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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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tyrannischen Tendenzen einer geringen Anzahl von Gebildeten zu widerstehen,
sondern fügt sich unvermeidlich der Macht der Intelligenz, mag diese durch
Demagogen oder durch Priester (dz? tuo ävMÄMAuu or xriekto-M) ver¬
treten sein. Daher muß die Bildung der Massen als die erste Nothwendig¬
keit zur Erhaltung unserer Institutionen betrachtet werden; und diese sind
der Erhaltung werth. -- Ich empfehle daher, im Hinblick auf unsere im
verflossenen Jahrhundert gemachten Fortschritte, zu unserer weiteren Fort¬
entwicklung auf das Dringendste, daß den Gesetzgebungen der einzelnen
Unionsstaaten ein Amendement zur Bundesconstitution unterbreitet werde,
welches diesen Einzelstaaten die Verpflichtung auferlegt, freie öffentliche
Schulen (tres pudlio Lenools) zu errichten und fortdauernd zu erhalten, in
welchen alle Kinder ohne Unterschied des Geschlechts, der Farbe, des Geburts¬
ortes oder der Confession gleichmäßig in den Elementar - Fächern unterrichtet
werden. Besagtes Amendement muß verbieten, daß in den genannten Schulen
religiöse, atheistische oder heidnische Grundsätze (relisiouk,
atkeistie or xg.Mil tenets) gelehrt werden, es muß ferner unter¬
sagen, daß Schulfonds oder Schulsteuern in irgend einer Weise oder
zu irgend einem Theile, sei es durch die Staatslegislatur, oder durch
Municipalbehörden oder durch eine andere Autorität, zum Besten und
zum Vortheile, direkt oder indirekt, einer religiösen Sekte oder einer Kirche
verwandt werden. Sämmtliche Schulfonds und Schulsteuern dürfen zu keinem
andern Zwecke, als lediglich zum Zwecke des Unterrichts in der Schule be¬
nutzt werden. -- In Verbindung mit dieser wichtigen Frage möchte ich auch
die Aufmerksamkeit des Kongresses auf ein großes Uebel lenken, welches,
wenn nicht bald abgewendet, noch vor Schluß des 19. Jahrhunderts unser
Land leicht zu großen Unannehmlichkeiten führen kann. Das ist die gewal¬
tige Anhäufung von unbesteuertem Kirchenvermögen (untaxsä enureli-
xroxert,?). Meines Wissens betrug im Jahre 18S0 das Kirchenvermögen,
für welches weder Municipal-, noch Staatssteuern bezahlt wurden, in runder
Summe 83,000,000 Dollars; im Jahre 1860 erreichte diese Summe schon
die Höhe von etwa 160,000,000 Dollars, im Jahre 187L dagegen von nahe¬
zu 1,000,000,000 Dollars. Man darf mit Sicherheit annehmen, daß ums
Jahr 1900, wenn kein Einhalt gethan wird, das Kirchenvermögen die
Summe von 3,000,000,000 Dollars übersteigen wird. Eine solche ungeheure
Summe, die jeden Schutz und Vortheil seitens der Regierung genießt, ohne
ihrerseits das geringste Aequivalent an den Lasten und Unkosten derselben
beizutragen, kann von den Steuerzahlern nicht mit Gleichmuth angesehen
werden. In einem wachsenden Lande, wo das Grundeigenthum, im Laufe
der Zeit so schnell an Werth zunimmt, wie in den Vereinigten Staaten, giebt
es kaum eine Grenze für den Reichthum, den Corporationen, religiöse oder


