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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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Frankfurt a. M., als sie die Actien der namentlich von der "Ungko-öster-
reichischen Bank" in Wien gegründeten "Allgemeinen Gesellschaft für Jm-
mobiliar> Credit und Bauten in Italien" an dortiger Börse einführte, den
Handelsredacteur der Franks. Ztg., Herrn Doctor, "die rechte Hand Sonne-
mann's", mit 160000 Fras. betheiltgt und auf Einsprache der Gründerei er-
klärt, es sei dies "absolut unerläßlich, wie es überhaupt in Frankfurt Sitte
sei, bei neuen Emissionen die Franks. Ztg., das einflußreichste Blatt Süd¬
deutschlands, mit 1<V<> des Kapitals zu betheiligen". Ferner habe 1872 das
Syndicat, "welches die von der "deutschen Vereinsbank" ausgegebenen Actien
der "Deutschen Effecten- und Wechselbank" an der Frankfurter Börse einführte,
sowohl Sonnemann als Doctor mit 500 Actien betheiligt, infolge dessen
jeder von Beiden "einen Gewinn von rund 12000 Gib. eingesäckelt" habe.

Nicht so deutlich als in diesem Falle sind die Beschuldigungen gegen die
Rat.-Z. zugespitzt. Während dort der Angriff zunächst innerhalb der demo¬
kratischen Partei sich abspielt, wurde er hier von altconservativer Seite gegen
ein nationalliberales Blatt erhoben. Derselbe ging aus vom früheren Land¬
rath von Diest-Daber, welcher im Februar vor. Jahres auf dem Congreß deut¬
scher Landwirthe eine Aeußerung des im Januar v. Jahres verstorbenen
Chefredaeteurs der Rat.-Z. Dr. Zabel mittheilte, wonach derselbe keinem seiner
Redacteur-Collegen "die Kritik von Schriften, welche gegen die Geldmacht und
die Börse gerichtet" seien und wie Diest eine eingereicht hatte, "anvertrauen
könne"; er, Zabel, habe geglaubt, endlich einen von der Börse unabhängigen
Mann, den er genannt habe, gefunden zu haben, er habe sich aber vom
Gegentheil überzeugen müssen. Alle jene acht Redacteure sandten hierauf, ob¬
wohl der Eigenthümer des Blattes, Dr. B. Wolfs, gerathen haben soll, die
Sache zu ignoriren, Herrn von Diest, dem Congresse und dem Fürsten
Bismarck, welchem Diest dieselbe Mittheilung gemacht hatte, eine
Erklärung, wonach zufolge ihrer Kenntniß des Characters Zabel's, mit dem
sie stets in Collegialität verbunden gewesen, dessen Aeußerung schwerlich in
dem Sinne gemeint gewesen sei, welchen von Diest ihr glaube beilegen zu
müssen und setzten der von letzterem "leichtfertig" angezweifelten Reinheit
ihres Verhaltens einfach ihre Namen entgegen. Von Diest hielt in dem Con¬
gresse seine Aeußerung aufrecht, mit welcher er "den Einfluß der Geldmächte
und der Börse auf die Presse" den Landwirthen hatte "kennzeichnen" wollen.
Es wäre nun offenbar Sache dieser Redacteure gewesen, gerichtliche Klage
auf Verläumdung gegen Diest zu erheben; allein inzwischen erhielt die Spitze
des Angriffs eine Rectification; zwar nicht Seiten von Diest's, wohl aber von
Seiten des Organs seiner Partei, der Kreuz-Ztg. und in Pamphleten, welche
derselben Partei oder wenigstens dem Theile derselben beigemessen wurden,
welcher sich die agrarische Agitation gegen das Überhandnehmen des Börsen-


Frankfurt a. M., als sie die Actien der namentlich von der „Ungko-öster-
reichischen Bank" in Wien gegründeten „Allgemeinen Gesellschaft für Jm-
mobiliar> Credit und Bauten in Italien" an dortiger Börse einführte, den
Handelsredacteur der Franks. Ztg., Herrn Doctor, „die rechte Hand Sonne-
mann's", mit 160000 Fras. betheiltgt und auf Einsprache der Gründerei er-
klärt, es sei dies „absolut unerläßlich, wie es überhaupt in Frankfurt Sitte
sei, bei neuen Emissionen die Franks. Ztg., das einflußreichste Blatt Süd¬
deutschlands, mit 1<V<> des Kapitals zu betheiligen". Ferner habe 1872 das
Syndicat, „welches die von der „deutschen Vereinsbank" ausgegebenen Actien
der „Deutschen Effecten- und Wechselbank" an der Frankfurter Börse einführte,
sowohl Sonnemann als Doctor mit 500 Actien betheiligt, infolge dessen
jeder von Beiden „einen Gewinn von rund 12000 Gib. eingesäckelt" habe.

