Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ihn faßte; von ihm versprach er sich goldene Berge, aber nur ein Grabhügel
ward ihm zu Theil. --

Durch dergleichen Versprechungen und gleisnerisches Gebahren, dnrch die
Empfehlung der auf krummen Wegen gewonnenen Fürsprache des Deutschmeisters
gelang es ihm die Einwilligung des Hochmeisters in seine Ernennung zu
gewinnen, zumal dieser dringendste Ursache hatte, den Papst sich geneigt zu
erhalten, und den wohlberechtigten Widerstand des Domkapitels gegen die
Mißachtung des ihm zuständigen Wahlrechts zu unterdrücke::. Im Oktober
1470 erließ Dietrich noch von Rom aus an die Geistlichen seines Sprengels
das erste amtliche Schreiben als Bischof und bezog im Herbste 1471 den
Bischofsitz in Fischhansen. Nichtsdestoweniger ward er "vom Hochmeister und
Kapitel empfangen, wie man Pfleget Einen anzunehmen und zu empfangen,
den man uicht gerne will, sondern haben muß. Diesen Unwillen und Miß"
gunst merkte Bischof Dietrich, so ein kluger Maun war, gar wohl; er verbarg
es aber gar fein und höflich und stellet sich äußerlich viel anders, denn es
ihm umbs Herze war."

Der Ehrgeiz Dietrichs war durch die Uebertragung des Bischofsstuhles
vorerst befriedigt. Er umgab sich mit allem Glanz und Prunk eines fürstlichen
Daseins, wie er dasselbe bei seinen süddeutschen und italischen Kollegen kennen
gelernt und beneidet haben mag. Die samländischen Bauern, Edelleute und
Ordensgebietiger mögen große Augen gemacht haben, ob der Verwandlung,
die sich seitdem in dem Haushalt der Bischofssitze zu Fischhausen (Bischofs-"
buser) und Thierberg im Gegensatze zu den Zeiten des sparsamen, kränkelnden
Amtsvorgängers Nikolaus von schonet vollzog. Selbst des weiblichen Umganges
wollte sich der neue Bischof nicht entwöhnen. Frau Margarethe von Frank¬
furt a. d. Oder, mit welchem Orte er in vielfacher Verbindung gestanden zu
haben scheint, hatte ihn von Rom aus nach dem Strande der Ostsee getreulich
begleitet, um mit ihm die Sorgen und Freuden seines Amtes zu theilen,
seinem Haushalte vorzustehen und der Gastlichkeit seines Pallastes, die er als
ein Mann von "subtiler Komplexion" in lockender Weise auszuüben verstand,
besondern Reiz zu verleihen.

Aber "solche geschickte Köpfe ruhen nicht, je weiter sie kommen, je weiter
sie denken." Kaum ein Jahr hatte er seines Amtes wahrgenommen, so schien
es ihm in dem neuen Wirkungskreise zu enge zu werden. Sei es, daß das
römische Leben ihn, wie jeden, der seine Zauber je empfunden, aus dein
barbarischen Norden nach Süden lockte, sei es, daß die alten und ueueiugegan-
genen finanziellen Verbindlichkeiten ihn zwangen, auf neue Mittel und Wege zu


ihn faßte; von ihm versprach er sich goldene Berge, aber nur ein Grabhügel
ward ihm zu Theil. —

Durch dergleichen Versprechungen und gleisnerisches Gebahren, dnrch die
Empfehlung der auf krummen Wegen gewonnenen Fürsprache des Deutschmeisters
gelang es ihm die Einwilligung des Hochmeisters in seine Ernennung zu
gewinnen, zumal dieser dringendste Ursache hatte, den Papst sich geneigt zu
erhalten, und den wohlberechtigten Widerstand des Domkapitels gegen die
Mißachtung des ihm zuständigen Wahlrechts zu unterdrücke::. Im Oktober
1470 erließ Dietrich noch von Rom aus an die Geistlichen seines Sprengels
das erste amtliche Schreiben als Bischof und bezog im Herbste 1471 den
Bischofsitz in Fischhansen. Nichtsdestoweniger ward er „vom Hochmeister und
Kapitel empfangen, wie man Pfleget Einen anzunehmen und zu empfangen,
den man uicht gerne will, sondern haben muß. Diesen Unwillen und Miß"
gunst merkte Bischof Dietrich, so ein kluger Maun war, gar wohl; er verbarg
es aber gar fein und höflich und stellet sich äußerlich viel anders, denn es
ihm umbs Herze war."

