Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.wisse Namen der Partei. Viele von ihnen sind in jener Deklarautenliste der wisse Namen der Partei. Viele von ihnen sind in jener Deklarautenliste der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0400" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/137573"/> <p xml:id="ID_1305" prev="#ID_1304" next="#ID_1306"> wisse Namen der Partei. Viele von ihnen sind in jener Deklarautenliste der<lb/> „Kreuzzeitung" zu finden, welche dem Fürsten Bismarck für seine energische<lb/> Selbstvertheidigung gegen niederträchtige Verleumdung in der stärksten Weise<lb/> Hohn sprach; ja jener Herr v. Nathusius-Ludom selbst zählt zu ihnen, unter<lb/> dessen verantwortlicher Leitung das feudale Blatt die berüchtigten „Aera"-Ar-<lb/> tikel veröffentlichte. Nach den Aeußerungen der „Provinzialcorrespondenz" zu<lb/> schließen, muß man freilich annehmen, es habe der Reichskanzler den Schleier<lb/> der Vergessenheit über die ganze Affaire gedeckt, und zahlreiche Anzeichen be-<lb/> kunden, daß man auch auf altconservativer Seite frühere Beziehungen gern<lb/> wieder anknüpfen möchte. Aber ob diese gegenseitige Sehnsucht genügt, einen<lb/> festen Boden für eine wahrhafte Reichspolitik zu schaffen, ob nicht die harte<lb/> Realität der bisherigen Hindernisse sich auch ferner in den Weg stellt, bleibt<lb/> abzuwarten. Mit auffallender Geflissentlichkeit sucht man den Namen v. Kleist-<lb/> Netzow zu umgehen oder wenigstens in den Hintergrund zu drängen. Herr v.<lb/> Kleist-Retzow gehört mit zu den Ersten, welche im vorigen Sommer den<lb/> Gründern der deutscheonservativen Partei beitraten; man wird ihn also ans<lb/> der entsprechenden parlamentarischen Fraktion nicht ausschließen können. Ist<lb/> er aber Mitglied derselben, so weiß man auch, daß er eine führende Rolle<lb/> spielen wird; an energischer und schlagfertiger Beredsamkeit ist er seinen sämmt¬<lb/> lichen Parteigenossen bei weitem überlegen. Ob aber grade nnter seinem<lb/> Einflüsse die conservative Fraktion der Regierung gegenüber die erhoffte „Zu¬<lb/> verlässigkeit" beweisen würde? Bisher wenigstens haben die Offizivsen,die doch sonst<lb/> bekanntlich vor keiner Behauptung zurückschrecken, Herrn v. Kleist nicht nach¬<lb/> gesagt, daß er aus einem reichsseindlichen Saulus ein reichsfreundlicher Paulus ge¬<lb/> worden. Aber wollte man auch alles Persönliche und Thatsächliche aus der Vergan¬<lb/> genheit vergessen sein lassen; was bei Beurtheilung der Conservativen jedenfalls in<lb/> Rechnung gezogen sein will, ist die Einmischung der partikularistischen Elemente.<lb/> Schon bisher wurde der deutschen Reichspartei durch die ihr angehörigen<lb/> Sachsen und Württemberger ein eigenthümliches Gepräge verliehen. Es ist<lb/> kein Geheimniß, daß, sobald es sich einmal um eine Ausdehnung der Reichs¬<lb/> kompetenz handelte, gleichviel, ob deren Nützlichkeit noch so einleuchtend wäre,<lb/> dieselben im diametralen Gegensatz zu ihren preußischen Fraktionsgenossen stehen<lb/> würden. Durch die Neuwahlen ist dieser partikularistische Bestandtheil der<lb/> Reichspartei durch frischen Zuzug aus Württemberg verstärkt. Weit bedenklicher<lb/> aber noch steht es in diesem Punkte um die deutschconservative Partei. Hier<lb/> ist mit wenigen Ausnahmen Alles als partikularistisch zu bezeichnen, die<lb/> Preußen wie die NichtPreußen. Daß namentlich die Sachsen, welche der Frak¬<lb/> tion unter der Führung des bisher reichsparteilich gewesenen Hofrath Acker¬<lb/> mann beigetreten sind, zu der Richtung der grünweißen Ultras gehören, kann</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0400]
