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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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kleiner, je höher die Sonne für diese Orte emporsteigt, d. h. je mehr sich der
Sommer meist, und während sie langsam verschwunden sind, haben sich ans der
entgegengesetzten Seite ähnliche gebildet. Es liegt nahe, diese Flecke für die mit Eis
und Schnee bedeckten Continente des Mars zu erklären, zumal die Winter auf
diesem Planeten länger und strenger,als die unseru sind, weil er der Sonne
ferner steht als wir und nur "/i,o der Wärme von ihr bekommt, die wir em¬
pfangen. Auch darin ist der Mars unsrer Erde ähnlich, daß sein Tag nur
,'>7Vz Minuten länger als der unsrige ist. Das Vorhandensein von Wasser,
welches im Winter gefriert, läßt ans gleiche meteorologische Verhältnisse
schließen, und daß dort dieselben physischen und chemischen Verhältnisse herr¬
schen, setzt das Spektroskop und die Bewegung des Mars um die Sonne außer
Zweifel. Sein Durchmesser ist ein wenig größer als der Halbmesser der Erde,
und daher seine Oberfläche drei bis viermal kleiner als die der Erdkugel.
Gewisse Flecke, welche dunkler als die übrige Scheibe des Planeten find, be¬
halten beständig ihre Gestalt, und man hat sie deshalb als Continente, die
übrigen Flächen aber als Meere zu betrachten. Eine Vergleichung des Flächen¬
inhalts jener Landfesten mit dem der Meere ergab, daß, ganz wie auf der
Erde, auf dem Mars mehr Wasser als Land vorhanden ist, und zwar nehmen
hier die Meere sieben Zwölftel seiner gesammten Oberfläche ein.

Man sieht, wie sehr unser Nachbarplanet der Erde gleicht, von der er sich
eigentlich nur dadurch unterscheidet, daß er kleiner als sie ist, daß er entfernter
als sie um die Sonne kreist, und daß diese ihm in Folge dessen noch nicht
die Hälfte des Lichtes und der Wärme zusendet, die wir von ihr erhalten.
Wenn diese Abweichungen von den irdischen Verhältnissen wohl eine Modifi-
cation in der äußern Entwickelung seiner Organismen hervorzubringen ver¬
mögen, so müssen wir aus den angeführten Aehnlichkeiten schließen, daß der
Hauptcharakter des Organischen auf dem Mars von dem der Geschöpfe auf
der Erde kein wesentlich verschiedener sein kann. Es wird dort Thiere geben,
und diese werden dnrch lungen- oder kiemenartige Vorrichtungen die vorhandene
Luft einathmen und Augen zum Genuß des Sonnenlichtes besitzen. Unzweifel¬
haft ist aber, daß die geringere Wärme der Sommer ans dem Mars das
Leben nicht so üppig aufkeimen lassen kann wie bei uns; denn es steht die
größere Länge des Sommers ans diesem Planeten, die der Einwirknng der
Wärme längere Zeit läßt, keineswegs im Verhältniß zu dem geringeren Wärme-
empfang von der Sonne her.

Sehr anders verhält es sich mit dem Jupiter, dem größten aller Planeten.
Derselbe ist von der Sonne fünfmal weiter entfernt als die Erde, und da die
Wirkung des Lichtes und der Wärme im Quadrat der Entfernung abnimmt,
so erhält Jupiter davon nnr den 27. Theil dessen, was wir bekommen. Er


kleiner, je höher die Sonne für diese Orte emporsteigt, d. h. je mehr sich der
Sommer meist, und während sie langsam verschwunden sind, haben sich ans der
entgegengesetzten Seite ähnliche gebildet. Es liegt nahe, diese Flecke für die mit Eis
und Schnee bedeckten Continente des Mars zu erklären, zumal die Winter auf
diesem Planeten länger und strenger,als die unseru sind, weil er der Sonne
ferner steht als wir und nur "/i,o der Wärme von ihr bekommt, die wir em¬
pfangen. Auch darin ist der Mars unsrer Erde ähnlich, daß sein Tag nur
,'>7Vz Minuten länger als der unsrige ist. Das Vorhandensein von Wasser,
welches im Winter gefriert, läßt ans gleiche meteorologische Verhältnisse
schließen, und daß dort dieselben physischen und chemischen Verhältnisse herr¬
schen, setzt das Spektroskop und die Bewegung des Mars um die Sonne außer
Zweifel. Sein Durchmesser ist ein wenig größer als der Halbmesser der Erde,
und daher seine Oberfläche drei bis viermal kleiner als die der Erdkugel.
Gewisse Flecke, welche dunkler als die übrige Scheibe des Planeten find, be¬
halten beständig ihre Gestalt, und man hat sie deshalb als Continente, die
übrigen Flächen aber als Meere zu betrachten. Eine Vergleichung des Flächen¬
inhalts jener Landfesten mit dem der Meere ergab, daß, ganz wie auf der
Erde, auf dem Mars mehr Wasser als Land vorhanden ist, und zwar nehmen
hier die Meere sieben Zwölftel seiner gesammten Oberfläche ein.

