zuvor je ge¬
steckt, geführet werden, denn ist das nit ein Schand, daß ein reicher Herr, der
hernachmalen ganz verarmet, durch Geld erlangt und zu Rom erworben hat,
daß er seines Gemals Schwester, die auch sehr reich und derentwegen zum
Ehegemal nehmen möchte; ich meine ja, das heißt römische Gerechtigkeit, daß
'»an solches umb der verfluchten Dukaten willen vergönn und zuläßt. Ja,
was soll ich wohl sagen, wie schändlich durch den Kardinal und andere
Herren mit den Jungfrauen im Königlichen Hofe und Frauenzimmer umbge-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0503" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139262"/>
            <p xml:id="ID_1432" prev="#ID_1431"> Hispalis nennet, von Hispalo, der sie erbauet. &#x2014; Die obgenannten Thum-<lb/>
herren des hohen Stifts, ob sie wohl Juden waren, verborgener Weise auch<lb/>
der Juden Glauben, sowohl als die im Gefängniß lagen, hielten, bezeigten sich<lb/>
doch mit Messehalten und anderem eben den Christen gleich. Es waren auch<lb/>
ihrer viel deren Sekten, so aus Furcht halben entwichen, wieder zu Land kommen<lb/>
und Gnade erlanget, denn sie sehr reich und dieselben der König darum schützet,<lb/>
dieweil sie ihme von ihrem Gut und Reichthumb, wie man saget, mittheilen;<lb/>
daran er gewißlich, dieweil er so geizig ist nach gemeiner Red, sehr übel thut."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1433"> &#x201E;Es hat der König von Hispanien nicht viel unter seinem Adel, die ehr¬<lb/>
liebend und recht ehrkundig wären. Wann sie auch etwan fremde rittermäßige<lb/>
Leute am Hofe sehen, hassen sie die vielmehr, denn daß sie dieselben verehren<lb/>
sollten."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1434"> &#x201E;Sie fragten mich, was der Kaiser wär; ich antwortet ihnen: er wär das<lb/>
Haupt der ganzen Christenheit; darauf antworteten sie: noch ist unser König<lb/>
ihme nicht unterwvrffen, gleichsam ihr König gewaltiger wär, denn der Kaiser.<lb/>
Ich aber gab ihnen darauf Bescheid, daß sie mit Schanden davon gingen.<lb/>
Wann ich auch zu Hof oder Kirchen war, folgten sie mir mit großem Haufen,<lb/>
umtrciten mich und sahen mich an, wie ein Meergespenst, brachten mir so selt¬<lb/>
same Fragen für als Leute, die ihr Lebelang nie gewandert. Es fragete mich<lb/>
"und einer, ob ich ein Ritter wär, darauf berichtet ich ihn, die weil ihr ritter¬<lb/>
liche Zeichen an meinem Halse hangen sehet, was dürft ihr fragen; denn es<lb/>
bei uns nicht bräuchlich, daß Heiden, Juden oder Bauern, wie bei Euch, son¬<lb/>
dern allein die Ritter Gold tragen, also schwieg er still und ging davon."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1435" next="#ID_1436"> &#x201E;Es ist daselbst zu Civilien ein Bischof, ein hebräischer Mönch, das ist<lb/>
ein getaufter Jude und Mönch. Der hat groß Gut und Reichthum und einen<lb/>
Bankardt, den wollte er, auch wieder des Königs Willen, in einer andern<lb/>
Kirche zum Bischof machen und die Königin selbst stund ihm bei. O ewiger,<lb/>
barmherziger Gott, wie große mächtige Ungerechtigkeit ist das und unsäglicher<lb/>
Geiz, daß der heilige Vater der Papst dies Alles zugiebt umb des heiligen<lb/>
Hellers, proptsr sWvwni Dei^rinn, willen. Es wäre wahrhaftig kein Wun¬<lb/>
der, daß durch solch böses Regiment das ganze Reich zu Trümmern ginge und,<lb/>
die vorhin Heiden gewesen, in größeren Irrthum, denn darin sie zuvor je ge¬<lb/>
steckt, geführet werden, denn ist das nit ein Schand, daß ein reicher Herr, der<lb/>
