Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Bünde bilden allerdings die Korrespondenzen zwischen Clausewitz und seiner
Gattin, sowie mit verschiedenen anderen bedeutenden Persönlichkeiten jener
Zeit, Tagebuchsblätter und verschiedene Aufsätze politischen wie rein militärischen
Inhalts. Alles dieses bietet jedoch eine reiche Fundgrube zur Charakterisirung
der Personen wie der Zeit. Der Verfasser selbst giebt nicht mehr, als noth¬
wendig ist, um den Faden nicht zu verlieren, überall blickt jedoch die Begeisterung
für seinen Gegenstand hindurch. Vielleicht hat er sich hierdurch und in Folge
eines sicher berechtigten Pietätsgefühles verleiten lassen, die griechische Tugend
des Maaßhalteus hin und wieder zu verletzen. Nicht in seiner Begeisterung,
sondern in Wiedergabe hinterlassener Aufzeichnungen. Auch der geistreichste
und bedeutendste Mensch kann sich der gewöhnlichen Prosa des Lebens nicht
entziehen und nicht Alles, was er schreibt, ist werth de< Nachwelt aufbewahrt,
oder wenigstens dem 'großen Leserkreis geboten zu werden. Abgesehen von
einzelnen Briefen, namentlich aus der Zeit des Posen'schen Aufstandes im
Jahre 1831, haben unter anderen im, 2. Bande die auf einer Reise nach
Marienbad im Juli 1825 niedergesehriebenen Bemerkungen, bis ans diejenigen,
welche sich auf die Schlachten von Jena und Auerstädt beziehen, kaum irgend
ein Interesse. Diese Bemerkungen, einen Raum von 19 Seiten einnehmend,
enthalten eine Art von Rekoguoseirungsbericht in der für solche Arbeiten vor¬
geschriebenen aphoristischen Weise. Für den angehenden Generalstabs-Offizier
können diese Bemerkungen sicher als Muster dienen, außerdem haben sie jedoch
heute auch für den Militär kaum noch eine Bedeutung, da die Wegeverhältnisse
total verändert sind.

Mit einem wahren Ameisenfleiß hat der Verfasser über alle Personen,
die in der Biographie irgend Erwähnung finden, biographische Notizen gesammelt.
Ueber die Familie des Helden bis in die vierte Generation zurück in allen
ihren Verzweigungen erhalten wir genaue, fast zu genane Auskunft, denn
ohne eine Ahnentafel zu entwerfen, kann man kaum folgen. Bei dein sonstigen
Guten und Vorzüglichen, wodurch sich das Buch auszeichnet, mochten wir jedoch
nicht ohne Noth mäkeln und wir sprechen noch ausdrücklich aus, daß wir deM
Verfasser für den bei weitem größten Theil der biographischen Notizen zu auf¬
richtigem Danke verpflichtet sind. Bei den unendlich vielen Persönlichkeiten,
welche in den Korrespondenzen und sonst erwähnt werden, ist es immer angenehm
ihre Anteeendentien zu erfahren, und sich sogleich in bekannter GesellsckM
zu wissen.

Der erste Theil der Biographie handelt von den Vorfahren unseres
Helden, von seinem Jugendleben, seinem Eintritt in die militärische Laufbahn,
die bis zu Ende des Jahres 1812 fortgeführt wird. Clausewitz selbst schildert
uus den Niedergang der preußischen Monarchie. Der Stern Friedrichs des


Bünde bilden allerdings die Korrespondenzen zwischen Clausewitz und seiner
Gattin, sowie mit verschiedenen anderen bedeutenden Persönlichkeiten jener
Zeit, Tagebuchsblätter und verschiedene Aufsätze politischen wie rein militärischen
Inhalts. Alles dieses bietet jedoch eine reiche Fundgrube zur Charakterisirung
der Personen wie der Zeit. Der Verfasser selbst giebt nicht mehr, als noth¬
wendig ist, um den Faden nicht zu verlieren, überall blickt jedoch die Begeisterung
für seinen Gegenstand hindurch. Vielleicht hat er sich hierdurch und in Folge
eines sicher berechtigten Pietätsgefühles verleiten lassen, die griechische Tugend
des Maaßhalteus hin und wieder zu verletzen. Nicht in seiner Begeisterung,
sondern in Wiedergabe hinterlassener Aufzeichnungen. Auch der geistreichste
und bedeutendste Mensch kann sich der gewöhnlichen Prosa des Lebens nicht
entziehen und nicht Alles, was er schreibt, ist werth de< Nachwelt aufbewahrt,
oder wenigstens dem 'großen Leserkreis geboten zu werden. Abgesehen von
einzelnen Briefen, namentlich aus der Zeit des Posen'schen Aufstandes im
Jahre 1831, haben unter anderen im, 2. Bande die auf einer Reise nach
Marienbad im Juli 1825 niedergesehriebenen Bemerkungen, bis ans diejenigen,
welche sich auf die Schlachten von Jena und Auerstädt beziehen, kaum irgend
ein Interesse. Diese Bemerkungen, einen Raum von 19 Seiten einnehmend,
enthalten eine Art von Rekoguoseirungsbericht in der für solche Arbeiten vor¬
geschriebenen aphoristischen Weise. Für den angehenden Generalstabs-Offizier
können diese Bemerkungen sicher als Muster dienen, außerdem haben sie jedoch
heute auch für den Militär kaum noch eine Bedeutung, da die Wegeverhältnisse
total verändert sind.