Man sieht, wie sehr unser Nachbarplanet der Erde gleicht, von der er sich
eigentlich nur dadurch unterscheidet, daß er kleiner als sie ist, daß er entfernter
als sie um die Sonne kreist, und daß diese ihm in Folge dessen noch nicht
die Hälfte des Lichtes und der Wärme zusendet, die wir von ihr erhalten.
Wenn diese Abweichungen von den irdischen Verhältnissen wohl eine Modifi-
cation in der äußern Entwickelung seiner Organismen hervorzubringen ver¬
mögen, so müssen wir aus den angeführten Aehnlichkeiten schließen, daß der
Hauptcharakter des Organischen auf dem Mars von dem der Geschöpfe auf
der Erde kein wesentlich verschiedener sein kann. Es wird dort Thiere geben,
und diese werden dnrch lungen- oder kiemenartige Vorrichtungen die vorhandene
Luft einathmen und Augen zum Genuß des Sonnenlichtes besitzen. Unzweifel¬
haft ist aber, daß die geringere Wärme der Sommer ans dem Mars das
Leben nicht so üppig aufkeimen lassen kann wie bei uns; denn es steht die
größere Länge des Sommers ans diesem Planeten, die der Einwirknng der
Wärme längere Zeit läßt, keineswegs im Verhältniß zu dem geringeren Wärme-
empfang von der Sonne her.

Sehr anders verhält es sich mit dem Jupiter, dem größten aller Planeten.
Derselbe ist von der Sonne fünfmal weiter entfernt als die Erde, und da die
Wirkung des Lichtes und der Wärme im Quadrat der Entfernung abnimmt,
so erhält Jupiter davon nnr den 27. Theil dessen, was wir bekommen. Er


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[0406] kleiner, je höher die Sonne für diese Orte emporsteigt, d. h. je mehr sich der Sommer meist, und während sie langsam verschwunden sind, haben sich ans der entgegengesetzten Seite ähnliche gebildet. Es liegt nahe, diese Flecke für die mit Eis und Schnee bedeckten Continente des Mars zu erklären, zumal die Winter auf diesem Planeten länger und strenger,als die unseru sind, weil er der Sonne ferner steht als wir und nur "/i,o der Wärme von ihr bekommt, die wir em¬ pfangen. Auch darin ist der Mars unsrer Erde ähnlich, daß sein Tag nur ,'>7Vz Minuten länger als der unsrige ist. Das Vorhandensein von Wasser, welches im Winter gefriert, läßt ans gleiche meteorologische Verhältnisse schließen, und daß dort dieselben physischen und chemischen Verhältnisse herr¬ schen, setzt das Spektroskop und die Bewegung des Mars um die Sonne außer Zweifel. Sein Durchmesser ist ein wenig größer als der Halbmesser der Erde, und daher seine Oberfläche drei bis viermal kleiner als die der Erdkugel. Gewisse Flecke, welche dunkler als die übrige Scheibe des Planeten find, be¬ halten beständig ihre Gestalt, und man hat sie deshalb als Continente, die übrigen Flächen aber als Meere zu betrachten. Eine Vergleichung des Flächen¬ inhalts jener Landfesten mit dem der Meere ergab, daß, ganz wie auf der Erde, auf dem Mars mehr Wasser als Land vorhanden ist, und zwar nehmen hier die Meere sieben Zwölftel seiner gesammten Oberfläche ein. Man sieht, wie sehr unser Nachbarplanet der Erde gleicht, von der er sich eigentlich nur dadurch unterscheidet, daß er kleiner als sie ist, daß er entfernter als sie um die Sonne kreist, und daß diese ihm in Folge dessen noch nicht die Hälfte des Lichtes und der Wärme zusendet, die wir von ihr erhalten. Wenn diese Abweichungen von den irdischen Verhältnissen wohl eine Modifi- cation in der äußern Entwickelung seiner Organismen hervorzubringen ver¬ mögen, so müssen wir aus den angeführten Aehnlichkeiten schließen, daß der Hauptcharakter des Organischen auf dem Mars von dem der Geschöpfe auf der Erde kein wesentlich verschiedener sein kann. Es wird dort Thiere geben, und diese werden dnrch lungen- oder kiemenartige Vorrichtungen die vorhandene Luft einathmen und Augen zum Genuß des Sonnenlichtes besitzen. Unzweifel¬ haft ist aber, daß die geringere Wärme der Sommer ans dem Mars das Leben nicht so üppig aufkeimen lassen kann wie bei uns; denn es steht die größere Länge des Sommers ans diesem Planeten, die der Einwirknng der Wärme längere Zeit läßt, keineswegs im Verhältniß zu dem geringeren Wärme- empfang von der Sonne her. Sehr anders verhält es sich mit dem Jupiter, dem größten aller Planeten. Derselbe ist von der Sonne fünfmal weiter entfernt als die Erde, und da die Wirkung des Lichtes und der Wärme im Quadrat der Entfernung abnimmt, so erhält Jupiter davon nnr den 27. Theil dessen, was wir bekommen. Er

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/406>, abgerufen am 23.07.2024.