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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Der Burggraf Friedrich fand nun in der Mark zwar Widerstand von
Seiten der Quitzows und ihrer Verbündeten, nämlich eines Theils der märkischen
Edelleute und eines Herzogs von Pommern, er ward jedoch anerkannt und
unterstützt von den Städten der Mark, von einem Theile des Adels und, auf
Geheiß Sigismunds von fast sämmtlichen benachbarten Fürsten, namentlich
vom Erzbischof von Magdeburg und dem Landgrafen von Thüringen. Die
Burg der Quitzows zu Planen ward dnrch die lange Büchse des Landgrafen
von Thüringen, wahrscheinlich die erste nach der Mark gebrachte Kanone, im
Jahre 1414 in Trümmer geschossen.*)

Unmittelbar nach Besiegung der Quitzows im Jahre 1414 begab sich der
Burggraf Friedrich nach Konstanz, wo zu jener Zeit Sigismund bereits das
berühmte Konzil versammelt hatte, welches den Zweck hatte, dein Zwist zwischen
den drei Päpsten, die damals die Herrschaft des Abendlandes theilten, ein
Ende zu machen.

In Konstanz erwartete nnn den Burggrafen Friedrich eine sehr wichtige
Thätigkeit. Bald nach dem Zusammentritt des Konzils war aus diesem die
Ansicht zur Geltung gekommen, das; eine Einigung nicht anders möglich sei,
als wenn die drei Päpste, welche damals sich die Herrschaft theilten, ihr Amt
niederlegten oder abgesetzt würden und wenn dann an ihrer Stelle ein neuer
Papst gewählt würde. Der Papst Johann XXIII., der das Konzil eröffnet
hatte und unter den damals vorhandenen drei Päpsten das größte Ansehen
genoß, wollte sich der Entscheidung des Konzils nicht fügen; gegen ein Ver¬
sprechen, das er gegeben hatte, floh er am 20. Mürz 1415 aus Konstanz und
erklärte hierauf das Konzil für aufgelöst. Er verfuhr hierbei im EinVerständniß
mit dem Erzherzoge Friedrich von Oesterreich. Es handelte sich nnn darum,
ob das Konzil sich diesem Ausspruche des Papstes unterwerfen sollte. Die
versammelten Väter des Konzils, ermuthigt durch den Kaiser, beschlossen, dies



Die Quitzows huben das Schicksal gehabt, daß das Urtheil über ihren Charakter bis
uns die neueste Zeit bei den Geschichtsschreibern geschwankt hat. Ans der einen Seite hat
man sie wie gewöhnliche Raubritter betrachtet, auf der andern Seite hat man sie als
Patrioten gefeiert, die im Verein und an der Spitze des märkischen Adels sich der Aus¬
beutung des Landes durch Ausländer, wie Günther von Schwnrzburg, widersetzt hätten und
die auch dem Burggrafen von Nürnberg blos Widerstand geleistet hätten, weil sie ihn für
einen solchen nur auf Plünderung des Landes ausgehenden Ausländer angesehen hätten.
Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Die Quitzows waren ehrgeizige Emporkömmlinge,
die entweder dem Kaspar Haus von Putlitz oder dem Dietrich vou Quitzow den Rang eines
Landeshauptmanns verschaffen wollten, und zu dem Ende Aufruhr und.Krieg nicht scheuten.
Man konnte sie wohl mit dein berühmten Franz von Sickingen vergleichen, aber der letztere
verband mit seinem persönlichen Ehrgeiz auch ein ideales Streben für Umgestaltung der
kirchlichen und politischen Verfassung Deutschlands, während bei den Quitzows Nichts her¬
vortritt, als das Streben für sich und ihre Familie.

Der Burggraf Friedrich fand nun in der Mark zwar Widerstand von
Seiten der Quitzows und ihrer Verbündeten, nämlich eines Theils der märkischen
Edelleute und eines Herzogs von Pommern, er ward jedoch anerkannt und
unterstützt von den Städten der Mark, von einem Theile des Adels und, auf
Geheiß Sigismunds von fast sämmtlichen benachbarten Fürsten, namentlich
vom Erzbischof von Magdeburg und dem Landgrafen von Thüringen. Die
Burg der Quitzows zu Planen ward dnrch die lange Büchse des Landgrafen
von Thüringen, wahrscheinlich die erste nach der Mark gebrachte Kanone, im
Jahre 1414 in Trümmer geschossen.*)

Unmittelbar nach Besiegung der Quitzows im Jahre 1414 begab sich der
Burggraf Friedrich nach Konstanz, wo zu jener Zeit Sigismund bereits das
berühmte Konzil versammelt hatte, welches den Zweck hatte, dein Zwist zwischen
den drei Päpsten, die damals die Herrschaft des Abendlandes theilten, ein
Ende zu machen.