hernachmalen ganz verarmet, durch Geld erlangt und zu Rom erworben hat,<lb/>
daß er seines Gemals Schwester, die auch sehr reich und derentwegen zum<lb/>
Ehegemal nehmen möchte; ich meine ja, das heißt römische Gerechtigkeit, daß<lb/>
'»an solches umb der verfluchten Dukaten willen vergönn und zuläßt. Ja,<lb/>
was soll ich wohl sagen, wie schändlich durch den Kardinal und andere<lb/>
Herren mit den Jungfrauen im Königlichen Hofe und Frauenzimmer umbge-</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0503] Hispalis nennet, von Hispalo, der sie erbauet. — Die obgenannten Thum- herren des hohen Stifts, ob sie wohl Juden waren, verborgener Weise auch der Juden Glauben, sowohl als die im Gefängniß lagen, hielten, bezeigten sich doch mit Messehalten und anderem eben den Christen gleich. Es waren auch ihrer viel deren Sekten, so aus Furcht halben entwichen, wieder zu Land kommen und Gnade erlanget, denn sie sehr reich und dieselben der König darum schützet, dieweil sie ihme von ihrem Gut und Reichthumb, wie man saget, mittheilen; daran er gewißlich, dieweil er so geizig ist nach gemeiner Red, sehr übel thut." „Es hat der König von Hispanien nicht viel unter seinem Adel, die ehr¬ liebend und recht ehrkundig wären. Wann sie auch etwan fremde rittermäßige Leute am Hofe sehen, hassen sie die vielmehr, denn daß sie dieselben verehren sollten." „Sie fragten mich, was der Kaiser wär; ich antwortet ihnen: er wär das Haupt der ganzen Christenheit; darauf antworteten sie: noch ist unser König ihme nicht unterwvrffen, gleichsam ihr König gewaltiger wär, denn der Kaiser. Ich aber gab ihnen darauf Bescheid, daß sie mit Schanden davon gingen. Wann ich auch zu Hof oder Kirchen war, folgten sie mir mit großem Haufen, umtrciten mich und sahen mich an, wie ein Meergespenst, brachten mir so selt¬ same Fragen für als Leute, die ihr Lebelang nie gewandert. Es fragete mich "und einer, ob ich ein Ritter wär, darauf berichtet ich ihn, die weil ihr ritter¬ liche Zeichen an meinem Halse hangen sehet, was dürft ihr fragen; denn es bei uns nicht bräuchlich, daß Heiden, Juden oder Bauern, wie bei Euch, son¬ dern allein die Ritter Gold tragen, also schwieg er still und ging davon." „Es ist daselbst zu Civilien ein Bischof, ein hebräischer Mönch, das ist ein getaufter Jude und Mönch. Der hat groß Gut und Reichthum und einen Bankardt, den wollte er, auch wieder des Königs Willen, in einer andern Kirche zum Bischof machen und die Königin selbst stund ihm bei. O ewiger, barmherziger Gott, wie große mächtige Ungerechtigkeit ist das und unsäglicher Geiz, daß der heilige Vater der Papst dies Alles zugiebt umb des heiligen Hellers, proptsr sWvwni Dei^rinn, willen. Es wäre wahrhaftig kein Wun¬ der, daß durch solch böses Regiment das ganze Reich zu Trümmern ginge und, die vorhin Heiden gewesen, in größeren Irrthum, denn darin sie zuvor je ge¬ steckt, geführet werden, denn ist das nit ein Schand, daß ein reicher Herr, der hernachmalen ganz verarmet, durch Geld erlangt und zu Rom erworben hat, daß er seines Gemals Schwester, die auch sehr reich und derentwegen zum Ehegemal nehmen möchte; ich meine ja, das heißt römische Gerechtigkeit, daß '»an solches umb der verfluchten Dukaten willen vergönn und zuläßt. Ja, was soll ich wohl sagen, wie schändlich durch den Kardinal und andere Herren mit den Jungfrauen im Königlichen Hofe und Frauenzimmer umbge-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/503
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/503>, abgerufen am 22.07.2024.