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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Der Hochmeister ward durch die Nachricht von dem Inhalte dieser beiden
Bullen, welche ihm der Bischof nach seiner Rückkehr selber mitgetheilt, auf das
Empfindlichste betroffen. Während einerseits dnrch diesen an den Bischof unter
so wohlfeilen Bedingungen neuertheilten Ablaß die Einkünfte ans den dem
Orden selbst feit lange zustehenden Ablaßbrief- und Jndnlgeuzverleihungen we¬
sentlich verringert zu werden drohten, war andrerseits nicht unschwer voraus¬
zusehen, daß der reichliche Gewinn, der dem Bischof ans diesem Ablaßgeschäft
zufloß, den Einnahmen des in dauernder Geldverlegenheit befindlichen Ordens
in gleichem Maße entzogen werden würde. Der solchergestalt argbedrüngte und
von dem Bischof schlau Hintergangene Hochmeister ersuchte denselben daher
unter Vorhaltung der nachtheiligen Folgen, welche aus der Veröffentlichung
dieser Bullen dem Orden im Allgemeinen erwachsen müßten, wiederholt, mit
der Bekanntmachung derselben wenigstens so lange zurückzuhalten, bis er sich
mit seinen Gebietigern über die Sache berathen habe, "denn ir wol irkennet,
ich meyns ampts ein knecht bin, darumb mir nicht gebirt, Sulche sachen alleine
uff mich zu laden."

Der Bischof ging auf diese Frist ein. Aber die dieserhalb auf den Tag¬
fahrten zu Heilgenbeil am Himmelfahrtstage 1473, wo Georg von Schlieben
im Namen der Stände für des Hochmeisters Meinung lebhaft eintrat, und
später zu Caporn mit Zuziehung verschiedener Ordensgebietiger, des Großkom-
thurs Wilhelm von Eppingen, des Ordensspittlers Veit von Gieb, des Trappirs
Flach von Schwarzburg gepflogenen Verhandlungen blieben ohne wesentlichen
Erfolg. Der Bischof wußte sich zu drehen und zu wenden und wich trotz
schöner Worte und halber Zusagen, im Vertrauen auf den Beistand des Papstes
und auf seine dem Orden gegenüber revrdinirte Stellung, nicht von seiner Ab¬
sicht, "tröstete sich seines Papsts und hoffte, er wollte des Hochmeisters Zorn
wohl entsitzen." Auch der Vorwurf, daß er im eigenen Interesse die Einzie¬
hung des vom Hochmeister ausgeschriebenen Schosses in seiner Diözese unter¬
sagt habe, suchte er abzulehnen und jede genügende Zusage dieserhalb zu ver¬
meiden, versprach aber beim Papste auszuwirken, daß dem Hochmeister die
Hälfte des Ertrages aus dem Ablaß zugewiesen werden solle, sobald er selbst
zuvor tausend Goldgulden eingenommen. Auf audere geringfügigere Beschwerde¬
punkte gegen ihn, ließ er sich entweder gar nicht ein, oder suchte in sophisti¬
scher Weise darüber hinwegzukommen. Kurz auch diese Verhandlung diente
nur dazu, die Gemüther noch mehr zu entfremden "schieden nicht freundlich
von einander und begeerten hiefiihro einer auf den andern zu grollen."

Von dem Landmeister von Liefland, der sich inzwischen mit Nachdruck
über des Bischofs Habsucht, Eigennutz und Gewissenlosigkeit "in Vergessung
seines Eides" aussprach, in seinem Widerstande befestigt und da der Ablauf


Der Hochmeister ward durch die Nachricht von dem Inhalte dieser beiden
Bullen, welche ihm der Bischof nach seiner Rückkehr selber mitgetheilt, auf das
Empfindlichste betroffen. Während einerseits dnrch diesen an den Bischof unter
so wohlfeilen Bedingungen neuertheilten Ablaß die Einkünfte ans den dem
Orden selbst feit lange zustehenden Ablaßbrief- und Jndnlgeuzverleihungen we¬
sentlich verringert zu werden drohten, war andrerseits nicht unschwer voraus¬
zusehen, daß der reichliche Gewinn, der dem Bischof ans diesem Ablaßgeschäft
zufloß, den Einnahmen des in dauernder Geldverlegenheit befindlichen Ordens
in gleichem Maße entzogen werden würde. Der solchergestalt argbedrüngte und
von dem Bischof schlau Hintergangene Hochmeister ersuchte denselben daher
unter Vorhaltung der nachtheiligen Folgen, welche aus der Veröffentlichung
dieser Bullen dem Orden im Allgemeinen erwachsen müßten, wiederholt, mit
der Bekanntmachung derselben wenigstens so lange zurückzuhalten, bis er sich
mit seinen Gebietigern über die Sache berathen habe, „denn ir wol irkennet,
ich meyns ampts ein knecht bin, darumb mir nicht gebirt, Sulche sachen alleine
uff mich zu laden."

