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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band.

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aber ein vollendeter Strolch, der sich auf irgend eine Art und Weise hinein¬
gesalbt hatte, um auf diese leichte und. bequeme Art seine Existenz zu fristen.

In einer feierlichen Zusammenkunft der beiden Stämme der Navajos
und Pimos wurde beschlossen, die hohe "Tanzende Gottheit" sicher in dieser
Kapelle zu verwahren; beide Stämme wollten sich hinfort in die Anbetung
der Gottheit theilen; die Pimos verpflichteten sich feierlichst, dieselbe zu ver¬
wahren und zu schützen und Alles zu thun, was derselben angenehm sein
möchte. Gegen diese Beschlüsse erhob sich nur eine Stimme und zwar die des
Paters der Kapelle, Jose Maria Jtzliputzlititl, welcher bezweifelte, daß der Cul¬
tus des Tanz-Gottes mit der christlichen Religion in allen Beziehungen zu
vereinigen sei. Aber jedenfalls, möge diese Frage bejahend oder verneinend
beantwortet werden, solle man bedenken, welche außerordentliche Vermehrung
an Mühen, Sorgen und Ausgaben durch diesen Zuwachs der Heiligen den
Pimos und ihm selbst entstünden. -- Hierauf antwortete in langer Rede und
mit großer Feierlichkeit der große Medicinmann der Navajos. Schon sein
Erheben vom Sitze geschah langsam, überlegt und feierlich imponirend daß
man wohl erwarten konnte, das nun Folgende werde nicht nur würdevoll
sondern anch niederschmetternd sein. Nachdem er den geehrten Vorredner
dessen Unbedeutendheit ihm selbst gegenüber ruhig aber ausreichend darge¬
legt hatte, sagte er: "Da eine meiner geringsten Eigenschaften die Allwissen¬
heit ist, so ist es eine Freude für mich, auf die Fragen meines würdigen
College" genügende Antwort ertheilen zu können. Die Frage ist: "enthält
des Blaßgesichts Zauberwerks einen Tanz-Gott?" Nein es ist, wie alle wohl
wissen, der echte Tanz-Gott selbst. Der Gott, von welchem unsere Sagen und
Traditionen sprechen, ist ihnen nun durch die Freunde, die Langmesser, zur
Bewachung angeboten. Aber, abgesehen von Allem, so ist, denke ich, auch
hier der Satz richtig: wer eine Büffeldecke prüfen will, muß sie umlegen!
Laßt die tanzende Gottheit im Tempel der Pimos aufbewahrt werden und
läßt sie sich nicht gut an, so kann man dieselbe dann immer noch aus dem
Tempel hinauswerfen. Ich bedauere unendlich, die Unwissenheit meines
Bruder-Medieinmannes in Sachen seines eigenen Cultus aufdecken zu
müssen. Derselbe scheint die ersten Maximen der christlichen Religion vergessen
zu haben: "Liebet Euch unter einander u. s. w.l" Glaubt Jemand, daß wenn
die Götter das befehlen, sie selber sich gegenseitig anfeinden werden? Hugh!
Wenn es nicht anders angeht, würde ich mich genöthigt sehen, selbst das Amt
meines Bruder-Medicinmanns mit zu übernehmen, und der erste Schritt,
den ich dann als Navajo-Pieno-Medicin-Pater thun müßte, wäre
meines Bruder-Mediciners Skalp zu nehmen und den vereinigten Göttern
zum Opfer zu bringen!"

Es braucht nicht besonders betont zu werden, daß diese Rede die Frage

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aber ein vollendeter Strolch, der sich auf irgend eine Art und Weise hinein¬
gesalbt hatte, um auf diese leichte und. bequeme Art seine Existenz zu fristen.

