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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band.

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Gnma gesandt, um die Flotte an einen Ort zu bringen, wo sie Nachrichten
über Indien einziehen kauu. So landen die Portugiesen in Mozambique,
wo indeß Bacchus bereits in Gestalt eines alten Mohren das Volk gegen sie
aufgewiegelt hat, so daß sie sich nur durch ihre Tapferkeit des tückischen An¬
griffs erwehren, den der Fürst des Landes gegen sie unternimmt. Auf der
Weiterfahrt sucht sie ein Wegweiser irre zu führen, aber Venus bringt ihre
Schützlinge glücklich nach Mvmbaza.

Im zweiten Gesänge sehen wir Bacchus hier den Versuch machen, die
Ankömmlinge zu verderben. Um die Portugiesen glauben zu lassen, das Land
sei von Christen bewohnt, nimmt er die von Vasco ausgeschickten Kundschafter
gastlich in seinem Hause auf, in welchem er der heiligen Jungfrau einen Altar
errichtet hat, vor dem er kniend betet. Aber Venus gewahrt noch zu rechter
Zeit die Gefahr ihrer Freunde und rettet die Flotte derselben, die eben in den
verrütherischen Hafen einlaufen will, mit Hülfe der Nereiden vor dem sichern
Untergange. Der Rettung froh, richtet Vasco ein Gebet an die göttliche Vor¬
sehung um ferneren Beistand, und Venus will zum Empyreum empor, um
dieses Gebet vor Jupiters Thron zu bringen -- eine der schönsten Stellen des
Epos. Jupiter erhört deu Wunsch der Göttin und befiehlt dem Merkur, dem
Vasco im Schlafe den Weg nach Melinda zu beschreiben, dessen Volk die See¬
fahrer freundlich aufnehmen werde. Dieß geschieht denn auch, und der König
von Melinda schließt ein Bündniß mit den Portugiesen, worauf er deren
Führer bittet, ihm die Geschichte seines Vaterlandes zu erzählen.

Im dritten Gesänge beginnt Vasco damit. Nach einer kurzen Beschreibung
Europas erzählt er alle Großthaten der Portugiesen von den ältesten Zeiten
an. Einen Glanzpunkt seines Berichts bildet die tragische Geschichte der Jnez
de Castro, welche 1344 sich heimlich mit dem Infanten Don Pedro vermählt
hatte, worauf dessen Vater Alfons der Vierte sie umbringen ließ.

Der vierte Gesang erzählt die Heldengeschichte Portugals weiter. Der
tapfere Nuno tritt auf. Infolge eines Traumes, in welchem die Stromgötter
des Indus und Ganges den König Manoel zur Eroberung Indiens aufgefordert,
beruft dieser Vasco de Gama zu diesem Unternehmen. Die Abfahrt, bei der
ein Greis sich bitter über die eitlen Bestrebungen der Menschheit äußert, ist
wieder eine der glänzendsten Stellen der Dichtung.

Der fünfte Gesang schildert die bisher während der Reise der Flotte be¬
standenen Abenteuer und Gefahren, beschreibt die Völker Afrikas und berichtet in
Episoden von der Kühnheit der Leute Vaseos. Besonders schön ist hier die Be¬
schreibung einerMasserhvse und die Erscheinung des Sturmriesen Adamastor,
welcher den Schiffern am Vorgebirge der guten Hoffnung entgegentritt.
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Grenzboten I. 1877. 23

Gnma gesandt, um die Flotte an einen Ort zu bringen, wo sie Nachrichten
über Indien einziehen kauu. So landen die Portugiesen in Mozambique,
wo indeß Bacchus bereits in Gestalt eines alten Mohren das Volk gegen sie
aufgewiegelt hat, so daß sie sich nur durch ihre Tapferkeit des tückischen An¬
griffs erwehren, den der Fürst des Landes gegen sie unternimmt. Auf der
Weiterfahrt sucht sie ein Wegweiser irre zu führen, aber Venus bringt ihre
Schützlinge glücklich nach Mvmbaza.

Im zweiten Gesänge sehen wir Bacchus hier den Versuch machen, die
Ankömmlinge zu verderben. Um die Portugiesen glauben zu lassen, das Land
sei von Christen bewohnt, nimmt er die von Vasco ausgeschickten Kundschafter
gastlich in seinem Hause auf, in welchem er der heiligen Jungfrau einen Altar
errichtet hat, vor dem er kniend betet. Aber Venus gewahrt noch zu rechter
Zeit die Gefahr ihrer Freunde und rettet die Flotte derselben, die eben in den
verrütherischen Hafen einlaufen will, mit Hülfe der Nereiden vor dem sichern
Untergange. Der Rettung froh, richtet Vasco ein Gebet an die göttliche Vor¬
sehung um ferneren Beistand, und Venus will zum Empyreum empor, um
dieses Gebet vor Jupiters Thron zu bringen — eine der schönsten Stellen des
Epos. Jupiter erhört deu Wunsch der Göttin und befiehlt dem Merkur, dem
Vasco im Schlafe den Weg nach Melinda zu beschreiben, dessen Volk die See¬
fahrer freundlich aufnehmen werde. Dieß geschieht denn auch, und der König
von Melinda schließt ein Bündniß mit den Portugiesen, worauf er deren
Führer bittet, ihm die Geschichte seines Vaterlandes zu erzählen.