Mit einem wahren Ameisenfleiß hat der Verfasser über alle Personen,
die in der Biographie irgend Erwähnung finden, biographische Notizen gesammelt.
Ueber die Familie des Helden bis in die vierte Generation zurück in allen
ihren Verzweigungen erhalten wir genaue, fast zu genane Auskunft, denn
ohne eine Ahnentafel zu entwerfen, kann man kaum folgen. Bei dein sonstigen
Guten und Vorzüglichen, wodurch sich das Buch auszeichnet, mochten wir jedoch
nicht ohne Noth mäkeln und wir sprechen noch ausdrücklich aus, daß wir deM
Verfasser für den bei weitem größten Theil der biographischen Notizen zu auf¬
richtigem Danke verpflichtet sind. Bei den unendlich vielen Persönlichkeiten,
welche in den Korrespondenzen und sonst erwähnt werden, ist es immer angenehm
ihre Anteeendentien zu erfahren, und sich sogleich in bekannter GesellsckM
zu wissen.

Der erste Theil der Biographie handelt von den Vorfahren unseres
Helden, von seinem Jugendleben, seinem Eintritt in die militärische Laufbahn,
die bis zu Ende des Jahres 1812 fortgeführt wird. Clausewitz selbst schildert
uus den Niedergang der preußischen Monarchie. Der Stern Friedrichs des


