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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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von Handelsgewächsen gut geeigneten Vorwerke Königshof unabhängig zu
machen, seinen Zwecken in vorzüglicher Weise entsprach.

Thaer hatte znerst wenig Glück. Bald nach Uebernahme des Gutes verlor
er seine Schafe an den Pocken, worauf er den Fehler beging, den bereits ein¬
geleiteten Ankauf Hochedler Bocke aufzugeben und vorerst von der Unzucht
einer Merinoschäferei abzusehen, um an deren Stelle einen durch vorzügliche
Exemplare aus seiner alten Wirthschaft bei Celle vermehrten Rindviehstand im
Stalle durchzufüttern. Er hatte vierzig Kühe, zwanzig Ochsen starker Art und vier¬
hundert Schafe vorgefunden; allein die Kühe standen nur im Winter in Möglin, die
übrige Zeit in Königshof, die Ochsen wurden, wenn sie nicht zu arbeiten
hatten, ebenfalls dorthin gebracht, um sich wieder ordentlich auszufressen, und
die Schafe mußten oft Hunger leiden, da für sie wenig Weide auf der Bräche,
den Stoppeln und in einem kleinen Gehölze vorhanden war. Wiesen gab es
in Mögliu nicht, von Königshof wurde nur das für die Pferde nöthige Heu
heraufgebracht, das Rindvieh mußte sich im Winter mit Stroh und Kaff be¬
helfen. Im Sommer 1804 waren in der Bräche, zum Theil zu Erbsen, sechzig
Morgen vom Hofe aus gedüngt, und weitere zwanzig wurden mit dem noch vor¬
handenen Schafdünger befahren. Nur wenig Land stand in sechsjährigem,
etwas mehr in neun- und zwölfjährigem Dünger, das meiste hatte seit un¬
denklichen Zeiten gar keinen bekommen. Alles lag in Dreifeldern. Nach Jo-
hnnnis fing man an, die Bräche umzubrechen, aber ganz allmählich, da Schafe
und Ochsen bis zur Stoppel Weide behalten mußten. Winterung wurde durch
das ganze Feld gesäet, Sömmerung nur so weit, als seit neun Jahren Dünger
gekommen war, und wo man weder Gerste noch Hafer zu säen wagte, ver¬
suchte man es mit Buchweizen. Dabei war der Hederich so arg, daß er kaum
bewältigt werden zu können schien.

Die Ernte von 1804 war oben in Möglin schlecht, desto besser aber unten
in Königshof der Ertrag an Hen. Thaer kaufte deshalb Stroh an und ließ
das Vieh früher heraufbringen, wo es mit Heu aufs Kräftigste gefüttert werden
konnte, bis im Sommer die Wicken, die er, so weit der Dünger reichte, aus¬
säen ließ, zur grünen Fütterung herankamen. Unter alle gedüngte Winterung
wurde im Frühjahr Klee gesäet, Sommerung aber im Jahre 1805 auf der
Höhe gar nicht, dagegen ließ Thaer das ganze bisherige Weideland in Königs¬
hof aufbrechen und mit Hafer und Gerste bestellen. Die Ernte dieses Jahres
war trotz der nassen Witterung gut, sodaß die Stallfütterung ohne Klee durch¬
geführt und noch eine Menge Wickhen gemacht werden konnte.

Das Jahr 1806 ließ sich äußerst günstig an. Der unter der Winterung
gesäete Klee war sehr gut und mehr als genügend für die Stallfütterung, die
Winterung in den gedüngten Wicken vortrefflich. Man begann mit dem Ban


von Handelsgewächsen gut geeigneten Vorwerke Königshof unabhängig zu
machen, seinen Zwecken in vorzüglicher Weise entsprach.

Thaer hatte znerst wenig Glück. Bald nach Uebernahme des Gutes verlor
er seine Schafe an den Pocken, worauf er den Fehler beging, den bereits ein¬
geleiteten Ankauf Hochedler Bocke aufzugeben und vorerst von der Unzucht
einer Merinoschäferei abzusehen, um an deren Stelle einen durch vorzügliche
Exemplare aus seiner alten Wirthschaft bei Celle vermehrten Rindviehstand im
Stalle durchzufüttern. Er hatte vierzig Kühe, zwanzig Ochsen starker Art und vier¬
hundert Schafe vorgefunden; allein die Kühe standen nur im Winter in Möglin, die
übrige Zeit in Königshof, die Ochsen wurden, wenn sie nicht zu arbeiten
hatten, ebenfalls dorthin gebracht, um sich wieder ordentlich auszufressen, und
die Schafe mußten oft Hunger leiden, da für sie wenig Weide auf der Bräche,
den Stoppeln und in einem kleinen Gehölze vorhanden war. Wiesen gab es
in Mögliu nicht, von Königshof wurde nur das für die Pferde nöthige Heu
heraufgebracht, das Rindvieh mußte sich im Winter mit Stroh und Kaff be¬
helfen. Im Sommer 1804 waren in der Bräche, zum Theil zu Erbsen, sechzig
Morgen vom Hofe aus gedüngt, und weitere zwanzig wurden mit dem noch vor¬
handenen Schafdünger befahren. Nur wenig Land stand in sechsjährigem,
etwas mehr in neun- und zwölfjährigem Dünger, das meiste hatte seit un¬
denklichen Zeiten gar keinen bekommen. Alles lag in Dreifeldern. Nach Jo-
hnnnis fing man an, die Bräche umzubrechen, aber ganz allmählich, da Schafe
und Ochsen bis zur Stoppel Weide behalten mußten. Winterung wurde durch
das ganze Feld gesäet, Sömmerung nur so weit, als seit neun Jahren Dünger
gekommen war, und wo man weder Gerste noch Hafer zu säen wagte, ver¬
suchte man es mit Buchweizen. Dabei war der Hederich so arg, daß er kaum
bewältigt werden zu können schien.

