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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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"Haut den Grüttsack tüchtig up den Kragen,
Höger rup. höger rup, he mutt na Kopenhagen."

Während der Schleswig-holstetnischen Erhebung aber fand man sie in den
Herzogthümern als "Hanemann" und "Sören Sörensen" verlachenswerth.
Ihre Verwandten, die Schweden verlegen ihre Schildbürgerstücklein nach
Gotenkettje und Trosa. "Wo Holländer verderben, wer möchte da Nahrung
erwerben?" fragt ein spöttischer Reim, und wenn die Mynheers von Amster¬
dam und Rotterdam ihre deutschen Nachbarn und Vettern "Muffen" schimpfen,
so haben diese dafür die Redensart: "Durchgehen wie ein Holländer". Unter
den lächerlichen Namen, die einer Anzahl von Städten in Belgien von
altersher anklebten, nennen wir zu den in dem Aufsatz "Deutscher Volkshumor"
erwähnten noch die "Kabljauesfer" von Nieuport, die "Butteresfer" von Dixe-
nüde, die "Kükenfresser" von Oudenarde, die "Nußknacker" von Orestes, die
"Weißfüßler" von Aalst, die "Speerbrecher" von Ryssel, die "Käsemacher"
und "Gänsetreiber" von Belle und Laerne und die "Zalmeters" (Lachsesfer)
von Mecheln, von denen ein altes Wort behauptet, sie seien mit Dummheit
gesegnet.

John Bull, der Spitzname der Engländer als Volk, hat einen stark
komischen Anflug. Eine Fülle spashafter Anecdoten feiert den Ruf der Ver¬
bohrtheit und Wunderlichkeit, in welchem "Padly", der Sohn der irischen
Smaragdinsel, steht. Der londoner Cockney muß sich gleichfalls Züge von
Beschränktheit nachsagen lassen. Goddam, ein Städtchen in Nottinghamshire,
ist das britische Lalenburg.

Die Franzosen werden vom gemeinen Volke jenseits des Aermelkanals
"Froschesser" oder schlechthin "Frösche" gescholten. Sie besitzen in dem
Städtchen Abbeville und in Beaume ihre Schöppenstedter und Polkwitzer,
in den Bewohnern der Landschaft Beny ihre "Mondorf" und in den Gas-
cognern Leute, deren Begabung, große Worte gelassen auszusprechen und sich
unmöglicher oder selbstverständlicher Dinge zu rühmen, sprichwörtlich feststeht.


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Da onü-teau 6s iron xeis
p --e 6i>,n8 is, Karonns"

"Er ist falsch wie einer aus der Normandie" ist eine landläufige Redens¬
art unter unsern guten Freunden in Frankreich. "Marseille ist ein Himmel
für die Frauen, ein Fegfeuer für die Männer und eine Hölle für die Esel",
meint ein vielgehörtes Sprichwort.

Die Spanier gelten in Frankreich für Prahler und Großsprecher, und
man sagt von Jemand, der ins Blaue hineinspeculirt, an die Haltbarkeit von
Seifenblasen der Phantasie glaubt und Unerfüllbares hofft: "er baut sich


„Haut den Grüttsack tüchtig up den Kragen,
Höger rup. höger rup, he mutt na Kopenhagen."

Während der Schleswig-holstetnischen Erhebung aber fand man sie in den
Herzogthümern als „Hanemann" und „Sören Sörensen" verlachenswerth.
Ihre Verwandten, die Schweden verlegen ihre Schildbürgerstücklein nach
Gotenkettje und Trosa. „Wo Holländer verderben, wer möchte da Nahrung
erwerben?" fragt ein spöttischer Reim, und wenn die Mynheers von Amster¬
dam und Rotterdam ihre deutschen Nachbarn und Vettern „Muffen" schimpfen,
so haben diese dafür die Redensart: „Durchgehen wie ein Holländer". Unter
den lächerlichen Namen, die einer Anzahl von Städten in Belgien von
altersher anklebten, nennen wir zu den in dem Aufsatz „Deutscher Volkshumor"
erwähnten noch die „Kabljauesfer" von Nieuport, die „Butteresfer" von Dixe-
nüde, die „Kükenfresser" von Oudenarde, die „Nußknacker" von Orestes, die
„Weißfüßler" von Aalst, die „Speerbrecher" von Ryssel, die „Käsemacher"
und „Gänsetreiber" von Belle und Laerne und die „Zalmeters" (Lachsesfer)
von Mecheln, von denen ein altes Wort behauptet, sie seien mit Dummheit
gesegnet.

