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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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gegen den Se. Gotthardt begann, bekam der Erzherzog Befehl, die Schweiz
zu verlassen, der Einfall einer kleinen französischen Heeresabtheilung in Deutsch¬
land mußte ganz unmotivirt als Vorwand dienen. Nur ein kleineres östrei¬
chisches Corps unter General Hohe sollte vorläufig noch dort bleiben. Der
Erzherzog glaubte sich, trotz seiner dreifachen Ueberzahl, nicht stark genug gegen
Massen", dagegen wurde Korsakow, jetzt halb so stark als Massen", allein
dem Feinde gegenüber gelassen.

Am 27. August beginnen die Rückzugsbewegungen des Erzherzogs aus
der Schweiz. Nach seinem Abzüge waren die russisch-östreichischen Truppen,
daselbst also vertheilt: Korsakow stand mit 24,000 Mann Russen in und
bei Zürich und hatte mit denselben noch das rechte Ufer der Limmath und
der unteren Aar besetzt. 2500 Oestreicher und Schweizer deckten das östliche
Ufer des Züricher Sees. General Holze vertheidigte mit 8000 Mann die
untere Linth zwischen Züricher und Wallenstädter See. Jellachich stand mit
5000 Mann bei Sargans, Linken schützte mit 6300 Mann Graubünden und
das Oberrheinthal bis Dissentis.

Die Aufstellung der französischen Armee, welche Verstärkungen erhalten
hatte, war dagegen folgende. Die Hauptmacht unter Massena's persönlichem
Befehl, 34,000 Mann gegenüber den Truppen Korsakow's, stand auf dem
linken Ufer der Limmath; die Division Soult. 11,800 Mann, längs des
linken Ufers des Züricher See's und des linken Ufers der unteren Linth bis
zum Wallenstädter See; die Division Lecourbe deckte die Zugänge der Linth
und Reuß und zwar, die Brigade Molitor 3500 Mann im oberen Linththal,
die Brigade Guckin 3500 Mann auf dem Se. Gotthardt, die Brigade Loison
4800 Mann längs der Defileen der oberen Reuß, im Schächer und Muotta-
Thal. Das Hauptquartier Lecourbe's war in Altdorf. --

Suworow dagegen hatte sich nach der Schlacht bei Novi in Italien zu
ruhigem Verhalten genöthigt gesehen. Jede Offensivbewegung war ihm ver¬
boten; die letzten noch in den Händen der Franzosen befindlichen Festungen
sielen. Suworow erhielt vom Kaiser Paul den Namen Suworow-Jtaliiski
und wurde mit einer Menge der bedeutendsten Auszeichnungen beehrt. Als
der Befehl zum Abmarsch des russischen Corps einging, lag dasselbe im Lager
bei Alessandria. Es setzte sich sofort in Eilmärschen in Bewegung, so daß
am 15. September das Städtchen Taverne, am Fuße des Monte Cenere er¬
reicht wurde, von wo man in 3 -- 4 Tagemärschen bis zum Se. Gotthardt
gelangen konnte. --

Der russische Oberfeldherr hatte zwischen mehreren nach der Schweiz
führenden Straßen zu wählen. Er konnte über Chiavenna und den Splügen
oder über Bellinzona und den Bernhardin marschiren; ungehindert in das
Rheinthal debouschiren, dort mit Linken sich vereinigen um dann über Chur


gegen den Se. Gotthardt begann, bekam der Erzherzog Befehl, die Schweiz
zu verlassen, der Einfall einer kleinen französischen Heeresabtheilung in Deutsch¬
land mußte ganz unmotivirt als Vorwand dienen. Nur ein kleineres östrei¬
chisches Corps unter General Hohe sollte vorläufig noch dort bleiben. Der
Erzherzog glaubte sich, trotz seiner dreifachen Ueberzahl, nicht stark genug gegen
Massen«, dagegen wurde Korsakow, jetzt halb so stark als Massen«, allein
dem Feinde gegenüber gelassen.

Am 27. August beginnen die Rückzugsbewegungen des Erzherzogs aus
der Schweiz. Nach seinem Abzüge waren die russisch-östreichischen Truppen,
daselbst also vertheilt: Korsakow stand mit 24,000 Mann Russen in und
bei Zürich und hatte mit denselben noch das rechte Ufer der Limmath und
der unteren Aar besetzt. 2500 Oestreicher und Schweizer deckten das östliche
Ufer des Züricher Sees. General Holze vertheidigte mit 8000 Mann die
untere Linth zwischen Züricher und Wallenstädter See. Jellachich stand mit
5000 Mann bei Sargans, Linken schützte mit 6300 Mann Graubünden und
das Oberrheinthal bis Dissentis.