Die Ernte von 1804 war oben in Möglin schlecht, desto besser aber unten
in Königshof der Ertrag an Hen. Thaer kaufte deshalb Stroh an und ließ
das Vieh früher heraufbringen, wo es mit Heu aufs Kräftigste gefüttert werden
konnte, bis im Sommer die Wicken, die er, so weit der Dünger reichte, aus¬
säen ließ, zur grünen Fütterung herankamen. Unter alle gedüngte Winterung
wurde im Frühjahr Klee gesäet, Sommerung aber im Jahre 1805 auf der
Höhe gar nicht, dagegen ließ Thaer das ganze bisherige Weideland in Königs¬
hof aufbrechen und mit Hafer und Gerste bestellen. Die Ernte dieses Jahres
war trotz der nassen Witterung gut, sodaß die Stallfütterung ohne Klee durch¬
geführt und noch eine Menge Wickhen gemacht werden konnte.

Das Jahr 1806 ließ sich äußerst günstig an. Der unter der Winterung
gesäete Klee war sehr gut und mehr als genügend für die Stallfütterung, die
Winterung in den gedüngten Wicken vortrefflich. Man begann mit dem Ban


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[0379] von Handelsgewächsen gut geeigneten Vorwerke Königshof unabhängig zu machen, seinen Zwecken in vorzüglicher Weise entsprach. Thaer hatte znerst wenig Glück. Bald nach Uebernahme des Gutes verlor er seine Schafe an den Pocken, worauf er den Fehler beging, den bereits ein¬ geleiteten Ankauf Hochedler Bocke aufzugeben und vorerst von der Unzucht einer Merinoschäferei abzusehen, um an deren Stelle einen durch vorzügliche Exemplare aus seiner alten Wirthschaft bei Celle vermehrten Rindviehstand im Stalle durchzufüttern. Er hatte vierzig Kühe, zwanzig Ochsen starker Art und vier¬ hundert Schafe vorgefunden; allein die Kühe standen nur im Winter in Möglin, die übrige Zeit in Königshof, die Ochsen wurden, wenn sie nicht zu arbeiten hatten, ebenfalls dorthin gebracht, um sich wieder ordentlich auszufressen, und die Schafe mußten oft Hunger leiden, da für sie wenig Weide auf der Bräche, den Stoppeln und in einem kleinen Gehölze vorhanden war. Wiesen gab es in Mögliu nicht, von Königshof wurde nur das für die Pferde nöthige Heu heraufgebracht, das Rindvieh mußte sich im Winter mit Stroh und Kaff be¬ helfen. Im Sommer 1804 waren in der Bräche, zum Theil zu Erbsen, sechzig Morgen vom Hofe aus gedüngt, und weitere zwanzig wurden mit dem noch vor¬ handenen Schafdünger befahren. Nur wenig Land stand in sechsjährigem, etwas mehr in neun- und zwölfjährigem Dünger, das meiste hatte seit un¬ denklichen Zeiten gar keinen bekommen. Alles lag in Dreifeldern. Nach Jo- hnnnis fing man an, die Bräche umzubrechen, aber ganz allmählich, da Schafe und Ochsen bis zur Stoppel Weide behalten mußten. Winterung wurde durch das ganze Feld gesäet, Sömmerung nur so weit, als seit neun Jahren Dünger gekommen war, und wo man weder Gerste noch Hafer zu säen wagte, ver¬ suchte man es mit Buchweizen. Dabei war der Hederich so arg, daß er kaum bewältigt werden zu können schien. Die Ernte von 1804 war oben in Möglin schlecht, desto besser aber unten in Königshof der Ertrag an Hen. Thaer kaufte deshalb Stroh an und ließ das Vieh früher heraufbringen, wo es mit Heu aufs Kräftigste gefüttert werden konnte, bis im Sommer die Wicken, die er, so weit der Dünger reichte, aus¬ säen ließ, zur grünen Fütterung herankamen. Unter alle gedüngte Winterung wurde im Frühjahr Klee gesäet, Sommerung aber im Jahre 1805 auf der Höhe gar nicht, dagegen ließ Thaer das ganze bisherige Weideland in Königs¬ hof aufbrechen und mit Hafer und Gerste bestellen. Die Ernte dieses Jahres war trotz der nassen Witterung gut, sodaß die Stallfütterung ohne Klee durch¬ geführt und noch eine Menge Wickhen gemacht werden konnte. Das Jahr 1806 ließ sich äußerst günstig an. Der unter der Winterung gesäete Klee war sehr gut und mehr als genügend für die Stallfütterung, die Winterung in den gedüngten Wicken vortrefflich. Man begann mit dem Ban

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/379>, abgerufen am 23.07.2024.