Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Im Jahre 1849 faßte die Polizei zu Ancona eine Mördergesellschaft mit
politischen Zwecken ab, die sich "Oompasma al North", Todesbund, nannte,
und der man eine Menge Blutthaten schuld gab, von welchen einige am
hellen Tage und mitten in der Stadt begangen worden waren. Aehnliche
Vereine waren in damaliger Zeit die "^.um^Wtori" in Livorno, die "Looietü,
Infernale" zu Sinigaglia, die "Terroristen" in Bologna und die "Siearii" in
Faenza. Die "Barbiere Mazzini's" machten sich die "Beseitigung" von Priestern
zum Geschäft, die sich nach Ansicht des Vereins unnütz gemacht hatten. Eine
zweite geheime Gesellschaft zu Bologna, die Italien von fremder Obergewalt
befreien zu wollen vorgab, hatte sich auf den schauerlich großartigen Namen
"Italienische Verschwörung der Söhne des Todes" taufen lassen.

Vermuthlich bestanden viele dieser Vereine ganz oder großentheils wie
die im vorigen Abschnitte geschilderten "Decisi" aus Gesindel, dem das Plün¬
dern und Morden die Hauptsache, der politische Zweck nur etwas Nebenher¬
gehendes, vielleicht auch nur Vorgeben war. Gewiß ist dieß von dem geheimen
Bunde, der in den letzten beiden Jahren in Ravenna Gegenstand eines
Monstreprozesses war. Wir meinen die sogenannten ,,^eeoltellg.tori". Die¬
selben bestanden ursprünglich nur aus zwölf Mitgliedern, die im <üg,te Na^g.-
villlmi ihr Hauptquartier hatten -- einem sehr passenden Orte, da ma^g. die
Keule und villano schurkisch, schuftig heißt. Später mehrten sie sich, und
schließlich übten sie durch ihre Zahl und ihre Frechheit ein wahres Schreckens¬
regiment in der Stadt und deren Umgebung aus. Die Behörden waren
lange Zeit von ihrer Existenz benachrichtigt, wagten aber nicht gegen sie
einzuschreiten; denn jeder, der sie anfaßte, war sicher, ihren Dolchen zu erliegen.
Einem Kaufmann, der sie bei der Polizei angegeben hatte, schickten sie einen
Brief mit der Anzeige, daß sein Leben verfallen sei, und am nächsten Morgen
las er am Laden seines Geschäfts einen Zettel, der den Verkauf desselben
annoncirte, da der Besitzer wegziehe. Dutzende von Mordthaten wurden un¬
gestraft von den Bösewichtern verübt, und in vielen Fällen hatte man Zeugen,
die mit angesehen, wer der Mörder gewesen, aber keiner derselben wagte mit
seinem Zeugniß hervorzutreten. Endlich verrieth einer von der weitverbreiteten
Bande selbst die Sache. Er erklärte gewisse Fälle, wo Personen auf geheimniß-
volle Weise verschwunden waren, und nannte die Namen derer, welche sie bei
Seite geschafft hatten, und nunmehr schritt die Regierung mit Ernst ein, und
die Mordgesellen erhielten die ihnen gebührende Strafe.


Moritz Busch.


Im Jahre 1849 faßte die Polizei zu Ancona eine Mördergesellschaft mit
politischen Zwecken ab, die sich „Oompasma al North", Todesbund, nannte,
und der man eine Menge Blutthaten schuld gab, von welchen einige am
hellen Tage und mitten in der Stadt begangen worden waren. Aehnliche
Vereine waren in damaliger Zeit die „^.um^Wtori" in Livorno, die „Looietü,
Infernale" zu Sinigaglia, die „Terroristen" in Bologna und die „Siearii" in
Faenza. Die „Barbiere Mazzini's" machten sich die „Beseitigung" von Priestern
zum Geschäft, die sich nach Ansicht des Vereins unnütz gemacht hatten. Eine
zweite geheime Gesellschaft zu Bologna, die Italien von fremder Obergewalt
befreien zu wollen vorgab, hatte sich auf den schauerlich großartigen Namen
„Italienische Verschwörung der Söhne des Todes" taufen lassen.

