Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.Plastische Darstellungen dieser Scene mit vollrunden Figuren kommen Abbildungen dieses Werkes sind nicht selten. Eine alte, sehr sorg¬ Der Englische Gruß besteht aus zwei überlebensgroßen (2 Meter hohen) Plastische Darstellungen dieser Scene mit vollrunden Figuren kommen Abbildungen dieses Werkes sind nicht selten. Eine alte, sehr sorg¬ Der Englische Gruß besteht aus zwei überlebensgroßen (2 Meter hohen) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0473" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/136054"/> <p xml:id="ID_1577"> Plastische Darstellungen dieser Scene mit vollrunden Figuren kommen<lb/> am wenigsten häufig vor; doch sind auch solche nicht gerade selten, wie z. B.<lb/> zwei Gruppen in Stein von Adam Krafft, die eine noch heute an dem Hause<lb/> S. Ur. 1 (Winklerstraße 24) zu Nürnberg, die andere jetzt verschwunden aber<lb/> auf einem Kupferstich von Delsenbach noch sichtbar, an dem Hause L. N. 3<lb/> (an der Fleischbrücke) zu Nürnberg zeigen. Sehr selten sind jedoch Darstel¬<lb/> lungen als frei im Raume schwebende Gruppe, wie eine solche Veit Stoß,<lb/> der berühmte Nürnberger Bildschnitzer, einer der vortrefflichsten seiner Zeit<lb/> (geb. um 1450 geht. 1633) im Jahre 1518 gefertigt hat. Es geschah dies<lb/> auf Bestellung des Anton Tucher, der diese Gruppe in den Chor der Lorenz-<lb/> kirche zu Nürnberg stiftete, wo sie noch heute frei von der gewölbten Decke<lb/> herabhängt. Dieser Englische Gruß gehört zu den vorzüglichsten Werken des<lb/> Veit Stoß, ist sein bekanntestes, das am besten beglaubigte und zugleich<lb/> dasjenige, welches den Namen des Meisters in der neuern Zeit populär<lb/> gemacht und seinen Ruhm in alle Weltgegenden getragen hat. Veit Stoß<lb/> soll nach einer Angabe 593, nach einer andern 425 si. dafür erhalten haben.<lb/> Wegen des Preises scheint zwischen dem Besteller und dem Künstler ein Zwie¬<lb/> spalt entstanden zu sein, welchen, wie erzählt wird, Albrecht Dürer als<lb/> Schiedsrichter, der den Werth der Arbeit zu schätzen hatte, beigelegt haben soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_1578"> Abbildungen dieses Werkes sind nicht selten. Eine alte, sehr sorg¬<lb/> fältig ausgeführte, farbige Zeichnung desselben, augenscheinlich das Original<lb/> für den (freilich ziemlich schlechten) Kupferstich in Doppelmayr's Nachrichten<lb/> von Nürnbergischen Künstlern, befindet sich im Besitz der Familie Tucher. —<lb/> Nur flüchtig ist die Abbildung in Wolff's Nürnberger Gedenkbuch. Am<lb/> besten ist der Holzschnitt — die 7 Reliefs noch besonders in größerm Ma߬<lb/> stabe — welche Mathias Bersohn in Warschau im Jahre 1870 in einer in<lb/> Polnischer Sprache geschriebenen Monographie über dieses Werk publicirt<lb/> hat. Eine gute photographische Ansicht hat Joh. Hahn in Nürnberg gefertigt.<lb/> Einzelheiten finden sich auch in Fr. Wagner's „Bildhauerwerke des Mittel-<lb/> alters" und in den „Bildwerken des Mittelalters" von Walther und Lochner.<lb/> Eine vollkommen befriedigende charakteristische Abbildung desselben, wie sie<lb/> z. B. Prof. Fr. Wanderer zeichnen könnte, fehlt noch immer.</p><lb/> <p xml:id="ID_1579" next="#ID_1580"> Der Englische Gruß besteht aus zwei überlebensgroßen (2 Meter hohen)<lb/> vollrunden, stehenden Figuren, die Verkündigung Mariae durch den Engel<lb/> darstellend, welche innerhalb eines großen Rosenkranzes (von etwa 3 Meter<lb/> Durchmesser) sich befinden. Der Erzengel Gabriel ist soeben herabgeschwebt<lb/> und richtet an die Jungfrau Maria seine Verkündigung aus. Er ist mit<lb/> prächtigen Gewändern angethan, hält in der Linken ein Scepter, um welches<lb/> ein Band gewickelt ist, auf diesem Bande befinden sich die Begrüßungsworte<lb/> „H.vo Naria, srg.lig. xlens.,« geschrieben. Ueber seinem Haupte schwebt ein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0473]
Plastische Darstellungen dieser Scene mit vollrunden Figuren kommen
am wenigsten häufig vor; doch sind auch solche nicht gerade selten, wie z. B.
