Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

des Aeußeren genehmigt worden sind, angefertigt werden, sollen dieselben,
da in solchen Artikeln und Rundschanen der Verfasser doch seine eigenen An¬
sichten ausgesprochen haben kann, welche manchmal den Ansichten unserer
Regierung zuwiderlaufen können, zur Beseitigung aller unzeitigen Anspielungen
und Urtheile nochmals im versammelten moskauer Censurkomite durchgesehen
und erst mit dessen Erlaubniß gedruckt werden. Im Falle eines Zweifels
oder einer UnVerständlichkeit (wörtlich) seitens des Komites soll dieser Artikel
dem Herrn Kultusminister behufs etwa erforderlicher Einreichung desselben an
den Herrn Minister des Aeußern, übersandt werden." Dieser Ukas ist noch
nicht aufgehoben.

Bemerkenswerth aus jener früheren Zeit ist zunächst eine Verfügung vom
3. November 1857 betreffs der Auslassungen über die Neuerungen, welche die
Reformen Alexanders in der Lage der Großgrundbesitzer herbeiführten. Da
wird einfach verordnet: daß nur gelehrte, von der Negierung gegründete Ge¬
sellschaften das Recht haben, Personen zum Sammeln ihnen nothwendiger
Daten (auf das platte Land) auszusenden; daß aber auch gelehrte Gesellschaften,
wenn sie Reisende aussenden, diese mit gehörigen Bescheinigungen ausstatten,
und von jedem den Minister des Innern benachrichten, auf daß den Gouver¬
neuren rechtzeitig mitgetheilt werden könne, daß solche Datensammler in ihre
Gegend kommen werden; ebenso sind aber auch diese Sammler verpflichtet, sich
bei der Ortspolizei zu melden; daß Herausgeber von Journalen und
Zeitungen nicht das Recht haben, solche Reisende abzusenden
und daß mit Personen, welche ohne gesetzliche Legitimation reisen, nach dem
Gesetze verfahren werden soll.

In einem Erlasse des Ministeriums der Volksaufklärung -- incus g. non
wcoväo -- vom Oktober 1859 wird bestimmt: daß die Druckerlaubniß irgend
eines Artikels, welcher die Ehre irgend einer Person beleidigt, die Entfernung des
schuldigen Censors aus seinem Amte nach sich zieht. Ferner haben alle Redak¬
tionen periodischer Schriften, welche einen Artikel, der die Darstellung irgend
eines Mißbrauchs enthält, der Censur zur Drnckerlaubniß einreichen, eine
faktische Bestätigung des bezüglichen Inhaltes beizufügen, und wenn die
Druckerlaubuiß ertheilt wird, der Censur außerdem den Namen und Wohnort
des Verfassers, und die Zeit und den Ort des besprochenen Vorganges mit
den thatsächlichen Einzelnheiten anzugeben.

Der Kaiser Alexander, ermüdet von den ununterbrochenen kleinlichen Vor-
stellungen der Censur, beschloß im November 1859 eine einzige Censur zu
gründen, welche von den Einmischungen anderer Behörden unabhängig sein
sollte. Zur Ausführung dieses Gedankens erwählte der Monarch den Baron
Korff. In einigen Tagen war das Projekt angefertigt, uns Grund dessen eine


des Aeußeren genehmigt worden sind, angefertigt werden, sollen dieselben,
da in solchen Artikeln und Rundschanen der Verfasser doch seine eigenen An¬
sichten ausgesprochen haben kann, welche manchmal den Ansichten unserer
Regierung zuwiderlaufen können, zur Beseitigung aller unzeitigen Anspielungen
und Urtheile nochmals im versammelten moskauer Censurkomite durchgesehen
und erst mit dessen Erlaubniß gedruckt werden. Im Falle eines Zweifels
oder einer UnVerständlichkeit (wörtlich) seitens des Komites soll dieser Artikel
dem Herrn Kultusminister behufs etwa erforderlicher Einreichung desselben an
den Herrn Minister des Aeußern, übersandt werden." Dieser Ukas ist noch
nicht aufgehoben.