Vermuthlich bestanden viele dieser Vereine ganz oder großentheils wie
die im vorigen Abschnitte geschilderten „Decisi" aus Gesindel, dem das Plün¬
dern und Morden die Hauptsache, der politische Zweck nur etwas Nebenher¬
gehendes, vielleicht auch nur Vorgeben war. Gewiß ist dieß von dem geheimen
Bunde, der in den letzten beiden Jahren in Ravenna Gegenstand eines
Monstreprozesses war. Wir meinen die sogenannten ,,^eeoltellg.tori". Die¬
selben bestanden ursprünglich nur aus zwölf Mitgliedern, die im <üg,te Na^g.-
villlmi ihr Hauptquartier hatten — einem sehr passenden Orte, da ma^g. die
Keule und villano schurkisch, schuftig heißt. Später mehrten sie sich, und
schließlich übten sie durch ihre Zahl und ihre Frechheit ein wahres Schreckens¬
regiment in der Stadt und deren Umgebung aus. Die Behörden waren
lange Zeit von ihrer Existenz benachrichtigt, wagten aber nicht gegen sie
einzuschreiten; denn jeder, der sie anfaßte, war sicher, ihren Dolchen zu erliegen.
Einem Kaufmann, der sie bei der Polizei angegeben hatte, schickten sie einen
Brief mit der Anzeige, daß sein Leben verfallen sei, und am nächsten Morgen
las er am Laden seines Geschäfts einen Zettel, der den Verkauf desselben
annoncirte, da der Besitzer wegziehe. Dutzende von Mordthaten wurden un¬
gestraft von den Bösewichtern verübt, und in vielen Fällen hatte man Zeugen,
die mit angesehen, wer der Mörder gewesen, aber keiner derselben wagte mit
seinem Zeugniß hervorzutreten. Endlich verrieth einer von der weitverbreiteten
Bande selbst die Sache. Er erklärte gewisse Fälle, wo Personen auf geheimniß-
volle Weise verschwunden waren, und nannte die Namen derer, welche sie bei
Seite geschafft hatten, und nunmehr schritt die Regierung mit Ernst ein, und
die Mordgesellen erhielten die ihnen gebührende Strafe.


