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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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Staaten und Canadas beschränkt und vor einiger Zeit große Erfolge unter
den ausgewanderten Deutschen in den westlichen Staaten und in verschiedenen
von den hauptsächlichsten Seehäfen dieses Landes erzielt."

Darauf folgt in der Mittheilung, der wir hier unsern Bericht entnehmen,
das Glaubensbekenntniß der Seete, von dem wir nur einen Auszug geben,
da es in den Hauptquellen mit dem lutherischen übereinstimmt und in den
Nebensachen blos unbedeutend abweicht. Die Albrechtsleute glauben wie die
drei Hauptkirchen der Protestanten an die Dreieinigkeit, an die Doppelnatur
Christi und an dessen erlösenden Kreuzestod, sowie an seine Auferstehung und
Himmelfahrt, ferner an den heiligen Geist, an die heilige Schrift als alleinige
Glaubensrichtschnur und Lehrquelle und an die Erbsünde. Das ist der In¬
halt der sieben ersten Paragraphen ihres Credo.

Im achten heißt es dann vom freien Willen: "Der Zustand der Menschheit
nach und seit dem Fall Adam's ist so elend, daß wir uns nicht durch einfache
natürliche Kräfte zu Gott wenden können, und daher sind wir auch nicht im Stande
durch unsere eigene natürliche Kraft irgendwelche gute Werke, die vor dem Angesicht
Gottes wohlgefällig und annehmbar sind, zu thun, wenn die Gnade Gottes
durch Christus uns nicht zuvorkommt und uns beeinflußt, daß wir einen
guten Willen haben, und mit uns wirkt, wenn wir diesen guten Willen
haben." Ueber die Rechtfertigung sagt der folgende Paragraph: "Wir
werden vor Gott nie gerecht erfunden aus Grund unserer Werke oder Verdienste,
sondern wir werden einzig durch das Verdienst unseres Herrn und Erlösers
Jesus Christus und durch Glauben an seinen Namen gerechtfertigt. Deshalb
ist die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben allein eine höchst ge¬
sunde und trostreiche Lehre." Weiterhin lesen wir über die guten Werke:
"Obwohl gute Werke die Früchte des Glaubens sind und der Rechtfertigung
folgen, während sie nicht die Kraft haben, unsre Sünden vergessen zumachen
oder das Gericht abzuwenden oder die Strenge der Gerechtigkeit Gottes zu
ertragen, sind sie doch Gott und Christo wohlgefällig und angenehm, wenn
sie aus dem wahren und lebendigen Glauben entspringen, in sofern durch sie
der lebendige Glaube deutlich erkannt werden kann, wie ein Baum an seiner
Frucht erkannt wird." "Nicht jede mit Willen nach der Rechtfertigung be-
gangene Sünde ist deshalb die Sünde wider den heiligen Geist, die nicht
vergeben wird. Die, welche nach der Rechtfertigung in Sünde versallen,
können nicht alle von der Reue ausgeschlossen noch ihnen ihre Wiederauf¬
nahme geradewegs verweigert werden. Nachdem wir den heiligen Geist
empfangen haben, mag es sich begeben, daß wir uns von der Gnade ent¬
fernen und in Sünde verfallen, und doch mögen wir uns durch die Gnade
Gottes wiederum erheben und unser Leben bessern. Und deshalb ist die Lehre
derer zu verwerfen, welche sagen, sie können, so lange sie hienieden leben.


Grenzboten I. l87K. 58

Staaten und Canadas beschränkt und vor einiger Zeit große Erfolge unter
den ausgewanderten Deutschen in den westlichen Staaten und in verschiedenen
von den hauptsächlichsten Seehäfen dieses Landes erzielt."

Darauf folgt in der Mittheilung, der wir hier unsern Bericht entnehmen,
das Glaubensbekenntniß der Seete, von dem wir nur einen Auszug geben,
da es in den Hauptquellen mit dem lutherischen übereinstimmt und in den
Nebensachen blos unbedeutend abweicht. Die Albrechtsleute glauben wie die
drei Hauptkirchen der Protestanten an die Dreieinigkeit, an die Doppelnatur
Christi und an dessen erlösenden Kreuzestod, sowie an seine Auferstehung und
Himmelfahrt, ferner an den heiligen Geist, an die heilige Schrift als alleinige
Glaubensrichtschnur und Lehrquelle und an die Erbsünde. Das ist der In¬
halt der sieben ersten Paragraphen ihres Credo.

