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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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schwersten Anschuldigungen wider ihn zu Tage. Abgesehen davon, daß er die
Kirchen-Verfassung ändere, den Hochmeister des Amtes zu entsetzen und dasselbe
an sich zu bringen beabsichtige, habe er zu diesem Zwecke sogar einzelne Or-
densgebietiger für sich geworben, unter dem Versprechen ihnen "große Aembter"
zu geben und die Sache bei dem Papst leichtlich durchzubringen und zu er¬
halten. Er gedachte weiter, wo die Sache nicht auf diese Weise fortginge, so
wüßte er, daß zu Rom bei Sanct Peters Nachkömmlingen umbs Geld nicht
allein das, sondern das viel mehr ist, Himmel und Erde zu kauft und feil
wäre. Derhalben entlehnte er von den Kirchen Geld, Gold, Silber und
Kleinod, etliches nahm er mit Gewalt, auf daß er seine Sachen desto füglicher
ausrichten mochte, dagegen dem Kapitel geköderte, wie er die Kirchen bei dem
Papst zu großen Würden bringen wollte.

Zur Deckung seiner Schulden und Bestreitung der Kosten seines schwel¬
gerischen Lebens hatte er nSchweislich zwei kostbare Bischofsstäbe, eine Inful
oder Krone, drei kunstvolle Brustbilder, den Fuß einer goldenen Monstranz,
achtzig Mark Silber aus seiner Kirche entwendet und bei zwei Bürgern, Curt
Hopsel in Königsberg und Jacob von Freche in Danzig, für vierzehntausend
preußische Mark versetzt, baare Geldsummen unterschlagen und gegen hundert
Last Getreide verkauft. Dreitausend und zweihundert Dukaten hatte man
ihm nach Rom geschickt -- und doch betrugen seine dortigen Schulden allein
noch gegen dreitausend Gulden.

Außerdem ward im Anfange des Jahres 1474 aus allerlei Anzeichen
ruchbar, daß Dietrich Preußen bald zu verlassen beabsichtigte. Wahrend er
sich angeblich wegen der zu Fischhausen herrschenden Pest nach Domnau be¬
geben hatte und dortselbst bei dem Ritter Conrad von Egloffstein aufhielt, be¬
mühten sich die Freunde des Hochmeisters, vorzüglich Georg von Schlieben, so¬
wie die Bischöfe von Dorpat und Curland wo möglich noch einen endlichen
Vergleich mit dem Bischöfe zu Stande zu bringen. Aber die Bemühungen
dieser "Kompromißväter" blieben erfolglos. Der Bischof gab zur Verheim¬
lichung seiner Absichten vor, er wolle nach Rom, um dort eine andere Bulle
auszuwirken, welche dem Orden, wie der Kirche zum Vortheil dienen solle.
Aber es ward gleichzeitig bekannt, daß seine eigentliche Absicht dahin ging,
am päpstlichen Hofe gegen den Hochmeister wegen dessen Widersetzlichkeit gegen
die Bulle Klage zu erheben. Diese seine Absicht wurde durch einen aufgefan¬
genen Brief bestätigt, den er an den Kurfürsten Pfalzgraf Friedrich von Baiern
gerichtet. Derselbe hatte nicht allein versprochen, ihn bei sich aufzunehmen und
seine Sache am päpstlichen Hofe zu befördern, sondern auch andere Fürsten
und Kardinäle für ihn zu diesem Zwecke zu gewinnen.

Soweit schien Alles für die Ausführung seiner hochfliegenden Intriguen


schwersten Anschuldigungen wider ihn zu Tage. Abgesehen davon, daß er die
Kirchen-Verfassung ändere, den Hochmeister des Amtes zu entsetzen und dasselbe
an sich zu bringen beabsichtige, habe er zu diesem Zwecke sogar einzelne Or-
densgebietiger für sich geworben, unter dem Versprechen ihnen „große Aembter"
zu geben und die Sache bei dem Papst leichtlich durchzubringen und zu er¬
halten. Er gedachte weiter, wo die Sache nicht auf diese Weise fortginge, so
wüßte er, daß zu Rom bei Sanct Peters Nachkömmlingen umbs Geld nicht
allein das, sondern das viel mehr ist, Himmel und Erde zu kauft und feil
wäre. Derhalben entlehnte er von den Kirchen Geld, Gold, Silber und
Kleinod, etliches nahm er mit Gewalt, auf daß er seine Sachen desto füglicher
ausrichten mochte, dagegen dem Kapitel geköderte, wie er die Kirchen bei dem
Papst zu großen Würden bringen wollte.

Zur Deckung seiner Schulden und Bestreitung der Kosten seines schwel¬
gerischen Lebens hatte er nSchweislich zwei kostbare Bischofsstäbe, eine Inful
oder Krone, drei kunstvolle Brustbilder, den Fuß einer goldenen Monstranz,
achtzig Mark Silber aus seiner Kirche entwendet und bei zwei Bürgern, Curt
Hopsel in Königsberg und Jacob von Freche in Danzig, für vierzehntausend
preußische Mark versetzt, baare Geldsummen unterschlagen und gegen hundert
Last Getreide verkauft. Dreitausend und zweihundert Dukaten hatte man
ihm nach Rom geschickt — und doch betrugen seine dortigen Schulden allein
noch gegen dreitausend Gulden.

