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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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der Frist zur Befriedigung der Soldgläubiger bevorstand, ohne daß der spärlich
einlaufende Schoß die Mittel dazu gewährte, berief der Hochmeister eine dritte
Zusammenkunft der Landesritter nach Tapiau, um über die endliche Beilegung
dieser ärgerlichen Angelegenheit zu berathen. Und noch einmal ward im
November und Dezember 1473 beschlossen, den Bischof zu einer Einigung
nach Königsberg einzuladen. Der stolze Prälat hielt, wie gewöhnlich von
einigen Rathsherren vor den Thoren empfangen, in feierlicher Prozession, mit
Kreuzen und Fahnen, unter Festgesang und unter Vorantragung der Abla߬
briefe und des Legateuhutes seinen Einzug in Königsberg. Aber am nächsten
Tage erschien er nicht eher zu der auf dem Schlosse anberaumten Versamm¬
lung der Landesritter und Ordensgebietiger, als bis ihn einige der versammelten
Herren aus dem Bischofshofe abholden und auf das Schloß geleiteten. Dreimal
wiederholte ihm der Hochmeister die Bitte um Bewilligung des Schosses und
Aufschub der Verkündigung der Bullen, aber eben fo oft wies der Bischof
unter heftigen und beleidigenden Worten die billigen Forderungen zurück. Erst
als die Landesritter, bewegt durch die Demütigung des Meisters, erklärten
.so wollen wir den Hochmeister bei seiner Herrschaft behalten, wie sonst ein
Meister gehalten worden ist und wollen daran Leib und Gut setzen" und als
Georg von Schlieben, Fritz von Luckau und Conrad von Egloffstein mit großem
Eifer für des Hochmeisters Sache auftraten, erklärte der Bischof, er wolle zu
einer andern Zeit den Schoß von seinen Unterthanen erheben lassen, nur in
diesem Jahre müsse man ihn seiner Schulden wegen damit verschonen; er
Wolle auch die Bekanntmachung der Bulle noch einige Zeit aufschieben und
den Ertrag des Ablasses mit dem Orden theilen, ganz ausgeben aber werde er
seineu Anspruch nimmermehr. --

Damit endigte auch dieser Versuch, den Bischof zur Nachgiebigkeit zu be¬
wegen.

Die geschilderten Vorgänge waren indeß in weitesten Kreisen, auch in
Deutschland bekannt geworden und hatten dort allgemeine Entrüstung gegen
den Bischof hervorgerufen. Der Landkomthnr von Franken Melchior von
Neuneck theilte dem Hochmeister im November 1473 die Stimmung des Ordens
w Deutschland mit. Darnach verurtheilte man den Bischof aufs Härteste,
weil er sein Prokuratorenamt ans die unehrlichste Weise gemißbraucht habe,
um seinein Ehrgeize, seiner Hoffahrt und "Leibeswohllust" zu fröhnen, mit Lug
und Trug seine Legatenbriefe ausgewirkt, das Datum derselben gefälscht, sich
bald diesem, bald jenem Fürsten verkäuflich als Geschäftsführer angeboten.
Dazu habe er in Rom enorme Summen verschwendet und eine große Schul¬
denlast auf sich geladen. Die Ablaßbriefe hatten ihm eiutausendachthnndert
ungarische Gulden gekostet. In Preußen selbst kamen nach und nach die


der Frist zur Befriedigung der Soldgläubiger bevorstand, ohne daß der spärlich
einlaufende Schoß die Mittel dazu gewährte, berief der Hochmeister eine dritte
Zusammenkunft der Landesritter nach Tapiau, um über die endliche Beilegung
dieser ärgerlichen Angelegenheit zu berathen. Und noch einmal ward im
November und Dezember 1473 beschlossen, den Bischof zu einer Einigung
nach Königsberg einzuladen. Der stolze Prälat hielt, wie gewöhnlich von
einigen Rathsherren vor den Thoren empfangen, in feierlicher Prozession, mit
Kreuzen und Fahnen, unter Festgesang und unter Vorantragung der Abla߬
briefe und des Legateuhutes seinen Einzug in Königsberg. Aber am nächsten
Tage erschien er nicht eher zu der auf dem Schlosse anberaumten Versamm¬
lung der Landesritter und Ordensgebietiger, als bis ihn einige der versammelten
Herren aus dem Bischofshofe abholden und auf das Schloß geleiteten. Dreimal
wiederholte ihm der Hochmeister die Bitte um Bewilligung des Schosses und
Aufschub der Verkündigung der Bullen, aber eben fo oft wies der Bischof
unter heftigen und beleidigenden Worten die billigen Forderungen zurück. Erst
als die Landesritter, bewegt durch die Demütigung des Meisters, erklärten
.so wollen wir den Hochmeister bei seiner Herrschaft behalten, wie sonst ein
Meister gehalten worden ist und wollen daran Leib und Gut setzen" und als
Georg von Schlieben, Fritz von Luckau und Conrad von Egloffstein mit großem
Eifer für des Hochmeisters Sache auftraten, erklärte der Bischof, er wolle zu
einer andern Zeit den Schoß von seinen Unterthanen erheben lassen, nur in
diesem Jahre müsse man ihn seiner Schulden wegen damit verschonen; er
Wolle auch die Bekanntmachung der Bulle noch einige Zeit aufschieben und
den Ertrag des Ablasses mit dem Orden theilen, ganz ausgeben aber werde er
seineu Anspruch nimmermehr. —

Damit endigte auch dieser Versuch, den Bischof zur Nachgiebigkeit zu be¬
wegen.

