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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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In militärischen Kreisen hat es überrascht, daß der Widerstand der Kom-
mune so lange dauerte, und vielfach ist der Armee von Versailles oder viel
mehr ihrer Führung der Vorwurf gemacht worden, nicht die richtigen Ma߬
regeln ergriffen zu haben. Es mag daran etwas sein, obwohl zur Stunde
noch die Materialien fehlen, auf Grund deren ein unanfechtbares Urtheil über
diese Kämpfe abzugeben wäre. Andererseits aber muß man erwägen, über
welche kolossalen Hülfsmittel die Kommune verfügte. Sie besaß 1047 Ge¬
schütze, und wenn dieselben sieben verschiedenen Systemen angehörten, was
mitunter zu ewiger Konfusion betreffs der Muniton Veranlassung gab, so hatte
um solcher Irrthum bei den brillanten Kommunikationen und überreichen
Transportmitteln der Insurgenten um soweniger zu bedeuten, als die Entfernung
nur sehr kurze waren. Selbst nachdem die Regierungstruppen in Paris ein¬
gedrungen waren, zählte die Kommune noch 726 Geschütze, die sie in dem
siebentägigen Straßenkampfe verwandte. -- Wie es in der Natur der Sache lag.
so bestand die Kavallerie eigentlich nur dem Namen nach. Die paar Schwadronen
Wurden, aufgelöst, wohl nur als Ordonnanzen verwendet. Die Infanterie
""gegen bestand aus 20 Legionen, welche 254 Bataillone enthielten und zwar

3649 Offiziere 76,801 Kombattanten. 1. Aufgebot (partio" activo).
4284 " 106,909 " 2. " (xorrion so<ZöiNÄirs)
7933 ^ 183,710 in Summa
7,933 Offiziere
191,643 Köpfe, von diesen sind als "Drücker", die sich nie
um den Feind wagten,
30,000 abzuziehen. Dann behält man
161^643 Köpfe,

°tho immerhin eine ganz bedeutende Macht. Bedenkt man, daß diese Leute,
wie den besten Waffen der Neuzeit versehen, in einer der stärksten Festungen
der Welt, wohl verproviantirt, und unter der Führung von energischen Män¬
nern sich befanden, so erscheint es eben nur erklärlich durch die oben erwähnten
inneren Verhältnisse der Kommune, welche sie der Auflösung und dem Verrath
entgegentrieben, daß es der französischen Regierung gelang, in sechs Wochen
"us Ziel zu kommen.

Von den 28 Freikorps der Kommune, die 518 Offiziere mit circa 1l,000
Köpfen umfaßten, ist hier als Vertheidignngsmaterial gar keine Erwähnung
geschehen, da es nur Diebesbanden waren, welche die Verwirrung der Ver¬
hältnisse zum Stehlen und Plündern benutzten, zum Fechten aber untauglich
^ren. Unter den verrücktesten Namen: Turco der Kommune, 6c1aiieurs as
^l-Mi-et, entants um xöro vneküsvö, lasoars, VeuWms us ^louiens (von
den Parisern in ihrer Unschuld meist VenZeurL as ?1oröN2 genannt) dnrch-


Grenzboten IV. 1877. ^

In militärischen Kreisen hat es überrascht, daß der Widerstand der Kom-
mune so lange dauerte, und vielfach ist der Armee von Versailles oder viel
mehr ihrer Führung der Vorwurf gemacht worden, nicht die richtigen Ma߬
regeln ergriffen zu haben. Es mag daran etwas sein, obwohl zur Stunde
noch die Materialien fehlen, auf Grund deren ein unanfechtbares Urtheil über
diese Kämpfe abzugeben wäre. Andererseits aber muß man erwägen, über
welche kolossalen Hülfsmittel die Kommune verfügte. Sie besaß 1047 Ge¬
schütze, und wenn dieselben sieben verschiedenen Systemen angehörten, was
mitunter zu ewiger Konfusion betreffs der Muniton Veranlassung gab, so hatte
um solcher Irrthum bei den brillanten Kommunikationen und überreichen
Transportmitteln der Insurgenten um soweniger zu bedeuten, als die Entfernung
nur sehr kurze waren. Selbst nachdem die Regierungstruppen in Paris ein¬
gedrungen waren, zählte die Kommune noch 726 Geschütze, die sie in dem
siebentägigen Straßenkampfe verwandte. — Wie es in der Natur der Sache lag.
so bestand die Kavallerie eigentlich nur dem Namen nach. Die paar Schwadronen
Wurden, aufgelöst, wohl nur als Ordonnanzen verwendet. Die Infanterie
»"gegen bestand aus 20 Legionen, welche 254 Bataillone enthielten und zwar