wisse Namen der Partei. Viele von ihnen sind in jener Deklarautenliste der
„Kreuzzeitung" zu finden, welche dem Fürsten Bismarck für seine energische
Selbstvertheidigung gegen niederträchtige Verleumdung in der stärksten Weise
Hohn sprach; ja jener Herr v. Nathusius-Ludom selbst zählt zu ihnen, unter
dessen verantwortlicher Leitung das feudale Blatt die berüchtigten „Aera"-Ar-
tikel veröffentlichte. Nach den Aeußerungen der „Provinzialcorrespondenz" zu
schließen, muß man freilich annehmen, es habe der Reichskanzler den Schleier
der Vergessenheit über die ganze Affaire gedeckt, und zahlreiche Anzeichen be-
kunden, daß man auch auf altconservativer Seite frühere Beziehungen gern
wieder anknüpfen möchte. Aber ob diese gegenseitige Sehnsucht genügt, einen
festen Boden für eine wahrhafte Reichspolitik zu schaffen, ob nicht die harte
Realität der bisherigen Hindernisse sich auch ferner in den Weg stellt, bleibt
abzuwarten. Mit auffallender Geflissentlichkeit sucht man den Namen v. Kleist-
Netzow zu umgehen oder wenigstens in den Hintergrund zu drängen. Herr v.
Kleist-Retzow gehört mit zu den Ersten, welche im vorigen Sommer den
Gründern der deutscheonservativen Partei beitraten; man wird ihn also ans
der entsprechenden parlamentarischen Fraktion nicht ausschließen können. Ist
er aber Mitglied derselben, so weiß man auch, daß er eine führende Rolle
spielen wird; an energischer und schlagfertiger Beredsamkeit ist er seinen sämmt¬
lichen Parteigenossen bei weitem überlegen. Ob aber grade nnter seinem
Einflüsse die conservative Fraktion der Regierung gegenüber die erhoffte „Zu¬
verlässigkeit" beweisen würde? Bisher wenigstens haben die Offizivsen,die doch sonst
bekanntlich vor keiner Behauptung zurückschrecken, Herrn v. Kleist nicht nach¬
gesagt, daß er aus einem reichsseindlichen Saulus ein reichsfreundlicher Paulus ge¬
worden. Aber wollte man auch alles Persönliche und Thatsächliche aus der Vergan¬
genheit vergessen sein lassen; was bei Beurtheilung der Conservativen jedenfalls in
Rechnung gezogen sein will, ist die Einmischung der partikularistischen Elemente.
Schon bisher wurde der deutschen Reichspartei durch die ihr angehörigen
Sachsen und Württemberger ein eigenthümliches Gepräge verliehen. Es ist
kein Geheimniß, daß, sobald es sich einmal um eine Ausdehnung der Reichs¬
kompetenz handelte, gleichviel, ob deren Nützlichkeit noch so einleuchtend wäre,
dieselben im diametralen Gegensatz zu ihren preußischen Fraktionsgenossen stehen
würden. Durch die Neuwahlen ist dieser partikularistische Bestandtheil der
Reichspartei durch frischen Zuzug aus Württemberg verstärkt. Weit bedenklicher
aber noch steht es in diesem Punkte um die deutschconservative Partei. Hier
ist mit wenigen Ausnahmen Alles als partikularistisch zu bezeichnen, die
Preußen wie die NichtPreußen. Daß namentlich die Sachsen, welche der Frak¬
tion unter der Führung des bisher reichsparteilich gewesenen Hofrath Acker¬
mann beigetreten sind, zu der Richtung der grünweißen Ultras gehören, kann
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