Moritz Busch.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0036" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/135089"/>
          <p xml:id="ID_86"> Im Jahre 1849 faßte die Polizei zu Ancona eine Mördergesellschaft mit<lb/>
politischen Zwecken ab, die sich &#x201E;Oompasma al North", Todesbund, nannte,<lb/>
und der man eine Menge Blutthaten schuld gab, von welchen einige am<lb/>
hellen Tage und mitten in der Stadt begangen worden waren. Aehnliche<lb/>
Vereine waren in damaliger Zeit die &#x201E;^.um^Wtori" in Livorno, die &#x201E;Looietü,<lb/>
Infernale" zu Sinigaglia, die &#x201E;Terroristen" in Bologna und die &#x201E;Siearii" in<lb/>
Faenza. Die &#x201E;Barbiere Mazzini's" machten sich die &#x201E;Beseitigung" von Priestern<lb/>
zum Geschäft, die sich nach Ansicht des Vereins unnütz gemacht hatten. Eine<lb/>
zweite geheime Gesellschaft zu Bologna, die Italien von fremder Obergewalt<lb/>
befreien zu wollen vorgab, hatte sich auf den schauerlich großartigen Namen<lb/>
&#x201E;Italienische Verschwörung der Söhne des Todes" taufen lassen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_87"> Vermuthlich bestanden viele dieser Vereine ganz oder großentheils wie<lb/>
die im vorigen Abschnitte geschilderten &#x201E;Decisi" aus Gesindel, dem das Plün¬<lb/>
dern und Morden die Hauptsache, der politische Zweck nur etwas Nebenher¬<lb/>
gehendes, vielleicht auch nur Vorgeben war. Gewiß ist dieß von dem geheimen<lb/>
Bunde, der in den letzten beiden Jahren in Ravenna Gegenstand eines<lb/>
Monstreprozesses war. Wir meinen die sogenannten ,,^eeoltellg.tori". Die¬<lb/>
selben bestanden ursprünglich nur aus zwölf Mitgliedern, die im &lt;üg,te Na^g.-<lb/>
villlmi ihr Hauptquartier hatten &#x2014; einem sehr passenden Orte, da ma^g. die<lb/>
Keule und villano schurkisch, schuftig heißt. Später mehrten sie sich, und<lb/>
schließlich übten sie durch ihre Zahl und ihre Frechheit ein wahres Schreckens¬<lb/>
regiment in der Stadt und deren Umgebung aus. Die Behörden waren<lb/>
lange Zeit von ihrer Existenz benachrichtigt, wagten aber nicht gegen sie<lb/>
einzuschreiten; denn jeder, der sie anfaßte, war sicher, ihren Dolchen zu erliegen.<lb/>
Einem Kaufmann, der sie bei der Polizei angegeben hatte, schickten sie einen<lb/>
Brief mit der Anzeige, daß sein Leben verfallen sei, und am nächsten Morgen<lb/>
las er am Laden seines Geschäfts einen Zettel, der den Verkauf desselben<lb/>
annoncirte, da der Besitzer wegziehe. Dutzende von Mordthaten wurden un¬<lb/>
gestraft von den Bösewichtern verübt, und in vielen Fällen hatte man Zeugen,<lb/>
die mit angesehen, wer der Mörder gewesen, aber keiner derselben wagte mit<lb/>
seinem Zeugniß hervorzutreten. Endlich verrieth einer von der weitverbreiteten<lb/>
Bande selbst die Sache. Er erklärte gewisse Fälle, wo Personen auf geheimniß-<lb/>
volle Weise verschwunden waren, und nannte die Namen derer, welche sie bei<lb/>
Seite geschafft hatten, und nunmehr schritt die Regierung mit Ernst ein, und<lb/>
die Mordgesellen erhielten die ihnen gebührende Strafe.</p><lb/>
          <note type="byline"> Moritz Busch.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0036] Im Jahre 1849 faßte die Polizei zu Ancona eine Mördergesellschaft mit politischen Zwecken ab, die sich „Oompasma al North", Todesbund, nannte, und der man eine Menge Blutthaten schuld gab, von welchen einige am hellen Tage und mitten in der Stadt begangen worden waren. Aehnliche Vereine waren in damaliger Zeit die „^.um^Wtori" in Livorno, die „Looietü, Infernale" zu Sinigaglia, die „Terroristen" in Bologna und die „Siearii" in Faenza. Die „Barbiere Mazzini's" machten sich die „Beseitigung" von Priestern zum Geschäft, die sich nach Ansicht des Vereins unnütz gemacht hatten. Eine zweite geheime Gesellschaft zu Bologna, die Italien von fremder Obergewalt befreien zu wollen vorgab, hatte sich auf den schauerlich großartigen Namen „Italienische Verschwörung der Söhne des Todes" taufen lassen. Vermuthlich bestanden viele dieser Vereine ganz oder großentheils wie die im vorigen Abschnitte geschilderten „Decisi" aus Gesindel, dem das Plün¬ dern und Morden die Hauptsache, der politische Zweck nur etwas Nebenher¬ gehendes, vielleicht auch nur Vorgeben war. Gewiß ist dieß von dem geheimen Bunde, der in den letzten beiden Jahren in Ravenna Gegenstand eines Monstreprozesses war. Wir meinen die sogenannten ,,^eeoltellg.tori". Die¬ selben bestanden ursprünglich nur aus zwölf Mitgliedern, die im <üg,te Na^g.- villlmi ihr Hauptquartier hatten — einem sehr passenden Orte, da ma^g. die Keule und villano schurkisch, schuftig heißt. Später mehrten sie sich, und schließlich übten sie durch ihre Zahl und ihre Frechheit ein wahres Schreckens¬ regiment in der Stadt und deren Umgebung aus. Die Behörden waren lange Zeit von ihrer Existenz benachrichtigt, wagten aber nicht gegen sie einzuschreiten; denn jeder, der sie anfaßte, war sicher, ihren Dolchen zu erliegen. Einem Kaufmann, der sie bei der Polizei angegeben hatte, schickten sie einen Brief mit der Anzeige, daß sein Leben verfallen sei, und am nächsten Morgen las er am Laden seines Geschäfts einen Zettel, der den Verkauf desselben annoncirte, da der Besitzer wegziehe. Dutzende von Mordthaten wurden un¬ gestraft von den Bösewichtern verübt, und in vielen Fällen hatte man Zeugen, die mit angesehen, wer der Mörder gewesen, aber keiner derselben wagte mit seinem Zeugniß hervorzutreten. Endlich verrieth einer von der weitverbreiteten Bande selbst die Sache. Er erklärte gewisse Fälle, wo Personen auf geheimniß- volle Weise verschwunden waren, und nannte die Namen derer, welche sie bei Seite geschafft hatten, und nunmehr schritt die Regierung mit Ernst ein, und die Mordgesellen erhielten die ihnen gebührende Strafe. Moritz Busch.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/36
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/36>, abgerufen am 26.09.2024.