Im dritten Gesänge beginnt Vasco damit. Nach einer kurzen Beschreibung
Europas erzählt er alle Großthaten der Portugiesen von den ältesten Zeiten
an. Einen Glanzpunkt seines Berichts bildet die tragische Geschichte der Jnez
de Castro, welche 1344 sich heimlich mit dem Infanten Don Pedro vermählt
hatte, worauf dessen Vater Alfons der Vierte sie umbringen ließ.

Der vierte Gesang erzählt die Heldengeschichte Portugals weiter. Der
tapfere Nuno tritt auf. Infolge eines Traumes, in welchem die Stromgötter
des Indus und Ganges den König Manoel zur Eroberung Indiens aufgefordert,
beruft dieser Vasco de Gama zu diesem Unternehmen. Die Abfahrt, bei der
ein Greis sich bitter über die eitlen Bestrebungen der Menschheit äußert, ist
wieder eine der glänzendsten Stellen der Dichtung.

Der fünfte Gesang schildert die bisher während der Reise der Flotte be¬
standenen Abenteuer und Gefahren, beschreibt die Völker Afrikas und berichtet in
Episoden von der Kühnheit der Leute Vaseos. Besonders schön ist hier die Be¬
schreibung einerMasserhvse und die Erscheinung des Sturmriesen Adamastor,
welcher den Schiffern am Vorgebirge der guten Hoffnung entgegentritt.
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[0185] Gnma gesandt, um die Flotte an einen Ort zu bringen, wo sie Nachrichten über Indien einziehen kauu. So landen die Portugiesen in Mozambique, wo indeß Bacchus bereits in Gestalt eines alten Mohren das Volk gegen sie aufgewiegelt hat, so daß sie sich nur durch ihre Tapferkeit des tückischen An¬ griffs erwehren, den der Fürst des Landes gegen sie unternimmt. Auf der Weiterfahrt sucht sie ein Wegweiser irre zu führen, aber Venus bringt ihre Schützlinge glücklich nach Mvmbaza. Im zweiten Gesänge sehen wir Bacchus hier den Versuch machen, die Ankömmlinge zu verderben. Um die Portugiesen glauben zu lassen, das Land sei von Christen bewohnt, nimmt er die von Vasco ausgeschickten Kundschafter gastlich in seinem Hause auf, in welchem er der heiligen Jungfrau einen Altar errichtet hat, vor dem er kniend betet. Aber Venus gewahrt noch zu rechter Zeit die Gefahr ihrer Freunde und rettet die Flotte derselben, die eben in den verrütherischen Hafen einlaufen will, mit Hülfe der Nereiden vor dem sichern Untergange. Der Rettung froh, richtet Vasco ein Gebet an die göttliche Vor¬ sehung um ferneren Beistand, und Venus will zum Empyreum empor, um dieses Gebet vor Jupiters Thron zu bringen — eine der schönsten Stellen des Epos. Jupiter erhört deu Wunsch der Göttin und befiehlt dem Merkur, dem Vasco im Schlafe den Weg nach Melinda zu beschreiben, dessen Volk die See¬ fahrer freundlich aufnehmen werde. Dieß geschieht denn auch, und der König von Melinda schließt ein Bündniß mit den Portugiesen, worauf er deren Führer bittet, ihm die Geschichte seines Vaterlandes zu erzählen. Im dritten Gesänge beginnt Vasco damit. Nach einer kurzen Beschreibung Europas erzählt er alle Großthaten der Portugiesen von den ältesten Zeiten an. Einen Glanzpunkt seines Berichts bildet die tragische Geschichte der Jnez de Castro, welche 1344 sich heimlich mit dem Infanten Don Pedro vermählt hatte, worauf dessen Vater Alfons der Vierte sie umbringen ließ. Der vierte Gesang erzählt die Heldengeschichte Portugals weiter. Der tapfere Nuno tritt auf. Infolge eines Traumes, in welchem die Stromgötter des Indus und Ganges den König Manoel zur Eroberung Indiens aufgefordert, beruft dieser Vasco de Gama zu diesem Unternehmen. Die Abfahrt, bei der ein Greis sich bitter über die eitlen Bestrebungen der Menschheit äußert, ist wieder eine der glänzendsten Stellen der Dichtung. Der fünfte Gesang schildert die bisher während der Reise der Flotte be¬ standenen Abenteuer und Gefahren, beschreibt die Völker Afrikas und berichtet in Episoden von der Kühnheit der Leute Vaseos. Besonders schön ist hier die Be¬ schreibung einerMasserhvse und die Erscheinung des Sturmriesen Adamastor, welcher den Schiffern am Vorgebirge der guten Hoffnung entgegentritt. ' Grenzboten I. 1877. 23

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157640/185>, abgerufen am 23.07.2024.