3649 Offiziere 76,801 Kombattanten. 1. Aufgebot (partio» activo).
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7,933 Offiziere
191,643 Köpfe, von diesen sind als „Drücker", die sich nie
um den Feind wagten,
30,000 abzuziehen. Dann behält man
161^643 Köpfe,

°tho immerhin eine ganz bedeutende Macht. Bedenkt man, daß diese Leute,
wie den besten Waffen der Neuzeit versehen, in einer der stärksten Festungen
der Welt, wohl verproviantirt, und unter der Führung von energischen Män¬
nern sich befanden, so erscheint es eben nur erklärlich durch die oben erwähnten
inneren Verhältnisse der Kommune, welche sie der Auflösung und dem Verrath
entgegentrieben, daß es der französischen Regierung gelang, in sechs Wochen
"us Ziel zu kommen.

Von den 28 Freikorps der Kommune, die 518 Offiziere mit circa 1l,000
Köpfen umfaßten, ist hier als Vertheidignngsmaterial gar keine Erwähnung
geschehen, da es nur Diebesbanden waren, welche die Verwirrung der Ver¬
hältnisse zum Stehlen und Plündern benutzten, zum Fechten aber untauglich
^ren. Unter den verrücktesten Namen: Turco der Kommune, 6c1aiieurs as
^l-Mi-et, entants um xöro vneküsvö, lasoars, VeuWms us ^louiens (von
den Parisern in ihrer Unschuld meist VenZeurL as ?1oröN2 genannt) dnrch-


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[0101] In militärischen Kreisen hat es überrascht, daß der Widerstand der Kom- mune so lange dauerte, und vielfach ist der Armee von Versailles oder viel mehr ihrer Führung der Vorwurf gemacht worden, nicht die richtigen Ma߬ regeln ergriffen zu haben. Es mag daran etwas sein, obwohl zur Stunde noch die Materialien fehlen, auf Grund deren ein unanfechtbares Urtheil über diese Kämpfe abzugeben wäre. Andererseits aber muß man erwägen, über welche kolossalen Hülfsmittel die Kommune verfügte. Sie besaß 1047 Ge¬ schütze, und wenn dieselben sieben verschiedenen Systemen angehörten, was mitunter zu ewiger Konfusion betreffs der Muniton Veranlassung gab, so hatte um solcher Irrthum bei den brillanten Kommunikationen und überreichen Transportmitteln der Insurgenten um soweniger zu bedeuten, als die Entfernung nur sehr kurze waren. Selbst nachdem die Regierungstruppen in Paris ein¬ gedrungen waren, zählte die Kommune noch 726 Geschütze, die sie in dem siebentägigen Straßenkampfe verwandte. — Wie es in der Natur der Sache lag. so bestand die Kavallerie eigentlich nur dem Namen nach. Die paar Schwadronen Wurden, aufgelöst, wohl nur als Ordonnanzen verwendet. Die Infanterie »"gegen bestand aus 20 Legionen, welche 254 Bataillone enthielten und zwar 3649 Offiziere 76,801 Kombattanten. 1. Aufgebot (partio» activo). 4284 „ 106,909 „ 2. „ (xorrion so<ZöiNÄirs) 7933 ^ 183,710 in Summa 7,933 Offiziere 191,643 Köpfe, von diesen sind als „Drücker", die sich nie um den Feind wagten, 30,000 abzuziehen. Dann behält man 161^643 Köpfe, °tho immerhin eine ganz bedeutende Macht. Bedenkt man, daß diese Leute, wie den besten Waffen der Neuzeit versehen, in einer der stärksten Festungen der Welt, wohl verproviantirt, und unter der Führung von energischen Män¬ nern sich befanden, so erscheint es eben nur erklärlich durch die oben erwähnten inneren Verhältnisse der Kommune, welche sie der Auflösung und dem Verrath entgegentrieben, daß es der französischen Regierung gelang, in sechs Wochen "us Ziel zu kommen. Von den 28 Freikorps der Kommune, die 518 Offiziere mit circa 1l,000 Köpfen umfaßten, ist hier als Vertheidignngsmaterial gar keine Erwähnung geschehen, da es nur Diebesbanden waren, welche die Verwirrung der Ver¬ hältnisse zum Stehlen und Plündern benutzten, zum Fechten aber untauglich ^ren. Unter den verrücktesten Namen: Turco der Kommune, 6c1aiieurs as ^l-Mi-et, entants um xöro vneküsvö, lasoars, VeuWms us ^louiens (von den Parisern in ihrer Unschuld meist VenZeurL as ?1oröN2 genannt) dnrch- Grenzboten IV. 1877. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/101>, abgerufen am 01.10.2024.