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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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verödet zu werden, da schuf der immer hilfbereite"König Rath. Ludwig II,
kaufte das Theater an und machte es unter eigener Direktion und mit eigenem,
aber von verschiedenen Mitgliedern der großen Bühne und namentlich von
dem Ausstattungsreichthum derselben unterstützten Personal, unter dem Namen:
"königliches Theater am Gärtnerplatz" zu einem Appendix der beiden Hof¬
theater. Der "Anzeiger der königlichen Theater", wie hier der vulgäre
Theaterzettel sich nennt, weil er sich nicht auf die bloße Vorstellungsliste be¬
schränkt, sondern allerlei sonst für Bühnenneugierige Wissenswerthes enthält,
hat also öfter in der Woche von drei täglichen Vorstellungen auf den könig¬
lichen Bühnen Bericht zu thun. Am Gärtnerplatz wird jeden Tag gespielt
und immer ist das Haus übervoll. Hierher sind die eigentlichen Volksstücke,
welche mustergültig gespielt werden, der "Pfarrer von Birchfeld", der "Meineid¬
bauer", "Auf der Gaut", die Dichtungen Arthur Müller's, Hermann Schmid's,
Martin Schleich's u. a. verlegt, hier werden auch Lustspiele und Operetten,
denen das strenge "große Haus" sich verschließt, und manchmal Tag für
Tag, gegeben. Die Eintrittspreise sind auffallend billig und so auch der Zu-
drang des Publikums erklärlich. Aber auch die beiden andern königlichen
Theater sind selten leer. Im Winter hält der Münchner, wenn er es irgend
erschwingen kann, auf sein Abonnement und im Sommer füllen die Fremden
oft bis in den letzten Winkel das Haus. Letztere haben es im vergangenen
Sommer der Generalintendanz hoch anrechnen können, daß diese Gelegenheit
gab, die hohen Leistungen der Münchner Hofbühne nach einem gewissen
System kennen lernen zu können, indem sie einen Cyklus von Vorstellungen
solcher Werke aufschrieb, welche hier entweder in ganz vorzüglichem Ensemble
gegeben werden oder Specialia, Unica der Münchner Oper, wie Tristan und
Isolde, Rheingold und Walküre u. a. oder des Schauspiels (Manfred, Eid,
Heinrich VI.) sind. Der große Erfolg, welcher diese Mustervorstellungen
begleitete, hat, wie wir sicher mittheilen können, die Intendanz ver¬
anlaßt, jetzt schon den Gedanken der Wiederholung für den nächsten Sommer
ins Auge zu fassen.

Das "Hof- und Nationaltheater", bekanntlich eines der größten Europas,
dient den Aufführungen großer Opern, Schau- und Trauerspiele. Keine, auch
nicht die größten und gestaltenreichsten sind zu groß für diese Bühne. Die
Ausstattung einzelner Werke wird von keiner in irgend einem Lande über¬
troffen werden. Die Jnscenirung des Tannhäuser, des Lohengrin, der Shake-
spearischen Königsstücke, der Nibelungen, der Walküre und so vieler anderer
Opern oder Dramen ist einzig. Dekorationen, wie die auf des Königs
Befehl an Ort und Stelle getreu nach der Natur aufgenommenen zum Wilhelm
Teil, finden sich nirgends so wieder. Und zu dieser äußern Umgebung passen
nun auch die Künstler, über welche die Münchner Hofbühne verfügt. Wir


verödet zu werden, da schuf der immer hilfbereite"König Rath. Ludwig II,
kaufte das Theater an und machte es unter eigener Direktion und mit eigenem,
aber von verschiedenen Mitgliedern der großen Bühne und namentlich von
dem Ausstattungsreichthum derselben unterstützten Personal, unter dem Namen:
„königliches Theater am Gärtnerplatz" zu einem Appendix der beiden Hof¬
theater. Der „Anzeiger der königlichen Theater", wie hier der vulgäre
Theaterzettel sich nennt, weil er sich nicht auf die bloße Vorstellungsliste be¬
schränkt, sondern allerlei sonst für Bühnenneugierige Wissenswerthes enthält,
hat also öfter in der Woche von drei täglichen Vorstellungen auf den könig¬
lichen Bühnen Bericht zu thun. Am Gärtnerplatz wird jeden Tag gespielt
und immer ist das Haus übervoll. Hierher sind die eigentlichen Volksstücke,
welche mustergültig gespielt werden, der „Pfarrer von Birchfeld", der „Meineid¬
bauer", „Auf der Gaut", die Dichtungen Arthur Müller's, Hermann Schmid's,
Martin Schleich's u. a. verlegt, hier werden auch Lustspiele und Operetten,
denen das strenge „große Haus" sich verschließt, und manchmal Tag für
Tag, gegeben. Die Eintrittspreise sind auffallend billig und so auch der Zu-
drang des Publikums erklärlich. Aber auch die beiden andern königlichen
Theater sind selten leer. Im Winter hält der Münchner, wenn er es irgend
erschwingen kann, auf sein Abonnement und im Sommer füllen die Fremden
oft bis in den letzten Winkel das Haus. Letztere haben es im vergangenen
Sommer der Generalintendanz hoch anrechnen können, daß diese Gelegenheit
gab, die hohen Leistungen der Münchner Hofbühne nach einem gewissen
System kennen lernen zu können, indem sie einen Cyklus von Vorstellungen
solcher Werke aufschrieb, welche hier entweder in ganz vorzüglichem Ensemble
gegeben werden oder Specialia, Unica der Münchner Oper, wie Tristan und
Isolde, Rheingold und Walküre u. a. oder des Schauspiels (Manfred, Eid,
Heinrich VI.) sind. Der große Erfolg, welcher diese Mustervorstellungen
begleitete, hat, wie wir sicher mittheilen können, die Intendanz ver¬
anlaßt, jetzt schon den Gedanken der Wiederholung für den nächsten Sommer
ins Auge zu fassen.

Das „Hof- und Nationaltheater", bekanntlich eines der größten Europas,
dient den Aufführungen großer Opern, Schau- und Trauerspiele. Keine, auch
nicht die größten und gestaltenreichsten sind zu groß für diese Bühne. Die
Ausstattung einzelner Werke wird von keiner in irgend einem Lande über¬
troffen werden. Die Jnscenirung des Tannhäuser, des Lohengrin, der Shake-
spearischen Königsstücke, der Nibelungen, der Walküre und so vieler anderer
Opern oder Dramen ist einzig. Dekorationen, wie die auf des Königs
Befehl an Ort und Stelle getreu nach der Natur aufgenommenen zum Wilhelm
Teil, finden sich nirgends so wieder. Und zu dieser äußern Umgebung passen
nun auch die Künstler, über welche die Münchner Hofbühne verfügt. Wir


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/42>, abgerufen am 26.09.2024.