tyrannischen Tendenzen einer geringen Anzahl von Gebildeten zu widerstehen,
sondern fügt sich unvermeidlich der Macht der Intelligenz, mag diese durch
Demagogen oder durch Priester (dz? tuo ävMÄMAuu or xriekto-M) ver¬
treten sein. Daher muß die Bildung der Massen als die erste Nothwendig¬
keit zur Erhaltung unserer Institutionen betrachtet werden; und diese sind
der Erhaltung werth. — Ich empfehle daher, im Hinblick auf unsere im
verflossenen Jahrhundert gemachten Fortschritte, zu unserer weiteren Fort¬
entwicklung auf das Dringendste, daß den Gesetzgebungen der einzelnen
Unionsstaaten ein Amendement zur Bundesconstitution unterbreitet werde,
welches diesen Einzelstaaten die Verpflichtung auferlegt, freie öffentliche
Schulen (tres pudlio Lenools) zu errichten und fortdauernd zu erhalten, in
welchen alle Kinder ohne Unterschied des Geschlechts, der Farbe, des Geburts¬
ortes oder der Confession gleichmäßig in den Elementar - Fächern unterrichtet
werden. Besagtes Amendement muß verbieten, daß in den genannten Schulen
religiöse, atheistische oder heidnische Grundsätze (relisiouk,
atkeistie or xg.Mil tenets) gelehrt werden, es muß ferner unter¬
sagen, daß Schulfonds oder Schulsteuern in irgend einer Weise oder
zu irgend einem Theile, sei es durch die Staatslegislatur, oder durch
Municipalbehörden oder durch eine andere Autorität, zum Besten und
zum Vortheile, direkt oder indirekt, einer religiösen Sekte oder einer Kirche
verwandt werden. Sämmtliche Schulfonds und Schulsteuern dürfen zu keinem
andern Zwecke, als lediglich zum Zwecke des Unterrichts in der Schule be¬
nutzt werden. — In Verbindung mit dieser wichtigen Frage möchte ich auch
die Aufmerksamkeit des Kongresses auf ein großes Uebel lenken, welches,
wenn nicht bald abgewendet, noch vor Schluß des 19. Jahrhunderts unser
Land leicht zu großen Unannehmlichkeiten führen kann. Das ist die gewal¬
tige Anhäufung von unbesteuertem Kirchenvermögen (untaxsä enureli-
xroxert,?). Meines Wissens betrug im Jahre 18S0 das Kirchenvermögen,
für welches weder Municipal-, noch Staatssteuern bezahlt wurden, in runder
Summe 83,000,000 Dollars; im Jahre 1860 erreichte diese Summe schon
die Höhe von etwa 160,000,000 Dollars, im Jahre 187L dagegen von nahe¬
zu 1,000,000,000 Dollars. Man darf mit Sicherheit annehmen, daß ums
Jahr 1900, wenn kein Einhalt gethan wird, das Kirchenvermögen die
Summe von 3,000,000,000 Dollars übersteigen wird. Eine solche ungeheure
Summe, die jeden Schutz und Vortheil seitens der Regierung genießt, ohne
ihrerseits das geringste Aequivalent an den Lasten und Unkosten derselben
beizutragen, kann von den Steuerzahlern nicht mit Gleichmuth angesehen
werden. In einem wachsenden Lande, wo das Grundeigenthum, im Laufe
der Zeit so schnell an Werth zunimmt, wie in den Vereinigten Staaten, giebt
es kaum eine Grenze für den Reichthum, den Corporationen, religiöse oder


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[0162] tyrannischen Tendenzen einer geringen Anzahl von Gebildeten zu widerstehen, sondern fügt sich unvermeidlich der Macht der Intelligenz, mag diese durch Demagogen oder durch Priester (dz? tuo ävMÄMAuu or xriekto-M) ver¬ treten sein. Daher muß die Bildung der Massen als die erste Nothwendig¬ keit zur Erhaltung unserer Institutionen betrachtet werden; und diese sind der Erhaltung werth. — Ich empfehle daher, im Hinblick auf unsere im verflossenen Jahrhundert gemachten Fortschritte, zu unserer weiteren Fort¬ entwicklung auf das Dringendste, daß den Gesetzgebungen der einzelnen Unionsstaaten ein Amendement zur Bundesconstitution unterbreitet werde, welches diesen Einzelstaaten die Verpflichtung auferlegt, freie öffentliche Schulen (tres pudlio Lenools) zu errichten und fortdauernd zu erhalten, in welchen alle Kinder ohne Unterschied des Geschlechts, der Farbe, des Geburts¬ ortes oder der Confession gleichmäßig in den Elementar - Fächern unterrichtet werden. Besagtes Amendement muß verbieten, daß in den genannten Schulen religiöse, atheistische oder heidnische Grundsätze (relisiouk, atkeistie or xg.Mil tenets) gelehrt werden, es muß ferner unter¬ sagen, daß Schulfonds oder Schulsteuern in irgend einer Weise oder zu irgend einem Theile, sei es durch die Staatslegislatur, oder durch Municipalbehörden oder durch eine andere Autorität, zum Besten und zum Vortheile, direkt oder indirekt, einer religiösen Sekte oder einer Kirche verwandt werden. Sämmtliche Schulfonds und Schulsteuern dürfen zu keinem andern Zwecke, als lediglich zum Zwecke des Unterrichts in der Schule be¬ nutzt werden. — In Verbindung mit dieser wichtigen Frage möchte ich auch die Aufmerksamkeit des Kongresses auf ein großes Uebel lenken, welches, wenn nicht bald abgewendet, noch vor Schluß des 19. Jahrhunderts unser Land leicht zu großen Unannehmlichkeiten führen kann. Das ist die gewal¬ tige Anhäufung von unbesteuertem Kirchenvermögen (untaxsä enureli- xroxert,?). Meines Wissens betrug im Jahre 18S0 das Kirchenvermögen, für welches weder Municipal-, noch Staatssteuern bezahlt wurden, in runder Summe 83,000,000 Dollars; im Jahre 1860 erreichte diese Summe schon die Höhe von etwa 160,000,000 Dollars, im Jahre 187L dagegen von nahe¬ zu 1,000,000,000 Dollars. Man darf mit Sicherheit annehmen, daß ums Jahr 1900, wenn kein Einhalt gethan wird, das Kirchenvermögen die Summe von 3,000,000,000 Dollars übersteigen wird. Eine solche ungeheure Summe, die jeden Schutz und Vortheil seitens der Regierung genießt, ohne ihrerseits das geringste Aequivalent an den Lasten und Unkosten derselben beizutragen, kann von den Steuerzahlern nicht mit Gleichmuth angesehen werden. In einem wachsenden Lande, wo das Grundeigenthum, im Laufe der Zeit so schnell an Werth zunimmt, wie in den Vereinigten Staaten, giebt es kaum eine Grenze für den Reichthum, den Corporationen, religiöse oder

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/162>, abgerufen am 03.07.2024.