Der Ehrgeiz Dietrichs war durch die Uebertragung des Bischofsstuhles
vorerst befriedigt. Er umgab sich mit allem Glanz und Prunk eines fürstlichen
Daseins, wie er dasselbe bei seinen süddeutschen und italischen Kollegen kennen
gelernt und beneidet haben mag. Die samländischen Bauern, Edelleute und
Ordensgebietiger mögen große Augen gemacht haben, ob der Verwandlung,
die sich seitdem in dem Haushalt der Bischofssitze zu Fischhausen (Bischofs-"
buser) und Thierberg im Gegensatze zu den Zeiten des sparsamen, kränkelnden
Amtsvorgängers Nikolaus von schonet vollzog. Selbst des weiblichen Umganges
wollte sich der neue Bischof nicht entwöhnen. Frau Margarethe von Frank¬
furt a. d. Oder, mit welchem Orte er in vielfacher Verbindung gestanden zu
haben scheint, hatte ihn von Rom aus nach dem Strande der Ostsee getreulich
begleitet, um mit ihm die Sorgen und Freuden seines Amtes zu theilen,
seinem Haushalte vorzustehen und der Gastlichkeit seines Pallastes, die er als
ein Mann von „subtiler Komplexion" in lockender Weise auszuüben verstand,
besondern Reiz zu verleihen.

Aber „solche geschickte Köpfe ruhen nicht, je weiter sie kommen, je weiter
sie denken." Kaum ein Jahr hatte er seines Amtes wahrgenommen, so schien
es ihm in dem neuen Wirkungskreise zu enge zu werden. Sei es, daß das
römische Leben ihn, wie jeden, der seine Zauber je empfunden, aus dein
barbarischen Norden nach Süden lockte, sei es, daß die alten und ueueiugegan-
genen finanziellen Verbindlichkeiten ihn zwangen, auf neue Mittel und Wege zu


