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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band.

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gwben, wurde jenes Denuuziationssvstem eingerichtet, über welches uns die
^mese des Erzbischofs Spiegel belehren. Die Umbildung der Diözesangeist-
uchkeit aber läßt sich ans gewisse festgeschlvssene kleinere Kreise wie den schon
den zwanziger Jahren entstandenen oberrheinischen Bund zurückführen, dessen
cele die späteren Bischöfe Naß von Straßburg und Weiß von Speier Ware",
und der ausgesprochenermaßen den Zweck verfolgte, den römischen Einfluß in
eutschland zu kräftigen. Die Regierungen aber ließen die wohlgesinnten
östlichen diesen Ränken gegenüber im Stich. Wieder und immer wieder
Wurden nationalgesinnnte Priester in dieser Weise behandelt. So fielen die
l ohndem Neformpfcirrer der zwanziger Jahre, so die Freunde Spiegels, so
)c Schüler Wessenbergs einem faulen Frieden mit Rom zur Opfer. Wer wollte
^ wundern, wenn noch heute die tüchtigeren Elemente des katholischen
eos mißtrauisch nicht wagen, mit ihrer bessern Ueberzeugung hervorzutreten!

Endlich ist auch in der katholischen Presse (man vergleiche unsere Auszüge
^ dem Woerlschen Buche in Ur. 14 d. Bl.) ein einheitliches System konsequent
^'abgeführt. Eins nach dem andern sind die Rom mißliebigen katholischen
""er zum Verstummen gebracht und eine klerikale Preßpolizei geschaffen
orden/um in dieser "Zeit des Fortschritts und der Aufklärung" mit eifriger
^ ^^ung der vom Papste in den stärksten Ausdrücken verfluchten Preß-
eit die Volksmasse in blinde Sklaven der Kurie zu verwandeln.

Wahrlich, der Blick auf einen Organismus, der über solche Mittel und
te verfügt, ist an sich schon überraschend. Nun kommen aber noch die
^reichen Bundesgenossen hinzu. Obenan steht die französische Regierung,
w dieser Beziehung nur thut, was ihre Vorgänger von Chlodwig an bis
Ludwig deu Vierzehnten gethan haben. Welche Folgen das für Frankreich
^bst gehabt hat, ist eine Frage für sich. Politisch kommt nur das in Be¬
acht, daß sogar der Freidenker Gambetta für die katholische Klientel Frank¬
reichs aufgetreten ist, und daß über der Hoffnung, den gesummten internationalen
tramontanismus in dem erhofften Rachekriege zur Seite zu haben, das eigne
°ik demselben preisgegeben wird. Und wie ist es mit Oesterreich? Ist
Mu innere Lage wesentlich anders als damals, wo Brot-Schauenstein mit
^nein Schwiegersohn Blome die "katholische Politik" Oesterreichs definirte?
die Aufhebung des Konkordats etwa eine Wiederbelebung des josefinischen
erstes zur Folge gehabt? Vergessen wir doch nicht, daß es auch am wiener
Hofe eine Tradition gibt, die seit Rudolf von Habsburgs Zeiten an der
">,^ N°'us gegen jede Reformation und gegen jedes wahre Interesse der
^ter zu arbeiten und zu kämpfen gebot, und erinnern wir uns doch, daß Kaiser
^°uz J^xf ^ Jesuiten erzogen worden ist. Ferner aber, wissen wir nicht,
^ w Baiern und Sachsen, ja mitten im Herzen von Preußen, in den


gwben, wurde jenes Denuuziationssvstem eingerichtet, über welches uns die
^mese des Erzbischofs Spiegel belehren. Die Umbildung der Diözesangeist-
uchkeit aber läßt sich ans gewisse festgeschlvssene kleinere Kreise wie den schon
den zwanziger Jahren entstandenen oberrheinischen Bund zurückführen, dessen
cele die späteren Bischöfe Naß von Straßburg und Weiß von Speier Ware»,
und der ausgesprochenermaßen den Zweck verfolgte, den römischen Einfluß in
eutschland zu kräftigen. Die Regierungen aber ließen die wohlgesinnten
östlichen diesen Ränken gegenüber im Stich. Wieder und immer wieder
Wurden nationalgesinnnte Priester in dieser Weise behandelt. So fielen die
l ohndem Neformpfcirrer der zwanziger Jahre, so die Freunde Spiegels, so
)c Schüler Wessenbergs einem faulen Frieden mit Rom zur Opfer. Wer wollte
^ wundern, wenn noch heute die tüchtigeren Elemente des katholischen
eos mißtrauisch nicht wagen, mit ihrer bessern Ueberzeugung hervorzutreten!

Endlich ist auch in der katholischen Presse (man vergleiche unsere Auszüge
^ dem Woerlschen Buche in Ur. 14 d. Bl.) ein einheitliches System konsequent
^'abgeführt. Eins nach dem andern sind die Rom mißliebigen katholischen
""er zum Verstummen gebracht und eine klerikale Preßpolizei geschaffen
orden/um in dieser „Zeit des Fortschritts und der Aufklärung" mit eifriger
^ ^^ung der vom Papste in den stärksten Ausdrücken verfluchten Preß-
eit die Volksmasse in blinde Sklaven der Kurie zu verwandeln.

Wahrlich, der Blick auf einen Organismus, der über solche Mittel und
te verfügt, ist an sich schon überraschend. Nun kommen aber noch die
^reichen Bundesgenossen hinzu. Obenan steht die französische Regierung,
w dieser Beziehung nur thut, was ihre Vorgänger von Chlodwig an bis
Ludwig deu Vierzehnten gethan haben. Welche Folgen das für Frankreich
^bst gehabt hat, ist eine Frage für sich. Politisch kommt nur das in Be¬
acht, daß sogar der Freidenker Gambetta für die katholische Klientel Frank¬
reichs aufgetreten ist, und daß über der Hoffnung, den gesummten internationalen
tramontanismus in dem erhofften Rachekriege zur Seite zu haben, das eigne
°ik demselben preisgegeben wird. Und wie ist es mit Oesterreich? Ist
Mu innere Lage wesentlich anders als damals, wo Brot-Schauenstein mit
^nein Schwiegersohn Blome die „katholische Politik" Oesterreichs definirte?
die Aufhebung des Konkordats etwa eine Wiederbelebung des josefinischen
erstes zur Folge gehabt? Vergessen wir doch nicht, daß es auch am wiener
Hofe eine Tradition gibt, die seit Rudolf von Habsburgs Zeiten an der
»>,^ N°'us gegen jede Reformation und gegen jedes wahre Interesse der
^ter zu arbeiten und zu kämpfen gebot, und erinnern wir uns doch, daß Kaiser
^°uz J^xf ^ Jesuiten erzogen worden ist. Ferner aber, wissen wir nicht,
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157642/103>, abgerufen am 29.06.2024.