Nicht so deutlich als in diesem Falle sind die Beschuldigungen gegen die
Rat.-Z. zugespitzt. Während dort der Angriff zunächst innerhalb der demo¬
kratischen Partei sich abspielt, wurde er hier von altconservativer Seite gegen
ein nationalliberales Blatt erhoben. Derselbe ging aus vom früheren Land¬
rath von Diest-Daber, welcher im Februar vor. Jahres auf dem Congreß deut¬
scher Landwirthe eine Aeußerung des im Januar v. Jahres verstorbenen
Chefredaeteurs der Rat.-Z. Dr. Zabel mittheilte, wonach derselbe keinem seiner
Redacteur-Collegen „die Kritik von Schriften, welche gegen die Geldmacht und
die Börse gerichtet" seien und wie Diest eine eingereicht hatte, „anvertrauen
könne"; er, Zabel, habe geglaubt, endlich einen von der Börse unabhängigen
Mann, den er genannt habe, gefunden zu haben, er habe sich aber vom
Gegentheil überzeugen müssen. Alle jene acht Redacteure sandten hierauf, ob¬
wohl der Eigenthümer des Blattes, Dr. B. Wolfs, gerathen haben soll, die
Sache zu ignoriren, Herrn von Diest, dem Congresse und dem Fürsten
Bismarck, welchem Diest dieselbe Mittheilung gemacht hatte, eine
Erklärung, wonach zufolge ihrer Kenntniß des Characters Zabel's, mit dem
sie stets in Collegialität verbunden gewesen, dessen Aeußerung schwerlich in
dem Sinne gemeint gewesen sei, welchen von Diest ihr glaube beilegen zu
müssen und setzten der von letzterem „leichtfertig" angezweifelten Reinheit
ihres Verhaltens einfach ihre Namen entgegen. Von Diest hielt in dem Con¬
gresse seine Aeußerung aufrecht, mit welcher er „den Einfluß der Geldmächte
und der Börse auf die Presse" den Landwirthen hatte „kennzeichnen" wollen.
Es wäre nun offenbar Sache dieser Redacteure gewesen, gerichtliche Klage
auf Verläumdung gegen Diest zu erheben; allein inzwischen erhielt die Spitze
des Angriffs eine Rectification; zwar nicht Seiten von Diest's, wohl aber von
Seiten des Organs seiner Partei, der Kreuz-Ztg. und in Pamphleten, welche
derselben Partei oder wenigstens dem Theile derselben beigemessen wurden,
welcher sich die agrarische Agitation gegen das Überhandnehmen des Börsen-


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[0436] Frankfurt a. M., als sie die Actien der namentlich von der „Ungko-öster- reichischen Bank" in Wien gegründeten „Allgemeinen Gesellschaft für Jm- mobiliar> Credit und Bauten in Italien" an dortiger Börse einführte, den Handelsredacteur der Franks. Ztg., Herrn Doctor, „die rechte Hand Sonne- mann's", mit 160000 Fras. betheiltgt und auf Einsprache der Gründerei er- klärt, es sei dies „absolut unerläßlich, wie es überhaupt in Frankfurt Sitte sei, bei neuen Emissionen die Franks. Ztg., das einflußreichste Blatt Süd¬ deutschlands, mit 1<V<> des Kapitals zu betheiligen". Ferner habe 1872 das Syndicat, „welches die von der „deutschen Vereinsbank" ausgegebenen Actien der „Deutschen Effecten- und Wechselbank" an der Frankfurter Börse einführte, sowohl Sonnemann als Doctor mit 500 Actien betheiligt, infolge dessen jeder von Beiden „einen Gewinn von rund 12000 Gib. eingesäckelt" habe. Nicht so deutlich als in diesem Falle sind die Beschuldigungen gegen die Rat.-Z. zugespitzt. Während dort der Angriff zunächst innerhalb der demo¬ kratischen Partei sich abspielt, wurde er hier von altconservativer Seite gegen ein nationalliberales Blatt erhoben. Derselbe ging aus vom früheren Land¬ rath von Diest-Daber, welcher im Februar vor. Jahres auf dem Congreß deut¬ scher Landwirthe eine Aeußerung des im Januar v. Jahres verstorbenen Chefredaeteurs der Rat.-Z. Dr. Zabel mittheilte, wonach derselbe keinem seiner Redacteur-Collegen „die Kritik von Schriften, welche gegen die Geldmacht und die Börse gerichtet" seien und wie Diest eine eingereicht hatte, „anvertrauen könne"; er, Zabel, habe geglaubt, endlich einen von der Börse unabhängigen Mann, den er genannt habe, gefunden zu haben, er habe sich aber vom Gegentheil überzeugen müssen. Alle jene acht Redacteure sandten hierauf, ob¬ wohl der Eigenthümer des Blattes, Dr. B. Wolfs, gerathen haben soll, die Sache zu ignoriren, Herrn von Diest, dem Congresse und dem Fürsten Bismarck, welchem Diest dieselbe Mittheilung gemacht hatte, eine Erklärung, wonach zufolge ihrer Kenntniß des Characters Zabel's, mit dem sie stets in Collegialität verbunden gewesen, dessen Aeußerung schwerlich in dem Sinne gemeint gewesen sei, welchen von Diest ihr glaube beilegen zu müssen und setzten der von letzterem „leichtfertig" angezweifelten Reinheit ihres Verhaltens einfach ihre Namen entgegen. Von Diest hielt in dem Con¬ gresse seine Aeußerung aufrecht, mit welcher er „den Einfluß der Geldmächte und der Börse auf die Presse" den Landwirthen hatte „kennzeichnen" wollen. Es wäre nun offenbar Sache dieser Redacteure gewesen, gerichtliche Klage auf Verläumdung gegen Diest zu erheben; allein inzwischen erhielt die Spitze des Angriffs eine Rectification; zwar nicht Seiten von Diest's, wohl aber von Seiten des Organs seiner Partei, der Kreuz-Ztg. und in Pamphleten, welche derselben Partei oder wenigstens dem Theile derselben beigemessen wurden, welcher sich die agrarische Agitation gegen das Überhandnehmen des Börsen-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/436>, abgerufen am 27.07.2024.