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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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Paragraph 19 ist politischen Inhalts. Es heißt hier: "Der Präsident,
der Congreß, die Landesversammlungen, die Gouverneure und die Staats¬
gesetzgebungen als die Abgeordneten des Volkes nach der Regelung und
Machtübertragung, welche die Verfassung der vereinigten Staaten und die
Verfassungen ihrer bezüglichen Einzelstaaten verfügen, sind die Regierenden
der und in den Vereinigten Staaten. Und diese Staaten sind eine souveräne
und unabhängige Nation, welche keiner fremden Jurisdiccion unterworfen ist
oder sein soll, obwohl wir glauben, daß Krieg und Blutvergießen sich nicht
mit dem Evangelium und dem Geiste Christi vereinigen lassen." Der nächste
Paragraph lautet: "Das zeitliche Gut von Christen darf nicht als Gemein¬
sames in Betreff des Rechts, Titels und Besitzes derselben betrachtet werden,
wie Einige grundlos behaupten, sondern als gesetzliches Eigenthum. Nichts¬
destoweniger sollte Jeder von den Dingen, die er besitzt, den Armen und
Dürftigen geben und christliche Liebe und Freigebigkeit gegen sie an den
Tag legen."

Ueber die letzten Dinge, die Auferstehung und das jüngste Gericht haben
die Albrechtsleute dieselbe Ansichten wie die Lutheraner. Auch die Ewigkeit
der Höllenstrafen gehört ausdrücklich zu ihrem Credo.

Der Unterschied zwischen dieser Secte und den beiden großen Lagern des
Protestantismus liegt also nicht in den Glaubenslehren, sondern wie bei den
Methodisten, den diesen verwandten Herrnhutern und überhaupt allen pie¬
tistischen Secten in der Methode, mit der sie sich das Heil, die Rechtfertigung,
die Entlastung vom Gefühl ihrer Sünde und die Gnade Gottes zu gewinnen
suchen, und dann in ihrer Kirchenverfassung.

Wie bei den Methodisten wird auch in den Versammlungen der "Evan¬
gelischen Gemeinschaft", die sich beiläufig immer vorzüglich an die niedern
Klassen des Volkes wendete, das natürliche Verderben der Menschen, die Ver¬
söhnung durch den Tod Christi, die Buße und der Durchbruch der göttlichen
Gnade besonders betont. Wie bei den Camp - und den Claßmeetings jener,
so spielen auch bei diesen Sündenbekenntnifse und Bezeugungen der Ergriffen¬
heit von der Gnade, die häufig unter lautem Seufzen, Schluchzen und Stöhnen,
unter Zuckungen und Verzückungen vor sich gehen, eine Rolle. Wie dort,
so werden solche Erscheinungen auch hier als sichere und nothwendige Zeichen
der eintretenden Wiedergeburt angesehen, die durch die Art des Predigens,
Ernährers und Betens hervorzurufen sind.

Die Prediger der Albrechtsleute sind wie bei den Methodisten und allen
ähnlichen Secten in der Regel Ungelehrte. Dieselben finden sich zu bestimmten
Zeiten in Conferenzen zusammen, deren es verschiedene giebt: eine viertel¬
jährige, eine Jahresconferenz und eine Generalconferenz; die ersten HndswÄn
jedem District bei den Vierteljahrsversammlungen der Mieg-liÄM sticM^M


Paragraph 19 ist politischen Inhalts. Es heißt hier: „Der Präsident,
der Congreß, die Landesversammlungen, die Gouverneure und die Staats¬
gesetzgebungen als die Abgeordneten des Volkes nach der Regelung und
Machtübertragung, welche die Verfassung der vereinigten Staaten und die
Verfassungen ihrer bezüglichen Einzelstaaten verfügen, sind die Regierenden
der und in den Vereinigten Staaten. Und diese Staaten sind eine souveräne
und unabhängige Nation, welche keiner fremden Jurisdiccion unterworfen ist
oder sein soll, obwohl wir glauben, daß Krieg und Blutvergießen sich nicht
mit dem Evangelium und dem Geiste Christi vereinigen lassen." Der nächste
Paragraph lautet: „Das zeitliche Gut von Christen darf nicht als Gemein¬
sames in Betreff des Rechts, Titels und Besitzes derselben betrachtet werden,
wie Einige grundlos behaupten, sondern als gesetzliches Eigenthum. Nichts¬
destoweniger sollte Jeder von den Dingen, die er besitzt, den Armen und
Dürftigen geben und christliche Liebe und Freigebigkeit gegen sie an den
Tag legen."

Ueber die letzten Dinge, die Auferstehung und das jüngste Gericht haben
die Albrechtsleute dieselbe Ansichten wie die Lutheraner. Auch die Ewigkeit
der Höllenstrafen gehört ausdrücklich zu ihrem Credo.

