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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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Eine zweite Universität besteht seit 1872 in Klausenburg, wo man seit
1775 bereits eine medizinisch-chirurgische Fakultät gehabt hatte. Die dortige
Hochschule besitzt aber auch jetzt noch keine theologische Fakultät, die Zahl ihrer
Professoren beträgt 43, die der Hörer 375.

Eine Hochschule für gewerbliche Zwecke hat Ungarn in dem Pester Poly¬
technikum, welches Fakultäten für Chemiker, Ingenieure, Architekten und
Maschinenbauer hat und 1867 nur 17 Professoren und 250 Schüler, 1876
dagegen 40 Professoren und 709 Schüler hatte.

Den Universitäten schließen sich in Ungarn die sogenannten Rechts¬
akademien an. Früher wurden die Schüler dieser Anstalten nach einem drei¬
jährigen Kurse, bei dem sie sich meist nur ein Minimum juristischer Kenntnisse
aneigneten, zu den Richter- und Advokatenprüfungen zugelassen. Heute ver¬
langt man mehr. Der Lehrkurs ist jetzt ein vierjähriger, und die in Rechts¬
fakultäten umgestalteten Rechtsakademien werden nach einander mit philosophi¬
schen Fakultäten verbunden, was in Preßburg und Hermannstadt bereits durch¬
geführt ist. Außer den an letzteren Orten bestehenden Lehranstalten dieser Art
gibt es in Kaschau, Großwardein und Raab noch königliche Rechtsakademien,
in Erlau eine erzbischöfliche, in Fünfkirchen eine bischöfliche und außerdem
fünf protestantische. 1875 zählten diese zwölf Lehranstalten 105 Professoren
und 1418 Schüler.

Theologische Seminare gab es 1875 im Ganzen vierzig, von denen 24
der römisch-katholischen Kirche, 12 den Protestanten, 1 den Unitariern und 3
den Griechisch - Katholischen gehörten. Sie hatten zusammen 233 Professoren
und 1474 Schüler.

Andere Fachschulen sind die Berg- und Forstakademie zu Schemnitz, die
Bergmannsschulen in Schemnitz und Felsö-Banya, die alte, auch von Aus¬
ländern besuchte landwirtschaftliche Akademie zu Ungarisch-Altenburg, die seit
1867 errichteten landwirtschaftlichen Lehranstalten zu Keszthely, Debreczin,
Kaschau und Kokos-Monostor, die Ackerbauschulen zu Debreczin und Hradek,
die Winzerbildungsschule zu Er-Dioszeg und die önologische Schule zu
Tarczal. Ferner kommen hierzu die Thierarzeneischule zu Budapest, die Kunst¬
schnitzerschulen in Zay-Ugroez und Hoßznfaln, die Korbflechterschule in Som¬
merein, die höhere Maschinengewerbeschule zu Kaschau und die Gewerbe¬
schulen zu Kezdy-Vasarhely, Trencsin, Rajecz, Privitz, Neusohl und Karpfen.

Unter den Handelsschüler nimmt die durch den Budapester Kaufmanns¬
stand errichtete und erhaltene Handelsakademie die erste Stelle ein, neben der
es in Ungarn noch 12 von Gemeinden, Vereinen und Privatunternehmern ge¬
schaffene dreiklassige Handelsschüler gibt. Endlich ist noch der Humanitären
Anstalten, des Blindeninstituts zu Budapest und der Taubstummenanstalt zu


Grenzboten U. 1877. 53

Eine zweite Universität besteht seit 1872 in Klausenburg, wo man seit
1775 bereits eine medizinisch-chirurgische Fakultät gehabt hatte. Die dortige
Hochschule besitzt aber auch jetzt noch keine theologische Fakultät, die Zahl ihrer
Professoren beträgt 43, die der Hörer 375.

Eine Hochschule für gewerbliche Zwecke hat Ungarn in dem Pester Poly¬
technikum, welches Fakultäten für Chemiker, Ingenieure, Architekten und
Maschinenbauer hat und 1867 nur 17 Professoren und 250 Schüler, 1876
dagegen 40 Professoren und 709 Schüler hatte.

Den Universitäten schließen sich in Ungarn die sogenannten Rechts¬
akademien an. Früher wurden die Schüler dieser Anstalten nach einem drei¬
jährigen Kurse, bei dem sie sich meist nur ein Minimum juristischer Kenntnisse
aneigneten, zu den Richter- und Advokatenprüfungen zugelassen. Heute ver¬
langt man mehr. Der Lehrkurs ist jetzt ein vierjähriger, und die in Rechts¬
fakultäten umgestalteten Rechtsakademien werden nach einander mit philosophi¬
schen Fakultäten verbunden, was in Preßburg und Hermannstadt bereits durch¬
geführt ist. Außer den an letzteren Orten bestehenden Lehranstalten dieser Art
gibt es in Kaschau, Großwardein und Raab noch königliche Rechtsakademien,
in Erlau eine erzbischöfliche, in Fünfkirchen eine bischöfliche und außerdem
fünf protestantische. 1875 zählten diese zwölf Lehranstalten 105 Professoren
und 1418 Schüler.

