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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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ihren Vorgang gewonnen, und Niemand an seinen Rechten, die vor ihnen zu thun
hätte, verhindert und versäumt würde, als jetzt geschieht, denn es ist dasselbe
Mannrecht etliche Wochen vor Fastnacht bisher nicht gehalten. Aber sie haben
sich bisher an Euer königlichen Majestät Vorschriften und Befehl, auch unser
Bitten und Vermahnen nicht kehren wollen, sondern mancherlei Ausflüchte ge¬
sucht, als sie noch heute thun, haben sich auch auf Erkenntniß Herzogs Kasimir,
- obersten Hauptmann in Schlesien, -- erboten und so wir etliche aus unserm
Mittel neben den Ihren dahin gefertigt, hat seine Fürstliche Gnaden sie wie¬
derum an Euer Majestät gewiesen und über Euer Majestät Ausspruch nicht
wollen erkennen und sollte geschehen auf's schierste wie es sein möchte. Und
wo sie sich darauf unter einander beredet, machen sie aber Aufzug dahin und
geben vor, itzunder Euer Majestät nicht besuchen mochten ihrer Nahrung halben,
und soviel wir daran vermerken mögen, so ist ihre Meinung und Aufsatz, dies
Thun weiter aufzuziehen, damit sie dies Jahr nicht sitzen dürfen, Euer Majestät
Sur Verkleinerung und Verachtung, den Rechten zur Schwächung und Abbruch
der Leute, die vor dem Mannrecht zu schaffen haben."

So beschlossen die Rathmannen, aber sie schrieben's nicht; sie fürchteten,
wie ein Vermerk im Protokoll besagt, nach reiferer Ueberlegung, es möge
scheinen, daß sie einem Theile günstiger seien und ihm mehr anhingen als dem
andern. Herr Christoph blieb thatsächlich der unterlegene Theil. Wenn auch
der König dann nochmals seine Sentenz wiederholte, die Landleute ließen das
5ohr verstreichen, ohne zum Recht zu kommen und dann hüteten die Raths¬
herren sich wohl, Herr" Christoph wieder zu wählen. Verbittert mochte er
wie deu Semen die Fastnacht 1502 verleben, wenn auch die verständige Hal¬
tung der Mehrheit seiner Standesgenossen ihm Trost gewährte. Nicht ahnte
^' daß zu Fastnacht in fünf Jahren ihm neue Kränkungen aus der unseligen
That seines Vaters erwachsen würden und daß einem hochweisen Rath und
gemeiner Stadt wunderbare Vergeltung werden sollte für den schwächlichen
Schutz des verletzten Mitbürgers.

Kurzweil und Mummenschanz wurden im Schlosse zu Liegnitz mit beson¬
derem Eifer vorbereitet, denn seine fürstliche Gnaden der Herzog Friedrich, ver¬
weinte im Jahre 1507 "mit seinen Herren Ohmen und anderen guten ritter-
wnßigen Leuten, Jungfrauen und Frauen" besondere Fastnachtsfreuden zu
^ben und in wunderbar friedfertiger Lanne, vielleicht auch nicht ohne Hinter¬
gedanken an den vollen Geldbeutel der Herren, den Rath einer ehrsamen Stadt
Vreslau zu diesen Freuden einzuladen. Da waren die Herren Hieronymus
Meißner, langjähriger Rathsältester und Landeshauptmann, Paul Hornig, der
u"s sclMl bekannte Schwager des Christoph Rindfleisch, der alte Sebald saur-
"Wir und Hans Krapf, der Kämmerer, noch ein Freund des alten Hans


ihren Vorgang gewonnen, und Niemand an seinen Rechten, die vor ihnen zu thun
hätte, verhindert und versäumt würde, als jetzt geschieht, denn es ist dasselbe
Mannrecht etliche Wochen vor Fastnacht bisher nicht gehalten. Aber sie haben
sich bisher an Euer königlichen Majestät Vorschriften und Befehl, auch unser
Bitten und Vermahnen nicht kehren wollen, sondern mancherlei Ausflüchte ge¬
sucht, als sie noch heute thun, haben sich auch auf Erkenntniß Herzogs Kasimir,
- obersten Hauptmann in Schlesien, — erboten und so wir etliche aus unserm
Mittel neben den Ihren dahin gefertigt, hat seine Fürstliche Gnaden sie wie¬
derum an Euer Majestät gewiesen und über Euer Majestät Ausspruch nicht
wollen erkennen und sollte geschehen auf's schierste wie es sein möchte. Und
wo sie sich darauf unter einander beredet, machen sie aber Aufzug dahin und
geben vor, itzunder Euer Majestät nicht besuchen mochten ihrer Nahrung halben,
und soviel wir daran vermerken mögen, so ist ihre Meinung und Aufsatz, dies
Thun weiter aufzuziehen, damit sie dies Jahr nicht sitzen dürfen, Euer Majestät
Sur Verkleinerung und Verachtung, den Rechten zur Schwächung und Abbruch
der Leute, die vor dem Mannrecht zu schaffen haben."

So beschlossen die Rathmannen, aber sie schrieben's nicht; sie fürchteten,
wie ein Vermerk im Protokoll besagt, nach reiferer Ueberlegung, es möge
scheinen, daß sie einem Theile günstiger seien und ihm mehr anhingen als dem
andern. Herr Christoph blieb thatsächlich der unterlegene Theil. Wenn auch
der König dann nochmals seine Sentenz wiederholte, die Landleute ließen das
5ohr verstreichen, ohne zum Recht zu kommen und dann hüteten die Raths¬
herren sich wohl, Herr» Christoph wieder zu wählen. Verbittert mochte er
wie deu Semen die Fastnacht 1502 verleben, wenn auch die verständige Hal¬
tung der Mehrheit seiner Standesgenossen ihm Trost gewährte. Nicht ahnte
^' daß zu Fastnacht in fünf Jahren ihm neue Kränkungen aus der unseligen
That seines Vaters erwachsen würden und daß einem hochweisen Rath und
gemeiner Stadt wunderbare Vergeltung werden sollte für den schwächlichen
Schutz des verletzten Mitbürgers.

Kurzweil und Mummenschanz wurden im Schlosse zu Liegnitz mit beson¬
derem Eifer vorbereitet, denn seine fürstliche Gnaden der Herzog Friedrich, ver¬
weinte im Jahre 1507 „mit seinen Herren Ohmen und anderen guten ritter-
wnßigen Leuten, Jungfrauen und Frauen" besondere Fastnachtsfreuden zu
^ben und in wunderbar friedfertiger Lanne, vielleicht auch nicht ohne Hinter¬
gedanken an den vollen Geldbeutel der Herren, den Rath einer ehrsamen Stadt
Vreslau zu diesen Freuden einzuladen. Da waren die Herren Hieronymus
Meißner, langjähriger Rathsältester und Landeshauptmann, Paul Hornig, der
u»s sclMl bekannte Schwager des Christoph Rindfleisch, der alte Sebald saur-
"Wir und Hans Krapf, der Kämmerer, noch ein Freund des alten Hans


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/131>, abgerufen am 25.08.2024.