Der Unterschied zwischen dieser Secte und den beiden großen Lagern des
Protestantismus liegt also nicht in den Glaubenslehren, sondern wie bei den
Methodisten, den diesen verwandten Herrnhutern und überhaupt allen pie¬
tistischen Secten in der Methode, mit der sie sich das Heil, die Rechtfertigung,
die Entlastung vom Gefühl ihrer Sünde und die Gnade Gottes zu gewinnen
suchen, und dann in ihrer Kirchenverfassung.

Wie bei den Methodisten wird auch in den Versammlungen der „Evan¬
gelischen Gemeinschaft", die sich beiläufig immer vorzüglich an die niedern
Klassen des Volkes wendete, das natürliche Verderben der Menschen, die Ver¬
söhnung durch den Tod Christi, die Buße und der Durchbruch der göttlichen
Gnade besonders betont. Wie bei den Camp - und den Claßmeetings jener,
so spielen auch bei diesen Sündenbekenntnifse und Bezeugungen der Ergriffen¬
heit von der Gnade, die häufig unter lautem Seufzen, Schluchzen und Stöhnen,
unter Zuckungen und Verzückungen vor sich gehen, eine Rolle. Wie dort,
so werden solche Erscheinungen auch hier als sichere und nothwendige Zeichen
der eintretenden Wiedergeburt angesehen, die durch die Art des Predigens,
Ernährers und Betens hervorzurufen sind.

Die Prediger der Albrechtsleute sind wie bei den Methodisten und allen
ähnlichen Secten in der Regel Ungelehrte. Dieselben finden sich zu bestimmten
Zeiten in Conferenzen zusammen, deren es verschiedene giebt: eine viertel¬
jährige, eine Jahresconferenz und eine Generalconferenz; die ersten HndswÄn
jedem District bei den Vierteljahrsversammlungen der Mieg-liÄM sticM^M


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[0467] Paragraph 19 ist politischen Inhalts. Es heißt hier: „Der Präsident, der Congreß, die Landesversammlungen, die Gouverneure und die Staats¬ gesetzgebungen als die Abgeordneten des Volkes nach der Regelung und Machtübertragung, welche die Verfassung der vereinigten Staaten und die Verfassungen ihrer bezüglichen Einzelstaaten verfügen, sind die Regierenden der und in den Vereinigten Staaten. Und diese Staaten sind eine souveräne und unabhängige Nation, welche keiner fremden Jurisdiccion unterworfen ist oder sein soll, obwohl wir glauben, daß Krieg und Blutvergießen sich nicht mit dem Evangelium und dem Geiste Christi vereinigen lassen." Der nächste Paragraph lautet: „Das zeitliche Gut von Christen darf nicht als Gemein¬ sames in Betreff des Rechts, Titels und Besitzes derselben betrachtet werden, wie Einige grundlos behaupten, sondern als gesetzliches Eigenthum. Nichts¬ destoweniger sollte Jeder von den Dingen, die er besitzt, den Armen und Dürftigen geben und christliche Liebe und Freigebigkeit gegen sie an den Tag legen." Ueber die letzten Dinge, die Auferstehung und das jüngste Gericht haben die Albrechtsleute dieselbe Ansichten wie die Lutheraner. Auch die Ewigkeit der Höllenstrafen gehört ausdrücklich zu ihrem Credo. Der Unterschied zwischen dieser Secte und den beiden großen Lagern des Protestantismus liegt also nicht in den Glaubenslehren, sondern wie bei den Methodisten, den diesen verwandten Herrnhutern und überhaupt allen pie¬ tistischen Secten in der Methode, mit der sie sich das Heil, die Rechtfertigung, die Entlastung vom Gefühl ihrer Sünde und die Gnade Gottes zu gewinnen suchen, und dann in ihrer Kirchenverfassung. Wie bei den Methodisten wird auch in den Versammlungen der „Evan¬ gelischen Gemeinschaft", die sich beiläufig immer vorzüglich an die niedern Klassen des Volkes wendete, das natürliche Verderben der Menschen, die Ver¬ söhnung durch den Tod Christi, die Buße und der Durchbruch der göttlichen Gnade besonders betont. Wie bei den Camp - und den Claßmeetings jener, so spielen auch bei diesen Sündenbekenntnifse und Bezeugungen der Ergriffen¬ heit von der Gnade, die häufig unter lautem Seufzen, Schluchzen und Stöhnen, unter Zuckungen und Verzückungen vor sich gehen, eine Rolle. Wie dort, so werden solche Erscheinungen auch hier als sichere und nothwendige Zeichen der eintretenden Wiedergeburt angesehen, die durch die Art des Predigens, Ernährers und Betens hervorzurufen sind. Die Prediger der Albrechtsleute sind wie bei den Methodisten und allen ähnlichen Secten in der Regel Ungelehrte. Dieselben finden sich zu bestimmten Zeiten in Conferenzen zusammen, deren es verschiedene giebt: eine viertel¬ jährige, eine Jahresconferenz und eine Generalconferenz; die ersten HndswÄn jedem District bei den Vierteljahrsversammlungen der Mieg-liÄM sticM^M

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/467>, abgerufen am 25.08.2024.