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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Es gelang freilich den russischen Truppen am 1. Oetober den Widerstand der
Kiptschaken zeitweise zu brechen, in Andydjan einzudringen, und die die Straßen
absperrenden Barrikaden zu nehmen, -- sich darin aber festzusetzen und zu
halten, war thuen unmöglich: sie wurden in das Lager zurückgeworfen, und
mußten nach Namangan zurückgehen.

Dieser Mißerfolg der Russen belebte die Hoffnungen der Kiptschaken aufs
neue: uicht bloß brachen in Namangan und Umgegend auf Anstiften des
früheren Begs dieser Stadt Batyr-Tjurja Unruhen aus, sondern auch in
Kokan wurde Nassr-Eddin zur Flucht auf russisches Gebiet gezwungen, während
die Aufständischen im Namen von Putat-del Besitz von der Stadt nahmen.
Auf dem rechten Ufer des Ssyr trat indessen bald eine verhältnißmäßige Ruhe
ein, so daß die Truppen in ihre alten Garnisonen zurückgezogen werden konnten,
und dem Obersten, jetzt zum General beförderten, Skobölew, nnr 13 Comp.
9'/.2 Ssotnien und 12 Feldgeschütze verblieben.

Die Verringerung der russischen Truppen wurde sofort von Batyr-Tjurja
benutzt, um, unter dem Vorgeben, alle Truppen seien abgerückt, wieder Kirgisen
und Kiptschaken in der beträchtlichen Stärke von 12,000 Mann um sich zu
sammeln. Es gelang ihm sogar, als der General Skobölew gegen Tus vor¬
ging, sich der Stadt Namangan zeitweise zu bemächtigen. -- Während von
Machram aus gegen die dort auftretenden Banden Streifzüge unternommen
wurden, führte der General Skobölew einen Hauptschlag gegen Balyktschi, wo
20 -- 30,000 Mann sich anschickten, den Naryn zu überschreiten.

Trotz aller dieser Erfolge, war es klar, daß nur durch die Niederwerfung
der Kiptschaken, dieser unruhigsten und den Russen am feindlichsten gesinnten
Elemente der Bevölkerung Kokans, eine endgültige Ruhe hergestellt werden
konnte. Zu dem Ende befahl der Generalgouvemeur dem General Skobölew,
in den letzten Tagen des Decembers mit einem Theile seines Detachements
von Namangan aus in die Gegend zwischen dem Naryn und dem Kara-darja,
dem Centrum der Kiptschaken, zu dringen, um ihnen in einer Zeit, wo sie mit
ihren Familien und Heerden in den Winterlagern bleiben müßten und nicht
in die Gebirge ziehen könnten, einen empfindlichen Schlag beizubringen.

Diese Ausgabe wurde auf das vollständigste gelöst. Am 25. December 1875
rückte Skobölew mit etwa 2800 Mann aus und ging, nachdem er das rechte
Ufer des Kara-darja gesäubert hatte, am 2. Januar 1876 auf das andere Ufer
über. Andydjan, wo Abdurachman mit den Aufständischen stand, wurde bom-
bardirt und dann am 8. Januar mit Sturm genommen. Es bedurfte aber
noch eines Sieges der Russen bei Assake, ehe Abdurachman endlich die Nutz¬
losigkeit seines Widerstandes einsah. Am 24. Januar ergab er sich mit 26
Hauptführern der Aufständischen dem General Skobölew auf Gnade und Un-


Es gelang freilich den russischen Truppen am 1. Oetober den Widerstand der
Kiptschaken zeitweise zu brechen, in Andydjan einzudringen, und die die Straßen
absperrenden Barrikaden zu nehmen, — sich darin aber festzusetzen und zu
halten, war thuen unmöglich: sie wurden in das Lager zurückgeworfen, und
mußten nach Namangan zurückgehen.

Dieser Mißerfolg der Russen belebte die Hoffnungen der Kiptschaken aufs
neue: uicht bloß brachen in Namangan und Umgegend auf Anstiften des
früheren Begs dieser Stadt Batyr-Tjurja Unruhen aus, sondern auch in
Kokan wurde Nassr-Eddin zur Flucht auf russisches Gebiet gezwungen, während
die Aufständischen im Namen von Putat-del Besitz von der Stadt nahmen.
Auf dem rechten Ufer des Ssyr trat indessen bald eine verhältnißmäßige Ruhe
ein, so daß die Truppen in ihre alten Garnisonen zurückgezogen werden konnten,
und dem Obersten, jetzt zum General beförderten, Skobölew, nnr 13 Comp.
9'/.2 Ssotnien und 12 Feldgeschütze verblieben.

Die Verringerung der russischen Truppen wurde sofort von Batyr-Tjurja
benutzt, um, unter dem Vorgeben, alle Truppen seien abgerückt, wieder Kirgisen
und Kiptschaken in der beträchtlichen Stärke von 12,000 Mann um sich zu
sammeln. Es gelang ihm sogar, als der General Skobölew gegen Tus vor¬
ging, sich der Stadt Namangan zeitweise zu bemächtigen. — Während von
Machram aus gegen die dort auftretenden Banden Streifzüge unternommen
wurden, führte der General Skobölew einen Hauptschlag gegen Balyktschi, wo
20 — 30,000 Mann sich anschickten, den Naryn zu überschreiten.