In Konstanz erwartete nnn den Burggrafen Friedrich eine sehr wichtige
Thätigkeit. Bald nach dem Zusammentritt des Konzils war aus diesem die
Ansicht zur Geltung gekommen, das; eine Einigung nicht anders möglich sei,
als wenn die drei Päpste, welche damals sich die Herrschaft theilten, ihr Amt
niederlegten oder abgesetzt würden und wenn dann an ihrer Stelle ein neuer
Papst gewählt würde. Der Papst Johann XXIII., der das Konzil eröffnet
hatte und unter den damals vorhandenen drei Päpsten das größte Ansehen
genoß, wollte sich der Entscheidung des Konzils nicht fügen; gegen ein Ver¬
sprechen, das er gegeben hatte, floh er am 20. Mürz 1415 aus Konstanz und
erklärte hierauf das Konzil für aufgelöst. Er verfuhr hierbei im EinVerständniß
mit dem Erzherzoge Friedrich von Oesterreich. Es handelte sich nnn darum,
ob das Konzil sich diesem Ausspruche des Papstes unterwerfen sollte. Die
versammelten Väter des Konzils, ermuthigt durch den Kaiser, beschlossen, dies



Die Quitzows huben das Schicksal gehabt, daß das Urtheil über ihren Charakter bis
uns die neueste Zeit bei den Geschichtsschreibern geschwankt hat. Ans der einen Seite hat
man sie wie gewöhnliche Raubritter betrachtet, auf der andern Seite hat man sie als
Patrioten gefeiert, die im Verein und an der Spitze des märkischen Adels sich der Aus¬
beutung des Landes durch Ausländer, wie Günther von Schwnrzburg, widersetzt hätten und
die auch dem Burggrafen von Nürnberg blos Widerstand geleistet hätten, weil sie ihn für
einen solchen nur auf Plünderung des Landes ausgehenden Ausländer angesehen hätten.
Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Die Quitzows waren ehrgeizige Emporkömmlinge,
die entweder dem Kaspar Haus von Putlitz oder dem Dietrich vou Quitzow den Rang eines
Landeshauptmanns verschaffen wollten, und zu dem Ende Aufruhr und.Krieg nicht scheuten.
Man konnte sie wohl mit dein berühmten Franz von Sickingen vergleichen, aber der letztere
verband mit seinem persönlichen Ehrgeiz auch ein ideales Streben für Umgestaltung der
kirchlichen und politischen Verfassung Deutschlands, während bei den Quitzows Nichts her¬
vortritt, als das Streben für sich und ihre Familie.
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[0327] Der Burggraf Friedrich fand nun in der Mark zwar Widerstand von Seiten der Quitzows und ihrer Verbündeten, nämlich eines Theils der märkischen Edelleute und eines Herzogs von Pommern, er ward jedoch anerkannt und unterstützt von den Städten der Mark, von einem Theile des Adels und, auf Geheiß Sigismunds von fast sämmtlichen benachbarten Fürsten, namentlich vom Erzbischof von Magdeburg und dem Landgrafen von Thüringen. Die Burg der Quitzows zu Planen ward dnrch die lange Büchse des Landgrafen von Thüringen, wahrscheinlich die erste nach der Mark gebrachte Kanone, im Jahre 1414 in Trümmer geschossen.*) Unmittelbar nach Besiegung der Quitzows im Jahre 1414 begab sich der Burggraf Friedrich nach Konstanz, wo zu jener Zeit Sigismund bereits das berühmte Konzil versammelt hatte, welches den Zweck hatte, dein Zwist zwischen den drei Päpsten, die damals die Herrschaft des Abendlandes theilten, ein Ende zu machen. In Konstanz erwartete nnn den Burggrafen Friedrich eine sehr wichtige Thätigkeit. Bald nach dem Zusammentritt des Konzils war aus diesem die Ansicht zur Geltung gekommen, das; eine Einigung nicht anders möglich sei, als wenn die drei Päpste, welche damals sich die Herrschaft theilten, ihr Amt niederlegten oder abgesetzt würden und wenn dann an ihrer Stelle ein neuer Papst gewählt würde. Der Papst Johann XXIII., der das Konzil eröffnet hatte und unter den damals vorhandenen drei Päpsten das größte Ansehen genoß, wollte sich der Entscheidung des Konzils nicht fügen; gegen ein Ver¬ sprechen, das er gegeben hatte, floh er am 20. Mürz 1415 aus Konstanz und erklärte hierauf das Konzil für aufgelöst. Er verfuhr hierbei im EinVerständniß mit dem Erzherzoge Friedrich von Oesterreich. Es handelte sich nnn darum, ob das Konzil sich diesem Ausspruche des Papstes unterwerfen sollte. Die versammelten Väter des Konzils, ermuthigt durch den Kaiser, beschlossen, dies Die Quitzows huben das Schicksal gehabt, daß das Urtheil über ihren Charakter bis uns die neueste Zeit bei den Geschichtsschreibern geschwankt hat. Ans der einen Seite hat man sie wie gewöhnliche Raubritter betrachtet, auf der andern Seite hat man sie als Patrioten gefeiert, die im Verein und an der Spitze des märkischen Adels sich der Aus¬ beutung des Landes durch Ausländer, wie Günther von Schwnrzburg, widersetzt hätten und die auch dem Burggrafen von Nürnberg blos Widerstand geleistet hätten, weil sie ihn für einen solchen nur auf Plünderung des Landes ausgehenden Ausländer angesehen hätten. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte. Die Quitzows waren ehrgeizige Emporkömmlinge, die entweder dem Kaspar Haus von Putlitz oder dem Dietrich vou Quitzow den Rang eines Landeshauptmanns verschaffen wollten, und zu dem Ende Aufruhr und.Krieg nicht scheuten. Man konnte sie wohl mit dein berühmten Franz von Sickingen vergleichen, aber der letztere verband mit seinem persönlichen Ehrgeiz auch ein ideales Streben für Umgestaltung der kirchlichen und politischen Verfassung Deutschlands, während bei den Quitzows Nichts her¬ vortritt, als das Streben für sich und ihre Familie.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/327>, abgerufen am 03.07.2024.