Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

hat meine Stimme, die in der "Oberschl. Grenzzeitung" unablässig für die
Verdeutschung des Namens (ich schlug "Zabern" vor) erhoben wurde, nicht
den geringsten Widerhall gefunden und anscheinend sollen nach dem Verlangen
des bereits erwähnten Arztes in Beuthen wir an diesem Namen (ursprünglich
2", briiöM, hinter dem Berge) die polnische Mitlauter-Häufung ti-2 erlernen
unsere Sprache mit dem sanften Laute 2, der hier wie das französische j
ausgesprochen wird, bereichern.

Mit mehr Wahrscheinlichkeit wird man freilich dadurch erreichen, daß
man im übrigen Deutschland fortfahren wird, die Oberschlesier nur für Halb¬
deutsche mit einer Halbkultur anzusehen.




Wilder aus dem Llsaß.
Zabern.

Wer die römischen Karten durchmustert, auf denen die Provinzen des
alten Weltreichs zergliedert und die Heerstraßen desselben verzeichnet waren,
der findet im Bogesenland eine Beste, deren seltsamer Name Tabernae lautet.
Von Tres Tabernae spricht Ammian Marcellinus, denn neben der Stadt im
Elsaß waren noch Rhein- und Bergzabern bekannt, andere aber meinen, daß
die Stadt schon damals in drei Theile geschieden war, und daß so die Ziffer
in den Begriff hineinkam.

Ihre Lage ist ebenso schön als bedeutsam, der Kanal der vom Rhein
zur Marne führt, belebt die Landschaft, stolze Ruinen schauen von allen
Seiten herab und prächtig steigen die Vogesen auf mit ihrem retchen Walde.
Es ist eine Stätte, die bestimmt schien, den Uebergang über die Berge zu
beherrschen. In diesem Sinne waren denn auch die Verschanzungen gebant.
Welche die Römer der Kaiserzeit dort angelegt; eine feste Besatzung schützte
den Platz und zahlreiches Handelsvolk war herbeigezogen, um den täglichen
Bedarf der Truppen zu decken.

Ohne sonderlich hervorzuragen, nahm die Stadt an den Ereignissen der
deutschen Geschichte Theil, bis sie im XVI. Jahrhundert der Mittelpunkt
jener furchtbaren Katastrophe ward, die wir unter dem Namen des Bauern¬
krieges verstehen. Wie ein zündender Funke fiel der Nothruf der Hörigen,
der damals erschallte, in die gährende Zeit, lawinenartig wuchs der Anhang
der bewaffneten Schaaren und bald genug standen sie auch vor Zabern und
forderten von den Bürgern den Schwur aus ihre Sache. Es fehlte in der


hat meine Stimme, die in der „Oberschl. Grenzzeitung" unablässig für die
Verdeutschung des Namens (ich schlug „Zabern" vor) erhoben wurde, nicht
den geringsten Widerhall gefunden und anscheinend sollen nach dem Verlangen
des bereits erwähnten Arztes in Beuthen wir an diesem Namen (ursprünglich
2», briiöM, hinter dem Berge) die polnische Mitlauter-Häufung ti-2 erlernen
unsere Sprache mit dem sanften Laute 2, der hier wie das französische j
ausgesprochen wird, bereichern.

Mit mehr Wahrscheinlichkeit wird man freilich dadurch erreichen, daß
man im übrigen Deutschland fortfahren wird, die Oberschlesier nur für Halb¬
deutsche mit einer Halbkultur anzusehen.




Wilder aus dem Llsaß.
Zabern.

Wer die römischen Karten durchmustert, auf denen die Provinzen des
alten Weltreichs zergliedert und die Heerstraßen desselben verzeichnet waren,
der findet im Bogesenland eine Beste, deren seltsamer Name Tabernae lautet.
Von Tres Tabernae spricht Ammian Marcellinus, denn neben der Stadt im
Elsaß waren noch Rhein- und Bergzabern bekannt, andere aber meinen, daß
die Stadt schon damals in drei Theile geschieden war, und daß so die Ziffer
in den Begriff hineinkam.

Ihre Lage ist ebenso schön als bedeutsam, der Kanal der vom Rhein
zur Marne führt, belebt die Landschaft, stolze Ruinen schauen von allen
Seiten herab und prächtig steigen die Vogesen auf mit ihrem retchen Walde.
Es ist eine Stätte, die bestimmt schien, den Uebergang über die Berge zu
beherrschen. In diesem Sinne waren denn auch die Verschanzungen gebant.
Welche die Römer der Kaiserzeit dort angelegt; eine feste Besatzung schützte
den Platz und zahlreiches Handelsvolk war herbeigezogen, um den täglichen
Bedarf der Truppen zu decken.