zwei Gruppen in Stein von Adam Krafft, die eine noch heute an dem Hause
S. Ur. 1 (Winklerstraße 24) zu Nürnberg, die andere jetzt verschwunden aber
auf einem Kupferstich von Delsenbach noch sichtbar, an dem Hause L. N. 3
(an der Fleischbrücke) zu Nürnberg zeigen. Sehr selten sind jedoch Darstel¬
lungen als frei im Raume schwebende Gruppe, wie eine solche Veit Stoß,
der berühmte Nürnberger Bildschnitzer, einer der vortrefflichsten seiner Zeit
(geb. um 1450 geht. 1633) im Jahre 1518 gefertigt hat. Es geschah dies
auf Bestellung des Anton Tucher, der diese Gruppe in den Chor der Lorenz-
kirche zu Nürnberg stiftete, wo sie noch heute frei von der gewölbten Decke
herabhängt. Dieser Englische Gruß gehört zu den vorzüglichsten Werken des
Veit Stoß, ist sein bekanntestes, das am besten beglaubigte und zugleich
dasjenige, welches den Namen des Meisters in der neuern Zeit populär
gemacht und seinen Ruhm in alle Weltgegenden getragen hat. Veit Stoß
soll nach einer Angabe 593, nach einer andern 425 si. dafür erhalten haben.
Wegen des Preises scheint zwischen dem Besteller und dem Künstler ein Zwie¬
spalt entstanden zu sein, welchen, wie erzählt wird, Albrecht Dürer als
Schiedsrichter, der den Werth der Arbeit zu schätzen hatte, beigelegt haben soll.
Abbildungen dieses Werkes sind nicht selten. Eine alte, sehr sorg¬
fältig ausgeführte, farbige Zeichnung desselben, augenscheinlich das Original
für den (freilich ziemlich schlechten) Kupferstich in Doppelmayr's Nachrichten
von Nürnbergischen Künstlern, befindet sich im Besitz der Familie Tucher. —
Nur flüchtig ist die Abbildung in Wolff's Nürnberger Gedenkbuch. Am
besten ist der Holzschnitt — die 7 Reliefs noch besonders in größerm Ma߬
stabe — welche Mathias Bersohn in Warschau im Jahre 1870 in einer in
Polnischer Sprache geschriebenen Monographie über dieses Werk publicirt
hat. Eine gute photographische Ansicht hat Joh. Hahn in Nürnberg gefertigt.
Einzelheiten finden sich auch in Fr. Wagner's „Bildhauerwerke des Mittel-
alters" und in den „Bildwerken des Mittelalters" von Walther und Lochner.
Eine vollkommen befriedigende charakteristische Abbildung desselben, wie sie
z. B. Prof. Fr. Wanderer zeichnen könnte, fehlt noch immer.
Der Englische Gruß besteht aus zwei überlebensgroßen (2 Meter hohen)
vollrunden, stehenden Figuren, die Verkündigung Mariae durch den Engel
darstellend, welche innerhalb eines großen Rosenkranzes (von etwa 3 Meter
Durchmesser) sich befinden. Der Erzengel Gabriel ist soeben herabgeschwebt
und richtet an die Jungfrau Maria seine Verkündigung aus. Er ist mit
prächtigen Gewändern angethan, hält in der Linken ein Scepter, um welches
ein Band gewickelt ist, auf diesem Bande befinden sich die Begrüßungsworte
„H.vo Naria, srg.lig. xlens.,« geschrieben. Ueber seinem Haupte schwebt ein
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