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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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tausend Dollars ergeben, und der "New-York Ledger" hat ohne Zu>eifel noch
mehr abgeworfen. Noch erheblich größere Summen aber haben der "Philadelphia
Ledger", der "New-York Herald", die "New-York Times" und der "Sun"
ihren Besitzern eingebracht, und man erzählt, daß die "Chicago Tribüne" einzig
und allein ans ihren Anzeigespaltcn die gewaltigen Ausgaben bestritt, welche
sie zur Aufführung des neuen Gebäudes bedürfte, in dem sich ihre Redaktions-
zimmer, ihre Druckerei und ihre Expedition befinden. Zeitungen, die im Monat
nur einmal erscheinen, verlohnen die Mühe ihrer Herausgabe nur in seltenen
Fällen. Ferner hat man niemals gehört, daß eine der Sache der Mäßigkeits¬
vereine gewidmete Zeitung sich bezahlt hätte, und ganz Dasselbe gilt von den
Blättern, welche für die Freimaurer, die Ott Fellows und andere geheime
Orden und Gesellschaften geschrieben werden.

Der Werth des Zeitnngseigenthums in Amerika ist nicht leicht festzustellen,
völlig gewiß ist nur, daß er sehr beträchtlich ist. Der "Herald" in New-York
würde, wenn er zum Verkaufe ausgeboten würde, vielleicht mit zwei Millionen
Dollars bezahlt werden. Es giebt ferner noch drei oder vier Blätter, die
wenigstens eine Million, etwa zwei Dutzend, die eine halbe Million, und eine
große Anzahl diesseits und jenseits der Felsengebirge, die jedes hunderttausend
Dollars werth sind. Weit größer aber ist die Menge der kleinen Wochenblätter,
deren Eigenthümer sich nicht lange bitten lassen würden, wenn man ihnen
den Vorschlag machte, ihre Zeitung für 250 Dollars baar und einen Wechsel
für weitere 250 herzugeben; denn sehr viele derartige Organe der sechsten
Großmacht gewähren ihrem Herausgeber, der oft nicht blos ihr Redakteur,
sondern auch ihr Setzer und Drucker ist, für alle seine Mühe und Vielseitigkeit
höchstens 400 Dollars jährlich, die häufig nicht einmal baar, sondern in Waaren,
Getreide, Gemüse, Kartoffeln u. d. bezahlt werden. Indeß wirft die Sache
mittelbar noch Einiges ab. An kleinen Orten auf dem Lande ist die Aeei-
denziendruckerei ^ein gntlohnender Geschäftszweig. Manche Blätter würden,
wenn dieß nicht der Fall wäre, gar nicht fortbestehen können. Für viele
Druckereien dagegen ist die von ihnen herausgegebene Zeitung nur ein Hülfs¬
mittel, mit dem der Drucker und sein Geschäft dem Publikum bekannt gemacht
werden sollen. Neben der Aecidenziendruckerei bilden die gerichtlichen Anzeigen
einen Zweck der Gründung kleiner Blätter. Es kommt vor, daß der Heraus¬
geber eines solchen in einem dünnbevölkerten County eine Zeitung mit dem
Namen eines Nachbarcounty zu drucken unternimmt, welches besser bewohnt,
aber noch ohne eignes Blatt ist, daß er ein paar hundert Exemplare hinüber¬
sendet, dort Abonnenten erhält und auf diese Weise die gerichtlichen Anzeigen
des County bekommt, wodurch sich sein Unternehmen bezahlt, in der Regel
nicht gerade reichlich, aber immerhin bezahlt macht.


tausend Dollars ergeben, und der „New-York Ledger" hat ohne Zu>eifel noch
mehr abgeworfen. Noch erheblich größere Summen aber haben der „Philadelphia
Ledger", der „New-York Herald", die „New-York Times" und der „Sun"
ihren Besitzern eingebracht, und man erzählt, daß die „Chicago Tribüne" einzig
und allein ans ihren Anzeigespaltcn die gewaltigen Ausgaben bestritt, welche
sie zur Aufführung des neuen Gebäudes bedürfte, in dem sich ihre Redaktions-
zimmer, ihre Druckerei und ihre Expedition befinden. Zeitungen, die im Monat
nur einmal erscheinen, verlohnen die Mühe ihrer Herausgabe nur in seltenen
Fällen. Ferner hat man niemals gehört, daß eine der Sache der Mäßigkeits¬
vereine gewidmete Zeitung sich bezahlt hätte, und ganz Dasselbe gilt von den
Blättern, welche für die Freimaurer, die Ott Fellows und andere geheime
Orden und Gesellschaften geschrieben werden.

Der Werth des Zeitnngseigenthums in Amerika ist nicht leicht festzustellen,
völlig gewiß ist nur, daß er sehr beträchtlich ist. Der „Herald" in New-York
würde, wenn er zum Verkaufe ausgeboten würde, vielleicht mit zwei Millionen
Dollars bezahlt werden. Es giebt ferner noch drei oder vier Blätter, die
wenigstens eine Million, etwa zwei Dutzend, die eine halbe Million, und eine
große Anzahl diesseits und jenseits der Felsengebirge, die jedes hunderttausend
Dollars werth sind. Weit größer aber ist die Menge der kleinen Wochenblätter,
deren Eigenthümer sich nicht lange bitten lassen würden, wenn man ihnen
den Vorschlag machte, ihre Zeitung für 250 Dollars baar und einen Wechsel
für weitere 250 herzugeben; denn sehr viele derartige Organe der sechsten
Großmacht gewähren ihrem Herausgeber, der oft nicht blos ihr Redakteur,
sondern auch ihr Setzer und Drucker ist, für alle seine Mühe und Vielseitigkeit
höchstens 400 Dollars jährlich, die häufig nicht einmal baar, sondern in Waaren,
Getreide, Gemüse, Kartoffeln u. d. bezahlt werden. Indeß wirft die Sache
mittelbar noch Einiges ab. An kleinen Orten auf dem Lande ist die Aeei-
denziendruckerei ^ein gntlohnender Geschäftszweig. Manche Blätter würden,
wenn dieß nicht der Fall wäre, gar nicht fortbestehen können. Für viele
Druckereien dagegen ist die von ihnen herausgegebene Zeitung nur ein Hülfs¬
mittel, mit dem der Drucker und sein Geschäft dem Publikum bekannt gemacht
werden sollen. Neben der Aecidenziendruckerei bilden die gerichtlichen Anzeigen
einen Zweck der Gründung kleiner Blätter. Es kommt vor, daß der Heraus¬
geber eines solchen in einem dünnbevölkerten County eine Zeitung mit dem
Namen eines Nachbarcounty zu drucken unternimmt, welches besser bewohnt,
aber noch ohne eignes Blatt ist, daß er ein paar hundert Exemplare hinüber¬
sendet, dort Abonnenten erhält und auf diese Weise die gerichtlichen Anzeigen
des County bekommt, wodurch sich sein Unternehmen bezahlt, in der Regel
nicht gerade reichlich, aber immerhin bezahlt macht.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/39>, abgerufen am 22.07.2024.