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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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halten hatte. -- Schon nach 4 Tagemärschen bezogen die Truppen unmittelbar
vor der Hauptstadt das Lager und besetzten die Festungswerke derselben.

Da Abdurachmcm neue Schaaren bei Margelan um sich versammelt hatte,
setzte der General von Kaufman am 3. September seinen Vormarsch dorthin
fort. Am 7. September bezogen die russischen Truppen bei Uley-aryk etwa
25 Werst von dem Lager Abdurachmans, wo 10,000 Mau concentrirt waren,
das Bivak. Die Furcht vor den russischen Waffen war aber schon so groß,
daß deren Nähe allein eine solche Paniqne verbreitete, daß die Kokcmzen nach
allen Richtungen auseinauderstobeu, und nur 400 Reiter bei Abdurachman,
welcher nach Assake floh, aushielten.

Am 8. September lagerten die Russen vor den Thoren Margelans, und der
Oberst Sskobelew wurde mit einem Detachement zur Verfolgung Abdurachmans
abgeschickt. Obgleich der Oberst bis nach Asch streifte, wobei die Kasaken eine
enorme Ausdauer bewiesen -- (einmal legten sie 68 Werst in 10 Stunden
zurück), -- auch einzelne feindliche Haufen zerstreut wurden, so konnte man
sich doch nicht der Person Abdurachmans bemächtigen und mußte unver-
richteter Sache zurückkehren.

Jetzt trat der General-Gouverneur mit dem Chan Nassr-Eddin in Ver¬
handlungen. Auch eine Menge Städte und selbst die Hauptführer der auf¬
ständischen Banden -- speciell noch durch den kühnen Verfolgungsritt der Ka¬
saken in Schrecken gesetzt -- erklärten ihre Unterwerfung.

Das Resultat jener Verhandlungen war, daß unter dem 23. September
die Landstrecken auf dem rechten Ufer des Ssyr-darja von der russischen Grenze
bis zum Naryn in die russische Verwaltung übergingen.

In Petersburg wurde dieser Vertrag am 19. October sanctionirt und Ru߬
land war in den Besitz einer der fruchtbarsten Landstriche Mittel-Asiens
gekommen. --

Oberst Sskvbölew wurde zum Chef der Verwaltung des neu einverleibten,
in die beiden Kreise Namcmgan und Tus getheilten Gebiets ernannt und nahm
seinen Sitz in Nmnangan. -- Die russischen Truppen wurden von dem linken
auf das rechte User des Ssyr-darja gezogen.

Dies war kaum geschehen, als in dem verlassenen Gebiete die Flammen
des Aufruhrs vou neuem emporloderten. Auch diesmal war Abdurachinan-
Awtobatschi das Haupt der Empörer. In Kurzem hatte er wieder an 70,000
Mann um sich geschaart. Er veranlaßte, daß Putat-del, ein Verwandter Nassr-
Eddins, zum Chan ausgerufen wurde. Der Geueral von Kaufman, welcher,
um das neu erworbene Gebiet zu sichern, der Anarchie auf dem linken Ssyr-
Ufer ein Ende machen mußte, ließ eine etwa 1400 Mann starke Colonne am
28. September gegen Andydjau, den Mittelpunkt des Aufstandes, aufbrechen.


halten hatte. — Schon nach 4 Tagemärschen bezogen die Truppen unmittelbar
vor der Hauptstadt das Lager und besetzten die Festungswerke derselben.

Da Abdurachmcm neue Schaaren bei Margelan um sich versammelt hatte,
setzte der General von Kaufman am 3. September seinen Vormarsch dorthin
fort. Am 7. September bezogen die russischen Truppen bei Uley-aryk etwa
25 Werst von dem Lager Abdurachmans, wo 10,000 Mau concentrirt waren,
das Bivak. Die Furcht vor den russischen Waffen war aber schon so groß,
daß deren Nähe allein eine solche Paniqne verbreitete, daß die Kokcmzen nach
allen Richtungen auseinauderstobeu, und nur 400 Reiter bei Abdurachman,
welcher nach Assake floh, aushielten.

Am 8. September lagerten die Russen vor den Thoren Margelans, und der
Oberst Sskobelew wurde mit einem Detachement zur Verfolgung Abdurachmans
abgeschickt. Obgleich der Oberst bis nach Asch streifte, wobei die Kasaken eine
enorme Ausdauer bewiesen — (einmal legten sie 68 Werst in 10 Stunden
zurück), — auch einzelne feindliche Haufen zerstreut wurden, so konnte man
sich doch nicht der Person Abdurachmans bemächtigen und mußte unver-
richteter Sache zurückkehren.

Jetzt trat der General-Gouverneur mit dem Chan Nassr-Eddin in Ver¬
handlungen. Auch eine Menge Städte und selbst die Hauptführer der auf¬
ständischen Banden — speciell noch durch den kühnen Verfolgungsritt der Ka¬
saken in Schrecken gesetzt — erklärten ihre Unterwerfung.

Das Resultat jener Verhandlungen war, daß unter dem 23. September
die Landstrecken auf dem rechten Ufer des Ssyr-darja von der russischen Grenze
bis zum Naryn in die russische Verwaltung übergingen.

In Petersburg wurde dieser Vertrag am 19. October sanctionirt und Ru߬
land war in den Besitz einer der fruchtbarsten Landstriche Mittel-Asiens
gekommen. —

Oberst Sskvbölew wurde zum Chef der Verwaltung des neu einverleibten,
in die beiden Kreise Namcmgan und Tus getheilten Gebiets ernannt und nahm
seinen Sitz in Nmnangan. — Die russischen Truppen wurden von dem linken
auf das rechte User des Ssyr-darja gezogen.

Dies war kaum geschehen, als in dem verlassenen Gebiete die Flammen
des Aufruhrs vou neuem emporloderten. Auch diesmal war Abdurachinan-
Awtobatschi das Haupt der Empörer. In Kurzem hatte er wieder an 70,000
Mann um sich geschaart. Er veranlaßte, daß Putat-del, ein Verwandter Nassr-
Eddins, zum Chan ausgerufen wurde. Der Geueral von Kaufman, welcher,
um das neu erworbene Gebiet zu sichern, der Anarchie auf dem linken Ssyr-
Ufer ein Ende machen mußte, ließ eine etwa 1400 Mann starke Colonne am
28. September gegen Andydjau, den Mittelpunkt des Aufstandes, aufbrechen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/63>, abgerufen am 23.07.2024.