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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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Ihrem häuslichen Glück Antheil nehmen zu lassen, mein Herz wohlthätig
anspricht. -- Meine Wünsche für die Dauer desselben gehen in ein frommes
Gebet zu Gott über, für Ihre und Ihrer l. Familie Erhaltung, da mit
dieser Ihr Glück, das übrigens seine Grundfeste in Ihrem schönen Herzen
hat, bestehen muß. Wie außerordentlich ich hier den Umgang mit früher
erprobten, und bewährten Freunden vermiße, kann ich Ihnen nicht sagen,
und diese unausgefüllte Lücke in meinem Herzen stört recht oft das Glück das
mir mein Aufenthalt in Italien giebt. Es mußte Jhn^n hiernach umso auffallen¬
der seyn, daß ich den bestmöglichsten Ersatz des persönlichen Umgangs, durch
schriftliche Unterhaltung so sparsam ergreife, wenn Sie nicht glauben würden
daß nur die Begierde, Rom, bei dem mir leider wohl nur kurz gegönnten
Aufenthalt daselbst, so viel als es mir nur immer meine Kräfte erlauben für
meinen Kunstsinn zu benutzen, mich auf einer andern Seite grausam gegen
mein Herz seyn läßt. Doch diese Resignation soll mir in der Zukunft die
schönsten Früchte bringen, wo ich mich in den Umgang mit meinen Herzens-
Freunden, und in der himmlischen Erinnerung an die göttlichen Momente
meines Lebens in Italien, glücklich finden werde. Daß ich zu wenig Philo¬
sophie habe, um bei dem Streben nach meiner Vervollkommung nicht oft zu
ängstlich zu werden, das bringt leider recht viel Bitteres in mein Leben, aber
Gott allein weiß es, daß auch oft die schwersten Sorgen so auf mich wirken,
daß ich mitten im herrlichen Rom, die in der kühlen Erde an der Pyramide
des Cestius friedlich ruhenden Glaubensgenossen, sehnend beneide. -- Doch
obschon sich das Herz erleichtert, wenn es sich zur freundschaftlichen Mitthei¬
lung eröffnen darf, so will ich doch meine Unterhaltung mit Ihnen nicht
durch Schilderungen des Traurigen meines Lebens stören und eile vielmehr
Ihnen von den erhabenen Genüssen die mir zu Theil werden einige Kennt¬
niß geben zu suchen, und wähle vor heute die aus, die am wohlthätigsten
mein Herz erwärmen, und es zu Gott emporheben; diese finde ich in der
Theilnahme der religiösen Feierlichkeiten, die hier, als in der ersten heiligen
Stadt des apostolischen Glaubens, selbst bey denen leider so außerordentlichen
Einschränkungen und Störungen die die neuesten Zeiten veranlaßten, doch
noch ganz vorzüglich geblieben sind. -- Wie soll ich es aber anfangen theuere
Freundinn Ihnen das in Worten auszudrückeen, was über die schwachen Be¬
griffe der Sterblichen erhaben ist, und doch möchte ich so gerne mich davon
mit Ihnen unterhalten; und möchte ihre Phantasie an die heiligen Orte
führen, wo Alles zusammenwirkt, um uns über die traurige Wirklichkeit dieses
Erdenlebens zu erheben. Stellen Sie sich einmal vor den Hoch-Altar in dem
majestätischen Dom von Se. Peter, wo um das mit Hundert-Lampen, gleich einem
großen Strahlenkranz, ununterbrochen beleuchtete Grab des Schutzheiligen, Maßen
von Betenden in stummer Andacht gebückt liegen, und ihre Seelen Himmel-


Ihrem häuslichen Glück Antheil nehmen zu lassen, mein Herz wohlthätig
anspricht. — Meine Wünsche für die Dauer desselben gehen in ein frommes
Gebet zu Gott über, für Ihre und Ihrer l. Familie Erhaltung, da mit
dieser Ihr Glück, das übrigens seine Grundfeste in Ihrem schönen Herzen
hat, bestehen muß. Wie außerordentlich ich hier den Umgang mit früher
erprobten, und bewährten Freunden vermiße, kann ich Ihnen nicht sagen,
und diese unausgefüllte Lücke in meinem Herzen stört recht oft das Glück das
mir mein Aufenthalt in Italien giebt. Es mußte Jhn^n hiernach umso auffallen¬
der seyn, daß ich den bestmöglichsten Ersatz des persönlichen Umgangs, durch
schriftliche Unterhaltung so sparsam ergreife, wenn Sie nicht glauben würden
daß nur die Begierde, Rom, bei dem mir leider wohl nur kurz gegönnten
Aufenthalt daselbst, so viel als es mir nur immer meine Kräfte erlauben für
meinen Kunstsinn zu benutzen, mich auf einer andern Seite grausam gegen
mein Herz seyn läßt. Doch diese Resignation soll mir in der Zukunft die
schönsten Früchte bringen, wo ich mich in den Umgang mit meinen Herzens-
Freunden, und in der himmlischen Erinnerung an die göttlichen Momente
meines Lebens in Italien, glücklich finden werde. Daß ich zu wenig Philo¬
sophie habe, um bei dem Streben nach meiner Vervollkommung nicht oft zu
ängstlich zu werden, das bringt leider recht viel Bitteres in mein Leben, aber
Gott allein weiß es, daß auch oft die schwersten Sorgen so auf mich wirken,
daß ich mitten im herrlichen Rom, die in der kühlen Erde an der Pyramide
des Cestius friedlich ruhenden Glaubensgenossen, sehnend beneide. — Doch
obschon sich das Herz erleichtert, wenn es sich zur freundschaftlichen Mitthei¬
lung eröffnen darf, so will ich doch meine Unterhaltung mit Ihnen nicht
durch Schilderungen des Traurigen meines Lebens stören und eile vielmehr
Ihnen von den erhabenen Genüssen die mir zu Theil werden einige Kennt¬
niß geben zu suchen, und wähle vor heute die aus, die am wohlthätigsten
mein Herz erwärmen, und es zu Gott emporheben; diese finde ich in der
Theilnahme der religiösen Feierlichkeiten, die hier, als in der ersten heiligen
Stadt des apostolischen Glaubens, selbst bey denen leider so außerordentlichen
Einschränkungen und Störungen die die neuesten Zeiten veranlaßten, doch
noch ganz vorzüglich geblieben sind. — Wie soll ich es aber anfangen theuere
Freundinn Ihnen das in Worten auszudrückeen, was über die schwachen Be¬
griffe der Sterblichen erhaben ist, und doch möchte ich so gerne mich davon
mit Ihnen unterhalten; und möchte ihre Phantasie an die heiligen Orte
führen, wo Alles zusammenwirkt, um uns über die traurige Wirklichkeit dieses
Erdenlebens zu erheben. Stellen Sie sich einmal vor den Hoch-Altar in dem
majestätischen Dom von Se. Peter, wo um das mit Hundert-Lampen, gleich einem
großen Strahlenkranz, ununterbrochen beleuchtete Grab des Schutzheiligen, Maßen
von Betenden in stummer Andacht gebückt liegen, und ihre Seelen Himmel-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/254>, abgerufen am 24.08.2024.