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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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ein Pessimist; allein der Erstere scheint uns für seine Anschauungen wenigstens
ebenso viel realen Boden zu haben, als der Letztere. Jedenfalls sind die
Bemühungen von Schurz der edelsten und patriotischsten Art; und wenn
Becker Herrn Schurz aufgefordert hat, ihn zu widerlegen, so wird er kaum
eine andere Antwort erhalten, als sie etwa in dem besprochenen Aufruf ent¬
halten ist. Das ganze politische Handeln von Schurz wird die beste Ant¬
wort sein. Im Uebrigen ist es immer leichter, die schwarzen Seiten einer
Sache herauszukehren, als dieselben abzustellen. Die Feinde des Deutschen
Reiches können nicht schwarze Seiten genug an demselben auffinden; das
hindert aber die Freunde des Deutschen Reiches nicht, an dessen Fortbestehen
und Gedeihen im besten Vertrauen auf die gute Sache mit aller Kraft fort¬
zuarbeiten. Die Freunde und Anhänger der nordamerikanischen Union --
und zu diesen zählt Karl Schurz in erster Linie -- haben aber von ihrem
Standpunkte aus dasselbe Recht und dieselbe Pflicht und dürfen sich die Aus¬
übung dieses Rechtes und dieser Pflicht zu Gunsten der Union nur zur Ehre
Rud. Doehn. anrechnen.




Der englische Hrusz von Weit Stoß in der Lorenz-Mrche
zu Mrnberg.

Der Englische Gruß ist die alte, im fünfzehnten und sechzehnten Jahr¬
hundert allgemein gebräuchliche Bezeichnung für diejenige Scene der biblischen
Geschichte, welche wir heute gewöhnlich als "Verkündigung Mariae" zu be¬
zeichnen pflegen und welche in der Kunst des Mittelalters sowohl gemalt
und gezeichnet, als plastisch, meist in Relief, unendlich oft und zwar meist in
der bekannten schon früh typisch gewordenen Weise dargestellt worden ist.

Diese Darstellung beruht aus einer Erzählung des Evangelisten Lucas,
nach welchem der Engel Gabriel, von Gott gesendet, im Hause der Maria
zu Nazareth erschienen sein, sie mit den Worten: "Sei gegrüßt, Holdselige.
Der Herr ist mit Dir, Du Gesegnete unter allen Frauen" angeredet und der
über diese Erscheinung Erschrockenen dann mitgetheilt haben soll, daß sie von
Gott ausersehen sei, die jungfräuliche Mutter des Heilandes zu werden. Der
Engel wird gewöhnlich herabschwebend, sich vor Maria auf ein Knie nieder¬
lassend und Maria im Gebet begriffen, dargestellt. Doch finden sich, je dem
Material, der Art der Technik, dem Format, der Bestimmung, der Indivi¬
dualität des Künstlers u. s. w. entsprechend, auch mancherlei kleine Abweich¬
ungen davon.


ein Pessimist; allein der Erstere scheint uns für seine Anschauungen wenigstens
ebenso viel realen Boden zu haben, als der Letztere. Jedenfalls sind die
Bemühungen von Schurz der edelsten und patriotischsten Art; und wenn
Becker Herrn Schurz aufgefordert hat, ihn zu widerlegen, so wird er kaum
eine andere Antwort erhalten, als sie etwa in dem besprochenen Aufruf ent¬
halten ist. Das ganze politische Handeln von Schurz wird die beste Ant¬
wort sein. Im Uebrigen ist es immer leichter, die schwarzen Seiten einer
Sache herauszukehren, als dieselben abzustellen. Die Feinde des Deutschen
Reiches können nicht schwarze Seiten genug an demselben auffinden; das
hindert aber die Freunde des Deutschen Reiches nicht, an dessen Fortbestehen
und Gedeihen im besten Vertrauen auf die gute Sache mit aller Kraft fort¬
zuarbeiten. Die Freunde und Anhänger der nordamerikanischen Union —
und zu diesen zählt Karl Schurz in erster Linie — haben aber von ihrem
Standpunkte aus dasselbe Recht und dieselbe Pflicht und dürfen sich die Aus¬
übung dieses Rechtes und dieser Pflicht zu Gunsten der Union nur zur Ehre
Rud. Doehn. anrechnen.




Der englische Hrusz von Weit Stoß in der Lorenz-Mrche
zu Mrnberg.

Der Englische Gruß ist die alte, im fünfzehnten und sechzehnten Jahr¬
hundert allgemein gebräuchliche Bezeichnung für diejenige Scene der biblischen
Geschichte, welche wir heute gewöhnlich als „Verkündigung Mariae" zu be¬
zeichnen pflegen und welche in der Kunst des Mittelalters sowohl gemalt
und gezeichnet, als plastisch, meist in Relief, unendlich oft und zwar meist in
der bekannten schon früh typisch gewordenen Weise dargestellt worden ist.

Diese Darstellung beruht aus einer Erzählung des Evangelisten Lucas,
nach welchem der Engel Gabriel, von Gott gesendet, im Hause der Maria
zu Nazareth erschienen sein, sie mit den Worten: „Sei gegrüßt, Holdselige.
Der Herr ist mit Dir, Du Gesegnete unter allen Frauen" angeredet und der
über diese Erscheinung Erschrockenen dann mitgetheilt haben soll, daß sie von
Gott ausersehen sei, die jungfräuliche Mutter des Heilandes zu werden. Der
Engel wird gewöhnlich herabschwebend, sich vor Maria auf ein Knie nieder¬
lassend und Maria im Gebet begriffen, dargestellt. Doch finden sich, je dem
Material, der Art der Technik, dem Format, der Bestimmung, der Indivi¬
dualität des Künstlers u. s. w. entsprechend, auch mancherlei kleine Abweich¬
ungen davon.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/472>, abgerufen am 27.11.2024.