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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Literatur.

Selbstbiographisches vom Himmel. Darstellung der jüngsten Resultate der
astronomischen Forschung in ihren Beziehungen zu Vergangenheit und Zukunft
des Weltgcba'udcs. Von Dr. M, Wilhelm Meyer.
Leipzig, Verlag von E, Schloemp, 1877.

Eine recht interessante kleine Schrift, welche von dem Gedanken ausgeht,
daß unser Sonnensystem, nachdem es sich zu der ihn: möglichen Vollkommen¬
heit ausgebildet, stufenweise wieder zum Chaos zurückkehren werde, damit die
ausgelebte Materie von Neuem zur Gestaltung von Welten verwendet werden
könne. Dieser Gedanke ist kein neuer, wohl aber wird hier zum ersten Male
der Versuch gemacht, die hauptsächlichsten Entwicklungsphasen der Zukunft
unsrer Sonnenwelt nach dem heutigen Stande unsrer Kunde von der Materie,
den Naturgesetzen und den Himmelserscheinungen, sowie nach Gründen der
Analogie vorauszusagen. Das Buch zerfällt in zwei ungleiche Hälften, von
denen die größere sich mit den neuesten Ergebnissen der Durchforschung des
Himmels beschäftigt, während die zweite kleinere auf Grund dieser Ergebnisse
eine Anzahl Vermuthungen über Gegenwart und Zukunft der Sonne und der
Planeten aufstellt, die sich, wenn ihnen auch selbstverständlich die Sicherheit
eines matheMatischen Beweises abgeht, recht wohl hören lassen. In Betreff
jeuer ersten Hälfte bitten wir die Leser, selbst nachzusehen, was der Verfasser
auf Grund der Beobachtungen und Schlüsse Seechis, Zöllners, Vogels, Spö-
rers und anderer Forscher der letzten Zeit über Sternhaufen, Nebelflecke, Ko¬
meten, die Natur der Sonue u. dergl. sagt. Aus der zweiten heben wir als
Probe für seine Behandlung dieser Dinge und zugleich als Ergänzung, resp.
Berichtigung des Aufsatzes, den d. Bl. vor einiger Zeit über die Bewohnbarkeit der
Planeten brachte, auszugsweise das ResumS wieder, welches Herr Meyer von einer
1874 erschienenen Preisschrift Vogels über das Wesen der zuletzt genannten
Himmelskörper und namentlich des Mars geliefert hat.

Das Licht der Planeten Merkur, Venus und Mars ist dem der Sonne
fast in allen Stücken gleich, alle Planeten haben eine Atmosphäre und die
meisten wahrscheinlich anch Wasser. Bei Mars ist dies sicher. Man hat ans
ihm eine regelmäßige Ab- und Zunahme der Temperatur beobachtet, die sich
jedes Marsjahr (etwa 21 unsrer Monate lang) genau wiederholt. Es gibt
dort, wie bei uus, ans der einen Hälfte des Planeten Sommer, während auf
der andern Winter herrscht. Wenn mau die Scheibe des Mars betrachtet, so
sieht man zuweilen auf der einen Seite derselben große, unregelmäßige, weiße
Flecke. Es ist die Seite, wo gerade Winter ist. Sie werden aber immer


Literatur.

Selbstbiographisches vom Himmel. Darstellung der jüngsten Resultate der
astronomischen Forschung in ihren Beziehungen zu Vergangenheit und Zukunft
des Weltgcba'udcs. Von Dr. M, Wilhelm Meyer.
Leipzig, Verlag von E, Schloemp, 1877.

Eine recht interessante kleine Schrift, welche von dem Gedanken ausgeht,
daß unser Sonnensystem, nachdem es sich zu der ihn: möglichen Vollkommen¬
heit ausgebildet, stufenweise wieder zum Chaos zurückkehren werde, damit die
ausgelebte Materie von Neuem zur Gestaltung von Welten verwendet werden
könne. Dieser Gedanke ist kein neuer, wohl aber wird hier zum ersten Male
der Versuch gemacht, die hauptsächlichsten Entwicklungsphasen der Zukunft
unsrer Sonnenwelt nach dem heutigen Stande unsrer Kunde von der Materie,
den Naturgesetzen und den Himmelserscheinungen, sowie nach Gründen der
Analogie vorauszusagen. Das Buch zerfällt in zwei ungleiche Hälften, von
denen die größere sich mit den neuesten Ergebnissen der Durchforschung des
Himmels beschäftigt, während die zweite kleinere auf Grund dieser Ergebnisse
eine Anzahl Vermuthungen über Gegenwart und Zukunft der Sonne und der
Planeten aufstellt, die sich, wenn ihnen auch selbstverständlich die Sicherheit
eines matheMatischen Beweises abgeht, recht wohl hören lassen. In Betreff
jeuer ersten Hälfte bitten wir die Leser, selbst nachzusehen, was der Verfasser
auf Grund der Beobachtungen und Schlüsse Seechis, Zöllners, Vogels, Spö-
rers und anderer Forscher der letzten Zeit über Sternhaufen, Nebelflecke, Ko¬
meten, die Natur der Sonue u. dergl. sagt. Aus der zweiten heben wir als
Probe für seine Behandlung dieser Dinge und zugleich als Ergänzung, resp.
Berichtigung des Aufsatzes, den d. Bl. vor einiger Zeit über die Bewohnbarkeit der
Planeten brachte, auszugsweise das ResumS wieder, welches Herr Meyer von einer
1874 erschienenen Preisschrift Vogels über das Wesen der zuletzt genannten
Himmelskörper und namentlich des Mars geliefert hat.

