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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Aufenthalts in den Bergen von Californien und Nevada zurecht gemacht hatte
ein Verfahren, welches seinen Berichten und Urtheilen ein oft ungemein
drolliges Gepräge verlieh.

Ehe Mark Twain nach Europa aufbrach, hatte er sich verpflichtet, während
seiner Reise Eindrücke derselben für die newyorker Blätter "Tribune" und
"Herald", sowie für die "Alta California" in San Francisco zu schreiben.
Einige der ergötzlichsten Betrachtungen und Vorkommnisse seines Ausflugs
waren infolge dessen dem amerikanischen Publikum schon bekannt, ehe die
"Quäker City" (so hieß der Dampfer, der die Gesellschaft trug) wieder heim¬
kehrte. Dies ist das gewöhnliche Verfahren in Amerika, wo jeder Schriftsteller
für die periodische Presse schreibt und nur wenige Bücher in Buchform er¬
scheinen, ohne vorher in einer Zeitung oder Zeitschrift ihre Pflicht gethan zu
haben. Im Dezember kamen die Pilger uach Newhork zurück, und sogleich
ersuchte der Redakteur der "Tribune" uusern Autor, ihm für sein Blatt poli¬
tische Briefe zu schreiben. Wenige Wochen nachher aber machte sich Mark
Twain ein die Vervollständigung seiner Reiseberichte, die nnn als Buch er¬
scheinen sollten. Vielleicht war es das Geräusch und Getümmel Newyorks,
vielleicht eine andere Ursache, wenn er zu diesem Zwecke nach San Francisco
ging, eine Strecke von sechstausend englischen Meilen. Hier vollendete er seine
Reisebeschreibung, die dann im Sommer 1869 im Buchhandel erschien.
Während dieses zweiten Besuchs in Californien wurde das Blatt "Overland
Monthly" gegründet, welches Mark Twains Freund Bret Harte redigirte, und
in dessen erster Nummer schon finden wir einen Beitrag aus der Feder unseres
Autors. Es ist der allerliebste Aufsatz, der eine Eisenbahnfahrt von Marseille
nach Paris beschreibt und jetzt das zwölfte Kapitel der "Arglosen auf Reisen"
bildet. Während der nächsten Monate erschienen andere Bruchstücke des Werkes
im "Overland Monthly".

Mit den beiden Bänden seiner Reiseschildernug wurde Mark Twain mit
einem Schlage in Amerika ein Liebling des Publikums. Dieselben erschienen
im Verlage der Hartforder "American Publishing Company" und machten
ganz außerordentliches Glück. Man sagt, daß der Verfasser als seinen Theil
"ni Gewinn siebzehntansend, die das Werk verlegende Gesellschaft aber siebzig-
iausend Dollars bekommen habe. Ueberall wurden die Scherze Twains mit
dem größten Beifall aufgenommen, selbst in den geistreichen, hochgebildeten
und etwas zimperlichen Kreisen Bostons. Desgleichen in England, wo sofort
eine eigne Ausgabe der beiden Bände erschien, und wo die Kritik sich gleich-
falls sehr günstig über das Talent des Verfassers aussprach. Nur ein oder
Zwei Blätter, denen der Scherz des Amerikaners nicht in den Kopf wollte, oder
die ihn mißverstanden, indem sie sein Absprechen über hergebrachte Empfindungen


Aufenthalts in den Bergen von Californien und Nevada zurecht gemacht hatte
ein Verfahren, welches seinen Berichten und Urtheilen ein oft ungemein
drolliges Gepräge verlieh.

Ehe Mark Twain nach Europa aufbrach, hatte er sich verpflichtet, während
seiner Reise Eindrücke derselben für die newyorker Blätter „Tribune" und
„Herald", sowie für die „Alta California" in San Francisco zu schreiben.
Einige der ergötzlichsten Betrachtungen und Vorkommnisse seines Ausflugs
waren infolge dessen dem amerikanischen Publikum schon bekannt, ehe die
„Quäker City" (so hieß der Dampfer, der die Gesellschaft trug) wieder heim¬
kehrte. Dies ist das gewöhnliche Verfahren in Amerika, wo jeder Schriftsteller
für die periodische Presse schreibt und nur wenige Bücher in Buchform er¬
scheinen, ohne vorher in einer Zeitung oder Zeitschrift ihre Pflicht gethan zu
haben. Im Dezember kamen die Pilger uach Newhork zurück, und sogleich
ersuchte der Redakteur der „Tribune" uusern Autor, ihm für sein Blatt poli¬
tische Briefe zu schreiben. Wenige Wochen nachher aber machte sich Mark
Twain ein die Vervollständigung seiner Reiseberichte, die nnn als Buch er¬
scheinen sollten. Vielleicht war es das Geräusch und Getümmel Newyorks,
vielleicht eine andere Ursache, wenn er zu diesem Zwecke nach San Francisco
ging, eine Strecke von sechstausend englischen Meilen. Hier vollendete er seine
Reisebeschreibung, die dann im Sommer 1869 im Buchhandel erschien.
Während dieses zweiten Besuchs in Californien wurde das Blatt „Overland
Monthly" gegründet, welches Mark Twains Freund Bret Harte redigirte, und
in dessen erster Nummer schon finden wir einen Beitrag aus der Feder unseres
Autors. Es ist der allerliebste Aufsatz, der eine Eisenbahnfahrt von Marseille
nach Paris beschreibt und jetzt das zwölfte Kapitel der „Arglosen auf Reisen"
bildet. Während der nächsten Monate erschienen andere Bruchstücke des Werkes
im „Overland Monthly".

Mit den beiden Bänden seiner Reiseschildernug wurde Mark Twain mit
einem Schlage in Amerika ein Liebling des Publikums. Dieselben erschienen
im Verlage der Hartforder „American Publishing Company" und machten
ganz außerordentliches Glück. Man sagt, daß der Verfasser als seinen Theil
"ni Gewinn siebzehntansend, die das Werk verlegende Gesellschaft aber siebzig-
iausend Dollars bekommen habe. Ueberall wurden die Scherze Twains mit
dem größten Beifall aufgenommen, selbst in den geistreichen, hochgebildeten
und etwas zimperlichen Kreisen Bostons. Desgleichen in England, wo sofort
eine eigne Ausgabe der beiden Bände erschien, und wo die Kritik sich gleich-
falls sehr günstig über das Talent des Verfassers aussprach. Nur ein oder
Zwei Blätter, denen der Scherz des Amerikaners nicht in den Kopf wollte, oder
die ihn mißverstanden, indem sie sein Absprechen über hergebrachte Empfindungen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/511>, abgerufen am 03.07.2024.