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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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einem so umfänglichen Unternehmen ist wohl die Verlagshandlung schließlich
selber zurückgekommen; die letzten Tafeln wenigstens find ganz vereinzelt aus
dem Fischer'schen Verlag in Cassel hervorgesickert, und eine Fortsetzung scheint
aufgegeben zu sein. Die Uebelstände, die sich bei allen solchen Wandtafeln
zeigen, theilen übrigens auch die Launitz'sehen Tafeln. Hierher gehört erstens
die Schwierigkeit ihrer Konservirung, die bei dem verhältnißmüßig hohen
Preise derselben schwer ins Gewicht fällt. Man mag sie aus Leinwand oder
ans Pappe spannen und obendrein mit Lack überziehen lassen, immer werden
Tafeln von so unbequemen Format bei häufigem Gebrauch und bei fortwäh¬
rendem Transport durch Schülerhände in etlichen Jahren konsumirt sein. Ein
anderer Uebelstand ist der, daß sie bei einiger Entfernung für kurzsichtige Augen
bereits nicht mehr zu gebrauchen sind.

Wie es zu gehen Pflegt: auf das Einfachste und Praktischste ist man zu
allerletzt verfallen, und doch lag das Gute auch in diesem Falle so nahe. Der
Seemann'sche Verlag in Leipzig hat soeben eine Serie von "Kunsthistori-
schen Bilderbogen" herausgegeben, mit denen mir das Problem der
Beschaffung kunstgeschichtlichen Anschauungsmaterials ein für
allemal gelöst zu sein scheint. Die ganze Idee ist, bei Lichte besehen, ein
rechtes Columbusei; aber wie die guten Witze "gemacht", so wollen eben die
guten Ideen "gehabt" sein. Der Chef der genannten Firma gehört zu der
beneidenswerther Menschenklasse der "illustrirten Verleger". Ans seinem Ver¬
lage sind eine Reihe wichtiger kunstwissenschaftlicher Werke hervorgegangen, die
alle aufs reichste mit Abbildungen in Holzschnitt geschmückt sind: ich erinnere
nur an Lübke's "Geschichte der Architektur", die in ihrer neuesten (fünften)
Auflage nicht weniger als 782, und desselben Verfassers "Geschichte der
Plastik", die in der zweiten Auflage 377 Holzschnittillustrationen zählt, an
Dohme's "Kunst und Künstler", dessen erster bis jetzt vollendet vorliegender
Band, die Kunst Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des
18. Jahrhunderts umfassend, allein 150 Abbildungen enthält, vor allem aber
auch an die seit länger als 11 Jahren erscheinende, reich illustrirte Lützow'sche
"Zeitschrift für bildende Kunst". Auf dem Umschlage der eben ausgegebenen
ersten Serie seiner "Bilderbogen" bemerkt denn nun der Verleger selbst, daß
er "zu wiederholten Malen von Gymnasial- und Universitätslehrern, von
Kunsthistorikern und Kunstfreunden darum angegangen worden sei, aus dem
reichen Holzschnittmaterial, welches sich nach und much in seinem Verlage an¬
gesammelt habe, Bilderbogen zusammenzustellen, die beim geschichtlichen Unter¬
richt, bei akademischen und öffentlichen Vorträgen den Zuhörern als billig zu
beschaffendes >Anschauungsmaterial,in die Hand gegeben werden könnten."
Diesem Wunsche ist in der vorliegenden Publikation entsprochen.


einem so umfänglichen Unternehmen ist wohl die Verlagshandlung schließlich
selber zurückgekommen; die letzten Tafeln wenigstens find ganz vereinzelt aus
dem Fischer'schen Verlag in Cassel hervorgesickert, und eine Fortsetzung scheint
aufgegeben zu sein. Die Uebelstände, die sich bei allen solchen Wandtafeln
zeigen, theilen übrigens auch die Launitz'sehen Tafeln. Hierher gehört erstens
die Schwierigkeit ihrer Konservirung, die bei dem verhältnißmüßig hohen
Preise derselben schwer ins Gewicht fällt. Man mag sie aus Leinwand oder
ans Pappe spannen und obendrein mit Lack überziehen lassen, immer werden
Tafeln von so unbequemen Format bei häufigem Gebrauch und bei fortwäh¬
rendem Transport durch Schülerhände in etlichen Jahren konsumirt sein. Ein
anderer Uebelstand ist der, daß sie bei einiger Entfernung für kurzsichtige Augen
bereits nicht mehr zu gebrauchen sind.

Wie es zu gehen Pflegt: auf das Einfachste und Praktischste ist man zu
allerletzt verfallen, und doch lag das Gute auch in diesem Falle so nahe. Der
Seemann'sche Verlag in Leipzig hat soeben eine Serie von „Kunsthistori-
schen Bilderbogen" herausgegeben, mit denen mir das Problem der
Beschaffung kunstgeschichtlichen Anschauungsmaterials ein für
allemal gelöst zu sein scheint. Die ganze Idee ist, bei Lichte besehen, ein
rechtes Columbusei; aber wie die guten Witze „gemacht", so wollen eben die
guten Ideen „gehabt" sein. Der Chef der genannten Firma gehört zu der
beneidenswerther Menschenklasse der „illustrirten Verleger". Ans seinem Ver¬
lage sind eine Reihe wichtiger kunstwissenschaftlicher Werke hervorgegangen, die
alle aufs reichste mit Abbildungen in Holzschnitt geschmückt sind: ich erinnere
nur an Lübke's „Geschichte der Architektur", die in ihrer neuesten (fünften)
Auflage nicht weniger als 782, und desselben Verfassers „Geschichte der
Plastik", die in der zweiten Auflage 377 Holzschnittillustrationen zählt, an
Dohme's „Kunst und Künstler", dessen erster bis jetzt vollendet vorliegender
Band, die Kunst Deutschlands und der Niederlande bis gegen die Mitte des
18. Jahrhunderts umfassend, allein 150 Abbildungen enthält, vor allem aber
auch an die seit länger als 11 Jahren erscheinende, reich illustrirte Lützow'sche
„Zeitschrift für bildende Kunst". Auf dem Umschlage der eben ausgegebenen
ersten Serie seiner „Bilderbogen" bemerkt denn nun der Verleger selbst, daß
er „zu wiederholten Malen von Gymnasial- und Universitätslehrern, von
Kunsthistorikern und Kunstfreunden darum angegangen worden sei, aus dem
reichen Holzschnittmaterial, welches sich nach und much in seinem Verlage an¬
gesammelt habe, Bilderbogen zusammenzustellen, die beim geschichtlichen Unter¬
richt, bei akademischen und öffentlichen Vorträgen den Zuhörern als billig zu
beschaffendes >Anschauungsmaterial,in die Hand gegeben werden könnten."
Diesem Wunsche ist in der vorliegenden Publikation entsprochen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/331>, abgerufen am 01.07.2024.