Ohne sonderlich hervorzuragen, nahm die Stadt an den Ereignissen der
deutschen Geschichte Theil, bis sie im XVI. Jahrhundert der Mittelpunkt
jener furchtbaren Katastrophe ward, die wir unter dem Namen des Bauern¬
krieges verstehen. Wie ein zündender Funke fiel der Nothruf der Hörigen,
der damals erschallte, in die gährende Zeit, lawinenartig wuchs der Anhang
der bewaffneten Schaaren und bald genug standen sie auch vor Zabern und
forderten von den Bürgern den Schwur aus ihre Sache. Es fehlte in der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0305" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135886"/>
          <p xml:id="ID_988" prev="#ID_987"> hat meine Stimme, die in der &#x201E;Oberschl. Grenzzeitung" unablässig für die<lb/>
Verdeutschung des Namens (ich schlug &#x201E;Zabern" vor) erhoben wurde, nicht<lb/>
den geringsten Widerhall gefunden und anscheinend sollen nach dem Verlangen<lb/>
des bereits erwähnten Arztes in Beuthen wir an diesem Namen (ursprünglich<lb/>
2», briiöM, hinter dem Berge) die polnische Mitlauter-Häufung ti-2 erlernen<lb/>
unsere Sprache mit dem sanften Laute 2, der hier wie das französische j<lb/>
ausgesprochen wird, bereichern.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_989"> Mit mehr Wahrscheinlichkeit wird man freilich dadurch erreichen, daß<lb/>
man im übrigen Deutschland fortfahren wird, die Oberschlesier nur für Halb¬<lb/>
deutsche mit einer Halbkultur anzusehen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Wilder aus dem Llsaß.<lb/>
Zabern.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_990"> Wer die römischen Karten durchmustert, auf denen die Provinzen des<lb/>
alten Weltreichs zergliedert und die Heerstraßen desselben verzeichnet waren,<lb/>
der findet im Bogesenland eine Beste, deren seltsamer Name Tabernae lautet.<lb/>
Von Tres Tabernae spricht Ammian Marcellinus, denn neben der Stadt im<lb/>
Elsaß waren noch Rhein- und Bergzabern bekannt, andere aber meinen, daß<lb/>
die Stadt schon damals in drei Theile geschieden war, und daß so die Ziffer<lb/>
in den Begriff hineinkam.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_991"> Ihre Lage ist ebenso schön als bedeutsam, der Kanal der vom Rhein<lb/>
zur Marne führt, belebt die Landschaft, stolze Ruinen schauen von allen<lb/>
Seiten herab und prächtig steigen die Vogesen auf mit ihrem retchen Walde.<lb/>
Es ist eine Stätte, die bestimmt schien, den Uebergang über die Berge zu<lb/>
beherrschen. In diesem Sinne waren denn auch die Verschanzungen gebant.<lb/>
Welche die Römer der Kaiserzeit dort angelegt; eine feste Besatzung schützte<lb/>
den Platz und zahlreiches Handelsvolk war herbeigezogen, um den täglichen<lb/>
Bedarf der Truppen zu decken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_992" next="#ID_993"> Ohne sonderlich hervorzuragen, nahm die Stadt an den Ereignissen der<lb/>
deutschen Geschichte Theil, bis sie im XVI. Jahrhundert der Mittelpunkt<lb/>
jener furchtbaren Katastrophe ward, die wir unter dem Namen des Bauern¬<lb/>
krieges verstehen. Wie ein zündender Funke fiel der Nothruf der Hörigen,<lb/>
der damals erschallte, in die gährende Zeit, lawinenartig wuchs der Anhang<lb/>
der bewaffneten Schaaren und bald genug standen sie auch vor Zabern und<lb/>
forderten von den Bürgern den Schwur aus ihre Sache.  Es fehlte in der</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0305] hat meine Stimme, die in der „Oberschl. Grenzzeitung" unablässig für die Verdeutschung des Namens (ich schlug „Zabern" vor) erhoben wurde, nicht den geringsten Widerhall gefunden und anscheinend sollen nach dem Verlangen des bereits erwähnten Arztes in Beuthen wir an diesem Namen (ursprünglich 2», briiöM, hinter dem Berge) die polnische Mitlauter-Häufung ti-2 erlernen unsere Sprache mit dem sanften Laute 2, der hier wie das französische j ausgesprochen wird, bereichern. Mit mehr Wahrscheinlichkeit wird man freilich dadurch erreichen, daß man im übrigen Deutschland fortfahren wird, die Oberschlesier nur für Halb¬ deutsche mit einer Halbkultur anzusehen. Wilder aus dem Llsaß. Zabern. Wer die römischen Karten durchmustert, auf denen die Provinzen des alten Weltreichs zergliedert und die Heerstraßen desselben verzeichnet waren, der findet im Bogesenland eine Beste, deren seltsamer Name Tabernae lautet. Von Tres Tabernae spricht Ammian Marcellinus, denn neben der Stadt im Elsaß waren noch Rhein- und Bergzabern bekannt, andere aber meinen, daß die Stadt schon damals in drei Theile geschieden war, und daß so die Ziffer in den Begriff hineinkam. Ihre Lage ist ebenso schön als bedeutsam, der Kanal der vom Rhein zur Marne führt, belebt die Landschaft, stolze Ruinen schauen von allen Seiten herab und prächtig steigen die Vogesen auf mit ihrem retchen Walde. Es ist eine Stätte, die bestimmt schien, den Uebergang über die Berge zu beherrschen. In diesem Sinne waren denn auch die Verschanzungen gebant. Welche die Römer der Kaiserzeit dort angelegt; eine feste Besatzung schützte den Platz und zahlreiches Handelsvolk war herbeigezogen, um den täglichen Bedarf der Truppen zu decken. Ohne sonderlich hervorzuragen, nahm die Stadt an den Ereignissen der deutschen Geschichte Theil, bis sie im XVI. Jahrhundert der Mittelpunkt jener furchtbaren Katastrophe ward, die wir unter dem Namen des Bauern¬ krieges verstehen. Wie ein zündender Funke fiel der Nothruf der Hörigen, der damals erschallte, in die gährende Zeit, lawinenartig wuchs der Anhang der bewaffneten Schaaren und bald genug standen sie auch vor Zabern und forderten von den Bürgern den Schwur aus ihre Sache. Es fehlte in der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/305
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/305>, abgerufen am 27.11.2024.