Trotz aller dieser Erfolge, war es klar, daß nur durch die Niederwerfung
der Kiptschaken, dieser unruhigsten und den Russen am feindlichsten gesinnten
Elemente der Bevölkerung Kokans, eine endgültige Ruhe hergestellt werden
konnte. Zu dem Ende befahl der Generalgouvemeur dem General Skobölew,
in den letzten Tagen des Decembers mit einem Theile seines Detachements
von Namangan aus in die Gegend zwischen dem Naryn und dem Kara-darja,
dem Centrum der Kiptschaken, zu dringen, um ihnen in einer Zeit, wo sie mit
ihren Familien und Heerden in den Winterlagern bleiben müßten und nicht
in die Gebirge ziehen könnten, einen empfindlichen Schlag beizubringen.

Diese Ausgabe wurde auf das vollständigste gelöst. Am 25. December 1875
rückte Skobölew mit etwa 2800 Mann aus und ging, nachdem er das rechte
Ufer des Kara-darja gesäubert hatte, am 2. Januar 1876 auf das andere Ufer
über. Andydjan, wo Abdurachman mit den Aufständischen stand, wurde bom-
bardirt und dann am 8. Januar mit Sturm genommen. Es bedurfte aber
noch eines Sieges der Russen bei Assake, ehe Abdurachman endlich die Nutz¬
losigkeit seines Widerstandes einsah. Am 24. Januar ergab er sich mit 26
Hauptführern der Aufständischen dem General Skobölew auf Gnade und Un-


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[0064] Es gelang freilich den russischen Truppen am 1. Oetober den Widerstand der Kiptschaken zeitweise zu brechen, in Andydjan einzudringen, und die die Straßen absperrenden Barrikaden zu nehmen, — sich darin aber festzusetzen und zu halten, war thuen unmöglich: sie wurden in das Lager zurückgeworfen, und mußten nach Namangan zurückgehen. Dieser Mißerfolg der Russen belebte die Hoffnungen der Kiptschaken aufs neue: uicht bloß brachen in Namangan und Umgegend auf Anstiften des früheren Begs dieser Stadt Batyr-Tjurja Unruhen aus, sondern auch in Kokan wurde Nassr-Eddin zur Flucht auf russisches Gebiet gezwungen, während die Aufständischen im Namen von Putat-del Besitz von der Stadt nahmen. Auf dem rechten Ufer des Ssyr trat indessen bald eine verhältnißmäßige Ruhe ein, so daß die Truppen in ihre alten Garnisonen zurückgezogen werden konnten, und dem Obersten, jetzt zum General beförderten, Skobölew, nnr 13 Comp. 9'/.2 Ssotnien und 12 Feldgeschütze verblieben. Die Verringerung der russischen Truppen wurde sofort von Batyr-Tjurja benutzt, um, unter dem Vorgeben, alle Truppen seien abgerückt, wieder Kirgisen und Kiptschaken in der beträchtlichen Stärke von 12,000 Mann um sich zu sammeln. Es gelang ihm sogar, als der General Skobölew gegen Tus vor¬ ging, sich der Stadt Namangan zeitweise zu bemächtigen. — Während von Machram aus gegen die dort auftretenden Banden Streifzüge unternommen wurden, führte der General Skobölew einen Hauptschlag gegen Balyktschi, wo 20 — 30,000 Mann sich anschickten, den Naryn zu überschreiten. Trotz aller dieser Erfolge, war es klar, daß nur durch die Niederwerfung der Kiptschaken, dieser unruhigsten und den Russen am feindlichsten gesinnten Elemente der Bevölkerung Kokans, eine endgültige Ruhe hergestellt werden konnte. Zu dem Ende befahl der Generalgouvemeur dem General Skobölew, in den letzten Tagen des Decembers mit einem Theile seines Detachements von Namangan aus in die Gegend zwischen dem Naryn und dem Kara-darja, dem Centrum der Kiptschaken, zu dringen, um ihnen in einer Zeit, wo sie mit ihren Familien und Heerden in den Winterlagern bleiben müßten und nicht in die Gebirge ziehen könnten, einen empfindlichen Schlag beizubringen. Diese Ausgabe wurde auf das vollständigste gelöst. Am 25. December 1875 rückte Skobölew mit etwa 2800 Mann aus und ging, nachdem er das rechte Ufer des Kara-darja gesäubert hatte, am 2. Januar 1876 auf das andere Ufer über. Andydjan, wo Abdurachman mit den Aufständischen stand, wurde bom- bardirt und dann am 8. Januar mit Sturm genommen. Es bedurfte aber noch eines Sieges der Russen bei Assake, ehe Abdurachman endlich die Nutz¬ losigkeit seines Widerstandes einsah. Am 24. Januar ergab er sich mit 26 Hauptführern der Aufständischen dem General Skobölew auf Gnade und Un-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/64>, abgerufen am 23.07.2024.