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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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gegen hundertundfunfzig Meilen lang ist und westlich in die Tamanische, östlich
in die Apscheronische Halbinsel ausläuft. Der Hauptrücken dieses "Kaukasus"
genannten Gebirges hat eine große Anzahl von Spitzen, welche weit über die
Grenzen des ewigen Schnees emporragen und die, wie der ganze Rücken, von
zahllosen Abgründen und Schluchten zerklüftet sind. Man sieht es diesem Ge¬
birge an, daß die Gegend in einer fernen Periode ebenso der Schauplatz furcht¬
barer geologischer Revolutionen, wie es zur Zeit seiner Besitzergreifung dnrch
den Menschen der Schauplatz politischer Umwälzungen gewesen ist. Parallel
mit diesem Hauptrücken laufen noch nördlich und südlich von ihm einige andere
Gebirgswellen, welche, je weiter von jenem entfernt, um so weniger gigantisch
sind und einen verschiedenartigen geognostischen Bau zeigen. Bald bilden sie
kahle Kuppen, bald waldbedeckte Rücken, von denen die nördlichen sich fast
unmerkbar in der weiten Steppe verlieren, während sich die südlichen an die
Vorberge anderer Gebirgssysteme anschließen. Die nördliche Ebene jenseits der
Flüsse Terek, Manta und Kuban ist eine ausgeprägte Steppe, ohne Wald und
fast ohne Wasser, denn sie wird nur vom Kuma, Manytsch und einigen wenig
bedeutenden Bächen durchschnitten. Die kleinere südliche Ebene dagegen ist
reich an Wald, Flüssen und Bächen.

Das Schwarze Meer hat die daran stoßenden Gebirgsabhange stärker an¬
gegriffen als das Kaspische Meer, und deshalb sieht man von Gagro bis
Holendzik schroffe, bewaldete Gebirge, welche wie absichtlich beHauen erscheinen.
Das erschwert die Kommunikation der Küstenbewohner, macht sie während eines
Sturmes ganz unmöglich, erschwert aber auch die Landung feindlicher Fahr¬
zeuge, wie ja überhaupt Schiffe an dieser ungastlichen Küste nicht leicht eiuen
Zufluchtsort finden. Dieser Umstand ist gewiß die Veranlassung für die rus¬
sische Regierung gewesen, Kaukasiers Westküste nicht mittelst Torpedos zu
schützen, mit denen sie die Küsten des Asomschen Meeres, der Krim und die
Nordwestküste des Schwarzen Meeres so verschwenderisch ausgestattet hat. Der
nördlich vom Flusse Pschada sich hinziehende Theil der Küste des Schwarzen
Meeres bietet den vom Sturm überfallenen Piloten nur vier halbwegs sichere
Zuchten, die von Auapsa, Noworossyisk, Gelendschisk und Sedschuk. Der
südliche Theil hat nur Suchum-Kate, Redut-Kate und Poli als vollkommen
sichere Buchten auszuweisen. Weiter südlich, von der Mündung des Flusses
Kadora ab, ist die Küste niedrig und morastig; kein Schiff kann sich wegen der
^elem Untiefen und Sandbänke ihr nahen.

Von jeder Bergspitze fließen namentlich nach dem Schwarzen Meer zu
zahlreiche Bäche herab, die sich in Schluchten, Abgründen und Felsenspalten
sammeln, um irgend einem bedeutenderen Flusse zuzuströmen und sich mit ihm
ins Meer zu ergießen. Vom Nordnbhange stammt, außer andern weniger be-


gegen hundertundfunfzig Meilen lang ist und westlich in die Tamanische, östlich
in die Apscheronische Halbinsel ausläuft. Der Hauptrücken dieses „Kaukasus"
genannten Gebirges hat eine große Anzahl von Spitzen, welche weit über die
Grenzen des ewigen Schnees emporragen und die, wie der ganze Rücken, von
zahllosen Abgründen und Schluchten zerklüftet sind. Man sieht es diesem Ge¬
birge an, daß die Gegend in einer fernen Periode ebenso der Schauplatz furcht¬
barer geologischer Revolutionen, wie es zur Zeit seiner Besitzergreifung dnrch
den Menschen der Schauplatz politischer Umwälzungen gewesen ist. Parallel
mit diesem Hauptrücken laufen noch nördlich und südlich von ihm einige andere
Gebirgswellen, welche, je weiter von jenem entfernt, um so weniger gigantisch
sind und einen verschiedenartigen geognostischen Bau zeigen. Bald bilden sie
kahle Kuppen, bald waldbedeckte Rücken, von denen die nördlichen sich fast
unmerkbar in der weiten Steppe verlieren, während sich die südlichen an die
Vorberge anderer Gebirgssysteme anschließen. Die nördliche Ebene jenseits der
Flüsse Terek, Manta und Kuban ist eine ausgeprägte Steppe, ohne Wald und
fast ohne Wasser, denn sie wird nur vom Kuma, Manytsch und einigen wenig
bedeutenden Bächen durchschnitten. Die kleinere südliche Ebene dagegen ist
reich an Wald, Flüssen und Bächen.