Die Aufstellung der französischen Armee, welche Verstärkungen erhalten
hatte, war dagegen folgende. Die Hauptmacht unter Massena's persönlichem
Befehl, 34,000 Mann gegenüber den Truppen Korsakow's, stand auf dem
linken Ufer der Limmath; die Division Soult. 11,800 Mann, längs des
linken Ufers des Züricher See's und des linken Ufers der unteren Linth bis
zum Wallenstädter See; die Division Lecourbe deckte die Zugänge der Linth
und Reuß und zwar, die Brigade Molitor 3500 Mann im oberen Linththal,
die Brigade Guckin 3500 Mann auf dem Se. Gotthardt, die Brigade Loison
4800 Mann längs der Defileen der oberen Reuß, im Schächer und Muotta-
Thal. Das Hauptquartier Lecourbe's war in Altdorf. —

Suworow dagegen hatte sich nach der Schlacht bei Novi in Italien zu
ruhigem Verhalten genöthigt gesehen. Jede Offensivbewegung war ihm ver¬
boten; die letzten noch in den Händen der Franzosen befindlichen Festungen
sielen. Suworow erhielt vom Kaiser Paul den Namen Suworow-Jtaliiski
und wurde mit einer Menge der bedeutendsten Auszeichnungen beehrt. Als
der Befehl zum Abmarsch des russischen Corps einging, lag dasselbe im Lager
bei Alessandria. Es setzte sich sofort in Eilmärschen in Bewegung, so daß
am 15. September das Städtchen Taverne, am Fuße des Monte Cenere er¬
reicht wurde, von wo man in 3 — 4 Tagemärschen bis zum Se. Gotthardt
gelangen konnte. —

Der russische Oberfeldherr hatte zwischen mehreren nach der Schweiz
führenden Straßen zu wählen. Er konnte über Chiavenna und den Splügen
oder über Bellinzona und den Bernhardin marschiren; ungehindert in das
Rheinthal debouschiren, dort mit Linken sich vereinigen um dann über Chur


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[0376] gegen den Se. Gotthardt begann, bekam der Erzherzog Befehl, die Schweiz zu verlassen, der Einfall einer kleinen französischen Heeresabtheilung in Deutsch¬ land mußte ganz unmotivirt als Vorwand dienen. Nur ein kleineres östrei¬ chisches Corps unter General Hohe sollte vorläufig noch dort bleiben. Der Erzherzog glaubte sich, trotz seiner dreifachen Ueberzahl, nicht stark genug gegen Massen«, dagegen wurde Korsakow, jetzt halb so stark als Massen«, allein dem Feinde gegenüber gelassen. Am 27. August beginnen die Rückzugsbewegungen des Erzherzogs aus der Schweiz. Nach seinem Abzüge waren die russisch-östreichischen Truppen, daselbst also vertheilt: Korsakow stand mit 24,000 Mann Russen in und bei Zürich und hatte mit denselben noch das rechte Ufer der Limmath und der unteren Aar besetzt. 2500 Oestreicher und Schweizer deckten das östliche Ufer des Züricher Sees. General Holze vertheidigte mit 8000 Mann die untere Linth zwischen Züricher und Wallenstädter See. Jellachich stand mit 5000 Mann bei Sargans, Linken schützte mit 6300 Mann Graubünden und das Oberrheinthal bis Dissentis. Die Aufstellung der französischen Armee, welche Verstärkungen erhalten hatte, war dagegen folgende. Die Hauptmacht unter Massena's persönlichem Befehl, 34,000 Mann gegenüber den Truppen Korsakow's, stand auf dem linken Ufer der Limmath; die Division Soult. 11,800 Mann, längs des linken Ufers des Züricher See's und des linken Ufers der unteren Linth bis zum Wallenstädter See; die Division Lecourbe deckte die Zugänge der Linth und Reuß und zwar, die Brigade Molitor 3500 Mann im oberen Linththal, die Brigade Guckin 3500 Mann auf dem Se. Gotthardt, die Brigade Loison 4800 Mann längs der Defileen der oberen Reuß, im Schächer und Muotta- Thal. Das Hauptquartier Lecourbe's war in Altdorf. — Suworow dagegen hatte sich nach der Schlacht bei Novi in Italien zu ruhigem Verhalten genöthigt gesehen. Jede Offensivbewegung war ihm ver¬ boten; die letzten noch in den Händen der Franzosen befindlichen Festungen sielen. Suworow erhielt vom Kaiser Paul den Namen Suworow-Jtaliiski und wurde mit einer Menge der bedeutendsten Auszeichnungen beehrt. Als der Befehl zum Abmarsch des russischen Corps einging, lag dasselbe im Lager bei Alessandria. Es setzte sich sofort in Eilmärschen in Bewegung, so daß am 15. September das Städtchen Taverne, am Fuße des Monte Cenere er¬ reicht wurde, von wo man in 3 — 4 Tagemärschen bis zum Se. Gotthardt gelangen konnte. — Der russische Oberfeldherr hatte zwischen mehreren nach der Schweiz führenden Straßen zu wählen. Er konnte über Chiavenna und den Splügen oder über Bellinzona und den Bernhardin marschiren; ungehindert in das Rheinthal debouschiren, dort mit Linken sich vereinigen um dann über Chur

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/376>, abgerufen am 19.10.2024.