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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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hatten. Von der Beute kam dem Compagniechef die Hälfte vom zehnten
Pfennig des Werths zu, dem Escouadenchef V" vom Zehntheil, wenn sie dem
Vorfall beigewohnt, bei dem die Beute erfochten worden.")

Damit die Mannschaft durch Waffenübungen für den Kriegsdienst
tüchtiger gemacht würde, mußten die Compagniechefs in den Garnisonen ihre
Leute häufig aufs Feld führen. Die Schützen gewöhnte man, abzusitzen
und zu Fuß mit dem Bogen zu schießen, ihre Pferde zusammenzukoppeln und
in der Front nachführen zu lassen. Die Pi et eniere marschirten in geschlossener
Front vor den Schützen. Auf ein gegebenes Zeichen fielen sie aufs Knie
nieder, mit vorwärts gefällten Spießen, damit über sie hinweg, wie über eine
Mauer, die Schützen ihre Pfeile sendeten. Die Pickeniere wurden überdies
geübt, zum Behufe zweiseitiger Gegenwehr, sich Rücken an Rücken zu stellen,
wie auch eine viereckige oder kreisförmige Ordnung zu formiren. Hierbei
stellten sich die Bogner hinter die Pickeniere, und in dem leeren inneren Raum
hielten die Knappen mit den Pferden der Schützen. **) Manchmal, z. B. bei
Neuß, wurden Bogner und Spießer auch derart gemischt, daß je ein Schütze
zwischen zwei Spießen stand. Unleugbar tritt in diesem Streben, die Bogner
durch eine Kette von Piken zu sichern, ein Nachklang an die Schutzpfähle der
englischen Archers hervor, und es ist bemerkenswerth, wie außerordentlich lange
sich diese Befangenheit erhält, wie spät in den meisten Heeren die Schützen
als reif zum Selbstschutz betrachtet werden.

Die schwere, mit Lanzen bewaffnete Reiterei stellte sich wie die der
franz. Ordonnanz-Compagnie in einem Glied auf, haagförmig (er> Kaz^).
Hinter die Lanziere reihten sich, als zweites Glied, ihre Knappen und hinter
diese, als drittes Glied, die Coustiliers, welche außerdem noch für den Dienst
der leichten Reiterei gebraucht wurden. Den Gegensatz zu dieser gewöhnlichen
Aufstellungsart bildete diejenige in tiefer Ordnung (en öLeaäre), von der
zuweilen Gebrauch gemacht wurde, um den "Keil" oder "Spitz" zu bilden, bei
welchem die Pferdezahl der Glieder nach vorn immer mehr, und zwar bis auf
sieben, abnahm.***) In diesem Falle schlössen sich die Knappen und Coustiliers
ebenfalls gliederweise dem Vierecke an, das die Grundlage des Kens bildete.
Zur Herstellung dieser Formen wurden auch die Gensdarmes sorgfältig ein¬
geübt. Sie mußten, bald nur im Oberharnisch, bald vollgerüstet, mit gefällter
Lanze rennen, mitten aus dem Roßlauf heraus die Fahne decken, sich auf
Commando trennen, sammeln und aufschließen.

In der Schlacht stellun g bildete gewöhnlich das schwere Fußvolk die





-) v. Rott a. o. O.
") Ol'llonnAvL vom 13. November 1472, "äonnsg KN notre oamp c,de" Lonliaiu." Ickv-
mnirns <Jo LourgvKllk Mr I^o^s <1>z <ZoUut, lip. X. p. 861.
'
Beschreibung davon noch in Fronsbergers Kriegsbuch. -

hatten. Von der Beute kam dem Compagniechef die Hälfte vom zehnten
Pfennig des Werths zu, dem Escouadenchef V» vom Zehntheil, wenn sie dem
Vorfall beigewohnt, bei dem die Beute erfochten worden.")

Damit die Mannschaft durch Waffenübungen für den Kriegsdienst
tüchtiger gemacht würde, mußten die Compagniechefs in den Garnisonen ihre
Leute häufig aufs Feld führen. Die Schützen gewöhnte man, abzusitzen
und zu Fuß mit dem Bogen zu schießen, ihre Pferde zusammenzukoppeln und
in der Front nachführen zu lassen. Die Pi et eniere marschirten in geschlossener
Front vor den Schützen. Auf ein gegebenes Zeichen fielen sie aufs Knie
nieder, mit vorwärts gefällten Spießen, damit über sie hinweg, wie über eine
Mauer, die Schützen ihre Pfeile sendeten. Die Pickeniere wurden überdies
geübt, zum Behufe zweiseitiger Gegenwehr, sich Rücken an Rücken zu stellen,
wie auch eine viereckige oder kreisförmige Ordnung zu formiren. Hierbei
stellten sich die Bogner hinter die Pickeniere, und in dem leeren inneren Raum
hielten die Knappen mit den Pferden der Schützen. **) Manchmal, z. B. bei
Neuß, wurden Bogner und Spießer auch derart gemischt, daß je ein Schütze
zwischen zwei Spießen stand. Unleugbar tritt in diesem Streben, die Bogner
durch eine Kette von Piken zu sichern, ein Nachklang an die Schutzpfähle der
englischen Archers hervor, und es ist bemerkenswerth, wie außerordentlich lange
sich diese Befangenheit erhält, wie spät in den meisten Heeren die Schützen
als reif zum Selbstschutz betrachtet werden.

Die schwere, mit Lanzen bewaffnete Reiterei stellte sich wie die der
franz. Ordonnanz-Compagnie in einem Glied auf, haagförmig (er> Kaz^).
Hinter die Lanziere reihten sich, als zweites Glied, ihre Knappen und hinter
diese, als drittes Glied, die Coustiliers, welche außerdem noch für den Dienst
der leichten Reiterei gebraucht wurden. Den Gegensatz zu dieser gewöhnlichen
Aufstellungsart bildete diejenige in tiefer Ordnung (en öLeaäre), von der
zuweilen Gebrauch gemacht wurde, um den „Keil" oder „Spitz" zu bilden, bei
welchem die Pferdezahl der Glieder nach vorn immer mehr, und zwar bis auf
sieben, abnahm.***) In diesem Falle schlössen sich die Knappen und Coustiliers
ebenfalls gliederweise dem Vierecke an, das die Grundlage des Kens bildete.
Zur Herstellung dieser Formen wurden auch die Gensdarmes sorgfältig ein¬
geübt. Sie mußten, bald nur im Oberharnisch, bald vollgerüstet, mit gefällter
Lanze rennen, mitten aus dem Roßlauf heraus die Fahne decken, sich auf
Commando trennen, sammeln und aufschließen.

In der Schlacht stellun g bildete gewöhnlich das schwere Fußvolk die





-) v. Rott a. o. O.
") Ol'llonnAvL vom 13. November 1472, „äonnsg KN notre oamp c,de« Lonliaiu." Ickv-
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Beschreibung davon noch in Fronsbergers Kriegsbuch. -
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/18>, abgerufen am 26.09.2024.