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139169"/>
          <p xml:id="ID_1187" prev="#ID_1186"> Bünde bilden allerdings die Korrespondenzen zwischen Clausewitz und seiner<lb/>
Gattin, sowie mit verschiedenen anderen bedeutenden Persönlichkeiten jener<lb/>
Zeit, Tagebuchsblätter und verschiedene Aufsätze politischen wie rein militärischen<lb/>
Inhalts. Alles dieses bietet jedoch eine reiche Fundgrube zur Charakterisirung<lb/>
der Personen wie der Zeit. Der Verfasser selbst giebt nicht mehr, als noth¬<lb/>
wendig ist, um den Faden nicht zu verlieren, überall blickt jedoch die Begeisterung<lb/>
für seinen Gegenstand hindurch. Vielleicht hat er sich hierdurch und in Folge<lb/>
eines sicher berechtigten Pietätsgefühles verleiten lassen, die griechische Tugend<lb/>
des Maaßhalteus hin und wieder zu verletzen. Nicht in seiner Begeisterung,<lb/>
sondern in Wiedergabe hinterlassener Aufzeichnungen. Auch der geistreichste<lb/>
und bedeutendste Mensch kann sich der gewöhnlichen Prosa des Lebens nicht<lb/>
entziehen und nicht Alles, was er schreibt, ist werth de&lt; Nachwelt aufbewahrt,<lb/>
oder wenigstens dem 'großen Leserkreis geboten zu werden. Abgesehen von<lb/>
einzelnen Briefen, namentlich aus der Zeit des Posen'schen Aufstandes im<lb/>
Jahre 1831, haben unter anderen im, 2. Bande die auf einer Reise nach<lb/>
Marienbad im Juli 1825 niedergesehriebenen Bemerkungen, bis ans diejenigen,<lb/>
welche sich auf die Schlachten von Jena und Auerstädt beziehen, kaum irgend<lb/>
ein Interesse. Diese Bemerkungen, einen Raum von 19 Seiten einnehmend,<lb/>
enthalten eine Art von Rekoguoseirungsbericht in der für solche Arbeiten vor¬<lb/>
geschriebenen aphoristischen Weise. Für den angehenden Generalstabs-Offizier<lb/>
können diese Bemerkungen sicher als Muster dienen, außerdem haben sie jedoch<lb/>
heute auch für den Militär kaum noch eine Bedeutung, da die Wegeverhältnisse<lb/>
total verändert sind.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1188"> Mit einem wahren Ameisenfleiß hat der Verfasser über alle Personen,<lb/>
die in der Biographie irgend Erwähnung finden, biographische Notizen gesammelt.<lb/>
Ueber die Familie des Helden bis in die vierte Generation zurück in allen<lb/>
ihren Verzweigungen erhalten wir genaue, fast zu genane Auskunft, denn<lb/>
ohne eine Ahnentafel zu entwerfen, kann man kaum folgen. Bei dein sonstigen<lb/>
Guten und Vorzüglichen, wodurch sich das Buch auszeichnet, mochten wir jedoch<lb/>
nicht ohne Noth mäkeln und wir sprechen noch ausdrücklich aus, daß wir deM<lb/>
Verfasser für den bei weitem größten Theil der biographischen Notizen zu auf¬<lb/>
richtigem Danke verpflichtet sind. Bei den unendlich vielen Persönlichkeiten,<lb/>
welche in den Korrespondenzen und sonst erwähnt werden, ist es immer angenehm<lb/>
ihre Anteeendentien zu erfahren, und sich sogleich in bekannter GesellsckM<lb/>
zu wissen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1189" next="#ID_1190"> Der erste Theil der Biographie handelt von den Vorfahren unseres<lb/>
Helden, von seinem Jugendleben, seinem Eintritt in die militärische Laufbahn,<lb/>
die bis zu Ende des Jahres 1812 fortgeführt wird. Clausewitz selbst schildert<lb/>
uus den Niedergang der preußischen Monarchie. Der Stern Friedrichs des</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0410] Bünde bilden allerdings die Korrespondenzen zwischen Clausewitz und seiner Gattin, sowie mit verschiedenen anderen bedeutenden Persönlichkeiten jener Zeit, Tagebuchsblätter und verschiedene Aufsätze politischen wie rein militärischen Inhalts. Alles dieses bietet jedoch eine reiche Fundgrube zur Charakterisirung der Personen wie der Zeit. Der Verfasser selbst giebt nicht mehr, als noth¬ wendig ist, um den Faden nicht zu verlieren, überall blickt jedoch die Begeisterung für seinen Gegenstand hindurch. Vielleicht hat er sich hierdurch und in Folge eines sicher berechtigten Pietätsgefühles verleiten lassen, die griechische Tugend des Maaßhalteus hin und wieder zu verletzen. Nicht in seiner Begeisterung, sondern in Wiedergabe hinterlassener Aufzeichnungen. Auch der geistreichste und bedeutendste Mensch kann sich der gewöhnlichen Prosa des Lebens nicht entziehen und nicht Alles, was er schreibt, ist werth de< Nachwelt aufbewahrt, oder wenigstens dem 'großen Leserkreis geboten zu werden. Abgesehen von einzelnen Briefen, namentlich aus der Zeit des Posen'schen Aufstandes im Jahre 1831, haben unter anderen im, 2. Bande die auf einer Reise nach Marienbad im Juli 1825 niedergesehriebenen Bemerkungen, bis ans diejenigen, welche sich auf die Schlachten von Jena und Auerstädt beziehen, kaum irgend ein Interesse. Diese Bemerkungen, einen Raum von 19 Seiten einnehmend, enthalten eine Art von Rekoguoseirungsbericht in der für solche Arbeiten vor¬ geschriebenen aphoristischen Weise. Für den angehenden Generalstabs-Offizier können diese Bemerkungen sicher als Muster dienen, außerdem haben sie jedoch heute auch für den Militär kaum noch eine Bedeutung, da die Wegeverhältnisse total verändert sind. Mit einem wahren Ameisenfleiß hat der Verfasser über alle Personen, die in der Biographie irgend Erwähnung finden, biographische Notizen gesammelt. Ueber die Familie des Helden bis in die vierte Generation zurück in allen ihren Verzweigungen erhalten wir genaue, fast zu genane Auskunft, denn ohne eine Ahnentafel zu entwerfen, kann man kaum folgen. Bei dein sonstigen Guten und Vorzüglichen, wodurch sich das Buch auszeichnet, mochten wir jedoch nicht ohne Noth mäkeln und wir sprechen noch ausdrücklich aus, daß wir deM Verfasser für den bei weitem größten Theil der biographischen Notizen zu auf¬ richtigem Danke verpflichtet sind. Bei den unendlich vielen Persönlichkeiten, welche in den Korrespondenzen und sonst erwähnt werden, ist es immer angenehm ihre Anteeendentien zu erfahren, und sich sogleich in bekannter GesellsckM zu wissen. Der erste Theil der Biographie handelt von den Vorfahren unseres Helden, von seinem Jugendleben, seinem Eintritt in die militärische Laufbahn, die bis zu Ende des Jahres 1812 fortgeführt wird. Clausewitz selbst schildert uus den Niedergang der preußischen Monarchie. Der Stern Friedrichs des

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/410
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/410>, abgerufen am 24.08.2024.