Im achten heißt es dann vom freien Willen: „Der Zustand der Menschheit
nach und seit dem Fall Adam's ist so elend, daß wir uns nicht durch einfache
natürliche Kräfte zu Gott wenden können, und daher sind wir auch nicht im Stande
durch unsere eigene natürliche Kraft irgendwelche gute Werke, die vor dem Angesicht
Gottes wohlgefällig und annehmbar sind, zu thun, wenn die Gnade Gottes
durch Christus uns nicht zuvorkommt und uns beeinflußt, daß wir einen
guten Willen haben, und mit uns wirkt, wenn wir diesen guten Willen
haben." Ueber die Rechtfertigung sagt der folgende Paragraph: „Wir
werden vor Gott nie gerecht erfunden aus Grund unserer Werke oder Verdienste,
sondern wir werden einzig durch das Verdienst unseres Herrn und Erlösers
Jesus Christus und durch Glauben an seinen Namen gerechtfertigt. Deshalb
ist die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben allein eine höchst ge¬
sunde und trostreiche Lehre." Weiterhin lesen wir über die guten Werke:
„Obwohl gute Werke die Früchte des Glaubens sind und der Rechtfertigung
folgen, während sie nicht die Kraft haben, unsre Sünden vergessen zumachen
oder das Gericht abzuwenden oder die Strenge der Gerechtigkeit Gottes zu
ertragen, sind sie doch Gott und Christo wohlgefällig und angenehm, wenn
sie aus dem wahren und lebendigen Glauben entspringen, in sofern durch sie
der lebendige Glaube deutlich erkannt werden kann, wie ein Baum an seiner
Frucht erkannt wird." „Nicht jede mit Willen nach der Rechtfertigung be-
gangene Sünde ist deshalb die Sünde wider den heiligen Geist, die nicht
vergeben wird. Die, welche nach der Rechtfertigung in Sünde versallen,
können nicht alle von der Reue ausgeschlossen noch ihnen ihre Wiederauf¬
nahme geradewegs verweigert werden. Nachdem wir den heiligen Geist
empfangen haben, mag es sich begeben, daß wir uns von der Gnade ent¬
fernen und in Sünde verfallen, und doch mögen wir uns durch die Gnade
Gottes wiederum erheben und unser Leben bessern. Und deshalb ist die Lehre
derer zu verwerfen, welche sagen, sie können, so lange sie hienieden leben.


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[0465] Staaten und Canadas beschränkt und vor einiger Zeit große Erfolge unter den ausgewanderten Deutschen in den westlichen Staaten und in verschiedenen von den hauptsächlichsten Seehäfen dieses Landes erzielt." Darauf folgt in der Mittheilung, der wir hier unsern Bericht entnehmen, das Glaubensbekenntniß der Seete, von dem wir nur einen Auszug geben, da es in den Hauptquellen mit dem lutherischen übereinstimmt und in den Nebensachen blos unbedeutend abweicht. Die Albrechtsleute glauben wie die drei Hauptkirchen der Protestanten an die Dreieinigkeit, an die Doppelnatur Christi und an dessen erlösenden Kreuzestod, sowie an seine Auferstehung und Himmelfahrt, ferner an den heiligen Geist, an die heilige Schrift als alleinige Glaubensrichtschnur und Lehrquelle und an die Erbsünde. Das ist der In¬ halt der sieben ersten Paragraphen ihres Credo. Im achten heißt es dann vom freien Willen: „Der Zustand der Menschheit nach und seit dem Fall Adam's ist so elend, daß wir uns nicht durch einfache natürliche Kräfte zu Gott wenden können, und daher sind wir auch nicht im Stande durch unsere eigene natürliche Kraft irgendwelche gute Werke, die vor dem Angesicht Gottes wohlgefällig und annehmbar sind, zu thun, wenn die Gnade Gottes durch Christus uns nicht zuvorkommt und uns beeinflußt, daß wir einen guten Willen haben, und mit uns wirkt, wenn wir diesen guten Willen haben." Ueber die Rechtfertigung sagt der folgende Paragraph: „Wir werden vor Gott nie gerecht erfunden aus Grund unserer Werke oder Verdienste, sondern wir werden einzig durch das Verdienst unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus und durch Glauben an seinen Namen gerechtfertigt. Deshalb ist die Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben allein eine höchst ge¬ sunde und trostreiche Lehre." Weiterhin lesen wir über die guten Werke: „Obwohl gute Werke die Früchte des Glaubens sind und der Rechtfertigung folgen, während sie nicht die Kraft haben, unsre Sünden vergessen zumachen oder das Gericht abzuwenden oder die Strenge der Gerechtigkeit Gottes zu ertragen, sind sie doch Gott und Christo wohlgefällig und angenehm, wenn sie aus dem wahren und lebendigen Glauben entspringen, in sofern durch sie der lebendige Glaube deutlich erkannt werden kann, wie ein Baum an seiner Frucht erkannt wird." „Nicht jede mit Willen nach der Rechtfertigung be- gangene Sünde ist deshalb die Sünde wider den heiligen Geist, die nicht vergeben wird. Die, welche nach der Rechtfertigung in Sünde versallen, können nicht alle von der Reue ausgeschlossen noch ihnen ihre Wiederauf¬ nahme geradewegs verweigert werden. Nachdem wir den heiligen Geist empfangen haben, mag es sich begeben, daß wir uns von der Gnade ent¬ fernen und in Sünde verfallen, und doch mögen wir uns durch die Gnade Gottes wiederum erheben und unser Leben bessern. Und deshalb ist die Lehre derer zu verwerfen, welche sagen, sie können, so lange sie hienieden leben. Grenzboten I. l87K. 58

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/465>, abgerufen am 24.08.2024.