Bemerkenswerth aus jener früheren Zeit ist zunächst eine Verfügung vom
3. November 1857 betreffs der Auslassungen über die Neuerungen, welche die
Reformen Alexanders in der Lage der Großgrundbesitzer herbeiführten. Da
wird einfach verordnet: daß nur gelehrte, von der Negierung gegründete Ge¬
sellschaften das Recht haben, Personen zum Sammeln ihnen nothwendiger
Daten (auf das platte Land) auszusenden; daß aber auch gelehrte Gesellschaften,
wenn sie Reisende aussenden, diese mit gehörigen Bescheinigungen ausstatten,
und von jedem den Minister des Innern benachrichten, auf daß den Gouver¬
neuren rechtzeitig mitgetheilt werden könne, daß solche Datensammler in ihre
Gegend kommen werden; ebenso sind aber auch diese Sammler verpflichtet, sich
bei der Ortspolizei zu melden; daß Herausgeber von Journalen und
Zeitungen nicht das Recht haben, solche Reisende abzusenden
und daß mit Personen, welche ohne gesetzliche Legitimation reisen, nach dem
Gesetze verfahren werden soll.

In einem Erlasse des Ministeriums der Volksaufklärung — incus g. non
wcoväo — vom Oktober 1859 wird bestimmt: daß die Druckerlaubniß irgend
eines Artikels, welcher die Ehre irgend einer Person beleidigt, die Entfernung des
schuldigen Censors aus seinem Amte nach sich zieht. Ferner haben alle Redak¬
tionen periodischer Schriften, welche einen Artikel, der die Darstellung irgend
eines Mißbrauchs enthält, der Censur zur Drnckerlaubniß einreichen, eine
faktische Bestätigung des bezüglichen Inhaltes beizufügen, und wenn die
Druckerlaubuiß ertheilt wird, der Censur außerdem den Namen und Wohnort
des Verfassers, und die Zeit und den Ort des besprochenen Vorganges mit
den thatsächlichen Einzelnheiten anzugeben.

Der Kaiser Alexander, ermüdet von den ununterbrochenen kleinlichen Vor-
stellungen der Censur, beschloß im November 1859 eine einzige Censur zu
gründen, welche von den Einmischungen anderer Behörden unabhängig sein
sollte. Zur Ausführung dieses Gedankens erwählte der Monarch den Baron
Korff. In einigen Tagen war das Projekt angefertigt, uns Grund dessen eine


