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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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geringeres als einen gemeinsamen Krieg aller mittelasiatischen Mahomedaner
gegen Rußland, nichts geringeres als den "Hasawat", den heiligen Krieg.

Schon am 7. August überschritten die Aufständischen die russische Grenze
ein Theil in der Richtung ans Aulie-Ala, im Norden des Chanats, ein anderer
drang in das Angren-Thal, und schließlich ein dritter unter der persönlichen
Führung Abdurachmans-Awtobatschi zog gegen Chvdjent.

Die Lage der Russen war eine äußerst gefährliche: war doch sein mit
Koran grenzendes Gebiet erst vor kaum 10 Jahren von jenem abgetrennt,
und gehörten doch seine Bewohner denselben Stämmen an, welche jetzt als
die Befreier von dem russischen Joche auftraten. Wollte man nicht Alles ans
das Spiel setzen, mußte schnell, energisch gehandelt werden.

Erst Abends waren jene Nachrichten in Taschkend eingetroffen, und schon
am andern Morgen früh 6 Uhr brach der Generallieutenant Golowatschew
mit 4 Comp., 4'/z Ssotnien und 4 Geschützen reitender Artillerie nach Teljau
am Angren-Flusse auf. Am 9. August langte er dort an, traf am folgenden
Tage das 10 Werst östlich von Teljau aufgeschlagene Lager der Kokcmzen,
griff es an und zerstreute sie nach allen Richtungen. Das Angren-Thal wurde
vollständig gesäubert und auch die auf Anlie-ata vorgedrungenen Schaaren
zogen es vor, schleunigst in das Chanat zurückzugehen.

Chodjent war mittlerweile von der Bande Abdurachmans umzingelt; seine
rückwärtigen Verbindungen waren abgeschnitten, und seine Garnison, 9 Comp.,
1 Ssotnie und 8 Geschütze, vorläufig bis zum 11. August auf sich selbst an¬
gewiesen.

Am 12. August trafen Verstärkungen ein, und sofort ergriff man die
Offensive, schlug den Feind und verfolgte ihn in der Richtung auf Machram
bis zur Grenze.

Der General von Kanfman erschien mit weiteren ans Taschkend heran¬
gezogenen Truppen, und M der disponibel gewordenen Colonne des General¬
lieutenants Golowatschew am 18. August in Chodjent, und verfügte nunmehr
hier über ein Operativnscorvs von 16 Comp. Infanterie, 20 Geschützen, 8
Raketengestellen und 9 Ssotnien.

Nachdem dasselbe am 20. August aus Chodjent ausgerückt war, traf es
am 22. den Feind in der Stärke von über 50,000 Mann in und bei der
Festung Machram. Die Festung wurde genommen und die den geschlagenen
Feind auf das energischste verfolgenden Kasaken zersprengten ihn in eine Menge
kleiner Haufen.

Obgleich schon jetzt viele Deputationen aus der Umgegend kamen, ihre
Unterwerfung zu erklären, so brach der General-Gouverneur doch am 26. August
auf die Hauptstadt Kokan auf, nachdem Machram eine russische Besatzung er-


geringeres als einen gemeinsamen Krieg aller mittelasiatischen Mahomedaner
gegen Rußland, nichts geringeres als den „Hasawat", den heiligen Krieg.

Schon am 7. August überschritten die Aufständischen die russische Grenze
ein Theil in der Richtung ans Aulie-Ala, im Norden des Chanats, ein anderer
drang in das Angren-Thal, und schließlich ein dritter unter der persönlichen
Führung Abdurachmans-Awtobatschi zog gegen Chvdjent.

Die Lage der Russen war eine äußerst gefährliche: war doch sein mit
Koran grenzendes Gebiet erst vor kaum 10 Jahren von jenem abgetrennt,
und gehörten doch seine Bewohner denselben Stämmen an, welche jetzt als
die Befreier von dem russischen Joche auftraten. Wollte man nicht Alles ans
das Spiel setzen, mußte schnell, energisch gehandelt werden.

Erst Abends waren jene Nachrichten in Taschkend eingetroffen, und schon
am andern Morgen früh 6 Uhr brach der Generallieutenant Golowatschew
mit 4 Comp., 4'/z Ssotnien und 4 Geschützen reitender Artillerie nach Teljau
am Angren-Flusse auf. Am 9. August langte er dort an, traf am folgenden
Tage das 10 Werst östlich von Teljau aufgeschlagene Lager der Kokcmzen,
griff es an und zerstreute sie nach allen Richtungen. Das Angren-Thal wurde
vollständig gesäubert und auch die auf Anlie-ata vorgedrungenen Schaaren
zogen es vor, schleunigst in das Chanat zurückzugehen.

Chodjent war mittlerweile von der Bande Abdurachmans umzingelt; seine
rückwärtigen Verbindungen waren abgeschnitten, und seine Garnison, 9 Comp.,
1 Ssotnie und 8 Geschütze, vorläufig bis zum 11. August auf sich selbst an¬
gewiesen.

Am 12. August trafen Verstärkungen ein, und sofort ergriff man die
Offensive, schlug den Feind und verfolgte ihn in der Richtung auf Machram
bis zur Grenze.

Der General von Kanfman erschien mit weiteren ans Taschkend heran¬
gezogenen Truppen, und M der disponibel gewordenen Colonne des General¬
lieutenants Golowatschew am 18. August in Chodjent, und verfügte nunmehr
hier über ein Operativnscorvs von 16 Comp. Infanterie, 20 Geschützen, 8
Raketengestellen und 9 Ssotnien.

Nachdem dasselbe am 20. August aus Chodjent ausgerückt war, traf es
am 22. den Feind in der Stärke von über 50,000 Mann in und bei der
Festung Machram. Die Festung wurde genommen und die den geschlagenen
Feind auf das energischste verfolgenden Kasaken zersprengten ihn in eine Menge
kleiner Haufen.

Obgleich schon jetzt viele Deputationen aus der Umgegend kamen, ihre
Unterwerfung zu erklären, so brach der General-Gouverneur doch am 26. August
auf die Hauptstadt Kokan auf, nachdem Machram eine russische Besatzung er-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/62>, abgerufen am 23.07.2024.