Theologische Seminare gab es 1875 im Ganzen vierzig, von denen 24
der römisch-katholischen Kirche, 12 den Protestanten, 1 den Unitariern und 3
den Griechisch - Katholischen gehörten. Sie hatten zusammen 233 Professoren
und 1474 Schüler.

Andere Fachschulen sind die Berg- und Forstakademie zu Schemnitz, die
Bergmannsschulen in Schemnitz und Felsö-Banya, die alte, auch von Aus¬
ländern besuchte landwirtschaftliche Akademie zu Ungarisch-Altenburg, die seit
1867 errichteten landwirtschaftlichen Lehranstalten zu Keszthely, Debreczin,
Kaschau und Kokos-Monostor, die Ackerbauschulen zu Debreczin und Hradek,
die Winzerbildungsschule zu Er-Dioszeg und die önologische Schule zu
Tarczal. Ferner kommen hierzu die Thierarzeneischule zu Budapest, die Kunst¬
schnitzerschulen in Zay-Ugroez und Hoßznfaln, die Korbflechterschule in Som¬
merein, die höhere Maschinengewerbeschule zu Kaschau und die Gewerbe¬
schulen zu Kezdy-Vasarhely, Trencsin, Rajecz, Privitz, Neusohl und Karpfen.

Unter den Handelsschüler nimmt die durch den Budapester Kaufmanns¬
stand errichtete und erhaltene Handelsakademie die erste Stelle ein, neben der
es in Ungarn noch 12 von Gemeinden, Vereinen und Privatunternehmern ge¬
schaffene dreiklassige Handelsschüler gibt. Endlich ist noch der Humanitären
Anstalten, des Blindeninstituts zu Budapest und der Taubstummenanstalt zu


Grenzboten U. 1877. 53
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[0421] Eine zweite Universität besteht seit 1872 in Klausenburg, wo man seit 1775 bereits eine medizinisch-chirurgische Fakultät gehabt hatte. Die dortige Hochschule besitzt aber auch jetzt noch keine theologische Fakultät, die Zahl ihrer Professoren beträgt 43, die der Hörer 375. Eine Hochschule für gewerbliche Zwecke hat Ungarn in dem Pester Poly¬ technikum, welches Fakultäten für Chemiker, Ingenieure, Architekten und Maschinenbauer hat und 1867 nur 17 Professoren und 250 Schüler, 1876 dagegen 40 Professoren und 709 Schüler hatte. Den Universitäten schließen sich in Ungarn die sogenannten Rechts¬ akademien an. Früher wurden die Schüler dieser Anstalten nach einem drei¬ jährigen Kurse, bei dem sie sich meist nur ein Minimum juristischer Kenntnisse aneigneten, zu den Richter- und Advokatenprüfungen zugelassen. Heute ver¬ langt man mehr. Der Lehrkurs ist jetzt ein vierjähriger, und die in Rechts¬ fakultäten umgestalteten Rechtsakademien werden nach einander mit philosophi¬ schen Fakultäten verbunden, was in Preßburg und Hermannstadt bereits durch¬ geführt ist. Außer den an letzteren Orten bestehenden Lehranstalten dieser Art gibt es in Kaschau, Großwardein und Raab noch königliche Rechtsakademien, in Erlau eine erzbischöfliche, in Fünfkirchen eine bischöfliche und außerdem fünf protestantische. 1875 zählten diese zwölf Lehranstalten 105 Professoren und 1418 Schüler. Theologische Seminare gab es 1875 im Ganzen vierzig, von denen 24 der römisch-katholischen Kirche, 12 den Protestanten, 1 den Unitariern und 3 den Griechisch - Katholischen gehörten. Sie hatten zusammen 233 Professoren und 1474 Schüler. Andere Fachschulen sind die Berg- und Forstakademie zu Schemnitz, die Bergmannsschulen in Schemnitz und Felsö-Banya, die alte, auch von Aus¬ ländern besuchte landwirtschaftliche Akademie zu Ungarisch-Altenburg, die seit 1867 errichteten landwirtschaftlichen Lehranstalten zu Keszthely, Debreczin, Kaschau und Kokos-Monostor, die Ackerbauschulen zu Debreczin und Hradek, die Winzerbildungsschule zu Er-Dioszeg und die önologische Schule zu Tarczal. Ferner kommen hierzu die Thierarzeneischule zu Budapest, die Kunst¬ schnitzerschulen in Zay-Ugroez und Hoßznfaln, die Korbflechterschule in Som¬ merein, die höhere Maschinengewerbeschule zu Kaschau und die Gewerbe¬ schulen zu Kezdy-Vasarhely, Trencsin, Rajecz, Privitz, Neusohl und Karpfen. Unter den Handelsschüler nimmt die durch den Budapester Kaufmanns¬ stand errichtete und erhaltene Handelsakademie die erste Stelle ein, neben der es in Ungarn noch 12 von Gemeinden, Vereinen und Privatunternehmern ge¬ schaffene dreiklassige Handelsschüler gibt. Endlich ist noch der Humanitären Anstalten, des Blindeninstituts zu Budapest und der Taubstummenanstalt zu Grenzboten U. 1877. 53

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/421>, abgerufen am 23.07.2024.