Die geschilderten Vorgänge waren indeß in weitesten Kreisen, auch in
Deutschland bekannt geworden und hatten dort allgemeine Entrüstung gegen
den Bischof hervorgerufen. Der Landkomthnr von Franken Melchior von
Neuneck theilte dem Hochmeister im November 1473 die Stimmung des Ordens
w Deutschland mit. Darnach verurtheilte man den Bischof aufs Härteste,
weil er sein Prokuratorenamt ans die unehrlichste Weise gemißbraucht habe,
um seinein Ehrgeize, seiner Hoffahrt und „Leibeswohllust" zu fröhnen, mit Lug
und Trug seine Legatenbriefe ausgewirkt, das Datum derselben gefälscht, sich
bald diesem, bald jenem Fürsten verkäuflich als Geschäftsführer angeboten.
Dazu habe er in Rom enorme Summen verschwendet und eine große Schul¬
denlast auf sich geladen. Die Ablaßbriefe hatten ihm eiutausendachthnndert
ungarische Gulden gekostet. In Preußen selbst kamen nach und nach die


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[0171] der Frist zur Befriedigung der Soldgläubiger bevorstand, ohne daß der spärlich einlaufende Schoß die Mittel dazu gewährte, berief der Hochmeister eine dritte Zusammenkunft der Landesritter nach Tapiau, um über die endliche Beilegung dieser ärgerlichen Angelegenheit zu berathen. Und noch einmal ward im November und Dezember 1473 beschlossen, den Bischof zu einer Einigung nach Königsberg einzuladen. Der stolze Prälat hielt, wie gewöhnlich von einigen Rathsherren vor den Thoren empfangen, in feierlicher Prozession, mit Kreuzen und Fahnen, unter Festgesang und unter Vorantragung der Abla߬ briefe und des Legateuhutes seinen Einzug in Königsberg. Aber am nächsten Tage erschien er nicht eher zu der auf dem Schlosse anberaumten Versamm¬ lung der Landesritter und Ordensgebietiger, als bis ihn einige der versammelten Herren aus dem Bischofshofe abholden und auf das Schloß geleiteten. Dreimal wiederholte ihm der Hochmeister die Bitte um Bewilligung des Schosses und Aufschub der Verkündigung der Bullen, aber eben fo oft wies der Bischof unter heftigen und beleidigenden Worten die billigen Forderungen zurück. Erst als die Landesritter, bewegt durch die Demütigung des Meisters, erklärten .so wollen wir den Hochmeister bei seiner Herrschaft behalten, wie sonst ein Meister gehalten worden ist und wollen daran Leib und Gut setzen" und als Georg von Schlieben, Fritz von Luckau und Conrad von Egloffstein mit großem Eifer für des Hochmeisters Sache auftraten, erklärte der Bischof, er wolle zu einer andern Zeit den Schoß von seinen Unterthanen erheben lassen, nur in diesem Jahre müsse man ihn seiner Schulden wegen damit verschonen; er Wolle auch die Bekanntmachung der Bulle noch einige Zeit aufschieben und den Ertrag des Ablasses mit dem Orden theilen, ganz ausgeben aber werde er seineu Anspruch nimmermehr. — Damit endigte auch dieser Versuch, den Bischof zur Nachgiebigkeit zu be¬ wegen. Die geschilderten Vorgänge waren indeß in weitesten Kreisen, auch in Deutschland bekannt geworden und hatten dort allgemeine Entrüstung gegen den Bischof hervorgerufen. Der Landkomthnr von Franken Melchior von Neuneck theilte dem Hochmeister im November 1473 die Stimmung des Ordens w Deutschland mit. Darnach verurtheilte man den Bischof aufs Härteste, weil er sein Prokuratorenamt ans die unehrlichste Weise gemißbraucht habe, um seinein Ehrgeize, seiner Hoffahrt und „Leibeswohllust" zu fröhnen, mit Lug und Trug seine Legatenbriefe ausgewirkt, das Datum derselben gefälscht, sich bald diesem, bald jenem Fürsten verkäuflich als Geschäftsführer angeboten. Dazu habe er in Rom enorme Summen verschwendet und eine große Schul¬ denlast auf sich geladen. Die Ablaßbriefe hatten ihm eiutausendachthnndert ungarische Gulden gekostet. In Preußen selbst kamen nach und nach die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/171>, abgerufen am 22.07.2024.