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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Ordre zum Kommandanten dieser Stadt ernannt. Um dieselbe Zeit erfolgte
auch seine Beförderung zum General-Major. Friedrich Wilhelm III. scheint
wohl erkannt zu haben, wie wichtig es für die Wissenschaft werden könne,
wenn Clausewitz Muße fände, sich derselben ganz zu widmen. So erklärt sich
die Verwendung desselben als Militär-Direktor der 1818 nen eingerichteten
Allgemeinen Kriegsschule zu Berlin, wohin er nach Beendigung seines Kommandos
in Aachen übersiedelte. Es würde sonst nicht zu verstehen sein, da dieser
Stelle aller Einfluß auf deu Gang des Unterrichts entzogen, deren Regelung
vielmehr einer besonderen Studien-Direktion übertragen war. Jedenfalls sind
die Jahre der Muße ans eine bewunderungswürdige Weise und zum Segen
der Armee von Clausewitz benutzt worden.

Die rastlos betriebenen literarischen Arbeiten wurden unterbrochen, als
Clausewitz im Jahre 1830 auf Vorschlag des Prinzen August zum Inspekteur
der 2. Artillerie-Inspektion zu Breslau ernannt wurde. Kaum hatte er sich
jedoch in seiner neuen Stellung einigermaßen orientirt, da brach der Aufstand
w Polen ans. Derselbe nahm immer größere Dimensionen an und um gegen
alle Eventualitäten gesichert zu sein, übertrug man dem Feldmarschall Gneisenau
das Kommando über die vier östlichen Armee-Corps. Ans dessen ausdrücklichen
Wunsch ward Clausewitz zum Chef seines Geueralstabes ernannt. In Posen
hatte Clausewitz den Schmerz, den verehrten Feldherrn durch die Cholera zu
verlieren, der er selbst nach seiner Rückkehr nach Breslau am 16. November 1831
"ach vollendetem 51. Lebensjahre erlag.

^ Dies war in kurzen Zügen der Lebenslauf dieses Mannes. Mit zwölf
wahren in die Armee eingetreten und mit Kenntnissen ausgestattet, wie sie jetzt
vielleicht ein angehender Quintaner hat, eignete er sich eine Bildung an, die
d^u Charakter des. Universellen an sich trügt. Ganz abgesehen von einer
unzweifelhaft hohen Begabung, mochten wir den Ausspruch Mösers auf Clausewitz
""wenden, daß in der Welt unendlich mehr durch Ausdauer, Fleiß und Arbeit
bewirkt wird, als dnrch das Genie. Der alte Weisheitsspruch, wonach die
Götter den Schweiß vor die Tugend gestellt haben, enthält eine tiefe Wahrheit,
^"u nur in strenger Arbeit können wir die höchsten Ziele erreichen. Clausewitz
^ Autodidakt. Vielleicht hat grade dies zu der großen Selbständigkeit des
. enkens beigetragen, die wir in seinen Schriften bewundern. Jedenfalls ist
°" große Vielseitigkeit und Gründlichkeit seiner Kenntnisse in allen Fächern,
^ mit seinem Beruf irgend wie in Verbindung standen, und auch darüber
"och hinaus, nicht beeinträchtigt worden.

Wenden wir uns nun zur Besprechung des vorangezeigten Werkes, dessen
^ "i-Stallung von Seiten der Verlags-Buchhandlung, wie wir gleich vorweg
Werken wollen, nichts zu wünschen übrig läßt. Den Hauptinhalt der beiden


Ordre zum Kommandanten dieser Stadt ernannt. Um dieselbe Zeit erfolgte
auch seine Beförderung zum General-Major. Friedrich Wilhelm III. scheint
wohl erkannt zu haben, wie wichtig es für die Wissenschaft werden könne,
wenn Clausewitz Muße fände, sich derselben ganz zu widmen. So erklärt sich
die Verwendung desselben als Militär-Direktor der 1818 nen eingerichteten
Allgemeinen Kriegsschule zu Berlin, wohin er nach Beendigung seines Kommandos
in Aachen übersiedelte. Es würde sonst nicht zu verstehen sein, da dieser
Stelle aller Einfluß auf deu Gang des Unterrichts entzogen, deren Regelung
vielmehr einer besonderen Studien-Direktion übertragen war. Jedenfalls sind
die Jahre der Muße ans eine bewunderungswürdige Weise und zum Segen
der Armee von Clausewitz benutzt worden.

Die rastlos betriebenen literarischen Arbeiten wurden unterbrochen, als
Clausewitz im Jahre 1830 auf Vorschlag des Prinzen August zum Inspekteur
der 2. Artillerie-Inspektion zu Breslau ernannt wurde. Kaum hatte er sich
jedoch in seiner neuen Stellung einigermaßen orientirt, da brach der Aufstand
w Polen ans. Derselbe nahm immer größere Dimensionen an und um gegen
alle Eventualitäten gesichert zu sein, übertrug man dem Feldmarschall Gneisenau
das Kommando über die vier östlichen Armee-Corps. Ans dessen ausdrücklichen
Wunsch ward Clausewitz zum Chef seines Geueralstabes ernannt. In Posen
hatte Clausewitz den Schmerz, den verehrten Feldherrn durch die Cholera zu
verlieren, der er selbst nach seiner Rückkehr nach Breslau am 16. November 1831
"ach vollendetem 51. Lebensjahre erlag.