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0168" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138927"/>
          <p xml:id="ID_448" prev="#ID_447"> ihn faßte; von ihm versprach er sich goldene Berge, aber nur ein Grabhügel<lb/>
ward ihm zu Theil. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_449"> Durch dergleichen Versprechungen und gleisnerisches Gebahren, dnrch die<lb/>
Empfehlung der auf krummen Wegen gewonnenen Fürsprache des Deutschmeisters<lb/>
gelang es ihm die Einwilligung des Hochmeisters in seine Ernennung zu<lb/>
gewinnen, zumal dieser dringendste Ursache hatte, den Papst sich geneigt zu<lb/>
erhalten, und den wohlberechtigten Widerstand des Domkapitels gegen die<lb/>
Mißachtung des ihm zuständigen Wahlrechts zu unterdrücke::. Im Oktober<lb/>
1470 erließ Dietrich noch von Rom aus an die Geistlichen seines Sprengels<lb/>
das erste amtliche Schreiben als Bischof und bezog im Herbste 1471 den<lb/>
Bischofsitz in Fischhansen. Nichtsdestoweniger ward er &#x201E;vom Hochmeister und<lb/>
Kapitel empfangen, wie man Pfleget Einen anzunehmen und zu empfangen,<lb/>
den man uicht gerne will, sondern haben muß. Diesen Unwillen und Miß"<lb/>
gunst merkte Bischof Dietrich, so ein kluger Maun war, gar wohl; er verbarg<lb/>
es aber gar fein und höflich und stellet sich äußerlich viel anders, denn es<lb/>
ihm umbs Herze war."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_450"> Der Ehrgeiz Dietrichs war durch die Uebertragung des Bischofsstuhles<lb/>
vorerst befriedigt. Er umgab sich mit allem Glanz und Prunk eines fürstlichen<lb/>
Daseins, wie er dasselbe bei seinen süddeutschen und italischen Kollegen kennen<lb/>
gelernt und beneidet haben mag. Die samländischen Bauern, Edelleute und<lb/>
Ordensgebietiger mögen große Augen gemacht haben, ob der Verwandlung,<lb/>
die sich seitdem in dem Haushalt der Bischofssitze zu Fischhausen (Bischofs-"<lb/>
buser) und Thierberg im Gegensatze zu den Zeiten des sparsamen, kränkelnden<lb/>
Amtsvorgängers Nikolaus von schonet vollzog. Selbst des weiblichen Umganges<lb/>
wollte sich der neue Bischof nicht entwöhnen. Frau Margarethe von Frank¬<lb/>
furt a. d. Oder, mit welchem Orte er in vielfacher Verbindung gestanden zu<lb/>
haben scheint, hatte ihn von Rom aus nach dem Strande der Ostsee getreulich<lb/>
begleitet, um mit ihm die Sorgen und Freuden seines Amtes zu theilen,<lb/>
seinem Haushalte vorzustehen und der Gastlichkeit seines Pallastes, die er als<lb/>
ein Mann von &#x201E;subtiler Komplexion" in lockender Weise auszuüben verstand,<lb/>
besondern Reiz zu verleihen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_451" next="#ID_452"> Aber &#x201E;solche geschickte Köpfe ruhen nicht, je weiter sie kommen, je weiter<lb/>
sie denken." Kaum ein Jahr hatte er seines Amtes wahrgenommen, so schien<lb/>
es ihm in dem neuen Wirkungskreise zu enge zu werden. Sei es, daß das<lb/>
römische Leben ihn, wie jeden, der seine Zauber je empfunden, aus dein<lb/>
barbarischen Norden nach Süden lockte, sei es, daß die alten und ueueiugegan-<lb/>
genen finanziellen Verbindlichkeiten ihn zwangen, auf neue Mittel und Wege zu</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0168] ihn faßte; von ihm versprach er sich goldene Berge, aber nur ein Grabhügel ward ihm zu Theil. — Durch dergleichen Versprechungen und gleisnerisches Gebahren, dnrch die Empfehlung der auf krummen Wegen gewonnenen Fürsprache des Deutschmeisters gelang es ihm die Einwilligung des Hochmeisters in seine Ernennung zu gewinnen, zumal dieser dringendste Ursache hatte, den Papst sich geneigt zu erhalten, und den wohlberechtigten Widerstand des Domkapitels gegen die Mißachtung des ihm zuständigen Wahlrechts zu unterdrücke::. Im Oktober 1470 erließ Dietrich noch von Rom aus an die Geistlichen seines Sprengels das erste amtliche Schreiben als Bischof und bezog im Herbste 1471 den Bischofsitz in Fischhansen. Nichtsdestoweniger ward er „vom Hochmeister und Kapitel empfangen, wie man Pfleget Einen anzunehmen und zu empfangen, den man uicht gerne will, sondern haben muß. Diesen Unwillen und Miß" gunst merkte Bischof Dietrich, so ein kluger Maun war, gar wohl; er verbarg es aber gar fein und höflich und stellet sich äußerlich viel anders, denn es ihm umbs Herze war." Der Ehrgeiz Dietrichs war durch die Uebertragung des Bischofsstuhles vorerst befriedigt. Er umgab sich mit allem Glanz und Prunk eines fürstlichen Daseins, wie er dasselbe bei seinen süddeutschen und italischen Kollegen kennen gelernt und beneidet haben mag. Die samländischen Bauern, Edelleute und Ordensgebietiger mögen große Augen gemacht haben, ob der Verwandlung, die sich seitdem in dem Haushalt der Bischofssitze zu Fischhausen (Bischofs-" buser) und Thierberg im Gegensatze zu den Zeiten des sparsamen, kränkelnden Amtsvorgängers Nikolaus von schonet vollzog. Selbst des weiblichen Umganges wollte sich der neue Bischof nicht entwöhnen. Frau Margarethe von Frank¬ furt a. d. Oder, mit welchem Orte er in vielfacher Verbindung gestanden zu haben scheint, hatte ihn von Rom aus nach dem Strande der Ostsee getreulich begleitet, um mit ihm die Sorgen und Freuden seines Amtes zu theilen, seinem Haushalte vorzustehen und der Gastlichkeit seines Pallastes, die er als ein Mann von „subtiler Komplexion" in lockender Weise auszuüben verstand, besondern Reiz zu verleihen. Aber „solche geschickte Köpfe ruhen nicht, je weiter sie kommen, je weiter sie denken." Kaum ein Jahr hatte er seines Amtes wahrgenommen, so schien es ihm in dem neuen Wirkungskreise zu enge zu werden. Sei es, daß das römische Leben ihn, wie jeden, der seine Zauber je empfunden, aus dein barbarischen Norden nach Süden lockte, sei es, daß die alten und ueueiugegan- genen finanziellen Verbindlichkeiten ihn zwangen, auf neue Mittel und Wege zu

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/168
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/168>, abgerufen am 25.08.2024.