Das Licht der Planeten Merkur, Venus und Mars ist dem der Sonne
fast in allen Stücken gleich, alle Planeten haben eine Atmosphäre und die
meisten wahrscheinlich anch Wasser. Bei Mars ist dies sicher. Man hat ans
ihm eine regelmäßige Ab- und Zunahme der Temperatur beobachtet, die sich
jedes Marsjahr (etwa 21 unsrer Monate lang) genau wiederholt. Es gibt
dort, wie bei uus, ans der einen Hälfte des Planeten Sommer, während auf
der andern Winter herrscht. Wenn mau die Scheibe des Mars betrachtet, so
sieht man zuweilen auf der einen Seite derselben große, unregelmäßige, weiße
Flecke. Es ist die Seite, wo gerade Winter ist. Sie werden aber immer


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[0405] Literatur. Selbstbiographisches vom Himmel. Darstellung der jüngsten Resultate der astronomischen Forschung in ihren Beziehungen zu Vergangenheit und Zukunft des Weltgcba'udcs. Von Dr. M, Wilhelm Meyer. Leipzig, Verlag von E, Schloemp, 1877. Eine recht interessante kleine Schrift, welche von dem Gedanken ausgeht, daß unser Sonnensystem, nachdem es sich zu der ihn: möglichen Vollkommen¬ heit ausgebildet, stufenweise wieder zum Chaos zurückkehren werde, damit die ausgelebte Materie von Neuem zur Gestaltung von Welten verwendet werden könne. Dieser Gedanke ist kein neuer, wohl aber wird hier zum ersten Male der Versuch gemacht, die hauptsächlichsten Entwicklungsphasen der Zukunft unsrer Sonnenwelt nach dem heutigen Stande unsrer Kunde von der Materie, den Naturgesetzen und den Himmelserscheinungen, sowie nach Gründen der Analogie vorauszusagen. Das Buch zerfällt in zwei ungleiche Hälften, von denen die größere sich mit den neuesten Ergebnissen der Durchforschung des Himmels beschäftigt, während die zweite kleinere auf Grund dieser Ergebnisse eine Anzahl Vermuthungen über Gegenwart und Zukunft der Sonne und der Planeten aufstellt, die sich, wenn ihnen auch selbstverständlich die Sicherheit eines matheMatischen Beweises abgeht, recht wohl hören lassen. In Betreff jeuer ersten Hälfte bitten wir die Leser, selbst nachzusehen, was der Verfasser auf Grund der Beobachtungen und Schlüsse Seechis, Zöllners, Vogels, Spö- rers und anderer Forscher der letzten Zeit über Sternhaufen, Nebelflecke, Ko¬ meten, die Natur der Sonue u. dergl. sagt. Aus der zweiten heben wir als Probe für seine Behandlung dieser Dinge und zugleich als Ergänzung, resp. Berichtigung des Aufsatzes, den d. Bl. vor einiger Zeit über die Bewohnbarkeit der Planeten brachte, auszugsweise das ResumS wieder, welches Herr Meyer von einer 1874 erschienenen Preisschrift Vogels über das Wesen der zuletzt genannten Himmelskörper und namentlich des Mars geliefert hat. Das Licht der Planeten Merkur, Venus und Mars ist dem der Sonne fast in allen Stücken gleich, alle Planeten haben eine Atmosphäre und die meisten wahrscheinlich anch Wasser. Bei Mars ist dies sicher. Man hat ans ihm eine regelmäßige Ab- und Zunahme der Temperatur beobachtet, die sich jedes Marsjahr (etwa 21 unsrer Monate lang) genau wiederholt. Es gibt dort, wie bei uus, ans der einen Hälfte des Planeten Sommer, während auf der andern Winter herrscht. Wenn mau die Scheibe des Mars betrachtet, so sieht man zuweilen auf der einen Seite derselben große, unregelmäßige, weiße Flecke. Es ist die Seite, wo gerade Winter ist. Sie werden aber immer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/405>, abgerufen am 23.07.2024.