In einer feierlichen Zusammenkunft der beiden Stämme der Navajos
und Pimos wurde beschlossen, die hohe „Tanzende Gottheit" sicher in dieser
Kapelle zu verwahren; beide Stämme wollten sich hinfort in die Anbetung
der Gottheit theilen; die Pimos verpflichteten sich feierlichst, dieselbe zu ver¬
wahren und zu schützen und Alles zu thun, was derselben angenehm sein
möchte. Gegen diese Beschlüsse erhob sich nur eine Stimme und zwar die des
Paters der Kapelle, Jose Maria Jtzliputzlititl, welcher bezweifelte, daß der Cul¬
tus des Tanz-Gottes mit der christlichen Religion in allen Beziehungen zu
vereinigen sei. Aber jedenfalls, möge diese Frage bejahend oder verneinend
beantwortet werden, solle man bedenken, welche außerordentliche Vermehrung
an Mühen, Sorgen und Ausgaben durch diesen Zuwachs der Heiligen den
Pimos und ihm selbst entstünden. — Hierauf antwortete in langer Rede und
mit großer Feierlichkeit der große Medicinmann der Navajos. Schon sein
Erheben vom Sitze geschah langsam, überlegt und feierlich imponirend daß
man wohl erwarten konnte, das nun Folgende werde nicht nur würdevoll
sondern anch niederschmetternd sein. Nachdem er den geehrten Vorredner
dessen Unbedeutendheit ihm selbst gegenüber ruhig aber ausreichend darge¬
legt hatte, sagte er: „Da eine meiner geringsten Eigenschaften die Allwissen¬
heit ist, so ist es eine Freude für mich, auf die Fragen meines würdigen
College« genügende Antwort ertheilen zu können. Die Frage ist: „enthält
des Blaßgesichts Zauberwerks einen Tanz-Gott?" Nein es ist, wie alle wohl
wissen, der echte Tanz-Gott selbst. Der Gott, von welchem unsere Sagen und
Traditionen sprechen, ist ihnen nun durch die Freunde, die Langmesser, zur
Bewachung angeboten. Aber, abgesehen von Allem, so ist, denke ich, auch
hier der Satz richtig: wer eine Büffeldecke prüfen will, muß sie umlegen!
Laßt die tanzende Gottheit im Tempel der Pimos aufbewahrt werden und
läßt sie sich nicht gut an, so kann man dieselbe dann immer noch aus dem
Tempel hinauswerfen. Ich bedauere unendlich, die Unwissenheit meines
Bruder-Medieinmannes in Sachen seines eigenen Cultus aufdecken zu
müssen. Derselbe scheint die ersten Maximen der christlichen Religion vergessen
zu haben: „Liebet Euch unter einander u. s. w.l" Glaubt Jemand, daß wenn
die Götter das befehlen, sie selber sich gegenseitig anfeinden werden? Hugh!
Wenn es nicht anders angeht, würde ich mich genöthigt sehen, selbst das Amt
meines Bruder-Medicinmanns mit zu übernehmen, und der erste Schritt,
den ich dann als Navajo-Pieno-Medicin-Pater thun müßte, wäre
meines Bruder-Mediciners Skalp zu nehmen und den vereinigten Göttern
zum Opfer zu bringen!"

Es braucht nicht besonders betont zu werden, daß diese Rede die Frage

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[0190] aber ein vollendeter Strolch, der sich auf irgend eine Art und Weise hinein¬ gesalbt hatte, um auf diese leichte und. bequeme Art seine Existenz zu fristen. In einer feierlichen Zusammenkunft der beiden Stämme der Navajos und Pimos wurde beschlossen, die hohe „Tanzende Gottheit" sicher in dieser Kapelle zu verwahren; beide Stämme wollten sich hinfort in die Anbetung der Gottheit theilen; die Pimos verpflichteten sich feierlichst, dieselbe zu ver¬ wahren und zu schützen und Alles zu thun, was derselben angenehm sein möchte. Gegen diese Beschlüsse erhob sich nur eine Stimme und zwar die des Paters der Kapelle, Jose Maria Jtzliputzlititl, welcher bezweifelte, daß der Cul¬ tus des Tanz-Gottes mit der christlichen Religion in allen Beziehungen zu vereinigen sei. Aber jedenfalls, möge diese Frage bejahend oder verneinend beantwortet werden, solle man bedenken, welche außerordentliche Vermehrung an Mühen, Sorgen und Ausgaben durch diesen Zuwachs der Heiligen den Pimos und ihm selbst entstünden. — Hierauf antwortete in langer Rede und mit großer Feierlichkeit der große Medicinmann der Navajos. Schon sein Erheben vom Sitze geschah langsam, überlegt und feierlich imponirend daß man wohl erwarten konnte, das nun Folgende werde nicht nur würdevoll sondern anch niederschmetternd sein. Nachdem er den geehrten Vorredner dessen Unbedeutendheit ihm selbst gegenüber ruhig aber ausreichend darge¬ legt hatte, sagte er: „Da eine meiner geringsten Eigenschaften die Allwissen¬ heit ist, so ist es eine Freude für mich, auf die Fragen meines würdigen College« genügende Antwort ertheilen zu können. Die Frage ist: „enthält des Blaßgesichts Zauberwerks einen Tanz-Gott?" Nein es ist, wie alle wohl wissen, der echte Tanz-Gott selbst. Der Gott, von welchem unsere Sagen und Traditionen sprechen, ist ihnen nun durch die Freunde, die Langmesser, zur Bewachung angeboten. Aber, abgesehen von Allem, so ist, denke ich, auch hier der Satz richtig: wer eine Büffeldecke prüfen will, muß sie umlegen! Laßt die tanzende Gottheit im Tempel der Pimos aufbewahrt werden und läßt sie sich nicht gut an, so kann man dieselbe dann immer noch aus dem Tempel hinauswerfen. Ich bedauere unendlich, die Unwissenheit meines Bruder-Medieinmannes in Sachen seines eigenen Cultus aufdecken zu müssen. Derselbe scheint die ersten Maximen der christlichen Religion vergessen zu haben: „Liebet Euch unter einander u. s. w.l" Glaubt Jemand, daß wenn die Götter das befehlen, sie selber sich gegenseitig anfeinden werden? Hugh! Wenn es nicht anders angeht, würde ich mich genöthigt sehen, selbst das Amt meines Bruder-Medicinmanns mit zu übernehmen, und der erste Schritt, den ich dann als Navajo-Pieno-Medicin-Pater thun müßte, wäre meines Bruder-Mediciners Skalp zu nehmen und den vereinigten Göttern zum Opfer zu bringen!" Es braucht nicht besonders betont zu werden, daß diese Rede die Frage I

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157638/190>, abgerufen am 27.11.2024.