Der Bischof ging auf diese Frist ein. Aber die dieserhalb auf den Tag¬
fahrten zu Heilgenbeil am Himmelfahrtstage 1473, wo Georg von Schlieben
im Namen der Stände für des Hochmeisters Meinung lebhaft eintrat, und
später zu Caporn mit Zuziehung verschiedener Ordensgebietiger, des Großkom-
thurs Wilhelm von Eppingen, des Ordensspittlers Veit von Gieb, des Trappirs
Flach von Schwarzburg gepflogenen Verhandlungen blieben ohne wesentlichen
Erfolg. Der Bischof wußte sich zu drehen und zu wenden und wich trotz
schöner Worte und halber Zusagen, im Vertrauen auf den Beistand des Papstes
und auf seine dem Orden gegenüber revrdinirte Stellung, nicht von seiner Ab¬
sicht, „tröstete sich seines Papsts und hoffte, er wollte des Hochmeisters Zorn
wohl entsitzen." Auch der Vorwurf, daß er im eigenen Interesse die Einzie¬
hung des vom Hochmeister ausgeschriebenen Schosses in seiner Diözese unter¬
sagt habe, suchte er abzulehnen und jede genügende Zusage dieserhalb zu ver¬
meiden, versprach aber beim Papste auszuwirken, daß dem Hochmeister die
Hälfte des Ertrages aus dem Ablaß zugewiesen werden solle, sobald er selbst
zuvor tausend Goldgulden eingenommen. Auf audere geringfügigere Beschwerde¬
punkte gegen ihn, ließ er sich entweder gar nicht ein, oder suchte in sophisti¬
scher Weise darüber hinwegzukommen. Kurz auch diese Verhandlung diente
nur dazu, die Gemüther noch mehr zu entfremden „schieden nicht freundlich
von einander und begeerten hiefiihro einer auf den andern zu grollen."

Von dem Landmeister von Liefland, der sich inzwischen mit Nachdruck
über des Bischofs Habsucht, Eigennutz und Gewissenlosigkeit „in Vergessung
seines Eides" aussprach, in seinem Widerstande befestigt und da der Ablauf


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[0170] Der Hochmeister ward durch die Nachricht von dem Inhalte dieser beiden Bullen, welche ihm der Bischof nach seiner Rückkehr selber mitgetheilt, auf das Empfindlichste betroffen. Während einerseits dnrch diesen an den Bischof unter so wohlfeilen Bedingungen neuertheilten Ablaß die Einkünfte ans den dem Orden selbst feit lange zustehenden Ablaßbrief- und Jndnlgeuzverleihungen we¬ sentlich verringert zu werden drohten, war andrerseits nicht unschwer voraus¬ zusehen, daß der reichliche Gewinn, der dem Bischof ans diesem Ablaßgeschäft zufloß, den Einnahmen des in dauernder Geldverlegenheit befindlichen Ordens in gleichem Maße entzogen werden würde. Der solchergestalt argbedrüngte und von dem Bischof schlau Hintergangene Hochmeister ersuchte denselben daher unter Vorhaltung der nachtheiligen Folgen, welche aus der Veröffentlichung dieser Bullen dem Orden im Allgemeinen erwachsen müßten, wiederholt, mit der Bekanntmachung derselben wenigstens so lange zurückzuhalten, bis er sich mit seinen Gebietigern über die Sache berathen habe, „denn ir wol irkennet, ich meyns ampts ein knecht bin, darumb mir nicht gebirt, Sulche sachen alleine uff mich zu laden." Der Bischof ging auf diese Frist ein. Aber die dieserhalb auf den Tag¬ fahrten zu Heilgenbeil am Himmelfahrtstage 1473, wo Georg von Schlieben im Namen der Stände für des Hochmeisters Meinung lebhaft eintrat, und später zu Caporn mit Zuziehung verschiedener Ordensgebietiger, des Großkom- thurs Wilhelm von Eppingen, des Ordensspittlers Veit von Gieb, des Trappirs Flach von Schwarzburg gepflogenen Verhandlungen blieben ohne wesentlichen Erfolg. Der Bischof wußte sich zu drehen und zu wenden und wich trotz schöner Worte und halber Zusagen, im Vertrauen auf den Beistand des Papstes und auf seine dem Orden gegenüber revrdinirte Stellung, nicht von seiner Ab¬ sicht, „tröstete sich seines Papsts und hoffte, er wollte des Hochmeisters Zorn wohl entsitzen." Auch der Vorwurf, daß er im eigenen Interesse die Einzie¬ hung des vom Hochmeister ausgeschriebenen Schosses in seiner Diözese unter¬ sagt habe, suchte er abzulehnen und jede genügende Zusage dieserhalb zu ver¬ meiden, versprach aber beim Papste auszuwirken, daß dem Hochmeister die Hälfte des Ertrages aus dem Ablaß zugewiesen werden solle, sobald er selbst zuvor tausend Goldgulden eingenommen. Auf audere geringfügigere Beschwerde¬ punkte gegen ihn, ließ er sich entweder gar nicht ein, oder suchte in sophisti¬ scher Weise darüber hinwegzukommen. Kurz auch diese Verhandlung diente nur dazu, die Gemüther noch mehr zu entfremden „schieden nicht freundlich von einander und begeerten hiefiihro einer auf den andern zu grollen." Von dem Landmeister von Liefland, der sich inzwischen mit Nachdruck über des Bischofs Habsucht, Eigennutz und Gewissenlosigkeit „in Vergessung seines Eides" aussprach, in seinem Widerstande befestigt und da der Ablauf

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/170>, abgerufen am 22.07.2024.