Das Schwarze Meer hat die daran stoßenden Gebirgsabhange stärker an¬
gegriffen als das Kaspische Meer, und deshalb sieht man von Gagro bis
Holendzik schroffe, bewaldete Gebirge, welche wie absichtlich beHauen erscheinen.
Das erschwert die Kommunikation der Küstenbewohner, macht sie während eines
Sturmes ganz unmöglich, erschwert aber auch die Landung feindlicher Fahr¬
zeuge, wie ja überhaupt Schiffe an dieser ungastlichen Küste nicht leicht eiuen
Zufluchtsort finden. Dieser Umstand ist gewiß die Veranlassung für die rus¬
sische Regierung gewesen, Kaukasiers Westküste nicht mittelst Torpedos zu
schützen, mit denen sie die Küsten des Asomschen Meeres, der Krim und die
Nordwestküste des Schwarzen Meeres so verschwenderisch ausgestattet hat. Der
nördlich vom Flusse Pschada sich hinziehende Theil der Küste des Schwarzen
Meeres bietet den vom Sturm überfallenen Piloten nur vier halbwegs sichere
Zuchten, die von Auapsa, Noworossyisk, Gelendschisk und Sedschuk. Der
südliche Theil hat nur Suchum-Kate, Redut-Kate und Poli als vollkommen
sichere Buchten auszuweisen. Weiter südlich, von der Mündung des Flusses
Kadora ab, ist die Küste niedrig und morastig; kein Schiff kann sich wegen der
^elem Untiefen und Sandbänke ihr nahen.

Von jeder Bergspitze fließen namentlich nach dem Schwarzen Meer zu
zahlreiche Bäche herab, die sich in Schluchten, Abgründen und Felsenspalten
sammeln, um irgend einem bedeutenderen Flusse zuzuströmen und sich mit ihm
ins Meer zu ergießen. Vom Nordnbhange stammt, außer andern weniger be-


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[0391] gegen hundertundfunfzig Meilen lang ist und westlich in die Tamanische, östlich in die Apscheronische Halbinsel ausläuft. Der Hauptrücken dieses „Kaukasus" genannten Gebirges hat eine große Anzahl von Spitzen, welche weit über die Grenzen des ewigen Schnees emporragen und die, wie der ganze Rücken, von zahllosen Abgründen und Schluchten zerklüftet sind. Man sieht es diesem Ge¬ birge an, daß die Gegend in einer fernen Periode ebenso der Schauplatz furcht¬ barer geologischer Revolutionen, wie es zur Zeit seiner Besitzergreifung dnrch den Menschen der Schauplatz politischer Umwälzungen gewesen ist. Parallel mit diesem Hauptrücken laufen noch nördlich und südlich von ihm einige andere Gebirgswellen, welche, je weiter von jenem entfernt, um so weniger gigantisch sind und einen verschiedenartigen geognostischen Bau zeigen. Bald bilden sie kahle Kuppen, bald waldbedeckte Rücken, von denen die nördlichen sich fast unmerkbar in der weiten Steppe verlieren, während sich die südlichen an die Vorberge anderer Gebirgssysteme anschließen. Die nördliche Ebene jenseits der Flüsse Terek, Manta und Kuban ist eine ausgeprägte Steppe, ohne Wald und fast ohne Wasser, denn sie wird nur vom Kuma, Manytsch und einigen wenig bedeutenden Bächen durchschnitten. Die kleinere südliche Ebene dagegen ist reich an Wald, Flüssen und Bächen. Das Schwarze Meer hat die daran stoßenden Gebirgsabhange stärker an¬ gegriffen als das Kaspische Meer, und deshalb sieht man von Gagro bis Holendzik schroffe, bewaldete Gebirge, welche wie absichtlich beHauen erscheinen. Das erschwert die Kommunikation der Küstenbewohner, macht sie während eines Sturmes ganz unmöglich, erschwert aber auch die Landung feindlicher Fahr¬ zeuge, wie ja überhaupt Schiffe an dieser ungastlichen Küste nicht leicht eiuen Zufluchtsort finden. Dieser Umstand ist gewiß die Veranlassung für die rus¬ sische Regierung gewesen, Kaukasiers Westküste nicht mittelst Torpedos zu schützen, mit denen sie die Küsten des Asomschen Meeres, der Krim und die Nordwestküste des Schwarzen Meeres so verschwenderisch ausgestattet hat. Der nördlich vom Flusse Pschada sich hinziehende Theil der Küste des Schwarzen Meeres bietet den vom Sturm überfallenen Piloten nur vier halbwegs sichere Zuchten, die von Auapsa, Noworossyisk, Gelendschisk und Sedschuk. Der südliche Theil hat nur Suchum-Kate, Redut-Kate und Poli als vollkommen sichere Buchten auszuweisen. Weiter südlich, von der Mündung des Flusses Kadora ab, ist die Küste niedrig und morastig; kein Schiff kann sich wegen der ^elem Untiefen und Sandbänke ihr nahen. Von jeder Bergspitze fließen namentlich nach dem Schwarzen Meer zu zahlreiche Bäche herab, die sich in Schluchten, Abgründen und Felsenspalten sammeln, um irgend einem bedeutenderen Flusse zuzuströmen und sich mit ihm ins Meer zu ergießen. Vom Nordnbhange stammt, außer andern weniger be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/391>, abgerufen am 24.08.2024.