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0302" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139061"/>
          <p xml:id="ID_888" prev="#ID_887"> des Aeußeren genehmigt worden sind, angefertigt werden, sollen dieselben,<lb/>
da in solchen Artikeln und Rundschanen der Verfasser doch seine eigenen An¬<lb/>
sichten ausgesprochen haben kann, welche manchmal den Ansichten unserer<lb/>
Regierung zuwiderlaufen können, zur Beseitigung aller unzeitigen Anspielungen<lb/>
und Urtheile nochmals im versammelten moskauer Censurkomite durchgesehen<lb/>
und erst mit dessen Erlaubniß gedruckt werden. Im Falle eines Zweifels<lb/>
oder einer UnVerständlichkeit (wörtlich) seitens des Komites soll dieser Artikel<lb/>
dem Herrn Kultusminister behufs etwa erforderlicher Einreichung desselben an<lb/>
den Herrn Minister des Aeußern, übersandt werden." Dieser Ukas ist noch<lb/>
nicht aufgehoben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_889"> Bemerkenswerth aus jener früheren Zeit ist zunächst eine Verfügung vom<lb/>
3. November 1857 betreffs der Auslassungen über die Neuerungen, welche die<lb/>
Reformen Alexanders in der Lage der Großgrundbesitzer herbeiführten. Da<lb/>
wird einfach verordnet: daß nur gelehrte, von der Negierung gegründete Ge¬<lb/>
sellschaften das Recht haben, Personen zum Sammeln ihnen nothwendiger<lb/>
Daten (auf das platte Land) auszusenden; daß aber auch gelehrte Gesellschaften,<lb/>
wenn sie Reisende aussenden, diese mit gehörigen Bescheinigungen ausstatten,<lb/>
und von jedem den Minister des Innern benachrichten, auf daß den Gouver¬<lb/>
neuren rechtzeitig mitgetheilt werden könne, daß solche Datensammler in ihre<lb/>
Gegend kommen werden; ebenso sind aber auch diese Sammler verpflichtet, sich<lb/>
bei der Ortspolizei zu melden; daß Herausgeber von Journalen und<lb/>
Zeitungen nicht das Recht haben, solche Reisende abzusenden<lb/>
und daß mit Personen, welche ohne gesetzliche Legitimation reisen, nach dem<lb/>
Gesetze verfahren werden soll.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_890"> In einem Erlasse des Ministeriums der Volksaufklärung &#x2014; incus g. non<lb/>
wcoväo &#x2014; vom Oktober 1859 wird bestimmt: daß die Druckerlaubniß irgend<lb/>
eines Artikels, welcher die Ehre irgend einer Person beleidigt, die Entfernung des<lb/>
schuldigen Censors aus seinem Amte nach sich zieht. Ferner haben alle Redak¬<lb/>
tionen periodischer Schriften, welche einen Artikel, der die Darstellung irgend<lb/>
eines Mißbrauchs enthält, der Censur zur Drnckerlaubniß einreichen, eine<lb/>
faktische Bestätigung des bezüglichen Inhaltes beizufügen, und wenn die<lb/>
Druckerlaubuiß ertheilt wird, der Censur außerdem den Namen und Wohnort<lb/>
des Verfassers, und die Zeit und den Ort des besprochenen Vorganges mit<lb/>
den thatsächlichen Einzelnheiten anzugeben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_891" next="#ID_892"> Der Kaiser Alexander, ermüdet von den ununterbrochenen kleinlichen Vor-<lb/>
stellungen der Censur, beschloß im November 1859 eine einzige Censur zu<lb/>
gründen, welche von den Einmischungen anderer Behörden unabhängig sein<lb/>
sollte. Zur Ausführung dieses Gedankens erwählte der Monarch den Baron<lb/>
Korff. In einigen Tagen war das Projekt angefertigt, uns Grund dessen eine</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0302] des Aeußeren genehmigt worden sind, angefertigt werden, sollen dieselben, da in solchen Artikeln und Rundschanen der Verfasser doch seine eigenen An¬ sichten ausgesprochen haben kann, welche manchmal den Ansichten unserer Regierung zuwiderlaufen können, zur Beseitigung aller unzeitigen Anspielungen und Urtheile nochmals im versammelten moskauer Censurkomite durchgesehen und erst mit dessen Erlaubniß gedruckt werden. Im Falle eines Zweifels oder einer UnVerständlichkeit (wörtlich) seitens des Komites soll dieser Artikel dem Herrn Kultusminister behufs etwa erforderlicher Einreichung desselben an den Herrn Minister des Aeußern, übersandt werden." Dieser Ukas ist noch nicht aufgehoben. Bemerkenswerth aus jener früheren Zeit ist zunächst eine Verfügung vom 3. November 1857 betreffs der Auslassungen über die Neuerungen, welche die Reformen Alexanders in der Lage der Großgrundbesitzer herbeiführten. Da wird einfach verordnet: daß nur gelehrte, von der Negierung gegründete Ge¬ sellschaften das Recht haben, Personen zum Sammeln ihnen nothwendiger Daten (auf das platte Land) auszusenden; daß aber auch gelehrte Gesellschaften, wenn sie Reisende aussenden, diese mit gehörigen Bescheinigungen ausstatten, und von jedem den Minister des Innern benachrichten, auf daß den Gouver¬ neuren rechtzeitig mitgetheilt werden könne, daß solche Datensammler in ihre Gegend kommen werden; ebenso sind aber auch diese Sammler verpflichtet, sich bei der Ortspolizei zu melden; daß Herausgeber von Journalen und Zeitungen nicht das Recht haben, solche Reisende abzusenden und daß mit Personen, welche ohne gesetzliche Legitimation reisen, nach dem Gesetze verfahren werden soll. In einem Erlasse des Ministeriums der Volksaufklärung — incus g. non wcoväo — vom Oktober 1859 wird bestimmt: daß die Druckerlaubniß irgend eines Artikels, welcher die Ehre irgend einer Person beleidigt, die Entfernung des schuldigen Censors aus seinem Amte nach sich zieht. Ferner haben alle Redak¬ tionen periodischer Schriften, welche einen Artikel, der die Darstellung irgend eines Mißbrauchs enthält, der Censur zur Drnckerlaubniß einreichen, eine faktische Bestätigung des bezüglichen Inhaltes beizufügen, und wenn die Druckerlaubuiß ertheilt wird, der Censur außerdem den Namen und Wohnort des Verfassers, und die Zeit und den Ort des besprochenen Vorganges mit den thatsächlichen Einzelnheiten anzugeben. Der Kaiser Alexander, ermüdet von den ununterbrochenen kleinlichen Vor- stellungen der Censur, beschloß im November 1859 eine einzige Censur zu gründen, welche von den Einmischungen anderer Behörden unabhängig sein sollte. Zur Ausführung dieses Gedankens erwählte der Monarch den Baron Korff. In einigen Tagen war das Projekt angefertigt, uns Grund dessen eine

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/302
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/302>, abgerufen am 27.09.2024.