Außerdem ward im Anfange des Jahres 1474 aus allerlei Anzeichen
ruchbar, daß Dietrich Preußen bald zu verlassen beabsichtigte. Wahrend er
sich angeblich wegen der zu Fischhausen herrschenden Pest nach Domnau be¬
geben hatte und dortselbst bei dem Ritter Conrad von Egloffstein aufhielt, be¬
mühten sich die Freunde des Hochmeisters, vorzüglich Georg von Schlieben, so¬
wie die Bischöfe von Dorpat und Curland wo möglich noch einen endlichen
Vergleich mit dem Bischöfe zu Stande zu bringen. Aber die Bemühungen
dieser „Kompromißväter" blieben erfolglos. Der Bischof gab zur Verheim¬
lichung seiner Absichten vor, er wolle nach Rom, um dort eine andere Bulle
auszuwirken, welche dem Orden, wie der Kirche zum Vortheil dienen solle.
Aber es ward gleichzeitig bekannt, daß seine eigentliche Absicht dahin ging,
am päpstlichen Hofe gegen den Hochmeister wegen dessen Widersetzlichkeit gegen
die Bulle Klage zu erheben. Diese seine Absicht wurde durch einen aufgefan¬
genen Brief bestätigt, den er an den Kurfürsten Pfalzgraf Friedrich von Baiern
gerichtet. Derselbe hatte nicht allein versprochen, ihn bei sich aufzunehmen und
seine Sache am päpstlichen Hofe zu befördern, sondern auch andere Fürsten
und Kardinäle für ihn zu diesem Zwecke zu gewinnen.

Soweit schien Alles für die Ausführung seiner hochfliegenden Intriguen


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[0172] schwersten Anschuldigungen wider ihn zu Tage. Abgesehen davon, daß er die Kirchen-Verfassung ändere, den Hochmeister des Amtes zu entsetzen und dasselbe an sich zu bringen beabsichtige, habe er zu diesem Zwecke sogar einzelne Or- densgebietiger für sich geworben, unter dem Versprechen ihnen „große Aembter" zu geben und die Sache bei dem Papst leichtlich durchzubringen und zu er¬ halten. Er gedachte weiter, wo die Sache nicht auf diese Weise fortginge, so wüßte er, daß zu Rom bei Sanct Peters Nachkömmlingen umbs Geld nicht allein das, sondern das viel mehr ist, Himmel und Erde zu kauft und feil wäre. Derhalben entlehnte er von den Kirchen Geld, Gold, Silber und Kleinod, etliches nahm er mit Gewalt, auf daß er seine Sachen desto füglicher ausrichten mochte, dagegen dem Kapitel geköderte, wie er die Kirchen bei dem Papst zu großen Würden bringen wollte. Zur Deckung seiner Schulden und Bestreitung der Kosten seines schwel¬ gerischen Lebens hatte er nSchweislich zwei kostbare Bischofsstäbe, eine Inful oder Krone, drei kunstvolle Brustbilder, den Fuß einer goldenen Monstranz, achtzig Mark Silber aus seiner Kirche entwendet und bei zwei Bürgern, Curt Hopsel in Königsberg und Jacob von Freche in Danzig, für vierzehntausend preußische Mark versetzt, baare Geldsummen unterschlagen und gegen hundert Last Getreide verkauft. Dreitausend und zweihundert Dukaten hatte man ihm nach Rom geschickt — und doch betrugen seine dortigen Schulden allein noch gegen dreitausend Gulden. Außerdem ward im Anfange des Jahres 1474 aus allerlei Anzeichen ruchbar, daß Dietrich Preußen bald zu verlassen beabsichtigte. Wahrend er sich angeblich wegen der zu Fischhausen herrschenden Pest nach Domnau be¬ geben hatte und dortselbst bei dem Ritter Conrad von Egloffstein aufhielt, be¬ mühten sich die Freunde des Hochmeisters, vorzüglich Georg von Schlieben, so¬ wie die Bischöfe von Dorpat und Curland wo möglich noch einen endlichen Vergleich mit dem Bischöfe zu Stande zu bringen. Aber die Bemühungen dieser „Kompromißväter" blieben erfolglos. Der Bischof gab zur Verheim¬ lichung seiner Absichten vor, er wolle nach Rom, um dort eine andere Bulle auszuwirken, welche dem Orden, wie der Kirche zum Vortheil dienen solle. Aber es ward gleichzeitig bekannt, daß seine eigentliche Absicht dahin ging, am päpstlichen Hofe gegen den Hochmeister wegen dessen Widersetzlichkeit gegen die Bulle Klage zu erheben. Diese seine Absicht wurde durch einen aufgefan¬ genen Brief bestätigt, den er an den Kurfürsten Pfalzgraf Friedrich von Baiern gerichtet. Derselbe hatte nicht allein versprochen, ihn bei sich aufzunehmen und seine Sache am päpstlichen Hofe zu befördern, sondern auch andere Fürsten und Kardinäle für ihn zu diesem Zwecke zu gewinnen. Soweit schien Alles für die Ausführung seiner hochfliegenden Intriguen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/172>, abgerufen am 03.07.2024.