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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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ergebenen Herzens zu sagen. Gott lasse Ihren geliebten Sohn die Freude
Ihres Lebens sein, so ist er gewiß einer der besten und edelsten Fürsten seiner
Zeit, und viele glückliche Menschen werden Sie segnen auch um dieses Sohnes
willen.

So Gott will, erlebt er ruhigere Zeiten und dankt der besten Mutter,
daß sie ihm durch ihr Betragen und Klugheit das Land erhielt, wovon er
Freund und Vater sein wird.

Immer weiß ich noch nicht, wann mir das Glück so wohl will, Sie zu
sehen und ich hoffe vielleicht durch Herrn v. Beulwitz, der (wie mir meine
Tochter schreibt) bald zurückgehen wird, nähere Nachricht zu erhalten.

Meine gute Lollo vereinigt sich mit meinen treuen Wünschen und empfiehlt
sich zu Gnaden.---Neulich Abend habe ich Fernow gesehen, er empfiehlt
sich zu Gnaden. Auch Herr Fakel ist wieder von Berlin zurück. Villain hofft
nicht weit diesen Winter von Cassel zu sein und freuet sich sehr auf Besuche
nach W. und R.----

Mich Ihnen, beste theuerste Fürstin, zu Gnaden zu empfehlen, bleibt meine
angenehmste Beschäftigung und die Fortdauer davon der innigste und größte
Wunsch meines Ihnen ganz ergebenen treuen Herzens.


v. Leugefeld.

Haben Sie v. Jacobi, über gelehrte Gesellschaften, ihren Geist und Zweck
gelesen? Es ist sehr schön und das Motto von unserem Freund Herder --
Vollkommenheit zu denken, ist das Glück des Geistes und der Ursprung des
bessern Lebens u. s. w. -- ist sehr schön. Was bliebe uns in dieser garstigen
zerstörten Welt, wären es nicht Stunden für unsern Geist und das bessere
Leben!


8) Charlotte v. Schiller an dieselbe.

(Weimar), Ende Juli 1808").

Gnädigste Fürstin! Da ich das Gefühl so lebendig in mir habe, daß
Alles, was Ihnen und Ihrer mir so geliebten Familie angeht, auch mein Herz
betrifft, so erlauben Sie mir auch, es Ihnen sagen zu dürfen.

Welcher Schmerz mich befiel, als ich durch die Cotta, von der ich nur
beruhigende Nachrichten über die wiederkehrende Gesundheit meiner Mutter
Zu erfahren hoffte, erfuhr, daß Ihr Herz einen neuen tiefen Schmerz erfahren
mußte, dieses kann ich Ihnen, gnädigste, verehrte Fürstin, nicht aussprechen.
Ich selbst bin mit den Ansprüchen auf Glück in dieser Welt ziemlich fertig
und ich hoffe nichts mehr, aber bei solchen Begebenheiten fühle ich immer



*) Die Fürstin hatte ihren Sohn, den Prinzen Rudolf, im 8. Lebensjahre stehend,
an, 21. Juli durch den Tod verloren.

ergebenen Herzens zu sagen. Gott lasse Ihren geliebten Sohn die Freude
Ihres Lebens sein, so ist er gewiß einer der besten und edelsten Fürsten seiner
Zeit, und viele glückliche Menschen werden Sie segnen auch um dieses Sohnes
willen.

So Gott will, erlebt er ruhigere Zeiten und dankt der besten Mutter,
daß sie ihm durch ihr Betragen und Klugheit das Land erhielt, wovon er
Freund und Vater sein wird.

Immer weiß ich noch nicht, wann mir das Glück so wohl will, Sie zu
sehen und ich hoffe vielleicht durch Herrn v. Beulwitz, der (wie mir meine
Tochter schreibt) bald zurückgehen wird, nähere Nachricht zu erhalten.

Meine gute Lollo vereinigt sich mit meinen treuen Wünschen und empfiehlt
sich zu Gnaden.---Neulich Abend habe ich Fernow gesehen, er empfiehlt
sich zu Gnaden. Auch Herr Fakel ist wieder von Berlin zurück. Villain hofft
nicht weit diesen Winter von Cassel zu sein und freuet sich sehr auf Besuche
nach W. und R.----

Mich Ihnen, beste theuerste Fürstin, zu Gnaden zu empfehlen, bleibt meine
angenehmste Beschäftigung und die Fortdauer davon der innigste und größte
Wunsch meines Ihnen ganz ergebenen treuen Herzens.


v. Leugefeld.

Haben Sie v. Jacobi, über gelehrte Gesellschaften, ihren Geist und Zweck
gelesen? Es ist sehr schön und das Motto von unserem Freund Herder —
Vollkommenheit zu denken, ist das Glück des Geistes und der Ursprung des
bessern Lebens u. s. w. — ist sehr schön. Was bliebe uns in dieser garstigen
zerstörten Welt, wären es nicht Stunden für unsern Geist und das bessere
Leben!


8) Charlotte v. Schiller an dieselbe.

(Weimar), Ende Juli 1808»).

Gnädigste Fürstin! Da ich das Gefühl so lebendig in mir habe, daß
Alles, was Ihnen und Ihrer mir so geliebten Familie angeht, auch mein Herz
betrifft, so erlauben Sie mir auch, es Ihnen sagen zu dürfen.

Welcher Schmerz mich befiel, als ich durch die Cotta, von der ich nur
beruhigende Nachrichten über die wiederkehrende Gesundheit meiner Mutter
Zu erfahren hoffte, erfuhr, daß Ihr Herz einen neuen tiefen Schmerz erfahren
mußte, dieses kann ich Ihnen, gnädigste, verehrte Fürstin, nicht aussprechen.
Ich selbst bin mit den Ansprüchen auf Glück in dieser Welt ziemlich fertig
und ich hoffe nichts mehr, aber bei solchen Begebenheiten fühle ich immer



*) Die Fürstin hatte ihren Sohn, den Prinzen Rudolf, im 8. Lebensjahre stehend,
an, 21. Juli durch den Tod verloren.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/233>, abgerufen am 01.07.2024.