^ Dies war in kurzen Zügen der Lebenslauf dieses Mannes. Mit zwölf
wahren in die Armee eingetreten und mit Kenntnissen ausgestattet, wie sie jetzt
vielleicht ein angehender Quintaner hat, eignete er sich eine Bildung an, die
d^u Charakter des. Universellen an sich trügt. Ganz abgesehen von einer
unzweifelhaft hohen Begabung, mochten wir den Ausspruch Mösers auf Clausewitz
""wenden, daß in der Welt unendlich mehr durch Ausdauer, Fleiß und Arbeit
bewirkt wird, als dnrch das Genie. Der alte Weisheitsspruch, wonach die
Götter den Schweiß vor die Tugend gestellt haben, enthält eine tiefe Wahrheit,
^"u nur in strenger Arbeit können wir die höchsten Ziele erreichen. Clausewitz
^ Autodidakt. Vielleicht hat grade dies zu der großen Selbständigkeit des
. enkens beigetragen, die wir in seinen Schriften bewundern. Jedenfalls ist
°" große Vielseitigkeit und Gründlichkeit seiner Kenntnisse in allen Fächern,
^ mit seinem Beruf irgend wie in Verbindung standen, und auch darüber
"och hinaus, nicht beeinträchtigt worden.

Wenden wir uns nun zur Besprechung des vorangezeigten Werkes, dessen
^ "i-Stallung von Seiten der Verlags-Buchhandlung, wie wir gleich vorweg
Werken wollen, nichts zu wünschen übrig läßt. Den Hauptinhalt der beiden


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[0409] Ordre zum Kommandanten dieser Stadt ernannt. Um dieselbe Zeit erfolgte auch seine Beförderung zum General-Major. Friedrich Wilhelm III. scheint wohl erkannt zu haben, wie wichtig es für die Wissenschaft werden könne, wenn Clausewitz Muße fände, sich derselben ganz zu widmen. So erklärt sich die Verwendung desselben als Militär-Direktor der 1818 nen eingerichteten Allgemeinen Kriegsschule zu Berlin, wohin er nach Beendigung seines Kommandos in Aachen übersiedelte. Es würde sonst nicht zu verstehen sein, da dieser Stelle aller Einfluß auf deu Gang des Unterrichts entzogen, deren Regelung vielmehr einer besonderen Studien-Direktion übertragen war. Jedenfalls sind die Jahre der Muße ans eine bewunderungswürdige Weise und zum Segen der Armee von Clausewitz benutzt worden. Die rastlos betriebenen literarischen Arbeiten wurden unterbrochen, als Clausewitz im Jahre 1830 auf Vorschlag des Prinzen August zum Inspekteur der 2. Artillerie-Inspektion zu Breslau ernannt wurde. Kaum hatte er sich jedoch in seiner neuen Stellung einigermaßen orientirt, da brach der Aufstand w Polen ans. Derselbe nahm immer größere Dimensionen an und um gegen alle Eventualitäten gesichert zu sein, übertrug man dem Feldmarschall Gneisenau das Kommando über die vier östlichen Armee-Corps. Ans dessen ausdrücklichen Wunsch ward Clausewitz zum Chef seines Geueralstabes ernannt. In Posen hatte Clausewitz den Schmerz, den verehrten Feldherrn durch die Cholera zu verlieren, der er selbst nach seiner Rückkehr nach Breslau am 16. November 1831 "ach vollendetem 51. Lebensjahre erlag. ^ Dies war in kurzen Zügen der Lebenslauf dieses Mannes. Mit zwölf wahren in die Armee eingetreten und mit Kenntnissen ausgestattet, wie sie jetzt vielleicht ein angehender Quintaner hat, eignete er sich eine Bildung an, die d^u Charakter des. Universellen an sich trügt. Ganz abgesehen von einer unzweifelhaft hohen Begabung, mochten wir den Ausspruch Mösers auf Clausewitz ""wenden, daß in der Welt unendlich mehr durch Ausdauer, Fleiß und Arbeit bewirkt wird, als dnrch das Genie. Der alte Weisheitsspruch, wonach die Götter den Schweiß vor die Tugend gestellt haben, enthält eine tiefe Wahrheit, ^"u nur in strenger Arbeit können wir die höchsten Ziele erreichen. Clausewitz ^ Autodidakt. Vielleicht hat grade dies zu der großen Selbständigkeit des . enkens beigetragen, die wir in seinen Schriften bewundern. Jedenfalls ist °" große Vielseitigkeit und Gründlichkeit seiner Kenntnisse in allen Fächern, ^ mit seinem Beruf irgend wie in Verbindung standen, und auch darüber "och hinaus, nicht beeinträchtigt worden. Wenden wir uns nun zur Besprechung des vorangezeigten Werkes, dessen ^ "i-Stallung von Seiten der Verlags-Buchhandlung, wie wir gleich vorweg Werken wollen, nichts zu wünschen übrig läßt. Den Hauptinhalt der beiden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/409>, abgerufen am 24.08.2024.