John Bull, der Spitzname der Engländer als Volk, hat einen stark
komischen Anflug. Eine Fülle spashafter Anecdoten feiert den Ruf der Ver¬
bohrtheit und Wunderlichkeit, in welchem „Padly", der Sohn der irischen
Smaragdinsel, steht. Der londoner Cockney muß sich gleichfalls Züge von
Beschränktheit nachsagen lassen. Goddam, ein Städtchen in Nottinghamshire,
ist das britische Lalenburg.

Die Franzosen werden vom gemeinen Volke jenseits des Aermelkanals
„Froschesser" oder schlechthin „Frösche" gescholten. Sie besitzen in dem
Städtchen Abbeville und in Beaume ihre Schöppenstedter und Polkwitzer,
in den Bewohnern der Landschaft Beny ihre „Mondorf" und in den Gas-
cognern Leute, deren Begabung, große Worte gelassen auszusprechen und sich
unmöglicher oder selbstverständlicher Dinge zu rühmen, sprichwörtlich feststeht.


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„Er ist falsch wie einer aus der Normandie" ist eine landläufige Redens¬
art unter unsern guten Freunden in Frankreich. „Marseille ist ein Himmel
für die Frauen, ein Fegfeuer für die Männer und eine Hölle für die Esel",
meint ein vielgehörtes Sprichwort.

Die Spanier gelten in Frankreich für Prahler und Großsprecher, und
man sagt von Jemand, der ins Blaue hineinspeculirt, an die Haltbarkeit von
Seifenblasen der Phantasie glaubt und Unerfüllbares hofft: „er baut sich


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[0388] „Haut den Grüttsack tüchtig up den Kragen, Höger rup. höger rup, he mutt na Kopenhagen." Während der Schleswig-holstetnischen Erhebung aber fand man sie in den Herzogthümern als „Hanemann" und „Sören Sörensen" verlachenswerth. Ihre Verwandten, die Schweden verlegen ihre Schildbürgerstücklein nach Gotenkettje und Trosa. „Wo Holländer verderben, wer möchte da Nahrung erwerben?" fragt ein spöttischer Reim, und wenn die Mynheers von Amster¬ dam und Rotterdam ihre deutschen Nachbarn und Vettern „Muffen" schimpfen, so haben diese dafür die Redensart: „Durchgehen wie ein Holländer". Unter den lächerlichen Namen, die einer Anzahl von Städten in Belgien von altersher anklebten, nennen wir zu den in dem Aufsatz „Deutscher Volkshumor" erwähnten noch die „Kabljauesfer" von Nieuport, die „Butteresfer" von Dixe- nüde, die „Kükenfresser" von Oudenarde, die „Nußknacker" von Orestes, die „Weißfüßler" von Aalst, die „Speerbrecher" von Ryssel, die „Käsemacher" und „Gänsetreiber" von Belle und Laerne und die „Zalmeters" (Lachsesfer) von Mecheln, von denen ein altes Wort behauptet, sie seien mit Dummheit gesegnet. John Bull, der Spitzname der Engländer als Volk, hat einen stark komischen Anflug. Eine Fülle spashafter Anecdoten feiert den Ruf der Ver¬ bohrtheit und Wunderlichkeit, in welchem „Padly", der Sohn der irischen Smaragdinsel, steht. Der londoner Cockney muß sich gleichfalls Züge von Beschränktheit nachsagen lassen. Goddam, ein Städtchen in Nottinghamshire, ist das britische Lalenburg. Die Franzosen werden vom gemeinen Volke jenseits des Aermelkanals „Froschesser" oder schlechthin „Frösche" gescholten. Sie besitzen in dem Städtchen Abbeville und in Beaume ihre Schöppenstedter und Polkwitzer, in den Bewohnern der Landschaft Beny ihre „Mondorf" und in den Gas- cognern Leute, deren Begabung, große Worte gelassen auszusprechen und sich unmöglicher oder selbstverständlicher Dinge zu rühmen, sprichwörtlich feststeht. suis (Zasvollne, Da onü-teau 6s iron xeis p —e 6i>,n8 is, Karonns" „Er ist falsch wie einer aus der Normandie" ist eine landläufige Redens¬ art unter unsern guten Freunden in Frankreich. „Marseille ist ein Himmel für die Frauen, ein Fegfeuer für die Männer und eine Hölle für die Esel", meint ein vielgehörtes Sprichwort. Die Spanier gelten in Frankreich für Prahler und Großsprecher, und man sagt von Jemand, der ins Blaue hineinspeculirt, an die Haltbarkeit von Seifenblasen der Phantasie glaubt und Unerfüllbares hofft: „er baut sich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/388>, abgerufen am 02.07.2024.